Gerichtssprache

Gerichtssprache

Eine Amtssprache ist die Sprache, in der öffentliche Stellen sich untereinander und mit den Bürgern verständigen. In der Amtssprache werden Verwaltungsakten und Normen verfasst, Dokumente archiviert, Auskünfte an Bürger erteilt, Verhandlungen geführt und protokolliert. In ihr müssen auch Schriftsätze und Anträge eingereicht werden.

Inhaltsverzeichnis

Einordnung

Eine Amtssprache im engeren Sinne ist die Sprache, in der Behörden und Regierungen kommunizieren. Im weiteren Sinne versteht man unter Amtssprache auch die Gerichtssprache und die Sprache der Parlamente, in der die Gesetze geschrieben und die Sitzungen abgehalten werden. Ein Land kann gleichzeitig mehrere Amtssprachen haben. Staaten mit vielen Amtssprachen gebrauchen oft zur internen Verständigung aus Vereinfachungsgründen eine gesonderte Arbeitssprache. Sprachen, die zur Verständigung in Fernhandel und Fremdenverkehr dienen, werden als Verkehrssprachen bezeichnet.

Amtssprachen sind auch bei internationalen Behörden, wie der UNO und dem Europäischen Patentamt, verbreitet. In einzelnen Staaten werden (z.B. Norwegen, Schweiz) oder wurden historisch (auch in Deutschland) Amtssprachen auch auf Gemeindeebene festgelegt.

Im Gegensatz zur Amtssprache bezeichnet Schulsprache eine Sprache, die im Unterricht an den Schulen eines Landes verwendet wird.

Festlegung einer Amtssprache

Nicht immer spiegeln die Amtssprachen die tatsächlichen Muttersprachen der Bewohner eines Landes wider.

In Nationalstaaten ist regelmäßig die Sprache, die in der überkommenen Gemeinschaft tradiert ist (siehe auch: Nation) Amtssprache. Sprachen, die eingeborene nationale Minderheiten zu sprechen pflegen, sind gelegentlich als örtliche Amtssprachen anerkannt. Die Sprachen, die Einwanderer in ihre Zielländer mitbringen, befinden sich dagegen in aller Regel nicht als Amtssprache in Gebrauch.

Amtssprachen in Afrika

Bei Staaten, die keine einheitliche Nation bilden oder bildeten, gestaltet sich die Festlegung einer Amtssprache oftmals nicht konfliktfrei. Darunter fallen einerseits die Nachfolgestaaten der ehemaligen europäischen Kolonien in Afrika, deren Grenzziehung oftmals willkürlich ohne Berücksichtigung von Sprach- und Völkergrenzen erfolgte. In Afrika sind meist Kolonialsprachen Amtssprache, so Französisch in der Demokratischen Republik Kongo, in der Elfenbeinküste oder Mali, Englisch in Sambia, Kenia oder Südafrika, Portugiesisch in Mosambik oder Angola. Diese Sprachpolitik begünstigt oft die herrschende Elite, die, im Gegensatz zum gemeinen Volk, als einzige Gruppe die Amtssprache beherrscht. In den Nachfolgestaaten der ehemaligen Kolonien in Amerika gestaltet sich die Situation gänzlich anders. Dort sind die Indianersprachen und Eskimosprachen der Ureinwohner völlig in den Hintergrund gedrängt worden. Trotz der verschiedenen Muttersprachen der europäischen Einwanderer und afrikanischen Bevölkerungsschichten hat sich die Sprache der jeweiligen Kolonialherren praktisch vollständig durchgesetzt. In großen Teilen Süd- und Mittelamerikas ist Spanisch Amtssprache; in Brasilien ist die Amtssprache Portugiesisch.

Bei den Gebärdensprachen ist bis heute als einzige die Neuseeländische Gebärdensprache als Amtssprache definiert worden.

Nur in wenigen Fällen (Schweiz mit vier Amtssprachen, Südafrika mit elf) sind alle verbreiteten Sprachen eines Landes auch Amtssprachen. In den meisten Staaten aber gilt, ungeachtet des Vorkommens weiterer Sprachen, jedoch nur eine einzige Sprache als Amtssprache, was mit der Notwendigkeit der nationalen Einheit und dem verwaltungsmäßigen Mehraufwand (Ausbildung aller Beamten und Ausdruck aller Formulare in mehreren Sprachen) begründet wird, in der Praxis aber zu einer sozialen Abwertung der Sprecher von solchen Nicht-Amtssprachen und längerfristig oft auch zum Aussterben der Minderheitensprachen führt.

