- Gammahydroxybuttersäure
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Strukturformel Allgemeines Freiname Hydroxybuttersäure Andere Namen - γ-Hydroxybuttersäure
- γ-Hydroxybutansäure
- 4-Hydroxybuttersäure
- HGHB steht für die freie Säure
- GHB (Sammelbez. mit Salzen)
- γ-Hydroxybutyrat (Salz)
- Oxybat (Salz)
- Anetamin (Na-Salz)
Summenformel C4H8O3 CAS-Nummer 591-81-1 PubChem 10413 ATC-Code DrugBank DB01440 Kurzbeschreibung farblose Flüssigkeit [1][2] Arzneistoffangaben Wirkstoffklasse Fertigpräparate - Somsanit®
- Xyrem®
Verschreibungspflichtig: BtMG Eigenschaften Molare Masse 104,11 g·mol−1 Aggregatzustand flüssig
Schmelzpunkt Siedepunkt 178–180 °C (Zersetzung) [1]
Sicherheitshinweise Gefahrstoffkennzeichnung [4] Keine Einstufung verfügbarR- und S-Sätze R: siehe oben S: siehe oben Bitte beachten Sie die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln LD50 4800 mg·kg−1 (Maus, oral) [5]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. 4-Hydroxybutansäure, veraltet auch γ-Hydroxybuttersäure, kurz GHB (Gamma-Hydroxybuttersäure), ist eine Hydroxy-Carbonsäure, deren Salze als 4-Hydroxybutyrate oder in der Pharmazie als Oxybate bezeichnet werden.
GHB ist eng verwandt mit dem menschlichen Neurotransmitter GABA (γ-Aminobuttersäure) und ist zugleich ein eigenständiger Neurotransmitter im menschlichen Körper. Es ist in der Nahrung (z. B. im Fleisch) in Spuren enthalten. GHB wird in der Medizin als intravenöses Narkotikum bei Kaiserschnittentbindungen, in der Geburtsanästhesie und bei Risikofällen aller Art (z. B. Patienten mit Leberschaden, Herzkatheterisierung usw.) benutzt. 2002 wurde 4-Hydroxybutansäure Natriumsalz (Natriumoxybat) in den USA und 2005 in der EU als Medikament zur symptomatischen Behandlung der Narkolepsie zugelassen. Dazu wird es in Form einer Lösung eingenommen. Seit Ende der 1990er Jahre wird die Substanz verstärkt als Partydroge (Liquid Ecstasy) genutzt.
Inhaltsverzeichnis
Historische Informationen
GHB wurde erstmals 1874 von Alexander Saytzeff synthetisiert.[6] Erst 1960 wurde die pharmakologische Wirkung entdeckt. Die Synthese erfolgte durch den Chemiker und Pharmakologen Camille Georges Wermuth im Auftrag der französischen Marine im Rahmen eines Forschungsprogramms, das von dem Chirurgen Henri Marie Laborit am Marinestützpunkt Toulon in Südfrankreich durchgeführt wurde. Der Entwickler von GHB ersetzte die Aminogruppe des GABA-Moleküls durch eine Hydroxylgruppe und machte so das Molekül (GHB) für die Blut-Hirn-Schranke passierbar. In den 1960er- und 1970er-Jahren wurde GHB intensiv als Narkotikum genutzt. Auch als Hilfsmittel zum Alkoholentzug und als Nahrungsergänzung für Sportler wurde GHB verwendet. Die Indikation vom GHB beschränkte sich zuerst auf Narkolepsie mit Kataplexie, wurde aber später auf generelle Behandlung der Narkolepsie erweitert.
Chemische Eigenschaften
4-Hydroxybutansäure cyclisiert in einer Gleichgewichtsreaktion, abhängig vom pH-Wert und der Temperatur, zum Butyro-1,4-lacton (GBL).[7][8]
Die Salze der 4-Hydroxybutansäure sind geruchlos und teilweise hygroskopisch. Natriumoxybat (CAS 502-85-2) weist einen deutlich salzigen Geschmack auf.
