Gebrüder Wright

Gebrüder Wright
Wilbur Wright
Orville Wright

Die Brüder Wright, auch Gebrüder Wright genannt, Wilbur Wright (* 16. April 1867 in Melville, Indiana; † 30. Mai 1912 in Dayton, Ohio) und Orville Wright (* 19. August 1871 in Dayton; † 30. Januar 1948 in Dayton) waren US-amerikanische Pioniere des Flugzeugbaus, die nach zeitgenössischer, heute jedoch nicht unumstrittener Ansicht die ersten kontrolliert gesteuerten Motorflüge der Welt nach dem Prinzip „Schwerer als Luft“ durchführten.

Inhaltsverzeichnis

Kindheit

Wilbur und Orville Wright wuchsen als drittes bzw. sechstes der sieben Kinder des protestantischen Bischofs Milton Wright (1828–1917) in Indiana, später in Dayton (Ohio) auf. Beide besuchten die Highschool, erlangten jedoch keine Abschlüsse. Sie interessierten sich sehr früh für Technik und Luftfahrt, was nach ihrer eigenen Erinnerung damit begann, dass ihr Vater ihnen im Sommer 1878 ein Schraubenflieger-Spielzeug, ein sogenanntes „Helicoptere“ schenkte, welches die beiden nachbauten, nachdem es zerbrochen war. Auch Experimente mit selbst gebauten Drachen sind überliefert. Dies war seit Benjamin Franklins Versuchen mit elektrischen Ladungen speziell unter der Jugend in den USA überaus populär.

Fahrräder und Flugapparate

Werkstatt der Gebr. Wright

Mitte der 1880er Jahre begannen die Brüder, eine Druckerei zu betreiben. Sie druckten Lokalzeitungen, Kirchenzeitungen und Kataloge und am Ende des Jahrzehnts waren sie mit einer selbst gegründeten Zeitung selbst journalistisch tätig. Dabei übernahmen sie alle wesentlichen Arbeiten bis hin zum Vertrieb selbst. Ihre Pläne, eine Fabrik für Verbrennungsmotoren aufzubauen, mussten sie mangels Kapital aufgeben. 1890 eröffneten sie in Dayton eine Fahrrad-Reparaturwerkstatt, die schon drei Jahre später zur Wright Cycling Company wurde - ein Jahr zuvor hatten sie einige der ersten der so genannten Safety Bikes (Fahrräder mit zwei gleich großen Reifen, was das Fahrradfahren einfacher und populärer machte) erworben. Die Brüder Wright waren durch eigene Anstrengung zu hervorragenden Mechanikern geworden, Zeitgenossen beschrieben sie als pünktlich, fleißig und ein bescheidenes Leben führend. Mit der Fahrradwerkstatt sicherten sie einerseits ihre materielle Existenz, andererseits nutzten die Brüder Erfahrungen und Techniken später beim Flugzeugbau, zum Beispiel in Fragen der Balance, des leichten Gewichts, des Kettenantriebs und der Aerodynamik. 1895 erweiterten sie ihr Unternehmen mit einem ersten selbst entwickelten Fahrradmodell. Bis zum Jahr 1900 entstanden so rund 300 einzeln angefertigte Fahrräder.

Die Brüder zeichneten im Schriftverkehr mit „Wright Brothers“. Sie heirateten nie.

