Gabrielle – Liebe meines Lebens

Gabrielle – Liebe meines Lebens
Filmdaten
Deutscher Titel: Gabrielle – Liebe meines Lebens
Originaltitel: Gabrielle
Produktionsland: Deutschland, Frankreich, Italien
Erscheinungsjahr: 2005
Länge: 90 Minuten
Originalsprache: französisch
Altersfreigabe: FSK 12
Stab
Regie: Patrice Chéreau
Drehbuch: Patrice Chéreau
Anne-Louise Trividic
Produktion: Serge Catoire
Musik: Fabio Vacchi
Kamera: Eric Gautier
Schnitt: François Gédigier
Besetzung
  • Pascal Greggory: Jean Hervey
  • Isabelle Huppert: Gabrielle Hervey
  • Claudia Coli: Yvonne
  • Thierry Hancisse: Chefredakteur
  • Chantal Neuwirth: Madeleine

Gabrielle – Liebe meines Lebens ist ein Film des französischen Regisseurs Patrice Chéreau aus dem Jahr 2005. Das Drama basiert auf dem Roman The Return von Joseph Conrad und wurde vom Filmstudio Azor Films in Zusammenarbeit mit u. a. Canal Plus, ARTE und dem ZDF produziert.

Dargestellt wird die Sezierung einer Ehe aus der subjektiven Sicht des verlassenen Ehemannes Jean Hervey. Seine Frau wendet sich für Jean völlig überraschend an einen anderen Mann, kehrt jedoch nach wenigen Stunden zurück. Die vormals für Jean intakte Ehe ist zerstört, es beginnt eine Fahrt in die Abgründe einer Beziehung. Der Film steht an der Schwelle zum Umbruch zur Moderne und spiegelt somit auch die Selbstzerstörung einer dekadenten Gesellschaft im Jahre 1910.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Im Tone Marcel Prousts erzählt Jean von der verlorenen Zeit: wie er Gabrielle kennen lernte, wie er dachte und fühlte, von den gemeinsamen Abenden mit Freunden. Jeden Donnerstag trifft sich die Gesellschaft der "Freunde" zum üppigen, gemeinsamen Essen, Zerstreuung in Unterhaltung und Musik suchend - ein dem Aussterben geweihter Zirkel der Dekadenz und Selbstinszenierung. Am Ende eines dieser Abende steht das Menetekel einer alten Frau: "Man lebt, man erreicht viel. Dann kommt der Zusammenbruch." Als Jean eines Tages nach Hause kommt, findet er einen Brief: seine Frau hat ihn verlassen, "... Adieu".

Gabrielle kehrt zurück. Für Jean ist die Beziehung zerstört. Er will, dass niemand etwas erfährt, nicht das zahlreiche Personal, nicht die zahlreichen "Freunde". "Ach wäre Sie doch tot, man würde mir wenigstens kondolieren."

Gabrielle beschreibt die Ehe aus ihrer Sicht, ein Zweckbündnis zwischen zwei Menschen zum gegenseitigen Vorteil und nicht die schlechteste doch bar jeden Gefühls. Sie verließ ihren Mann, als sich die Gelegenheit bot: "Ich wollte einmal in meinem Leben erfahren, was Liebe ist". Regungslos versteht Gabrielle, dass Jeans Gefühle für sie echt waren: "Hätte ich geahnt, nur eine Sekunde geahnt, dass Sie mich lieben, ich wäre nie zurückgekehrt."

Jean forscht nach dem anderen, einem Redakteur aus dem Kreis der Freunde. Gabrielle berichtet ihm schmerzhaft detailliert von ihnen. "Warum wollen Sie mit ihm zusammen sein? Warum verweigern Sie sich mir schon seit so langer Zeit?" - "Weil der Gedanke an Ihr Sperma in meinem Körper mir unerträglich ist."

Zweimal siegt die Verzweiflung über die von Jean (ungelungen) zur Schau getragene Ruhe. Unhörbar ruft er verzweifelt nach Gabrielle, stummfilmeske Einblendungen zeigen hierbei Jeans Innerstes: "Bleiben Sie!", "Helfen Sie mir!"

Nekrophil bietet sich Gabrielle ihrem Manne an. Dieser erforscht tastend den Körper seiner Frau. "Da ist keine Liebe, nichts. Können Sie so leben?" "Ja." "Ich aber nicht." Jean flieht aus dem Haus. "Er kehrte nie mehr zurück."