Wirkung
Abhängig von der Dosierung wirkt GHB entweder als Entaktogen, Muskelrelaxans oder Schlafmittel.
In niedrigen Dosen von circa 0,5 g bis 1,5 g dominiert der stimulierende Effekt. GHB wirkt dann angstlösend, leicht euphorisierend und sozial öffnend. Ferner tritt eine Einschränkung der motorischen Kontrolle, ähnlich wie bei einem Alkoholrausch, auf. In höheren Dosierungen bis circa 2,5 g kommt unter Umständen eine aphrodisierende Wirkung hinzu, oder allgemein, wieder wie bei Alkohol, eine Verstärkung vorhandener Antriebe und Stimmungen.
In noch höheren Dosen wirkt GHB stark einschläfernd. Auch aufkommender Brechreiz wird häufig beschrieben. Überdosierungen können zu plötzlichem narkotischem Schlaf führen, aus dem die betreffende Person kaum zu wecken ist. Zur Behandlung von Narkolepsie wird GHB über längere Zeit nachts verabreicht. Nach einigen Wochen zeigt sich ein deutlicher Rückgang der Kataplexien. Auch auf die Tagschläfrigkeit bei Narkolepsie soll es sich positiv auswirken.
GHB-Überdosen (d.h. Dosen, die zu einer unerwünschten Narkose führen) sind ohne, in stärkerem Maße auch in Kombination, mit anderen zentral dämpfenden Pharmaka wie Schlafmitteln, Opioiden und Alkohol (!) wegen der Gefahr der Atemdepression und des Atemstillstands gefährlich.
GHB ist nach den bisherigen Erkenntnissen nicht placentadurchgängig, kann also von schwangeren Narkolepsiepatientinnen unter ärztlicher Kontrolle weiter verwendet werden, um die Kataplexien einzuschränken. Allerdings wird NaGHB mit der Muttermilch an den Säugling weiter gegeben. Deshalb sollte nach einiger Zeit abgestillt werden.
GHB wird im Körper nicht zu der verwandten GABA metabolisiert, sondern verstärkt nur die dämpfende Wirkung der GABA.[9] GHB beeinflusst auch den Dopamin-Haushalt, indem es die Dopaminausschüttung erhöht. Die Hypothese, dass GHB zuerst die Ausschüttung von Dopamin behindert (was zur Müdigkeit führt) und anschließend dessen erhöhte Ausschüttung auslöst (der sog. Dopamin-Rebound, welcher zur Folge hat, dass man nicht schlafen kann), konnte allerdings nicht gehalten werden.
Beim Absetzen von GHB nach längerem Gebrauch stellen sich Entzugsbeschwerden ein, welche qualitativ denen von Benzodiazepinen gleichen, jedoch in Intensität und Dauer (12–96 Stunden) nicht das Ausmaß erreichen.
GHB ist maximal zwölf Stunden via GC-MS (Kopplung eines Gaschromatographen (GC) mit einem Massenspektrometer (MS)) im Urin nachweisbar und wird im Körper innerhalb von 24 Stunden vollständig über Bernsteinsäure im Citratzyklus metabolisiert. Als Abbauprodukte bleiben letztlich nur Kohlendioxid und Wasser.
Abhängigkeit und Entzug
GHB ist auch bekannt als Liquid Ecstasy, Liquid E, Liquid X, G, Fantasy u. ä. Es besitzt keinerlei chemische Verwandtschaft zu Ecstasy (MDMA) und hat auch in seiner Wirkung kaum Ähnlichkeit. Die Bezeichnungen sind vor allem ein Verkaufsargument. Es ist auf dem Schwarzmarkt als hygroskopischer Feststoff oder als farblose oder gefärbte (Lebensmittelfarbe) Flüssigkeit in Flaschen erhältlich, wobei es sich um eine wässrige Lösung von GHB-Salzen handelt. Oft werden seit dem Verbot von GHB ersatzweise GBL oder BDO konsumiert, die im Körper unmittelbar zu GHB verstoffwechselt werden und deshalb annähernd die gleiche Wirkung haben.
