- Frühmittelhochdeutsch
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Mittelhochdeutsch Gesprochen in
mittel- und oberdeutscher Sprachraum Sprecher seit ca. 1350 keine mehr Linguistische
Klassifikationwestgermanische Sprache
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- diutsche zunge
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Sprachcodes ISO 639-1: -
ISO 639-2: gmh
ISO 639-3: gmh
Mittelhochdeutsch (Mhd.) bezeichnet im weiteren Sinn eine ältere Sprachstufe der deutschen Sprache, nämlich sämtliche hochdeutschen Varietäten etwa zwischen 1050 und 1350 (das entspricht ungefähr dem Hochmittelalter). Im engeren Sinn bezeichnet Mittelhochdeutsch die Sprache der höfischen Literatur zur Zeit der Staufer. Für diese Sprache wurde im 19. Jahrhundert im Nachhinein eine vereinheitlichende Orthographie geschaffen, das normalisierte „Mittelhochdeutsch“, in dem seither viele Neuausgaben der alten Texte geschrieben werden. Wenn von Merkmalen des Mittelhochdeutschen die Rede ist, dann ist normalerweise diese Sprachform gemeint.
Inhaltsverzeichnis
Das Mittelhochdeutsche als ältere Sprachstufe des Deutschen
Das Mittelhochdeutsche als ältere Sprachstufe des Deutschen liegt ursprünglich nur in einer Vielzahl örtlicher Mundarten (Dialekte) vor.
Dem Mittelhochdeutschen ging das Althochdeutsche (Ahd.) (etwa 750 bis 1050, Frühmittelalter) voraus. Von diesem unterscheidet es sich insbesondere durch die Neben- bzw. Endsilbenabschwächung. Vom Althochdeutschen zum Mittelhochdeutschen gab es keine schriftliche Kontinuität. Da im 10. und 11. Jahrhundert fast ausschließlich Latein geschrieben wurde, setzte die Verschriftlichung des Deutschen mit dem Mittelhochdeutschen erst wieder neu ein. Dadurch erklären sich die besonders in den früheren mittelhochdeutschen Schriften des 12. Jahrhunderts recht unterschiedlichen Schreibungen.
Für die Zeit von etwa 1350 bis 1650 (etwa das Spätmittelalter bis Frühe Neuzeit) spricht man von Frühneuhochdeutsch (Frnhd.). In den verschiedenen Sprachregionen muss jedoch diese Abgrenzung verschieden getroffen werden, denn wo die neuhochdeutschen Sprachmerkmale nicht in den Dialekten verankert sind, wurde länger an älteren Sprachformen festgehalten. So hat sich beispielsweise in der Deutschschweiz das Frühneuhochdeutsche erst im späten 15. Jahrhundert durchgesetzt.[1]
Neben der neuhochdeutschen Sprache ging aus dem Mittelhochdeutschen auch die jiddische Sprache hervor.
Zeitliche Einordnung
Als Mittelhochdeutsch werden alle Texte in einem hochdeutschen Idiom aus der Zeit von ungefähr 1050 bis 1350 bezeichnet. Der Beginn des Mittelhochdeutschen wird in der historischen Linguistik sehr einheitlich um das Jahr 1050 fest gelegt, da sich ab diesem Zeitpunkt einige sprachliche Veränderungen gegenüber den althochdeutschen Varietäten bemerkbar machen, besonders im Phonemsystem, aber auch in der Grammatik.
Das Ende der mittelhochdeutschen Epoche ist mehr umstritten, da die Forscher des 19. Jahrhunderts mit diesem Begriff jegliche Texte bezeichneten bis zu Martin Luther. Diese Einteilung geht hauptsächlich auf die Brüder Grimm zurück. Heute verwendet man den Begriff Mittelhochdeutsch nur noch für Texte, die bis um das Jahr 1350 entstanden sind und spricht danach von Frühneuhochdeutsch.
Die folgende Gliederung der mittelhochdeutschen Epoche basiert hauptsächlich auf literaturhistorischen, also sprachexternen und auf den Inhalt bezogenen Kriterien. Es gibt jedoch auch eine Abweichung und Entwicklung in der Grammatik, der Wortbedeutung und im Schreibstil, die diese Einteilung rechtfertigen.