Theorie des Fliegens

Wright glider,
Wilbur l., Orville r. in Kitty Hawk, North Carolina 1901

In ihrer Autobiographie schrieben die Brüder: „Mouillard und Lilienthal, die großen Propheten des Fluges, erfüllten uns mit ihrer Begeisterung und verwandelten die große Neugier in den Eifer von Schaffenden“. Am 30. Mai 1899 wandte sich Wilbur an das Smithsonian Institute in Washington mit der Bitte um Nachweis weiterer Literatur, in diesem Schreiben brachte er seine Überzeugung zum Ausdruck, dass „der Flug des Menschen möglich und praktisch realisierbar ist“. Er verwandte alle Zeit, die ihm der Betrieb ließ, auf das Studium flugtechnischer Probleme: „Es ist mein Wunsch, mir alles anzueignen, was darüber schon bekannt ist, um dann nach Möglichkeit mein Scherflein zum schließlichen Erfolg eines künftigen Erfinders beizutragen.“ Die Nachricht vom Absturz Otto Lilienthals bewog die Wrights nach eigenen Aussagen sich intensiv mit dem Menschflug zu beschäftigen. Sie gingen dabei ebenso systematisch vor wie Lilienthal und begannen noch 1896 mit dem Studium aller flugtechnischen Literatur, insbesondere von Sir George Cayley, Octave Chanute, James Means, Louis Pierre Mouillard und Otto Lilienthal. Wie Lilienthal entwickelten sie ihr Flugzeug über die Stationen Fesseldrachen und Gleitflugzeug. Sie erkannten richtig, dass Lilienthal das Problem des dynamischen Auftriebs gelöst hatte und sein Absturz Folge der mangelhaften Steuerfähigkeit seines Flugapparats war.

Doppeldecker-Gleitapparat

Gleitflug in Kitty Hawk, 10. Oktober 1902

1899 begannen die Brüder mit dem Bau des ersten Flugapparates, einem Doppeldecker-Gleitapparat. Er besaß bereits ein äußerst wichtiges Merkmal: die Verwindung der Tragflächen, mit der die waagerechte Lage des Apparates kontrolliert werden konnte. Edmund Rumpler sagte zu dieser Erfindung, „… welche direkt dem Vogelflug nachgebildet ist“, sie hatte „…hauptsächlich dazu beigetragen, die großen Erfolge der Brüder Wright herbeizuführen“.

Die Wrights verließen sich zunächst auch auf die Tabellen von Lilienthal, fanden jedoch heraus, dass der Smeaton-Koeffizient, eine Variable in den Formeln für Auftrieb und Luftwiderstand, fehlerhaft war. Um praktische Tests durchzuführen, ließen sie von ihrem Angestellten Charlie Taylor einen Windkanal bauen. Die Konstruktion als Doppeldecker brachte für den zukünftigen Motoreinbau gewaltige Vorteile: Solch eine Konstruktion erzeugt bei gleicher Spannweite mehr Auftrieb, so dass der Apparat bereits bei einer geringeren Geschwindigkeit abhob. Der Nachteil des erhöhten Luftwiderstands kam bei den geringen Geschwindigkeiten jener Zeit noch nicht zum Tragen.

Im Oktober 1900 erprobten die beiden Brüder den Doppeldecker-Gleitflug zunächst unbemannt auf den Kill Devil Hills bei Kitty Hawk in North Carolina, einem Ort auf den Outer Banks an der Atlantikküste, der sich wegen starker und konstanter Winde besonders eignete. Im Sommer 1901 erlaubte ein verbesserter Apparat bemannte Gleitflüge bis zu 100 m und bei bis zu 35 km/h Gegenwind, wobei der Pilot den Apparat liegend bediente. Im Herbst lud man dann Octave Chanute, den inzwischen fast 70-jährigen „großen alten Mann“ der amerikanischen Fliegerei, ein, den Experimenten beizuwohnen. Er half mit seinem Assistenten Augustus M. Herring (1865 bis 1926) uneigennützig, den Gleitapparat zu verbessern und war ein enthusiastischer Fürsprecher der Wrights, sowohl in den USA wie auch in Europa.

