- George Wythe
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George Wythe (* 1726 in Elizabeth City County, heute: Hampton, Virginia; † 8. Juni 1806 in Richmond, Virginia) war einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten und gilt als „Vater der amerikanischen Rechtswissenschaft“.
Der Jurist und Plantagenbesitzer war Abgeordneter Virginias auf dem zweiten Kontinentalkongress und gehörte 1776 zu den Unterzeichnern der Unabhängigkeitserklärung der USA. Außerdem vertrat er seinen Heimatstaat 1787 auf der Philadelphia Convention, wo er an der Ausarbeitung der Verfassung der Vereinigten Staaten mitwirkte.
Inhaltsverzeichnis
Anfänge
George Wythe wurde auf der väterlichen Plantage im damaligen Elizabeth City County geboren. Er war das zweite von drei Kindern von Thomas und Margaret Wythe. Seine Mutter, eine sehr gebildete Frau, brachte ihm etwas Latein und Griechisch bei. Ansonsten scheint der spätere Rechtsgelehrte in seiner Kindheit keine geregelte Schulbildung genossen zu haben. Zeitweise scheint er eine höher Schule besucht zu haben, die vom College of William and Mary einer der ältesten Universitäten Amerikas, betrieben wurde. Beide Eltern starben früh, und Wythe wuchs unter der Obhut seines älteren Bruders Thomas auf. Dieser schickte ihn später zu einem Onkel nach Prince George County, der ihn in die Jurisprudenz einwies. 1746, im Alter von 20 Jahren, erhielt George Wythe die Zulassung als Anwalt.
Anwalt und Rechtsgelehrter
Er ließ sich in Spotsylvania County nieder, wo er mit einem Partner eine gemeinsame Anwaltspraxis eröffnete. Im Jahr darauf heiratete er dessen Schwester, Ann Lewis, die aber schon 1748 starb. 1754 ernannte der königliche Gouverneur von Virginia, Robert Dinwiddie, Wythe zum Generalstaatsanwalt der Kolonie. Er übte dieses Amt jedoch nur für wenige Monate aus, da sein Bruder 1755 starb und er den Familienbesitz erbte. Wythe zog nach Williamsburg, wo er noch im gleichen Jahr seine zweite Frau, Elizabeth Taliaferro, heiratete. Das einzige Kind der Eheleute starb noch vor Erreichen des Erwachsenenalters.
In Williamsburg vertiefte Wythe seine Studien der Klassiker und des Rechts und erlangte die Zulassung am obersten Gerichtshof der Kolonie. Von Mitte der 1750er Jahre bis 1775 war er im Kolonialparlament von Virginia, dem House of Burgesses, tätig, zunächst als Abgeordneter, seit 1769 als Sekretär. Von 1768 bis 1769 übte Wythe zudem das Amt des Bürgermeisters von Williamsburg aus. Gleichzeitig war er am dortigen College of William and Mary als Rechtsgelehrter tätig. Zu seinen Schülern gehörten Thomas Jefferson, Henry Clay, James Monroe und John Marshall. Insbesondere auf Jefferson, den späteren Autor der Unabhängigkeitserklärung, übte er nachhaltige Wirkung aus. Dieser bezeichnete seinen Lehrer später als seinen „zweiten Vater”. Wythe wiederum hinterließ Jefferson seine Bibliothek. 1779 wurde Wythe auf den der neu geschaffenen Lehrstuhl für Jurisprudenz des College of William and Mary berufen, die erste Professur dieser Art in den USA. Dies brachte Wythe den Beinamen „Vater der amerikanischen Rechtswissenschaft“ ein.
Befürworter der Revolution
Obwohl persönlich mit den britischen Gouverneuren Virginias Francis Fauquier und Norborne Berkeley befreundet, gehörte Wythe zu den frühesten Befürwortern der amerikanischen Revolution. 1764 ließ er sich in den Petitionsausschuss des Kolonialparlaments wählen, der gegen das geplante Stempelgesetz des britischen Unterhauses vorgehen sollte. Als das umstrittene Gesetz 1765 dennoch erlassen wurde, war Wythe maßgeblich am Entwurf einer Protestresolution beteiligt. 1775 in den Kontinentalkongress gewählt, sprach er sich für die Loslösung der 13 Kolonien von der britischen Krone aus. Er war der erste Vertreter Virginias, der die Unabhängigkeitserklärung vom 4. Juli 1776 unterzeichnete.