- Frühmittelhochdeutsch (1050 - 1170)
- klassisches Mittelhochdeutsch (1170 - 1250)
- Spätmittelhochdeutsch (1250 - 1350)
In den meisten Darstellungen wird vorwiegend das klassische Mittelhochdeutsch behandelt, welches die Sprache von Hartmann von Aue, Wolfram von Eschenbach, Gottfried von Straßburg und von Walther von der Vogelweide war.
Räumliche Gliederung
Das Mittelhochdeutsche war in sich keine einheitliche Schriftsprache sondern es gab unterschiedliche Schreibformen und Schreibtraditionen in den verschiedenen hochdeutschen Regionen. Die regionale Gliederung des Mittelhochdeutschen deckt sich oft mit den rezenten dialektalen Großräumen und Aussprache-Isoglossen, jedoch haben sich diese Dialektgrenzen seit dem Mittelalter auch verschoben. Beispielsweise ging die Ausdehnung des Niederdeutschen, dessen schriftliche Relikte nicht als Teil der Mittelhochdeutschen Literatur gesehen werden, deutlich weiter in den Süden als es heute der Fall ist.
Die Entstehungsregion der mittelhochdeutschen Texte ist meist an unterschiedlichen Lautformen und am Vokabular, aber auch durch unterschiedliche grammatikalische Formen erkennbar und darauf basierend teilt die Germanistik das Mittelhochdeutsche in folgende Varietäten. Diese Gliederung basiert auf der Arbeit von Paul Hermann (1846 - 1921) und ist leider bis heute nicht vollständig befriedigend. Vor allem ist nicht endgültig untersucht worden, welcher Text exakt welcher Region zuordenbar ist, da auch viele Texte von unterschiedlichen Autoren verfasst wurden. (Folgende Tabelle zitiert aus Wilhelm Schmidt, Geschichte der deutschen Sprache, 10. Auflage, 2007, S. 276):
Oberdeutsch
- Alemannisch
- Süd- oder Hochalemannisch (heute Schweiz und Südbaden)
- Niederalemannisch oder Oberrheinisch (Elsass, Süden von Baden-Württemberg, Vorarlberg)
- Nordalemannisch oder Schwäbisch (in Württemberg und im bayrischen Schwaben)
- Bairisch
- Nordbairisch (bis in den Nürnberger Raum)
- Mittelbairisch (Nieder- und Oberbayern, Nieder- und Oberösterreich, Wien und Salzburg)
- Südbairisch (Tirol, Kärnten, Steiermark)
- Ostfränkisch (bayrisches Franken, Südthüringen, Teil von Baden-Württemberg)
- Südrheinfränkisch (Baden, Teile von Nordwürttemberg)
Mitteldeutsch
- Westmitteldeutsch
- Mittelfränkisch (Rheinland von Düsseldorf bis Trier, nordwestlicher Teil von Hessen, Nordwesten von Lothringen, inklusive Ripuarisch (um Köln) und Moselfränkisch (um Trier).
- Rheinfränkisch (südlicher Teil des Rheinlands, Teil von Lothringen, Hessen, Teil vom bayrischen Franken, Teil von Württemberg und Baden, Rheinpfalz und Nordrand vom Elsass)
- Ostmitteldeutsch
- Thüringisch
- Obersächsisch mit Nordböhmisch*
- Schlesisch mit Lausitzisch*
- Hochpreussisch (südlicher Teil des Ermlandes)*
Die mit (*) markierten letzten drei regionalen Varietäten des Mittelhochdeutschen bildeten sich erst in dieser Zeit in Gegenden, die davor slawischsprachig waren.
Das Mittelhochdeutsche als Sprache der staufischen höfischen Literatur
Die Herrschaft der Staufer schuf die Voraussetzung dafür, dass sich etwa von 1150 bis 1250 in der höfischen Literatur eine überregionale Sprache herausbildete[2]. Diese Sprache beruhte auf schwäbischen und ostfränkischen Dialekten, also auf den Dialekten des Herkunftsgebiets der Staufer. Mit dem Niedergang der Staufer verschwand auch diese relativ einheitliche, überregionale Sprachform.