Bei den Versuchsflügen machte man mit dem negativen Wendemoment eine weitere bedeutende flugtechnische Entdeckung: der Kurvenflug nur mittels Flügelverwindung gelang nicht. Erst das Anbringen eines beweglichen Seitenruders und die Synchronisation seiner Ausschläge mit der Flügelverwindung gestattete es, das negative Moment aufzuheben und dadurch beliebig zu manövrieren. Alfred Hildebrand, der die Aktivitäten als erster in Deutschland würdigte, schrieb nach einem Treffen in den USA: „Man hat das Gefühl, dass man Leute vor sich hat, auf die man sich in jeder Beziehung und in allen Lagen des Lebens verlassen kann.“ Und: „Ihre Ruhe verlieren sie nie, nie ließen sie sich zu etwas drängen, das sie nicht wollten; nie ließen sie sich verleiten, einen Flugversuch zu wagen, in einem Wetter, das ihnen ungünstig war.“ Die Flugversuche standen aber immer im Vordergrund, Wilbur hatte den Grundsatz: „Wenn man vollkommene Sicherheit will, tut man gut daran, sich an ein Fenster zu setzten und die Vögel zu beobachten - wenn man aber wirklich etwas lernen will, muss man einen Flugapparat besteigen und sich durch praktische Versuche mit seinen Eigenheiten vertraut machen.“ In den Jahren 1901 bis 1903 folgten zahlreiche Gleitflüge mit dem Doppeldecker-Gleiter, allein 1902 über 1.000, der längste über 622,5 m bei 26 s Flugzeit. Nach diesen Erfolgen beantragten die Wrights am 23. März 1903 ein Patent ihres Flugzeugentwurfs und entschlossen sich, den Apparat mit einem Motor auszurüsten.

Doppeldecker-Motorflugzeug

Orville fliegt in Kitty Hawk

Die Wrights schnitten einen Propeller mit einem hohen Wirkungsgrad und ließen, da nirgends ein geeignetes Triebwerk zu bekommen war, sich von Charlie Taylor in der Fahrradfabrik eins herstellen. Binnen kürzester Zeit entstand ein gerade einmal 77 kg schwerer, wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Benzinmotor, der 12 PS abgab. Zur Kompensation der Momente erhielt der Flugapparat zwei gegenläufige Luftschrauben, deren Antrieb über Rollenketten vonstatten ging, welche in Rohren liefen, um Vibrationen zu vermeiden.

Am Vormittag des 17. Dezember 1903 war es dann so weit, Orville Wright eroberte mit dem Flyer die Lüfte. Er war 12 Sekunden lang in der Luft und legte dabei 37 m zurück (10,8 km/h). Unmittelbar folgte Wilbur, jeder flog an diesem Tag zweimal. Wilbur gelang dabei ein Flug von 59 Sekunden und 260 Meter Flugstrecke (19 km/h) [1]. Die Flugmaschine maß 12,3 m in der Spannweite, 6,4 m in der Länge und 2,8 m in der Höhe, sie bestand aus Holz und einer Stoffbespannung, ihr Fluggewicht betrug 340 kg und der Pilot lag unverändert auf der unteren Tragfläche.

Prioritätsanspruch auf den ersten Motorflug

Wilbur nach einem missglückten Flugversuch

Orville sagte später über den Flug vom 17. Dezember 1903, es sei das erste Mal in der Geschichte gewesen, dass eine Maschine mit einem Menschen sich selbst durch ihre eigene Kraft im freiem Flug in die Luft erhoben hatte, in waagerechter Bahn vorwärts geflogen und schließlich gelandet war, ohne zum Wrack zu werden.

Dieser Prioritätsanspruch ist zumindest zweifelhaft:

  • Clément Ader führte am 12. und am 15. Oktober 1897 mehrere ungesteuerte Flüge durch, bei denen sein Flugapparat zerstört wurde und als deren Resultat die finanzielle Förderung durch das französische Militär eingestellt wurde.
  • Gustav Weißkopf soll 1899 ein 1,6-Kilometer-Flug mit einem dampfgetriebenen Flugzeug und am 14. August 1901 ein Motorflug über eine Strecke von 800 Metern gelungen sein.
  • Wilhelm Kress baute ein motorisiertes Wasserflugzeug mit Steuerknüppel, das am 3. Oktober 1901 bei Flugversuchen unterging.
  • Richard Pearse hat möglicherweise 1903 einen ungesteuerten Flug durchgeführt, selbst aber nie beansprucht, geflogen zu sein.
  • Karl Jatho soll am 18. August 1903 ein Flug von 80 m Länge und 2,70 m Höhe gelungen sein.
  • Samuel Pierpont Langleys aufwändige Flugversuche mit der Aerodrome scheiterten 1903 wenige Meter hinter seiner Startplattform.