Bei häufiger bzw. regelmäßiger Einnahme kann sich eine psychische und physische Abhängigkeit einstellen. Entzugserscheinungen treten in Form von anhaltender Übelkeit, Schweißausbruch, Zittern der Hände und Schlaflosigkeit auf. Die Symptome bilden sich jedoch meist nach 1–3 Tagen zurück.
Herstellung
Ein Weg zur Herstellung von GHB ist die hydrolytische Spaltung der inneren Esterbindung von γ-Butyrolacton durch die äquivalente Menge eines Alkalimetallhydroxids (meist Natriumhydroxid) unter initialer Wärmezufuhr.
Verwendung
Medizinische Verwendung
Medizinisch werden die Salze der 4-Hydroxybuttersäure als Alternativnarkotikum ohne analgetischen Effekt eingesetzt. Die flüssige 4-Hydroxybuttersäure ist zu instabil (Umlagerung zu GBL) und stark sauer.
In Österreich wird die Substanz zur Behandlung von Entzugserscheinungen bei Alkoholkranken verwendet. In den USA und seit 2005 auch in Deutschland ist die Substanz als (BtM-)rezeptflichtiges Medikament für Narkolepsie-Patienten zugelassen. Diesbezüglich gibt es auch klinische Studien in Deutschland. Wirksam wird es nach mehrtägigem Einsatz als Narkotikum gegen die Kataplexien, die bei Narkolepsie häufig auftreten. GHB wird auch gegen die Parkinson-Krankheit eingesetzt, da durch die Stimulation der Dopaminausschüttung der Mangel an diesem Neurotransmitter verringert werden kann.[10]
Doping
In den 1980er Jahren wurde die Substanz von Sportlern als Doping-Mittel eingesetzt, da es zum einen verstärkt Wachstumshormone freisetzt, zum anderen für einen besonders erholsamen Schlaf sorgt.
K.o.-Tropfen
Etwa seit 2004 wird GHB in der Presseberichterstattung auch wiederholt als sogenannte Vergewaltigungsdroge erwähnt. Kriminelle sollen die Substanz als K.-o.-Tropfen benutzen, um es in Getränke zu mischen und die so betäubten Opfer zu vergewaltigen oder auszurauben. Der bekannteste Kriminalfall, bei dem GHB eingesetzt worden sein soll, ist der Fall des Millionenerben Andrew Luster.
Das meist verwendete Natriumsalz hat einen deutlich salzigen bis seifigen Geschmack. Dieser kann jedoch gut durch einen starken Eigengeschmack des Getränks, z. B. durch Fruchtsäuren und Bitterkomponenten (Bitter Lemon, Grapefruitsaft) überdeckt werden. Die Wirkung (Schläfrigkeit/komatöser Schlaf) tritt innerhalb von 15–30 Minuten ein. Innerhalb von 12 Stunden wird GHB im Körper bis unter die Nachweisgrenze abgebaut. Die Erinnerung an die Zeit unter Drogeneinfluss ist meist nur lückenhaft (anterograde Amnesie, "Halcion-Effekt").
Der konkrete Nachweis derartiger Vorfälle ist aufgrund des schnellen Abbaus schwierig. Einzelne bekannt gewordene Fälle in den USA und Japan führten dazu, dass US-Medien GHB zu einer Date-Rape-Drug stilisierten. Seit 2008 berichtet auch das bayerische Landeskriminalamt, dass GHB verwendet wird, um Frauen in Discos willenlos zu machen und sexuell zu missbrauchen[11].