Diese Sprache ist normalerweise gemeint, wenn von Merkmalen des Mittelhochdeutschen die Rede ist. Allerdings ist es nicht so, dass sich das Neuhochdeutsche aus diesem Mittelhochdeutschen im engeren Sinn entwickelt hätte. Es ist also keine ältere Sprachstufe des Neuhochdeutschen. Es gab schon zu jener Zeit Dialekte, welche typische Lautmerkmale des Neuhochdeutschen aufwiesen. So sind bereits aus dem 12. Jahrhundert kärntische Urkunden überliefert, in denen die neuhochdeutsche Diphthongierung durchgeführt ist. Umgekehrt werden noch heute Dialekte gesprochen, welche typische Lautmerkmale des Mittelhochdeutschen im engeren Sinn aufweisen. So haben viele Alemannische Dialekte die mittelhochdeutschen Monophthonge und Diphthonge bewahrt.
Die Frage einer Hochsprache
Das Mittelhochdeutsche der staufischen höfischen Dichtung war keine Standardsprache im heutigen Sinn, denn es gab keine Standardisierung von Orthographie oder Wortschatz. Es hatte aber eine überregionale Geltung. Das lässt sich daran erkennen, dass es auch von Dichtern verwendet wurde, die aus anderen Dialektgebieten stammten, beispielsweise von Heinrich von Veldeke oder von Albrecht von Halberstadt, dass einzelne Dichter im Laufe ihres Lebens immer mehr Regionalismen aus ihren Werken tilgten und dass sich aufgrund sprachlicher Merkmale die Herkunft der Dichter oft nur sehr ungenau ausmachen lässt, während Dialektmerkmale eine sehr genaue Verortung der sprachlichen Herkunft ermöglichen würden.
Geltungsbereich
Der Geltungsbereich des Mittelhochdeutschen der staufischen höfischen Literatur beschränkte sich auf die höfischen Literatur, die während der Zeit der Staufer ihre große Blüte hatte und sich an den Adel richtete. Gebrauchssprachliche Textgattungen, wo eine überregionale Verständlichkeit weniger wichtig war als eine möglichst breite Verständlichkeit durch alle soziale Schichten, verwendeten regionale Sprachformen (Rechtstexte, Sachliteratur, Chroniken, religiöse Literatur etc.). Eine breite Überlieferung derartiger Textsorten setzt erst im 13. Jahrhundert ein, da zuvor solche Texte meist in Latein geschrieben wurden.
Die Werke der staufischen höfischen Dichtung gehören zu den bekanntesten mittelhochdeutschen, beispielsweise das Nibelungenlied, der deutsche Lucidarius, der „Parzival“ Wolframs von Eschenbach, der „Tristan“ Gottfrieds von Straßburg, die Gedichte Walthers von der Vogelweide sowie als Gattung der Minnesang.
Das normalisierte Mittelhochdeutsch
Für die Textausgaben der wichtigen mittelhochdeutschen Dichtungen, für Wörterbücher und Grammatiken wird heute das im wesentlichen auf Karl Lachmann zurückgehende normalisierte Mittelhochdeutsch verwendet, das im Wesentlichen die Formen der staufischen höfischen Literatur verwendet, aber natürlich die oft vielfältigen Schreibungen der damaligen sprachlichen Realität nicht wiedergibt.
Aussprache
Die Betonung eines Wortes liegt stets auf der ersten Haupttonsilbe. Vokale mit einem Zirkumflex (ˆ) werden lang gesprochen, Vokale ohne Zirkumflex werden kurz gesprochen. Aufeinanderfolgende Vokale werden getrennt betont. Die Ligaturen æ und œ werden wie ä und ö gesprochen. Das s wird spitz gesprochen, wenn auf s ein Konsonant folgt, Ausnahme bei sch und sc dort wird das s nicht spitz gesprochen. Ein z beim Wortanlaut oder nach einem Konsonanten wird ausgesprochen wie neuhochdeutsches z als [ts]. Ein z oder zz in der Mitte und am Ende des Wortes wird ausgesprochen wie ß (zur besseren Unterscheidung oft geschrieben als ȥ oder Ʒ). Das v wird am Wortanlaut als [f] gesprochen.
Vokalismus
Die folgende Übersicht zeigt das Vokalsystem des (Normal-)Mittelhochdeutschen:
- Kurzvokale: a, ë, e, i, o, u, ä, ö, ü
- Langvokale: â, ê, î, ô, û, æ, œ, iu (langes ü)
- Diphthonge: ei, ie, ou, öu, uo, üe
Es ist zu beachten, dass ei als [ej] (nicht [aɪ] wie im Neuhochdeutschen, sondern wie ei oder ij im Niederländischen) zu sprechen ist; ie ist nicht ein langes [i], sondern [iə].