Die entwicklungsgeschichtliche Bedeutung der Flüge der Gebrüder Wright liegt jedoch ganz woanders. Die herausragende Leistung der Gebrüder Wright bestand in der Entwicklung eines aerodynamischen Steuerungssystems des Flugzeugs um drei Achsen, der Voraussetzung für den kontrollierten Motorflug. Sie verwendeten ein (vorn angebrachtes) Höhenruder für die Steuerung der Nickbewegung um die Querachse, ein Seitenruder für das Gieren um die Hochachse und eine Verwindung der Tragflächen zur Steuerung der Rollbewegung um die Längsachse. Die Tragflächenverwindung war der Vorläufer des heutigen Querruders. Mit dieser aerodynamischen Dreiachssteuerung konnten sie als erste vollständig kontrollierte Motorflüge durchführen und sogar einen Kreis fliegen. Diese Dreiachssteuerung ist bis heute eine Grundlage des Flugzeugbaus.

Die Gebrüder Wright verhalfen damit dem Motorflug zum Durchbruch, obwohl es schon vor 1903 Flugapparaten der Bauart „schwerer als Luft“ gelungen war, sich vom Boden zu lösen. Die Flüge anderer Luftfahrtpioniere waren zum Teil ungesteuert oder motorlos, teilweise sind die Überlieferungen umstritten. Vor allem hatte es aber vor den Brüdern Wright niemand geschafft, die Versuche zu einem praktisch brauchbaren und verkaufbaren Flugzeug weiterzuentwickeln.

Die Brüder Wright haben ihre Flüge genauestens fotografisch und schriftlich dokumentiert, so dass keine Zweifel an ihrer Darstellung bestehen. Ihre Absicht zum exklusiven Verkauf ihrer Flugzeuge veranlasste sie aber zu weitgehender Geheimhaltung. Erst 1908 entschlossen sie sich, angesichts wachsender Konkurrenz, zu Schauflügen in Frankreich und 1909 in Deutschland.

Weiterentwicklung in Dayton

In den Jahren 1904 und 1905 entstanden neue Apparate, mit denen die Brüder konstruktive Details änderten und ihre Flugleistungen steigerten. Allein 1904 führten sie 105 Flüge durch. Hierzu nutzten sie die Huffman Prairie, eine Kuhweide östlich von Dayton als Flugfeld, wobei sie ein Katapult mit 700 kg Fallgewicht zum Start einsetzten, um den fehlenden Wind in dieser Region auszugleichen. Das Gelände ist heute Bestandteil der Wright-Patterson Air Force Base. Am 20. September 1904 gelang der erste „Kreisflug“, der Apparat landete wieder am Startplatz. Am 23. Juni 1905 flog der Wright Flyer III das erste Mal. Er zeigte eine wesentliche technische Änderung: Die bisher mit dem Seitenruder verbundene Flügelverwindung (Querruder) waren separat zu steuern. Am 4. Oktober 1905 flog der Apparat in Dayton mit 33 min 17 s erstmals über eine halbe Stunde, tags darauf über 38,6 km in 39,5 Minuten.

