Fritz Reck-Malleczewen

Fritz Reck-Malleczewen

Friedrich Perceyval Reck-Malleczewen [maləˈtʃeːvn̩], eigentlich Friedrich (Fritz) Reck (* 11. August 1884 auf dem Gut Malleczewen/Masuren in Ostpreußen; † ca. 17. Februar 1945 im KZ Dachau) war ein deutscher Schriftsteller, Arzt und Journalist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Friedrich Reck war der Sohn des ostpreußischen Rittergutsbesitzers und konservativen Abgeordneten Hermann Reck. Obwohl er eigentlich Musiker werden wollte, trat er auf Drängen seines Vaters nach dem Abitur 1904 ins 5. Thüringische Infanterieregiment in Jena ein. Danach studierte er in Königsberg und Innsbruck Medizin. Später wurde er nicht mehr zum Militär eingezogen. Noch während des Studiums heiratete er 1908 Anna Louise Büttner, Musikstudentin und Tochter eines kaiserlich russischen Staatsrats. Das Studium schloss Reck 1910 mit dem Examen ab. Nach dem praktischen Jahr folgte 1911 die Promotion. Die anschließend errungene Assistentenstelle an der Universität Königsberg verlor Reck nach kurzer Zeit wieder.

Reck begann daraufhin für Zeitungen zu schreiben. Als sich die Möglichkeit einer Anstellung als Schiffsarzt bot, bereiste er 1912 Süd-, Mittel- und Nordamerika. Anschließend arbeitete er in Stuttgart als Journalist und Theaterkritiker für die Süddeutsche Zeitung. 1914 übersiedelte er nach Pasing bei München. Nachdem seine Frau schon viele Jahre von ihm getrennt gelebt hatte, wurde die Ehe, aus der drei Töchter und ein Sohn hervorgegangen sind, 1930 geschieden.

1933 konvertierte Reck zum katholischen Glauben und bezog das von ihm bereits 1925 erworbene Gut Poing bei Truchtlaching im Chiemgau. 1935 heiratete Reck die Adoptivtochter eines Freundes, Irmgard von Borcke. Aus dieser Ehe gingen drei Töchter hervor.

Aufgrund einer Denunziation (für die, laut Süddeutscher Zeitung vom 22. Mai 1948, der Verlagsdirektor Alfred Salat von der Spruchkammer München X zu drei Jahren Arbeitslager verurteilt wurde) wurde er 1944 von der Gestapo verhaftet, jedoch kurze Zeit später mit der Bescheinigung, dass weder politisch noch kriminell etwas gegen ihn vorliege, wieder entlassen. Sein Denunziant setzte jedoch durch, dass er am Silvesterabend 1944/1945 wegen „Verunglimpfung der deutschen Währung“ (so soll er in einem Brief an seinen Berliner Verleger sich die Bezahlung in Reichsmark verbeten haben, weil auf diese Währung „kein Nickel mehr zu setzen sei“) verhaftet und am 9. Januar 1945 ins KZ Dachau deportiert wurde, wo er wenig später starb.

Die genauen Umstände seines Todes sind nicht überliefert. Dr. Curt Thesing, der auf Betreiben der Witwe Irmgard Reck die Verwaltung des literarischen Nachlasses übernahm, schreibt jedoch im Vorwort zu Tagebuch eines Verzweifelten (am 3. November 1946), dass er „am 24. Februar - soweit seine Freunde die Todesursache festzustellen vermochten - durch Genickschuss“ starb. Andere Quellen nennen den 17. oder 16. Februar als Todestag. Nico Rost beschreibt in seinem Tagebuch Goethe in Dachau seltsamerweise eine Begegnung mit Reck im KZ am 15. April 1945. In ihrem biografischen Nachwort der Tagebuch-Ausgabe von 1994 nennt Christine Zeile als Todesursache eine Fleckfiebererkrankung.

Recks gesamtes Leben stand unter der Problematik, seinen realen wirtschaftlichen Abstieg zu verarbeiten, der mit dem – durch seine Herkunft bedingten – Bewusstsein, einer gesellschaftlichen und geistigen Elite anzugehören, nicht zu vereinbaren war. In diesem Licht ist auch seine Literaturproduktion, die vor allem auf Verkäuflichkeit zugeschnitten war, zu sehen.

Literarisches Schaffen

Neben seinen Romanen, in denen er immer wieder seine Reiseerfahrungen verarbeitet hat, schrieb Friedrich Reck-Malleczewen zahlreiche Jugenderzählungen. Obwohl Reck bestrebt war, seinem Vorbild Robert Louis Stevenson gerecht zu werden, befinden seine Arbeiten sich in der Nähe der Trivialliteratur. Sein 1930 erschienener Roman Bomben auf Monte Carlo (der im Kern den Fantomas-Roman „La Main Coupée“ plagiiert) wurde zweimal verfilmt. Als Schriftsteller im nationalsozialistischen Deutschland ist Friedrich Reck-Malleczewen – wie Frank Thiess – der Konservativen Revolution zuzuordnen. In seinem 1937 erschienenen Wiedertäuferroman Bockelson. Geschichte eines Massenwahns schildert er den Niedergang der ehemals ständisch-konservativen Stadt Münster im 16. Jahrhundert, die sich unter dem Einfluss des kleinbürgerlichen Demagogen Bockelson zur populistischen Diktatur entwickelt. Ein Vergleich der Wiedertäuferbewegung unter ihrem „Führer“ Jan Bockelson mit den gesellschaftlichen Zuständen des Dritten Reichs ist beabsichtigt. Dies blieb auch den Nationalsozialisten nicht verborgen und das Buch wurde schließlich verboten.