Die wichtigsten Unterschiede zwischen Mittelhochdeutsch und Neuhochdeutsch betreffen den Vokalismus:
- Die mittelhochdeutschen Langvokale [iː yː uː] entsprechen den neuhochdeutschen Diphthongen nhd. [aɪ ɔʏ aʊ] (neuhochdeutsche Diphthongierung). Beispiele: mîn – mein, liut – Leute, hûs – Haus
- Die mittelhochdeutschen öffnenden Diphthonge [iə yə uə] entsprechen den neuhochdeutschen Langvokalen [iː yː uː] (neuhochdeutsche Monophthongierung). Beispiele: liep – lieb, müede – müde, bruoder – Bruder
- Die mittelhochdeutschen Diphthonge [ei øu ou] entsprechen den offeneren neuhochdeutschen Diphthongen [aɪ ɔʏ aʊ] (neuhochdeutscher Diphthongwandel). Beispiele: bein – Bein, böume – Bäume, boum – Baum
- Sämtliche mittelhochdeutsche Kurzvokale in offenen Silben entsprechen neuhochdeutschen Langvokalen gedehnt (Dehnung in offener Tonsilbe). Beispiele ligen – liegen, sagen – sagen, nëmen – nehmen.
Grammatik
Die Grammatik des Mittelhochdeutschen ist kaum von der des Neuhochdeutschen verschieden. Die wichtigsten Veränderungen sind:
- Alle mittelhochdeutschen o-Stämme treten in andere Klassen über
- Das Mittelhochdeutsche kannte keine gemischte Deklination
- Das Mittelhochdeutsche kennt archaische du-Formen in vielen Zeiten
Substantive
- Deklination der starken Substantive
Kasus 1. Klasse mask. 1. Klasse neutr. 2. Klasse feminin 4. Klasse mask. 4. Klasse neutr. 4. Klasse fem. Nominativ Singular
Akkusativ Singulartac wort gëbe gast blat kraft Genitiv Singular tages wortes gëbe gastes blates krefte* Dativ Singular tage worte gëbe gaste blate krefte* Nominativ Plural
Akkusativ Pluraltage wort gëbe geste bleter krefte Genitiv Plural tage worte gëben geste bleter krefte Dativ Plural tagen worten gëben gesten bletern kreften - * eine Nebenform im Gen./Dat. Singular ist kraft
- Feminina der dritten Klasse flektieren wie diejenigen der 4. Klasse, jedoch ohne Umlaut und Nebenform:
zît, zîte, zîte, zît, zîte, zîte, zîten, zîte
- Deklination der schwachen Substantive
Kasus Maskulin Feminin Neutrum Nominativ Singular
Akkusativ Singularbote
botenzunge
zungenhërze Genitiv Singular
Dativ Singular
Pluralboten zungen hërzen Verben
- Konjugation eines starken Verbs
Person Präsens Ind. Präsens Konj. Präteritum Ind. Präteritum Konj. ich biuge biege bouc büge du biugest biegest büge bügest er/siu/ez biuget biege bouc büge wir biegen biegen bugen bügen ir bieget bieget buget büget sie biegent biegen bugen bügen - Infinitiv: biegen, Imperativ: biuc!
- Partizip Präsens: biegende, Partizip Präteritum: gebogen
- Konjugation der schwachen Verben
Person Präsens Indikativ Präsens Konjunktiv Präteritum Indikativ/Konjunktiv ich lëbe lëbe lëb(e)te du lëbest lëbest lëb(e)test er/siu/ez lëbet lëbe lëb(e)te wir lëben lëben lëb(e)ten ir lëbet lëbet lëb(e)tet sie lëbent lëben lëb(e)ten - Infinitiv: lëben, Imperativ: lëbe!
- Partizip Präsens: lëbende, Partizip Präteritum: gelëb(e)t
- Konjugation der Präteritopräsentia
Neuhochdeutsch 1./3. Singular 2. Singular 1./3. Plural & Infinitiv Präteritum wissen weiz weist wizzen wisse/wësse/wiste/wëste taugen/nützen touc - tugen* tohte - töhte gönnen gan ganst gunnen* gunde/gonde - günde können/kennen kan kanst kunnen* kunde/konde - künde bedürfen darf darft durfen* dorfte - dörfte es wagen tar tarst turren* torste - törste sollen sol/sal solt suln* solde/solte - sölde/solde vermögen mac maht mugen** mahte/mohte - mähte/möhte dürfen muoz muost müezen muos(t)e - mües(t)e - * Umgelautete Nebenformen: tügen, günnen, künnen, dürfen, türren, süln
- ** Nebenformen zu mugen sind: mügen, magen, megen
- Die einzigen Partizipien sind: gewist/gewëst zu wizzen und gegunnen/gegunnet zu gunnen.