Patente und wirtschaftliche Interessen

Die Idee der Flügelverwindung

Im März 1904 beantragten die Wrights auch in Frankreich und Deutschland Patentschutz für Ihre Flugzeug-Steuerung. Um ihr Interesse am Verkauf ihrer Flugapparate zu schützen, fanden alle Flüge unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Ihre Erfolge wurden deshalb zunehmend, besonders bei der erstarkenden französischen Konkurrenz, in Zweifel gezogen. Noch 1907 begab sich Wilbur nicht nur ohne Flugapparat, sondern auch ohne jegliche Konstruktionspläne nach Frankreich, um Informationen über Motorflüge in Europa zu sammeln und die Vermarktung des eigenen Apparates vorzubereiten.

Erste Kontakte hatten die Brüder bereits 1905 zur Armee der Vereinigten Staaten und zur französischen Regierung geknüpft. 1906 berichteten Sie dem Aero Club of America detailliert über ihre Flüge. Mit dem Bericht als Referenz boten die Brüder den Apparat auch den Kriegsministerien in Deutschland, Italien, Japan und Russland zum Kauf an. In einem Schreiben an den Wiener flugtechnischen Verein erläutern sie [2] [3]:

„Nach diesen Jahren ständiger Arbeit und Auslagen, ohne auch nur einen Cent von Rückgewinn, finden wir es jetzt ratsam, einige Vorsorge für unsere finanzielle Zukunft zu treffen, damit wir die Kosten für weitere wissenschaftliche Forschungen hereinbringen. Finanzielle Rücksichten hindern uns, Beschreibungen und Bilder von einer unserer neuen Maschinen zu bringen.“

Öffentliche Vorführungen

Wright-Flyer in Le Mans (Frankreich)

Sowohl die US-Armee als auch Frankreich machten Verträge von Flugvorführungen, die an Auflagen gebunden waren, abhängig. Dazu gehörten die Beförderung eines Passagiers, die Flugdauer von einer Stunde und der mögliche Transport auf Armeekraftwagen. Neben diesen Forderungen bewog auch die erstarkende europäische Konkurrenz die Wrights, mit ihrem Flugapparat an die Öffentlichkeit zu gehen:

Am 18. März 1906 schaffte Traian Vuia in Frankreich einen 12 m-Sprung, am 12. September 1906 der Däne Jacob Christian Hansen Ellehammer auf der Insel Lindholm einen solchen mit 40 m Weite. In Frankreich gelang dem Brasilianer Alberto Santos Dumont am 23. Oktober 1906 der erste beglaubigte und öffentliche Motorflug über 25 Meter. Wenige Tage später flog er 220 Meter weit. Henri Farman flog am 9. November 1907 eine Minute und 14 Sekunden.

Wilbur führte das neue Flugzeug Modell A als Gast des Erfinders und Automobilkonstrukteurs Léon Bollée in Le Mans, in Frankreich vor[4][5]. Nach anfänglichen Wochen Spott und Pannen ab Ende Mai 1908 fand am 8. August 1908 der erste öffentliche Motorflug Wilbur Wrights statt.

Aeroplan der Brüder Wright

Wilbur Wright steigerte seine Flugleistungen vom 8. August an bis zum Jahresende kontinuierlich, beförderte Passagiere, gewann mehrere Preise und begann Schüler auszubilden. Er flog zahlreiche Rekorde: Am 18. Dezember 1908 auf dem Truppenübungsplatz Anvours bei Le Mans erreichte er eine Flughöhe von 115 Metern und legte fast 100 km Strecke zurück. Am 31. Dezember flog er 124 km in 2 h 20 min. Ein 69 Minuten in der Luft gehaltener Fluggast brachte Wilbur Wright den mit 20.000 Francs dotierten Michelin-Preis ein.

Orville Wright begann ebenfalls im September 1908 mit Abnahmeflügen für die US Army. Am 9. September fand in Fort Myer (Virginia) der erste Flug über eine Stunde statt, am 12. September ein solcher mit Offizier, also doppelter Beladung über 9 min. 5 Tage später kam es dort zu einem Absturz aus 30 m Höhe, wobei der mitfliegende Offizier Thomas E. Selfridge zu Tode kam und Orville Wright sich eine komplizierte Schädelfraktur zuzog.