Sein im Mai 1936 begonnenes Tagebuch, das bis zur Verhaftung im Oktober 1944 reicht, erscheint unter dem Titel Tagebuch eines Verzweifelten 1947 erstmals in kleiner Auflage. Erst 1966 wird es von einem anderen Verlag erneut herausgebracht und seitdem mehrfach wiederaufgelegt. Es gilt mit seiner hellsichtigen und brillant geschriebenen Diagnose der Nazibarbarei als wichtiges Zeitdokument.

Recks Versteckspiel und seine aufwändig betriebene Selbststilisierung hat Bruno Brehms Schlüsselroman Der Lügner (1949) inspiriert.

Werke

  • Uradel, 1914 (Trauerspiel)
  • Aus Tsingtau entkommen. Erzählung für die Jugend, 1916
  • Mit Admiral Spee. Erzählung für die Jugend aus dem Seekrieg 1914/15, Stuttgart (Levy & Müller) 1917
  • Der Admiral der Roten Flagge. Erzählung für die Jugend, Stuttgart (Levy&Müller) 1917 (Wiederauflagen unter dem Titel Der Admiral der schwarzen Flagge noch bis 1964 )
  • Monteton. Roman, Berlin (Mosse) 1924
  • Die Siedlung Unigtrusttown. Roman, Berlin (Ullstein) 1925
  • Frau Übersee. Roman – Die Fremde. Novelle, Berlin (Deutsche Buch-Gemeinschaft) 1926
  • Sif, das Weib, das den Mord beging. Roman, München (Drei Masken)1926
  • Liebesreigen und Fanfaren. Roman, Berlin (Volksverband der Bücherfreunde, Wegweiser-Verlag) 1927
  • Die Dame aus New York, ca. 1928 (Roman)
  • Sven entdeckt das Paradies. Roman, Berlin (Deutsche Buch-Gemeinschaft) 1928
  • Jean Paul Marat. Freund des Volkes, München (Drei Masken) 1929
  • Bomben auf Monte Carlo. Roman, Berlin (Scherl) 1930
  • Des Tieres Fall. Das Schicksal einer Maschinerie, München (Georg Müller) 1931 (Roman)
  • Hundertmark. Die Geschichte einer Tiefstapelei, Berlin (Vorhut Verlag Otto Schlegel) 1934
  • Krach um Payta. Eine Geschichte aus Dschungel und Sumpf, Berlin (Ullstein) 1935
  • Ein Mannsbild namens Prack. Roman, Berlin (Schützen) 1935
  • Sophie Dorothee. Mutter Friedrichs des Großen, Berlin (Schützen) 1936
  • Bockelson. Geschichte eines Massenwahns, Die Geschichte der Wiedertäufer von Münster, Berlin (Schützen) 1937
  • La Paloma. Roman, Berlin (Schützen) 1937
  • Spiel im Park. Roman, 1937
  • Charlotte Corday. Geschichte eines Attentates, (Schützen) 1937
  • Der grobe Brief. Von Martin Luther bis Ludwig Thoma, Berlin (Schützen) 1940
  • Diana Pontecorvo, Berlin (Knaur) 1944 (Roman)
  • Das Ende der Termiten. Ein Versuch über die Biologie des Massenmenschen. Fragment, hg. v. Curt Thesing, Lorch (Bürger-Verlag) 1946
  • Tagebuch eines Verzweifelten, Lorch (Bürger-Verl.) 1947, Vor- und Nachwort von Dr. Curt Thesing
  • Tagebuch eines Verzweifelten, Stuttgart (Goverts) 1966, Neuausgabe. Mit Vorwort von Klaus Harpprecht
  • Tagebuch eines Verzweifelten, Frankfurt am Main (Eichborn) 1994, Neuausgabe. Mit einem biographischen Essay von Christine Zeile

Filmografie

Literatur

  • Nico Rost, Wilfried F. Schoeller: Goethe in Dachau. Ein Tagebuch, (Volk und Welt), 2002. ISBN 3353011692
  • Ulrike Siebauer: „Kameradschaft über alles. Selbst über Saufen und Weibergeschichten.“ Leo Perutz und Friedrich Reck-Malleczewen, 1926-1931. In: Georg Braungart, Friedmann Harzer, Hans Peter Neureuter, Gertrud Rösch. Bespiegelungskunst. Begegnungen auf den Seitenpfaden der Literaturgeschichte, Tübingen 2004, S. 231-243

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