Ein Kompromiss ist, dass Minderheitensprachen nur auf regionaler Ebene den Status einer Amtssprache erhalten (so Deutsch in Südtirol, Sorbisch in der Lausitz) oder im Falle der österreichischen Gebärdensprache landesweit.

Amtssprachen in einzelnen Ländern

Nicht alle Staaten haben ihre Amtssprache offiziell festgelegt.

Europäische Union

Die Europäische Union (EU) verwendet als Arbeitssprachen Deutsch, Englisch und Französisch. Als Amtssprachen der EU gelten seit der letzten Erweiterungsrunde im Jahr 2007 zusätzlich folgende 20 Sprachen:

Jeder EU-Bürger hat das Recht eine der 23 Amtssprachen im Schriftverkehr mit Organen der Gemeinschaft zu verwenden. Die Antwort ist in derselben Sprache zu erteilen. Schriftstücke, die die EU an Bürger oder Mitgliedstaaten richtet, müssen in der Sprache dieses Staates abgefasst sein. Verordnungen und Schriftstücke, die sich an die Allgemeinheit richten, sind in allen Amtssprachen bekanntzugeben; das Amtsblatt der EU erscheint in allen Amtssprachen.

Deutschland

Das deutsche Grundgesetz enthält keine Vorgabe für eine Amtssprache. Es ist aber selbst in seiner für die Auslegung und Rechtsprechung maßgeblichen Fassung in der deutschen Sprache geschrieben. Die Verwendung der deutschen Sprache im Grundgesetz wird oft als schlüssige Festsetzung des Deutschen als Sprache des Bundes gedeutet. Sämtliche Gesetze, die in der Bundesrepublik Deutschland erlassen wurden, sind jedenfalls auf Deutsch verfasst.

Für die Behörden und Gerichte ist auf einfachgesetzlicher Ebene eine Regelung getroffen worden. Für die Verwaltungsbehörden des Bundes legen § 23 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), für die Finanzverwaltung von Bund und Ländern § 87 Abgabenordnung (AO 1977) und für die Sozialverwaltungsbehörden § 19 I des Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die deutsche Sprache als Amtssprache fest. § 184 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) setzt Deutsch als die Gerichtssprache fest (unter Anerkennung des Gebrauchs des Sorbischen in den sorbischsprachigen Gebieten). Amtssprache und Gerichtssprache werden begrifflich unterschieden.

Die Amtssprache der Behörden der Länder wird durch das jeweilige Landesverwaltungsverfahrensgesetz geregelt (inhaltlich gleich mit § 23 VwVfg). Durch die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen sind Behörden der betroffenen deutschen Länder verpflichtet, auch Korrespondenz in den Regionalsprachen Niedersächsisch (Plattdeutsch), Friesisch, Dänisch, Romanes bzw. Sorbisch zu erlauben.

Österreich

In Österreich ist Deutsch als Amtssprache festgelegt. Die Minderheitensprachen sind im österreichischen Staatsvertrag 1955 und in zahlreichen Verordnungen über die genauen Regionen festgelegt.

Minderheitensprachen als Amtssprachen sind (nach Anzahl der Sprecher geordnet):

Weiteres unter Minderheitensprachen in Österreich.

Schweiz

Auf Bundesebene gibt es in der Schweiz vier Amtssprachen, nämlich

Es ist zu berücksichtigen, dass laut der Bundesverfassung der Schweiz das Rätoromanische nur dann als Amtssprache gilt, wenn es im Verkehr mit rätoromanisch sprechenden Leuten gebraucht wird.

Artikel 70 Abs. 1: "Die Amtssprachen des Bundes sind Deutsch, Französisch und Italienisch. Im Verkehr mit Personen rätoromanischer Sprache ist auch das Rätoromanische Amtssprache des Bundes."