Unter den zahlreichen Demonstrations- und Schauflügen erregte besonders Wilburs Umrundung der New Yorker Freiheitsstatue große Aufmerksamkeit. Während einer Vorführung in Italien im Jahr 1909 entstanden die ersten Filmaufnahmen von einem Flugzeug aus (→ Wilbur Wright und seine Flugmaschine).

Aktivitäten in Deutschland

Firmen-Anzeige, 1910
Paul Engelhardt im Flug, Johannisthal bei Berlin, 12. August 1910

Im Frühjahr 1909 wurden auch in Deutschland eine Flugmaschine Wright GmbH als Tochter der Motorluftschiff-Studiengesellschaft gegründet. Die Bedingungen entsprachen weitgehend dem französischen Vorbild: Für 200 000 Mark und Anteile an der Gesellschaft übernahm diese Patente, Rechte und Erfahrungen der Wrights und das ausschließliche Recht zum Bau der Maschinen in Deutschland. Die Wrights waren zu Demonstrationsflügen und der Ausbildung von Piloten verpflichtet. Orville Wright wurde Mitglied des Direktoriums. Die deutsche Flugmaschine Wright GmbH wurde in den folgenden Jahren zur erfolgreichsten Wright-Flugzeugfabrik.

Firmen-Anzeige 1910

Vom Verleger des Berliner Lokal-Anzeigers August Scherl eingeladen, führte der nach dem Flugunfall genesene Orville vom 4. bis zum 20. September auf dem Tempelhofer Feld in Berlin Demonstrationsflüge durch, bei denen er unter anderem mit 172 m einen Höhenweltrekord erreichte und erstmals einen Passagierflug von 1 h 35 min Dauer absolvierte. Die fast täglichen Flüge fanden insgesamt 350 000 Zuschauer. Wenige Tage später erreichte er auf dem Bornstedter Feld bei Potsdam 275 m Höhe, transportierte Kronprinz Wilhelm und bildete, wie mit der Motorluftschiff-Studiengesellschaft vereinbart, Paul Engelhardt als ersten Piloten für die Flugmaschine Wright Gesellschaft aus.

Im ersten Geschäftsjahr wurden 22 Flugzeuge gebaut und in der Flugschule Johannisthal 25 Flugschüler ausgebildet. Im Folgejahr wurden mit Hilfe eines Hamburger Subunternehmens auch nach Russland, Dänemark und Japan Flugzeuge geliefert. Der ab 1909 produzierte Typ A entsprach dem amerikanischen Original mit einem in Berlin in Lizenz gebauten Motor. Beim Typ B, der gleichzeitig in den USA heraus kam, wurde das vordere Höhensteuer nach hinten verlegt. Weitere Typen wurden mit nur einer Luftschraube und als „Militärdoppeldecker“ mit Gondel und 4 Sitzen ausgestattet. Das Unternehmen ging 1914 in Insolvenz.

Ende der Wright-Ära

Wilbur, zweifellos der konzeptionelle Kopf der Brüder, starb bereits im Frühjahr 1912 an Typhus, Orville betätigte sich bis zu seinem Tod weiter in der Luftfahrt-Forschung, ohne dass ihm aber eine erneute Erfindung mit weltweiter Anerkennung gelang. In mehreren Prozessen wurden die Wright-Patente angefochten. Nach mehrjährigem Streit war dessen Ergebnis aber nur noch von historischem Wert. Die Wright-Flugmaschinen waren der technischen Entwicklung der Flugmaschine, die sie selbst ausgelöst hatten, schon nach wenigen Jahren nicht mehr gewachsen. Französische und deutsche Konstruktionen waren den Wright-Maschinen, die am Konstruktionsprinzip Doppeldecker mit Schubpropeller festhielten, überlegen.