Stilmittel

Chéreau teilt den Film deutlich in zwei verschiedene Teile: Vergangenheit und Destruktion. Während die Vergangenheit in Schwarz-Weiß verharrt, wechselt die Zerstörung zwischen Farbe und dem Kontrastbild als Symbol für die Zerrissenheit Jeans, der zwischen Realität und Wunschdenken schwankt. Der erzählende, beinahe plaudernde Ton des Anfangs weicht einem Kammerspiel, der auch Aspekte des Stummfilms spiegelt. Das laut gesprochene und für das Bühnenvolk im Theater doch unhörbare Wort, wird bei Chéreau zu einem eigenen Stilmittel: Vor Personal und Gästen entblößt Jean seine Seele, da er die Umstehenden in seinem Schmerz nicht mehr wirklich erfassen kann, sondern mit der Kamera schemenhaft von Punkt zu Punkt schreckt.

Die Bühne bildet ein riesiges Haus, das mit zahllosen Büsten, Stuck und Säulen mehr Museum denn Heimstatt ist und in dem alles Kälte atmet. Die Huppert wirkt in ihrer Unbewegtheit und einer jenseitigen Gefühlswelt zeitweise wie eine jener Statuen, derer es so zahlreiche in diesem Hause gibt.

Fabio Vacchi komponiert eine spätromantische Karikatur, in der er die Polyphonie ad absurdum führt. Dazu lässt er disharmonische Schockwellen in Kammerbesetzung durch das große, schweigende Orchester geistern. Dabei trifft Vacchi sehr genau die Harmonien, welche direkt vor dem Umbruch in die Moderne standen, eine Musik, die aus jener Zeit zu stammen scheint, in der dieser Film spielt und das Morbide Gustav Mahlers verströmt.

Kritiken

  • "Hervorragend gespieltes, artifizielles Ehedrama in eigenwilliger, betont theatralischer Inszenierung, das den Selbstbetrug einer sozialen Schicht entlarvt und den Masochismus einer Gesellschaft aufzeigt, die sich die eigenen Gefühle nicht eingesteht." (film-dienst)
  • "Im Kino ist manches Großartige aus Zweikämpfen entstanden: Duellen zwischen Produzent und Regisseur, Regisseur und Schauspieler. Hitchcock hat mit Kim Novak gerungen, als er „Vertigo“ drehte, Rossellini mit Ingrid Bergman, Billy Wilder mit Marilyn Monroe, Godard mit Brigitte Bardot und Fritz Lang. Aber selten sind sich ein Filmregisseur und eine Schauspielerin so auf Augenhöhe begegnet wie Isabelle Huppert und Patrice Chéreau." (Frankfurter Allgemeine Zeitung)
  • "Patrice Chéreau inszeniert die auf einer Erzählung Joseph Conrads basierende Geschichte als bedrückendes Kammerspiel. Die innere Kälte der Protagonisten transportiert er in düster-kühlen Bildern auf die Leinwand (...) Isabelle Huppert brilliert in der Rolle der Ehefrau, die noch Wünsche und Träume hat, letztendlich aber nicht die Kraft aufbringt, sie durchzusetzen." (Stern)

Auszeichnungen

Im Jahr 2005 war Patrice Chéreaus Film im Wettbewerb der Filmfestspiele von Venedig, unterlag jedoch Ang Lees Drama Brokeback Mountain. Ein Jahr später bei der Verleihung des wichtigsten französischen Filmpreises, dem César, war Gabrielle – Liebe meines Lebens in sechs Kategorien nominiert, darunter Patrice Chéreau und Anne-Louise Trividic für das beste adaptierte Drehbuch und Hauptdarstellerin Isabelle Huppert, die ihre dreizehnte Darstellernominierung erhielt. Während Huppert ihrer Schauspielkollegin Nathalie Baye (Eine fatale Entscheidung) unterlag, wurden Kostümdesignerin Caroline de Vivaise und das Szenenbild von Olivier Radot preisgekrönt.

César

  • Beste Kostüme
  • Bestes Szenenbild
    • nominiert in den Kategorien
      • Beste Hauptdarstellerin (Isabelle Huppert)
      • Bestes adaptiertes Drehbuch
      • Beste Kamera
      • Bester Ton

Weitere

Internationale Filmfestspiele von Venedig 2005

Weblinks


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