Diese Bürger haben somit das Recht, in ihrer Muttersprache an die Bundesverwaltung zu gelangen und auch auf rätoromanisch eine Antwort zu erhalten.

Auf Kantons- und Gemeindeebene sieht es anders aus. Jeder Kanton und je nach Kanton sogar jede Gemeinde kann selber bestimmen, welche Sprachen im Verkehr mit Kanton bzw. Gemeinde als Amtssprache gelten. Die Bundesverfassung legt die Sprachgebiete der Schweiz nicht fest. Artikel 70 Absatz 2 weist den Kantonen die Kompetenz zu, ihre Amtssprachen zu bestimmen. Wer aus einem anderssprachigen Landesteil zuzieht, hat kein Recht darauf, in seiner angestammten Sprache mit den neuen Kantons- und Gemeindebehörden zu verkehren (Territorialitätsprinzip). Unter den mehrsprachigen Kantonen haben nur Bern und Wallis die Sprachgebiete räumlich festgelegt. Die Kantone Tessin und Jura definieren sich sogar als ganz zum italienischen bzw. französischen Sprachgebiet zugehörig, obwohl je eine Gemeinde eine deutschsprachige Mehrheit aufweist.

Als einziger Kanton der Schweiz hat Graubünden drei Amtssprachen: Deutsch, Rätoromanisch und Italienisch. Gleichzeitig ist es der einzige Kanton, in dem Rätoromanisch auf Kantonsebene Amtssprache ist. Auf Gemeindeebene darf in Graubünden jede Gemeinde autonom regeln, ob Deutsch, Rätoromanisch oder Italienisch kommunale Amts- und/oder Schulsprache ist.

Liechtenstein

Im Fürstentum Liechtenstein existiert gemäß der Verfassung Artikel 6 als einzige Amtssprache:

USA

In den USA haben zwar manche Bundesstaaten Englisch als Amtssprache festgelegt, die Legislative der Vereinigten Staaten selbst jedoch hat es nie in diesen Status erhoben. Da aber die Verfassung und sämtliche Gesetze auf Englisch vorliegen, kann es durchaus als offizielle Sprache angesehen werden. Die oft gehörte Behauptung, Deutsch wäre im 18. Jahrhundert beinahe Amtssprache der USA geworden, ist eine Legende - die sogenannte Muehlenberg-Legende. In einigen Bundesstaaten, wie z.B. in New Mexico und im Außengebiet Puerto Rico, ist neben Englisch auch Spanisch als zweite Amtssprache festgelegt.

Israel

In Israel stellte sich nach der Staatsgründung ebenfalls die Frage nach der Festsetzung der Amtssprache. Neben dem in der Region angestammten Arabisch wurde Hebräisch, das bis zum 19. Jahrhundert hauptsächlich als Sakralsprache gedient hatte, wiederbelebt. Neuhebräisch ist heute die Umgangssprache der meisten Israelis.

Indien

In Indien existieren zwei überregionale Amtssprachen: Hindi und Englisch. Daneben gibt es zahlreiche regionale Amtssprachen, die jedoch nicht mit den in der indischen Verfassung anerkannten Nationalsprachen gleichzusetzen sind (siehe hierzu auch Sprachen Indiens).

Südafrika

Südafrika hat seit dem Ende der Apartheid im Jahr 1994 elf offizielle Landessprachen, die alle untereinander als gleichberechtigt gelten:

Namibia

Die Verfassung Namibias schreibt seit 1990 Englisch als Amtssprache vor. Daneben sind elf afrikanische Sprachen, darunter Afrikaans, und das Deutsche offiziell als Nationalsprachen und Unterrichtssprachen in Schulen anerkannt.

Bis 1990 waren Afrikaans, Deutsch und Englisch gleichberechtigte Amtssprachen. Ein Grund für die Wahl des Englischen als alleiniger Amtssprache war, dass Englisch im Gegensatz zu Afrikaans und Deutsch in Namibia nicht durch Kolonialismus vorbelastet ist und sozusagen eine neutrale Weltsprache darstellt.

Siehe auch

Literatur

  • Michael Schloßmacher: Die Amtssprachen in den Organen der Europäischen Gemeinschaft. Frankfurt am Main 1996. ISBN 3-631-49766-0.

Weblinks


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