Gaffenberg

Gaffenberg
Gaffenberg-Zelt von 1991

Der Gaffenberg ist eine Erhebung im östlichen Stadtwald von Heilbronn. Auf dem etwa 200 m westlich des Köpfertals auf dem links begleitenden Hügelzug gelegenen, etwa 4 Hektar großen Gelände steht Europas größtes Waldheim für Kinderfreizeiten. Es ist seit 1986 auch der Austragungsort des jährlichen Gaffenberg-Festivals.

Inhaltsverzeichnis

Kinderfreizeiten

Halle mit Küchenanbau von 1927
Häusergruppe Ho, Tschi und Minh von 1968

Die Kinderfreizeiten auf dem Gaffenberg gehen auf den Pfarrer Theodor Zimmermann (1893–1974) zurück, der nach dem Ersten Weltkrieg in den Stuttgarter Waldheimen erste Erfahrungen mit der Waldheim-Idee gesammelt hatte und ab 1922 in Heilbronn als Jugendpfarrer tätig war. 1925 erwarb der CVJM Heilbronn ein erstes, 37 Ar großes Gelände auf dem Gaffenberg, errichtete dort eine Halle mit Küchenanbau und veranstaltete 1927 unter der Leitung von Zimmermann eine erste Sommerfreizeit für 200 Kinder. Die Hauptabsicht war damals und ist heute noch, Großstadtkindern eine Erholung am Stadtrand anzubieten. Zimmermann leitete die Freizeiten bis 1935, bevor er an eine andere Pfarrstelle berufen wurde. Ihm folgte der neue Jugendpfarrer Werner Reininghaus (1906–1983) nach.

1935 wurde das Gelände durch eine Grundstücksschenkung um 15 Ar vergrößert, der CVJM übertrug die gesamte Anlage im selben Jahr an die Evangelische Gesamtkirchengemeinde Heilbronn, um einer Beschlagnahme durch die Nationalsozialisten vorzubeugen. 1937 kaufte man 18 Ar weiteren Grund hinzu. 1938 wurde die ehemalige Bauhütte der Kilianskirche auf dem Gelände aufgeschlagen.

Bei Kriegsausbruch 1939 beschlagnahmte die NSDAP-Kreisleitung das inzwischen rund 71 Ar große Gelände. Sie sagte jedoch die weitere Verwendung für Kinderfreizeiten zu. Solche hielten während der Kriegsjahre verschiedene Pfarrer ab. Beim Kampf um Heilbronn im April 1945 wurde das Gelände beschädigt, anschließend von amerikanischen Truppen geplündert, die mit Küchengeräten und sonstigen Einrichtungsgegenständen das Lager Heilbronn ausstatteten.

Nach Kriegsende hielt man in der früheren Bauhütte – die seitdem Waldkirche heißt – Waldgottesdienste ab, weil die Kirchen der Heilbronner Innenstadt zerstört waren. Trotz der schweren Kriegsfolgen fand bereits 1945 auch wieder eine Kinder-Sommerfreizeit statt. 1946 wurde das Gelände wiederhergestellt und es entstanden weitere Gebäude, u.a. auch eine erste Bühne. 1950 hatte das Gelände dann Strom- und Wasseranschluss. 1953 wuchs das Gelände ein weiteres Mal durch einen Zukauf in der Nachbarschaft. Es war diesmal das 81 Ar große KdF-Grundstück, einst dem Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verband gehörend und später von diesem an die Organisation Kraft durch Freude gelangt. In der Zeit bis 1960 nahmen dann an den Freizeiten bis zu 1000 Kinder teil.

Seit 1956 gibt es jedes zweite Jahr die Köpferfestspiele; unter der Regie der ehrenamtlichen Ferienbetreuer spielt man dabei Theater.

1959 pachtete man weitere Fläche von der Stadt Heilbronn zu. 1962 wurde das Gelände teilweise terrassiert, bis 1966 konnten – durch zwei zeitlich versetzte Freizeiten – insgesamt über 1800 Kinder teilnehmen. 1968 wurden die Holzhäuser Ho, Tschi und Minh errichtet und die bisherige hölzerne Bühne wich einer massiven Bühne aus Stein, die Zuschauerplätze liegen auf Terrassen.

1970 pachtete man zwei weitere Waldflächen von der Stadt Heilbronn und erwarb weiteren Grund. Desgleichen im Jahre 1973, damals wurden auch Bühne und Zuschauerplätze mit einem Zelt überdacht, dessen Gestalt der des Münchner Olympiastadions nachempfunden war; 1991 ersetzte ein weißes Zelt in der alten Form die zuvor orangefarbene Bedachung. 1976 stand dann der sogenannte Neubau, und es gründete sich der Förderverein der Kinderfreizeiten. Auf dem zuletzt erworbenen Gelände errichtete man 1977 einen Verwaltungs- und Wohnkomplex; die Stadt Heilbronn schoss 40 % der Bausumme zu, zugunsten des Mehrzweckbau wurden 638.000 DM gewährt.[1] 1994 gab es einen weiteren Geländezukauf.