- Konjugation der besonderen Verben
sîn (sein) tuon (tun) wellen (wollen) hân (haben) Präsens Ind. Singular bin
bist
isttuon
tuost
tuotwil(e)
wil(e)/wilt
wil(e)hân
hâst
hâtPräsens Ind. Plural birn/sîn/sint
birt/bint/sît/sint
sinttuon
tuot
tuontwel(le)n
wel(le)t
wel(le)nt, wellenhân
hât
hântPräsens Konj. Singular sî
sîst
sîtuo
tuost
tuowelle
wellest
wellePräsens Konj. Plural sîn
sît
sîntuon
tuot
tuonwellen
wellet
wellen- Die Formen von gân/gên „gehen“ und stân/stên „stehen“ entsprechen denen von tuon.
- lân „lassen“ geht wie hân.
- Im Präteritum stehen was - wâren von sîn,
wolte/wolde von wellen,
gie(nc) zu gân/gên,
hâte / hate / hæte / hête / hete / het / hiete zu hân,
lie(z) zu lân. - tuon hat im Präteritum besondere Formen:
Präteritum Indikativ: tët(e), tæte, tët(e), tâten, tâtet, tâten
Präteritum Konjunktiv: tæte, tætest usw.
Weitere Merkmale
- Keine Großschreibung von Substantiven (im Mittelhochdeutschen wurden nur Namen großgeschrieben)
- Auslautverhärtung wird graphisch gekennzeichnet (mittelhochdeutsch tac – tage entspricht neuhochdeutsch Tag – Tage.
- Palatalisierung: Das Mittelhochdeutsche unterschied zwei verschiedene s-Laute: Einerseits das in der zweiten, hochdeutschen Lautverschiebung entstandene [s], das auf germanisches t zurückging und mit z/zz geschrieben wurde, beispielsweise in ezzen, daz, grôz. Dieser Laut wurde gleich ausgesprochen wie neuhochdeutsches [s] und er entspricht auch einem neuhochdeutschen [s]. Andererseits der auf germanisches s zurückgehende stimmlose alveolo-palatalen Frikativ [ɕ], beispielsweise in sunne, stein, kuss, kirse, slîchen. Dieser Laut entspricht teils einem neuhochdeutschen [s] oder [z], teils einem neuhochdeutschen [ʃ].
Textprobe
Beginn des Nibelungenliedes Übersetzung Uns ist in alten mæren wunders vil geseit
von helden lobebæren, von grôzer arebeit,
von fröuden, hôchgezîten, von weinen und von klagen,
von küener recken strîten muget ir nu wunder hœren sagen.
Ez wuohs in Burgonden ein vil edel magedîn,
daz in allen landen niht schœners mohte sîn,
Kriemhilt geheizen: si wart ein scœne wîp.
dar umbe muosen degene vil verliesen den lîp.Uns wurde in alten Erzählungen viel Wundersames gesagt
von ruhmreichen Helden, von großem Leid,
von Freuden, Festen, von Weinen und von Klagen,
vom Kampf kühner Recken sollt ihr nun Wunder hören sagen.
Es wuchs in Burgund ein sehr feines Mädchen heran,
dass in allen Ländern kein schöneres sein konnte,
Kriemhild geheißen: Sie wurde eine schöne Frau.
Deswegen mussten viele Kämpfer ihr Leben verlieren.Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Artikel Frühneuhochdeutsch und älteres Neuhochdeutsch in der Schweiz im HLS
- ↑ König, Werner: dtv-Atlas zur deutschen Sprache, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1978, S. 77ff.