→ Hauptartikel: K.-o.-Tropfen
Rechtliche Situation
Mit der 16. Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften vom 28. November 2001, in Kraft getreten am 1. März 2002, wurde GHB in Deutschland als Betäubungsmittel klassifiziert. Jeglicher Umgang (mit Ausnahme des Konsums) mit dieser Substanz außerhalb des medizinisch zugelassenen Bereichs ist für die Allgemeinheit verboten. Seitdem ist GHB in Anlage III zu § 1 BtMG (verkehrsfähige und verschreibungsfähige Stoffe) aufgelistet. Eine Ausnahme bilden injizierbare Mittel wie Somsanit, die der einfachen Verschreibungspflicht unterliegen.
In der Schweiz unterliegt GHB seit dem 31. Dezember 2001 dem Betäubungsmittelrecht.
Auch in Österreich wurde GHB 2002 in das Suchtmittelgesetz aufgenommen. Daher ist, abgesehen vom medizinischen Anwendungsbereich, jeder Besitz, Handel sowie Ein- und Ausfuhr strafbar und wird mit Geld- oder Freiheitsstrafen geahndet.
Siehe auch
- 1,4-Butyrolacton (GBL)
- 1,4-Butandiol (BDO)
Literatur
- Snead, O.C. & Gibson, K.M. (2005): gamma-Hydroxybutyric acid. In: N. Engl. J. Med. Bd. 352, S. 2721–2732. PMID 15987921 PDF
- Ward Dean, John Morgenthaler & Steven Fowkes: GHB: The Natural Mood Enhancer. Smart Publications, Petaluma, CA, USA 1998.
Weblinks
- GHB bei Erowid (englisch)
- Bundesamt für Gesundheit: GHB (Gammahydroxybutyrat)
- Gamma-Hydroxybutyrate Toxicity
- Informationen der FDA zu Xyrem (englisch)
- (en.) Stoffwechsel und GBL als alternative Drogenverwendung
Einzelnachweise
- ↑ a b Hermann Römpp, Jürgen Falbe und Manfred Regitz: Römpp Lexikon Chemie. 9. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1992.
- ↑ M. Sylvia Stein (2003): Stellungnahme zur Nicht Geringen Menge von γ-Hydroxybuttersäure. In: Toxichem. Krimtech. Bd. 70, Nr. 2, S. 87–92. PDF
- ↑ Witkowski, M.R. et al. (2006): GHB free acid: II. Isolation and spectroscopic characterization for forensic analysis. In: J. Forensic. Sci. Bd. 51, S. 330–339. PMID 16566766 doi:10.1111/j.1556-4029.2006.00074.x
- ↑ In Bezug auf ihre Gefährlichkeit wurde die Substanz von der EU noch nicht eingestuft, eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
- ↑ 4-Hydroxybutansäure bei ChemIDplus
- ↑ Alexander Saytzeff (1874): Ueber die Reduction des Succinylchlorids. In: Liebigs Annalen der Chemie. Bd. 171, S. 258–290. doi:10.1002/jlac.18741710216.
- ↑ Ciolino, L.A. et al. (2001): The chemical interconversion of GHB and GBL: forensic issues and implications. In: J. Forensic. Sci. Bd. 46, S. 1315–1323. PMID 11714141.
- ↑ Hennessy, S.A. et al. (2004): The reactivity of gamma-hydroxybutyric acid (GHB) and gamma-butyrolactone (GBL) in alcoholic solutions. In: J. Forensic. Sci. Bd. 49, S. 1220–1229. PMID 15568693 PDF
- ↑ F. de Feudis, B. Collier: Amino acids of brain and gamma-hydroxybutyrate-induced depression, in: Arch Int Pharmacodyn Ther. 1970,187, S. 30-36
- ↑ Hansjörg Lammers - Gammahydroxybuttersäure [1]
- ↑ Großrazzia gegen Drogenrohstoff-Händler
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