Da jahrelang nichts zum Erhalt der Gebäude getan wurde, gibt es inzwischen in der Anlage großen Sanierungsbedarf. Die Heilbronner Bürgerstiftung setzt sich mit einer groß angelegten Spendenkampagne für die Sanierung des Waldheims ein. Unter dem Motto SOS Gaffenberg - Rettet den Gaffenberg für unsere Kinder wurden dabei von März bis Ende Juli 2011 insgesamt 862.000 Euro eingeworben. Als Startkapital gab die Bürgerstiftung aus eigenen Mitteln einen Grundstock in Höhe von 100.000 Euro. Diesen konnte die Bürgerstiftung in Kooperation mit der regionalen Tageszeitung Heilbronner Stimme einwerben. Teil der Fundraising-Aktion waren unter anderem ein Benefizfußballspiel der Bayern München Allstars, ein Kinderfest der Service-Clubs und eine große Weinprobe durch die regionalen Weinbauern.[2]

Auf dem Gaffenberg betreuen heute bei den Sommerfreizeiten jedes Jahr ungefähr 180 ehrenamtliche Helfer im Alter von 17 bis 30 Jahren etwa 2200 Kinder. Das Gelände kann außerhalb dieser Freizeiten gemietet werden, es finden deshalb dort auch andere Veranstaltungen statt.

Gaffenberg-Festival

Gaffenberg-Bühne unter dem Audi-Zelt

Anlässlich der 60. Kinderfreizeit im Jahr 1986 hielten die Betreuer der Freizeiten die Heilbronner Kulturtage ab und gründeten anschließend den Förderverein Heilbronner Kulturtage e.V., der in der Folgezeit weitere Veranstaltungen abhielt. Die jährliche Veranstaltung auf dem Gaffenberg heißt heute Gaffenberg Festival. Die ersten 19 Jahre hatte Harry Mergel die Leitung des Vereins inne, Fraktionsvorsitzender der Heilbronner SPD, der 2005 Kultur- und Sozialbürgermeister von Heilbronn wurde und die Leitung des Vereins an den Mitgründer Rudi Faul abgab.

Das Festival bietet vor allem alpenländischen Rock und Pop sowie Kleinkunst und Comedy jeglicher Art. In seiner inzwischen über 20-jährigen Geschichte sind etwa 500 meist namhafte Künstler dort aufgetreten. 2005 hatte das Festival einen Etat von 630.000 Euro. Beim 20. Gaffenberg Festival 2006 zählte man 15.000 Besucher, die Künstler erhielten Gagen von insgesamt rund 300.000 Euro. Das 21. Festival 2007 fand in etwas kleinerem Rahmen statt, da nur noch drei anstelle von vier Zelten bespielt wurden. Es hatte rund 9.500 Besucher, der Künstler-Etat belief sich auf 255.000 Euro. Zu den 2007 aufgetretenen Künstlern zählen Procol Harum, Gianna Nannini, Martin Jondo, Juli, Killerpilze und Culcha Candela.

Wegen zu geringer Zuschauerzahlen im Vorjahr ließ man das Gaffenberg-Festival 2008 ausfallen,[3] doch im Jahr 2009 erlebte das Festival in etwas kleinerem Maßstab eine Neuauflage.

Einzelnachweise

  1. Verwaltungsbericht der Stadt Heilbronn 1975-78, S. 46.
  2. www.heilbronner-buergerstiftung.de
  3. Claudia Ihlefeld: Ein Sommer ohne Gaffenberg Festival. In: Heilbronner Stimme vom 28. Dezember 2007

Literatur

  • 50 × Gaffenberg – Kinderfreizeiten 1927–1976. Evangelische Gesamtkirchengemeinde Heilbronn, Heilbronn 1976

Weblinks

 Commons: Gaffenberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
49.1249.24777

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Fernmeldeturm Heilbronn — Schweinsberg Der Schweinsberg von Untergruppenbach Vorhof aus gesehen Höhe 372,8 m …   Deutsch Wikipedia

  • Luftangriff auf Heilbronn — Das zerstörte Heilbronn 1945 Der Luftangriff auf Heilbronn am 4. Dezember 1944 durch die britische Royal Air Force (RAF) zerstörte die gesamte historische Innenstadt und 62 % der gesamten Stadt Heilbronn. Dabei kamen rund 6.500 Menschen ums Leben …   Deutsch Wikipedia

  • Heilbronn — Infobox German Location Art = Stadt image photo = Heilbronn Innenstadt u Wartberg 20050918.jpg image caption = View of the Heilbronn centre of town toward the Wartberg Wappen = Wappen Heilbronn.svg lat deg = 49 | lat min = 9 | lat sec=0 lon deg …   Wikipedia

  • Chapel of the Three Stones (Heilbronn) — Dieser Artikel befindet sich derzeit im Review Prozess. Sag auch dort deine Meinung und hilf mit, den Artikel zu verbessern! Die Kapelle zu den drei Steinen oder Chapel of the Three Stones war eine US Kapelle in der ehemaligen Badener Hof Kaserne …   Deutsch Wikipedia

  • Heilbronn — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Heilbronner Arbeiterbewegung — Die Geschichte der Stadt Heilbronn beschreibt die Entwicklung von Heilbronn in Baden Württemberg. Der Ort hat sich aus einem im 7. Jahrhundert bestehenden fränkischen Königshof entwickelt, wurde im 14. Jahrhundert zur Reichsstadt erhoben und als… …   Deutsch Wikipedia

  • Schweinsberg (Berg) — Schweinsberg Der Schweinsberg von Untergruppenbach Vorhof aus gesehen Höhe …   Deutsch Wikipedia

  • Sebastian Schnoy — im Juni 2010 Sebastian Schnoy (* 14. August 1969[1] in Hamburg) ist ein deutscher Kabarettist, Schriftsteller, Geschichtsjournalist und Moderator …   Deutsch Wikipedia

  • Stuttgarter Waldheime — Die Stuttgarter Waldheime sind von ursprünglich aus der Arbeiterbewegung hervorgegangenen Vereinen getragene Erholungs und Veranstaltungsorte mit Gaststättenbetrieb. Inhaltsverzeichnis 1 Waldheime der Arbeiterbewegung 1.1 Eigenständige kulturelle …   Deutsch Wikipedia

  • Weinsberg — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”