Aldabra-Riesenschildkröte

Aldabra-Riesenschildkröte
Aldabra-Riesenschildkröte
Aldabra-Riesenschildkröte (Aldabrachelys gigantea)

Aldabra-Riesenschildkröte (Aldabrachelys gigantea)

Systematik
Klasse: Reptilien (Reptilia)
Ordnung: Schildkröten (Testudinata)
Unterordnung: Halsberger-Schildkröten (Cryptodira)
Familie: Landschildkröten (Testudinidae)
Gattung: Seychellen-
Riesenschildkröten
(Aldabrachelys)
Art: Aldabra-Riesenschildkröte
Wissenschaftlicher Name
Aldabrachelys gigantea
(Schweigger, 1812)

Die Aldabra-Riesenschildkröte (Aldabrachelys gigantea, syn. unter anderem Geochelone gigantea, Dipsochelys elephantina und Dipsochelys dussumieri) ist die einzige rezente Vertreterin in der Gattung der Seychellen-Riesenschildkröten (Aldabrachelys) aus der Familie der Echten Landschildkröten (Testudinidae).

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Auffälligstes Merkmal der Aldabra-Riesenschildkröte ist der verhältnismäßig kleine Kopf, der den Hals vom Durchmesser her nur wenig überragt. Weitere Unterscheidungsmerkmale gegenüber der Galapagos-Riesenschildkröte sind große Kopfschuppen, Vorhandensein eines Nackenschildes, vertikal geschlitzte Nasenlöcher und die Fähigkeit, durch die Nase trinken zu können.

Wie die kleineren Landschildkrötenarten weisen Riesenschildkröten einen ausgeprägten Geschlechtsdimorphismus auf. Männchen besitzen einen längeren Schwanz, sind größer und haben einen konkaven Bauchpanzer und einen flacheren Rückenpanzer als Weibchen. Meist weisen sie auch längere Fußnägel an den Hinterbeinen auf. Diese sekundären Merkmale treten erst im Vorfeld der Geschlechtsreife ab einer Panzerlänge von etwa 60 cm auf. Die Geschlechtsreife wird mit 15 bis 30 Jahren erreicht.

Die größten Carapaxlängen werden für Männchen mit 100–122 cm und für Weibchen mit 87 cm angegeben, dazu gehören maximale Gewichtsangaben von 250 kg für Männchen bzw. 167 kg für Weibchen. Die Durchschnittsgewichte der Populationen liegen je nach Altersstruktur und Nahrungsangebot mit 20–50 kg allerdings deutlich darunter.

Aldabra-Riesenschildkröte

Einige in Gefangenschaft lebende Individuen mit einem ungewöhnlich geformten, sattelförmigen Panzer wurden einige Zeit als "Arnolds Riesenschildkröte" bezeichnet. Anhand von genetischen Untersuchungen glaubte Gerlach (1996) zunächst, dass es sich um Restindividuen einer ausgestorbenen Art handelt, und wies ihnen einen eigenen Artstatus zu. Durch erneute Untersuchungen von Austin [1] und Palkovacs [2] wurde das aber bereits 2003 widerlegt. In der gegenwärtigen Auflistung für CITES ist diese Art nicht enthalten.[3].

Verbreitung und Lebensweise

98 % der natürlichen Populationen leben auf der Hauptinsel des Aldabra-Atolls, Grande Terre, im Indischen Ozean, wobei deren Küstengebiete sowie offenes Gras- und Buschland mit niedriger Vegetation bevorzugt werden. Die Temperaturen schwanken zwischen mittleren Minimalwerten von 22 °C und mittleren Maximalwerten von 31 °C. In diesen semiariden Gegenden hat sich durch den Jahrtausende währenden Verbiss durch Schildkröten eine Vegetation aus genetisch verzwergten Gräsern und Seggen entwickelt, der sog. tortoise turf, der die Hauptnahrungsquelle der Tiere darstellt. Er besteht aus Gräsern, Kräutern und Blüten. Daneben werden auch Früchte, gelegentlich Aas und Kot gefressen.

Aldabra-Riesenschildkröten können ohne Weiteres über 100 Jahre alt werden. Das in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts geborene Männchen "Adwaita" erreichte in Gefangenschaft vermutlich eine Lebensspanne von 256 Jahren.

Fortpflanzung

Die Hauptpaarungszeit liegt in der Regenzeit von Oktober bis April, die Eiablagezeit dagegen in den kühleren Monaten Juni bis September. Gelegt werden 1 – 2, gelegentlich bis zu drei Gelege mit 5 – 25 Eiern pro Gelege. Die Eier sind tennisballgroß und wiegen zwischen 40 g und 75 g. Die Nisthöhlen werden bevorzugt in Gebieten mit 5 Stunden Sonnenbestrahlung angelegt. So kommt es in den ca. 25 cm tiefen Gruben zu Temperaturen zwischen 27 °C und 31 °C. Die Jungtiere schlüpfen mit einer Größe von 6–7 cm Panzerlänge in einem Geschlechtverhältnis von ca. 1:1. Sie können bis zu einem Monat in der Nisthöhle verbleiben, bis sie sich meist nach einem Regen gemeinsam an die Oberfläche graben.

