Gauer-Henry-Reflex

Gauer-Henry-Reflex

Der Gauer-Henry-Reflex (nach Otto Gauer (1909-1979) und James Henry) beschreibt in der Medizin einen Mechanismus, der über die Dehnung des Herzgewebes das Blutvolumen reguliert.

Funktionsprinzip

Barosensoren im Herzen, vor allem im rechten Herzvorhof, werden bei Anstieg des Füllvolumens gedehnt. Vermittelt über Afferenzen des Nervus vagus wird von der Hypophyse weniger Antidiuretisches Hormon (ADH) ausgeschüttet. ADH bewirkt in der Niere eine gesteigerte Wasserrückresorption, indem im distalen Tubulus und vor allem im Sammelrohr Aquaporine in die luminale Membran eingebaut werden, durch die Wasser aus dem Harn ins Nierenmark und von dort ins Blut diffundiert. Durch die verminderte ADH-Ausschüttung wird also das Blutvolumen verringert. Dadurch werden auch die B-Sensoren weniger gedehnt, wodurch die Hemmung der ADH-Ausschüttung wieder abnimmt.

Eine ähnliche Funktionsweise hat das atriale natriuretische Peptid (ANP), das bei deren Dehnung von den Herzmuskelzellen selbst ausgeschüttet wird und die Natriumauscheidung erhöht, was vermehrte Wasserausscheidung zur Folge hat.

Diese Mechanismen werden in der Medizin mit dem eingängigen Merksatz "Vorhof voll – Blase voll" beschrieben: Vermehrte Füllung des Vorhofs hat vermehrte Blasenfüllung zur Folge.

Beispiele

Der Gauer-Henry-Reflex ist zum Beispiel beim Baden zu beobachten: Nach dem Aufenthalt im Wasser tritt Harndrang ein. Der Wasserdruck führt dazu, dass das Blut, das normalerweise von der Schwerkraft in die Venen des Beins und des Unterleibs "gezogen" wird im ganzen Kreislauf zirkuliert, was einer zentralen Druckerhöhung gleichkommt.

Während des Countdowns sind Astronauten im Space Shuttle und anderen Raumfähren teilweise mehrere Stunden auf ihren liegenden Sitzen festgezurrt. Diese Körperhaltung hat zur Folge, dass Blut aus den Beinen in den Oberkörper fließt. Da ein Toilettengang in dieser Situation nicht in Frage kommt, tragen die Astronauten während der Startprozedur spezielle Windeln. In der Schwerelosigkeit greift derselbe Mechanismus wie beim Aufenthalt im Wasser.

Quellen

  • Schmidt, Lang, Thews: Physiologie des Menschen. 29. Auflage, Springer 2005

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