Fundamentaler Attributionsfehler

Fundamentaler Attributionsfehler
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Attributionsfehler bezeichnet die Tendenz, den Einfluss dispositionaler Faktoren, wie Persönlichkeitseigenschaften, Einstellungen und Meinungen, auf das Verhalten (anderer) zu überschätzen und äußere Faktoren, wie situative Einflüsse, zu unterschätzen. In solchen Situationen dominieren korrespondierende Inferenzen. Das bedeutet, dass die Disposition mit dem Begriff gleichgesetzt wird, der für die Erklärung der Handlung verwendet wird.

Siehe auch Attribuierung, Attribution (Sozialpsychologie) und Attributionstheorien

Inhaltsverzeichnis

Untersuchungen

  • Jones & Harris (1967) führten mit US-amerikanischen Probanden folgendes Experiment durch: Die Versuchspersonen waren Zuhörer eines Redners, der eine Rede, die sich entweder für oder gegen Fidel Castro aussprach, verlas. Man unterteilte die Zuschauer in zwei Gruppen: Die einen erhielten nachher die Information, dass dem Redner die Rede unabhängig von seinen persönlichen Ansichten zugewiesen worden war. Die anderen wurden informiert, dass der Redner die Rede (pro/contra Castro) selbst gewählt hatte. Beide Gruppen wurden danach befragt, wie stark die Rede die Einstellung des Redners widerspiegelt. Jene, die glaubten, der Redner hätte seinen Standpunkt selbst gewählt, attribuierten internal - d. h. sie waren der Ansicht, die Rede spiegele des Redners Meinung wider. Die Gruppe, die glaubte, die Rede sei dem Redner zugewiesen worden, meinte bei einer contra-Castro-Rede, diese würde die Einstellung des Redners wenig wiedergeben. Las der Redner jedoch eine zugewiesene pro-Castro-Rede, sah ein größerer Anteil der Versuchspersonen diese als Widerspiegelung seiner Meinung. Obwohl die Versuchspersonen also wussten, dass die Rede zugeteilt worden war, attribuierten sie im letzten Fall stärker internal. Dieses Phänomen bezeichnet man als fundamentalen Attributionsfehler.
  • Ditto und Kollegen führten in den siebziger Jahren eine Untersuchung mit amerikanischen Männern durch. Die Versuchspersonen führten ein Gespräch mit einer weiblichen Person (die in Wahrheit eine Verbündete (confederate) des Versuchsleiter). Danach wurde ihnen erzählt, die Frau schreibe einen kurzen Bericht über den Eindruck, den die Versuchsperson auf sie gemacht hatte. Nachdem die Probanden diesen angeblichen Bericht lesen durften, sollten sie einschätzen, wie sympathisch sie der Frau waren. Vorher wurden sie in zwei Gruppen aufgeteilt: Für die einen enthielt der Bericht nur negative, für die anderen nur positive Eindrücke.
Die Versuchsgruppe mit den negativen Berichten beachtete diese Kritik kaum, nachdem man ihnen offenbart hatte, dass die Frau eine Konfidentin war. Ihre Einschätzung, wie sympathisch die Frau sie fände, war nicht signifikant negativer als die einer Kontrollgruppe mit ausgewogenen Berichten. Sie attribuierten somit eher external, also auf die Situation.
Jene Versuchspersonen, über die der Bericht nur positive Eindrücke enthielt, meinten jedoch trotz der Information, dass der Bericht manipuliert war, sie wären der Frau sehr sympathisch. Sie attribuierten demnach trotz der Information eher internal.
Diese Ergebnisse sind einerseits Belege für den fundamentalen Attributionsfehler. Sie spiegeln jedoch gleichzeitig die selbstwertdienliche Verzerrung wider: Die Versuchspersonen attribuieren Misserfolg (negative Kritik) eher external und Erfolg (positive Kritik) eher internal ("da ich der Frau sympathisch bin").
  • Ross und Kollegen führten 1977 eine Untersuchung in den USA durch, in denen eine Quizshow inszeniert wurde. Die Versuchpersonen wurden zufällig einer von drei Rollen zugewiesen: Quizmaster, befragter Kandidat oder Zuschauer. Der Quizmaster bekam dann die Aufgabe, sich Aufgaben, die seinen eigenen "Wissensreichtum möglichst umfassend zeigen", auszudenken. Diese Fragen sollte er dann dem Kandidaten stellen. Nach dem Quiz sollten alle drei Beteiligten den Wissenreichtum von Quizmaster und Befragtem einschätzen. Alle drei waren darüber informiert, dass der Quizmaster sich die Aufgaben selbst hatte überlegen dürfen. Trotzdem schätzten sowohl Zuschauer als auch Kandidaten den Wissensschatz des Quizmasters gegenüber dem des Kandidaten höher ein, obwohl der Quizmaster natürlich eindeutig im Vorteil war und Fragen entsprechend erfinden durfte. Obwohl der Eindruck des größeren Wissens des Quizmasters also auf situative Einflüsse zurückzuführen ist, attribuierten die Versuchspersonen stärker internal und begingen damit den fundamentalen Attributionsfehler.

Ursachen

Unterschied zwischen Akteur und Beobachter

Handelt man selbst als Akteur, muss man seine Aufmerksamkeit auf seine Umwelt richten. Beobachtet man hingegen einen Handelnden, kann man seine Aufmerksamkeit viel stärker auf die Person richten. Darum tendiert man dazu, dispositionale, in der Person gelegene Ursachen zu überschätzen.

Perspektive der Kamera

Es hat einen großen Einfluss auf die Wahrnehmung anderer, aus welcher Perspektive wir sie wahrnehmen. Untersuchungen haben gezeigt, das Zeugen in Gerichtsprozessen glaubwürdiger wirken, wenn sie dem Verhörer in die Augen blicken, als wenn sie zu Boden schauen.

Änderung der Perspektive mit der Zeit

Mit der Zeit tritt die Erinnerung an Personen in unserem Gedächtnis zurück. Das führt dazu, dass wir die situativen Einflüsse im Rückblick stärker gewichten.

Selbstaufmerksamkeit

Selbstaufmerksamkeit bedeutet, dass Personen ihre Selbstdarstellung (ihr Verhalten und ihre Äußerungen) darauf ausrichtet, bei anderen einen bestimmten Eindruck zu hinterlassen. Dafür ist es wichtig, der eigenen Person viel Aufmerksamkeit zu widmen. Personen mit hoher Selbstaufmerksamkeit tendieren dazu, auch bei anderen Menschen stärker auf die Persönlichkeitsmerkmale zu achten und überschätzen häufig dispositionale Ursachen.

Kultureinfluss

Menschen in eher kollektivistischen Kulturen, wie sie im asiatischen Bereich zu finden sind, achten in Situationen mehr auf die Umwelt. Personen aus individualistischen Kulturen fokussieren eher auf die Persönlichkeitseigenschaften. Dabei spielt die situative Salienz eine Rolle. Wenn Menschen aus kollektivistischen Kulturen keine situativen Informationen erhalten, dann neigen sie auch zu einer internalen Attribution, also einer Korrespondenzverzerrung.

Literatur

  • Jones, E. E. & Harris, V. A. (1967). The attribution of attitudes. Journal of Experimental Social Psychology 3, 1-24.
  • Ross, Lee (1977). The Intuitive Psychologist and His Shortcomings: Distortions in the Attribution Process. Advances in Experimental Social Psychology, L. Berkowitz ed. New York: Academic Press.

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