Im Dienst Virginias und der USA
Nach der Unabhängigkeitserklärung beteiligte sich Wythe am Aufbau der neuen republikanischen Regierung von Virginia. 1777 wurde er zum Sprecher des Virginia House of Delegates, der zweiten Kammer des Staatsparlaments, gewählt. Dieses beauftragte ihn, Thomas Jefferson, Edmund Pendleton, George Mason und Thomas L. Lee mit der Überarbeitung Kodifizierung der Gesetze Virginias, die bei dieser Gelegenheit von feudalen Rechtspraktiken befreit wurden.
1789 übernahm Wythe eine Richterstelle am Chancery Court of Virginia, einem der vier obersten Gerichtshöfe des Staates. Später war er auch Mitglied des Supreme Court of Appeals, des obersten Appellationsgerichts des Bundesstaates. Auch das heutige Staatssiegel von Virginia mit dem Motto „Sic Semper Tyrannis" geht auf einen Entwurf Wythes zurück.
Über die Rechtspraxis in Virginia hinaus prägte Wythe auch die der neu entstandenen Vereinigten Staaten, und dies nicht nur durch seinen Einfluss, den er als Rechtslehrer auf viele Mitglieder der Gründergeneration der USA ausübte. Er trat auch für den in den USA und allen liberalen Demokratien bis heute geltenden Grundsatz ein, dass es das Recht der Gerichte sei, das Handeln der übrigen Staatsgewalten - insbesondere das der Regierung und der Legislative - auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen. 1787 betraute George Washington Wythe zusammen mit Alexander Hamilton und Charles Pinckney mit dem Entwurf der Verfahrensregeln für den Verfassungskonvent, der noch im selben Jahr in Philadelphia zusammentrat. Wythe nahm daran als Abgeordneter Virginias teil, verließ den Konvent aber vor dessen formaler Beendigung, so dass die US-Verfassung – wiewohl von ihm mit geschaffen – nicht seine Unterschrift trägt.
Ermordung
Wie Jefferson, Washington und andere Angehörige der virginischen Pflanzeraristokratie war auch George Wythe Sklavenhalter. Er wandelte sich jedoch zum Gegner der Sklaverei, ließ Sklaven frei und unterstützte sie anschließend finanziell. Darüber hinaus bedachte er einige in seinem Testament, wie etwa seine freigelassene Dienerin Lydia Broadnax und deren Sohn Michael Brown. Wythes Haupterbe, sein Großneffe George Wythe Sweney, sah darin eine Schmälerung seines künftigen Besitzes. Außerdem hatte Sweney, der seit 1805 in Wythes Haus lebte, etliche Diebstähle und Unterschlagungen begangen. Aus Furcht vor Entdeckung oder um seinen Miterben Brown zu beseitigen, den einige Biografen für einen unehelichen Sohn Wythes halten, vergiftete er dessen Kaffee mit Arsen. Sowohl Brown als auch George Wythe tranken von dem Kaffee und starben nach einigen Tagen. In dieser Zeit kamen Sweneys Unterschlagungen jedoch ans Licht, so dass Wythe noch Zeit fand, seinen Großneffen zu enterben und testamentarisch die Freilassung aller noch verbliebenen Sklaven zu verfügen. Es kam zu einem Aufsehen erregenden Prozess, in dem ein schwarzer Koch als einziger Augenzeuge der Tat gegen Sweney aussagte. Aus formalen Gründen wurde der Mörder dennoch freigesprochen, da die Gerichte Virginias damals Aussagen von Afroamerikanern in Verfahren gegen Weiße nicht zuließen.
Literatur
- Joyce Blackburn, George Wythe of Williamsburg, New York, Harper & Row, 1975
- Imogene E. Brown, American Aristides. A Biography of George Wythe, Rutherford, Fairleigh Dickinson University Press, 1981
- Alonzo Thomas Dill, George Wythe, Teacher Of Liberty, Williamsburg, Virginia Independence Bicentennial Commission, 1979
- Robert Bevier Kirtland, George Wythe. Lawyer, Revolutionary, Judge, New York, Garland, 1986
Weblinks
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