Ehrungen

Briefmarke der Deutschen Bundespost Berlin 1978

Die Brüder Wright erfuhren zahlreiche Ehrungen, darunter im März 1909 die Ehrenpromotion der TH München und im Juni die Ehrenmedaillen der Stadt Dayton, des Staates Ohio und der Regierung der USA. Schon 1907 waren die Brüder zu Ehrenmitgliedern des Wiener Flugtechnischen Vereins ernannt worden. 1909 wurden Sie Ehrenmitglieder des Vereins Deutscher Luftschiffer.

Das erste Motorflugzeug, den Flyer, besaß von 1928 bis 1948 das Science Museum London, bevor es ins National Air and Space Museum gelangte. Der Flyer wird heute auch als Flyer 1 oder Kitty Hawk bezeichnet. Im Deutschen Museum in München befindet sich das auf dem Tempelhofer Feld geflogene Modell.

In Kill Devil Hills, North Carolina erinnert das Wright Brothers National Memorial mit einem Museum und einem Denkmal an die ersten Flüge der Brüder Wright und ihren Einfluss auf die Entwicklung der Luftfahrt. Auch die Kfz-Kennzeichen des US-Bundesstaates North Carolina erinnern seit 1983 mit einer Abbildung und dem Schriftzug First in Flight an den Ort des Geschehens.[6]

Schriften

  • Wilbur Wright: Otto Lilienthal, 1912
  • O. & W. Wright: Flying machine, US patent 821,393
  • Wilbur and Orvill Wright: Unser Flieger, in: Heinrich Adams: Flug, Leipzig 1909
  • The Papers of Wilbur and Orville Wright, Hrsg.: Marvin M. McFarland, New York 1953

Siehe auch

Literatur

  • Alfred Hildebrandt: Die Brüder Wright. Eine Studie über die Entwicklung der Flugmaschine von Lilienthal bis Wright. Verlag Elsner, Berlin 1909 (Die Brüder Wright als Online-Text im Project Gutenberg).
  • Stanley W. Kandebo & Dawne Dewey (Hrsg.): Wilbur Wright's Flights in France. Leon Bollee's Photographic Record 1908–1909. McGraw-Hill Professional, 2003, ISBN 0071427392.
  • Werner Schwipps: Die Brüder Wright und ihre Flugzeuge in Deutschland. Edition Thon, Schwerin 1998, ISBN 3-928820-72-9.
  • Andreas Venzke: Pioniere des Himmels. Die Brüder Wright. Eine Biografie. Artemis & Winkler, Düsseldorf 2002, ISBN 3-538-07143-8.
  • Wilbur Wright, Orville Wright: Die Erfindung des Fliegens. In: Heinrich Adams: Flug. Amelangs, Leipzig 1909.

Zitate

„Die Brüder Orville und Wilbur Wright träumten von einer Maschine, die – obwohl schwerer als Luft – würde fliegen können. Wie jedes Kind heute weiß, war auch das kein leerer Traum.“

Napoleon Hill

„Wir neigten unsere Häupter vor den Rätselhaften und hoben dann unseren Blick mit einem neuen Gefühl in unseren Seelen, das uns alle zu verbinden schien, und die Hoffnung auf eine großartige neue Zukunft für die ganze Welt begann zu blühen.“

Mary M. Parker

Weblinks

Quellen, Verweise

  1. [1] Dokumentation der Flüge im Dezember 1903
  2. Wiener Luftschiffer-Zeitung Nr. 7/1906, S. 189.
  3. Werner Schwipps: Die Brüder Wright und ihre Flugzeuge in Deutschland. Edition Thon, Schwerin 1998
  4. Stanley W. Kandebo & Dawne Dewey (Hrsg.): Wilbur Wright's Flights in France. Leon Bollee's Photographic Record 1908-1909
  5. Donald B. Holmes: Wilbur's Story, Lulu Enterprises, UK Ltd 2008, ISBN 978-14092-0100-7
  6. Kfz-Kennzeichen des US-Bundesstaates North Carolina

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