Literatur
- Wörterbücher
Neuere Wörterbücher (teils noch in Bearbeitung):
- Kurt Gärtner, Klaus Grubmüller, Karl Stackmann (Hrsg.): Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Erster Band, Doppellieferung 1/2 (Lfg. 1: a bis amurschaft, Lfg. 2: an- bis balsieren). Hirzel, Stuttgart 2006, ISBN 3-7776-1399-1 (MWB online)
- Beate Hennig: Kleines Mittelhochdeutsches Wörterbuch. 4. Auflage. Niemeyer, Tübingen 1998, ISBN 3-4841-0696-4
- Jörg Mildenberger: Anton Trutmanns 'Arzneibuch', Teil II: Wörterbuch, I-V, Würzburg 1997 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen, 56), ISBN 3-8260-1398-0
- Bettina Kirschstein, Ursula Schulze (Hrsg.): Wörterbuch der mittelhochdeutschen Urkundensprache auf der Grundlage des 'Corpus der altdeutschen Originalurkunden bis zum Jahr 1300'. Erich Schmidt Verlag 1986, ISBN 3-503-02247-3
Einige ältere Wörterbücher des Mittelhochdeutschen sind online zugänglich:
- MWV (mittelhochdeutsche Wörterbücher im Verbund)
- BMZ: G. F. Benecke, W. Müller, F. Zarncke: Mittelhochdeutsches Wörterbuch. 4 Bände., Leipzig 1854-66. 3. Nachdruckauflage: Hildesheim, Olms 1986, ISBN 3-487-05372-1 zum Online-Wörterbuch
- Lexer: Matthias Lexer: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. 3 Bände. Leipzig 1872-1878. Nachdruck: Hirzel, Stuttgart 1992, ISBN 3-7776-0488-7 und ISBN 3-7776-0487-9 zum Online-Wörterbuch, Nachträge 1878
- Findebuch: Kurt Gärtner u.a.: Findebuch zum mittelhochdeutschen Wortschatz. Mit einem rückläufigen Index Hirzel, Stuttgart 1992, ISBN 3-7776-0490-9 und ISBN 3-7776-0489-5 zum Online-Wörterbuch
- Einführung
- Thomas Bein: Germanistische Mediävistik. 2., bearbeitete und erweiterte Auflage, Erich Schmidt Verlag GmbH & Co., Berlin 2005, ISBN 3-503-07960-2
- Rolf Bergmann, Peter Pauly, Claudine Moulin: Alt- und Mittelhochdeutsch. Arbeitsbuch zur Grammatik der älteren deutschen Sprachstufen und zur deutschen Sprachgeschichte. Bearbeitet v. Claudine Moulin. 6. Auflage. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2004, ISBN 3-525-20836-7
- Thordis Hennings: Einführung in das Mittelhochdeutsche. 2. Auflage. de Gruyter, Berlin 2003, ISBN 3-11-017818-4
- Hermann Reichert: Nibelungenlied-Lehrwerk. Sprachlicher Kommentar, mittelhochdeutsche Grammatik, Wörterbuch. Passend zum Text der St. Galler Fassung („B“). Wien: Praesens Verlag 2007. ISBN 978-3-7069-0445-2. Einführung ins Mittelhochdeutsche auf Basis des Nibelungenliedes.
- Hilkert Weddige: Mittelhochdeutsch. Eine Einführung. 6. Auflage. Beck, München 2004, ISBN 3-406-45744-4
- Wilhelm Schmidt: Geschichte der deutschen Sprache - Ein Lehrbuch für das germanistische Studium, 10. Auflage, Hirzel, Stuttgart 2007, ISBN 3777614327
- Grammatik
- Heinz Mettke: Mittelhochdeutsche Grammatik. 8. Auflage. Niemeyer, Tübingen 2000, ISBN 3-484-89002-9
- Hermann Paul: Mittelhochdeutsche Grammatik. 25. Auflage. Niemeyer, Tübingen 2006, ISBN 3-484-64034-0
- Karl Weinhold: Kleine mittelhochdeutsche Grammatik. Fortgef. von Gustav Ehrismann und neu bearb. von Hugo Moser. 18. Auflage. Braumüller, Wien 1986, ISBN 3-7003-0663-6
- Metrik
- Herbert Bögl: Abriss der mittelhochdeutschen Metrik - Mit einem Übungsteil. 1. Auflage. Olms, Hildesheim 2006, ISBN 3-487-13142-0
Weblinks
- www.mediaevum.de Das altgermanistische Internetportal: Mittelalterliche Literatur u.v.m. im Internet
- http://mhdbdb.sbg.ac.at:8000/ Mittelhochdeutsche Begriffsdatenbank
- http://sagemaere.libsyn.com/ Mittelhochdeutsche Hörliteratur
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