Aldabra-Riesenschildkröten bei der Paarung

Gefährdungssituation

Eine Aldabra-Riesenschildkröte in Beauval Zoo, Frankreich

Die frei lebende Gesamtpopulation beträgt etwa 100.000 Tiere (Bourn 1999), darüber hinaus werden noch etwa 5000 Exemplare in Zoos und Privathand gehalten (Swingland 1985). Somit ist sie die einzige Riesenschildkröte, deren Überleben nach derzeitigem Stand als einigermaßen gesichert gilt. Allerdings könnten aufgrund des kleinen Verbreitungsgebietes Naturkatastrophen, Seuchen und Menscheneinwirkung einschneidende Auswirkungen haben. Die Aldabra-Riesenschildkröte ist in Anhang B der Europäischen Artenschutzverordnung gelistet. Sie unterliegt damit der behördlichen Meldepflicht, darf aber ohne Vermarktungsgenehmigung ge- bzw. verkauft werden.

Briefmarken

Briefmarkenblock für die Outer Islands mit Darstellung der Aldabra-Riesenschildkröte.

1985 gab die Post der Seychellen in einer separaten Ausgabe für die Outer Islands einen Block zu 10 Rupien mit der Abbildung zweier Riesenschildkröten heraus.

1998 brachte die Post des Königreichs Kambodscha eine Briefmarke mit der Abbildung einer Aldabra-Riesenschildkröte mit einem Nennwert von 1.500 Riel heraus.

Die Indische Post ehrte im Jahre 2008 die im Zoo von Kalkutta nach mehr als 256 Jahren Lebenszeit verstorbene Adwaita mit zwei sechseckigen Briefmarken im Nennwert von 5 Rupien und 15 Rupien.

Nachweise

Einzelnachweise

  1. Jeremy J. Austin, E. Nicholas Arnold and Roger Bour (2003): Was there a second adaptive radiation of giant tortoises in the Indian Ocean? Using mitochondrial DNA to investigate speciation and biogeography of Aldabrachelys (Reptilia, Testudinidae). - Molecular Ecology, 12(6)
  2. Eric P. Palkovacs, Monique Marschner, Claudio Ciofi, Justin Gerlach and Adalgisa Caccone (2003): Are the native giant tortoises from the Seychelles really extinct? A genetic perspective based on mtDNA and microsatellite data. - Molecular Ecology, 12(6)
  3. CITES Checklist of Chelonians of the World, S. 122

Literatur

  • Bourn D, (1977): Reproductive Study of Giant Tortoises on Aldabra, J. Zool., Vol. 182, London
  • Chambers P A, (2004): Sheltered Life: The Unexpected History of the Giant Tortoise. John Murray (Publishers), London, ISBN 0719565286
  • Collins D, (1984): Captive Breeding and Management of the Aldabra Tortoise, Presented to 8th International Herpetological Symposium, Jacksonville Zoo, Jacksonville, Fl.
  • Ebersbach K, (2001): Zur Biologie und Haltung der Aldabra-Riesenschildkröte (Geochelone gigantea) und der Galapagos-Riesenschildkröte (Geochelone elephantopus) in menschlicher Obhut unter besonderer Berücksichtigung der Fortpflanzung, Dissertation, Tierärztliche Hochschule Hannover Volltext
  • Gerlach J, Canning K L, (2000): Evolution and History of the Giant Tortoises of the Aldabra Island Group. Full text
  • Gerlach J, (2004): The Giant Tortoises of the Indian Ocean, Frankfurter Beiträge zur Naturkunde (21), Frankfurt (Bezugsquelle)
  • Gibson C W D, Hamilton J, (1984): Population Processes in a Large Herbivorous Reptile: The Giant Tortoises of Aldabra Atoll, Occologia,Berlin* Grubb P, (1971): The Growth, Ecology, and Population Structure of the Giant Tortoises on Aldabra, Phil. Trans. Roy. Soc. Lond. B, Vol. 260
  • Pfeiffer M, (2000): Langzeituntersuchungen zum Fortpflanzungsgeschehen bei Aldabra- und Galapagos-Riesenschildkröten (Geochelone gigantea und Geochelone elephantopus) anhand von Steroidanalysen im Kot und Verhaltensbeobachtungen, Dissertation, Universität Zürich, IDN 960035389
  • Stearns B C, (1988): Captive Husbandry and Propagation of the Aldabra Giant Tortoise. In: Int. Zoo Yb. Vol. 27
  • Stoddart D R, (1969): Retrospect and Prospect of Aldabra Research. In: Nature. March 15, 1969, pp. 1004–1006.
  • Stoddart D R, (1974): The Aldabra Affair, Biological Conservation, 1974,
  • Swingland I R, (1984): Securing the Tortoises Future, Country Life, August 30
  • Swingland I R, (1989): Aldabran Giant Tortoise, The Conservation Biology of Tortoises, Occasional Papers of the IUCN Species Survival Commission (SSC), No. 5

Weblinks


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