Gersbach (Südschwarzwald)

Gersbach (Südschwarzwald)
Gersbach
Koordinaten: 47° 42′ N, 7° 56′ O47.69757.9336111111111800Koordinaten: 47° 41′ 51″ N, 7° 56′ 1″ O
Höhe: 800–1170 m ü. NN
Fläche: 20,1 km²
Einwohner: 700 (2007)
Eingemeindung: 1974
Postleitzahl: 79650

Gersbach ist ein staatlich anerkannter Erholungsort und Stadtteil von Schopfheim.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Gersbach liegt an einem Südhang des Südschwarzwaldes auf einer Höhe von 800–1170 m über NN. Die räumliche Distanz zur Altstadt Schopfheims beträgt 16 km und 600 Höhenmeter. Das ehemals selbständige Dorf bildet mit den sechs dazugehörenden Weilern (Fetzenbach, Gersbach-Au, Lochmühle, Metteln, Neuhaus, und Schlechtbach) auf einer Fläche von 2009 ha Baden-Württembergs größte Gemarkung.

Der Rohrenkopf (1170 m) ist Gersbachs höchste Erhebung. Bei klarem Wetter sind die Schweizer Alpen mit dem Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau zu sehen. Viele weitere Aussichtspunkte in der Umgebung, wie beispielsweise die Hohe Möhr (983 m) bei Schlechtbach, ermöglichen die Aussicht in das Dreiländereck Deutschland - Frankreich - Schweiz.

Gersbach gehört zu folgenden Regionen: Markgräflerland, Baden (Land), Schwarzwald, Südschwarzwald und im weiteren Sinne zum Hotzenwald.

Klima

Eine „Kachelmann-Wetterstation“ misst in Gersbach mehr Sonnen- und kältere Wintertage als im bundesdeutschen Durchschnitt. Auf den Höhen des Schwarzwaldes weht im Sommer meist ein spürbarer Wind. Daher ist in Gersbach selbst an sehr heißen Sommertagen die gefühlte Temperatur niedriger als die gemessene Temperatur.

Geschichte

ehemaliges Gemeindewappen von Gersbach

Gersbach ist vermutlich eine hochmittelalterliche Rodungssiedlung. Ein Bach (urkundlich Gerisbac) gab dem Dorf seinen Namen. Zum ersten Mal wird Gerisbac im Jahr 1166 in einer Urkunde von Bischof Otto von Konstanz durch Schenkung einer Kirche von Konrad von Hosskirch an das Kloster St. Blasien schriftlich erwähnt.

Es kam später unter die Herrschaft der Markgrafen von Hachberg. Im 14. Jahrhundert versuchten die Habsburger die Gerichtsherrschaft im Ort zu erlangen, was aber scheiterte. Von 1365 bis 1400 gehörte Gersbach den Rittern von Schönau, fiel dann aber wieder an die Markgrafen zurück.

1258 lebte in Gersbach erstmals nachweislich ein Pfarrer. Nach der Reformation änderten sich die Besitzverhältnisse: Es erfolgte der Verkauf von Gersbach an Baden. Gleichzeitig erhielt Gersbach damit die evangelische Konfession. Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden-Baden (1655–1707) ließ Ende des 17. Jahrhunderts ein ausgedehntes Schanzen, Wall- und Sperrgrabensystem zur Verteidigung gegen französische Überfälle bauen. Am 19./20. Mai 1784 fiel ein Drittel des Dorfes einer Brandkatastrophe zum Opfer. Die Förderung von Silber, Schwefelkies (Vitriol) und Eisenerzen ist historisch erstmals 1794 belegt. Diese begann aber wohl wesentlich früher und wird heute nicht mehr betrieben. 1974 erfolgte die Eingemeindung nach Schopfheim. 1995 fand die AG Minifossi (eine Schüler-Arbeitsgruppe) bei der Erforschung von Stollen und Barockschanzen aus vergangener Zeit auch erstmals Gold.

Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden - Unser Dorf hat Zukunft“

In den Jahren 2002 bis 2004 nahm die Gemeinde Gersbach am erfolgreichsten von 4708 Dörfern beim 21. Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden - Unser Dorf hat Zukunft“ teil. Unter 188 am Landesentscheid teilnehmenden Dörfern in Baden-Württemberg wurde Gersbach 2003 am besten bewertet und mit der Goldmedaille des Landes ausgezeichnet. Mit der höchsten bisher auf Bundesebene erreichten Punktzahl (98 von 100) belegte Gersbach 2004 von 36 Orten den 1. Platz. Der Ort erfüllte, nach Ansicht der Bewertungskommission, den Kriterienkatalog des Wettbewerbes nahezu vollständig. Mit der Verleihung der Goldmedaille im Januar 2005 in Berlin wurde Gersbach Bundesgolddorf.

Wettbewerb „Entente Florale“

Im Januar 2007 bewarb sich die Gemeinde Gersbach, nach einer Anfrage bzw. Einladung bezüglich einer Anmeldung, am europäischen Wettbewerb „Entente Florale“. Die international zusammengesetzte Jury besuchte Gersbach am 15. Juli 2007. In der Konkurrenz mit insgesamt 21.000 Städten und Dörfern aus zwölf europäischen Nationen wurde Gersbach in Harrogate mit der Goldmedaille ausgezeichnet.

Das Dorf im südlichen Schwarzwald des Bundeslandes Baden-Württemberg erhielt von der Jury folgende Beurteilung: "Gersbach ist eine kleine Gemeinde mit 700 Einwohnern und liegt im Südschwarzwald: Hier spielt das örtliche Vereinsleben eine große Rolle. Das Dorf ist durch Landwirtschaft, Tourismus und örtliches Gewerbe geprägt. Die Landschaft ist sehr abwechslungsreich: Es gibt offene Weide- und Wiesenflächen, urwüchsige Wälder und Aussichtspunkte mit Sicht auf das Schweizer Alpenmassiv. Wanderwege sowie ein Mountainbike-Streckennetz, Rodelhänge, Skipisten und Langlaufloipen laden Wanderer, Fahrradfahrer, Reiter und Wintersportbegeisterte zum Kennenlernen der Region ein. Die Gemeinde hat das Konzept 'Dorf in einem Stück' entwickelt, das aus 20 verschiedenen Projekten besteht, zum Beispiel Milchverarbeitung, Rinderlehrpfad, Wisentgehege, Informationspavillon, Barockschanze, Wald-Glas-Zentrum, von denen einige Europa-Projekte sind. Für das langfristige und nachhaltige Engagement verleiht die Jury eine Goldmedaille." [1]

Der staatlich anerkannte Erholungsort Gersbach hat nun nach seinem Erfolg auf Bundesebene auch in der "Champions League" (Stilblüte bei der Preisverleihung in Harrogate) erfolgreich teilgenommen und ist nun zweifaches Golddorf.

Wirtschaft und Infrastruktur

Die Wasserversorgung der Bevölkerung erfolgt aus einer Bergquelle der Gemeinde. Deren Wasser ist nach deutschen Härtegraden weich (etwa 3°dH).

Die Umwandlung von Wasserkraft des Gersbachs in elektrische Energie erfolgt auf dessen Weg ins Wehratal. Dort mündet der Gersbach in die Wehra.

Bildung

Neben der Grund- und Hauptschule Gersbach findet sich im Ort eine kleine, ehrenamtlich betriebene Bücherei.

Landwirtschaft und Direktvermarktung

Der Ort setzt auf Direktvermarktung heimischer Erzeugnisse. Die zur „Käserroute“ im Breisgau und südlichen Schwarzwald gehörende „Chäs-Chuchi“ Gersbach produziert Käse aus Milch heimischer Bauern. Käse-, Fleisch- und Wursterzeugnisse werden ausschließlich in der Region vermarktet.

Forstwirtschaft

Mächtige Weißtannen aus Gersbach stützen auf dem Messegelände der Expo 2000 das größte freitragende Holzdach der Welt

Die nachhaltige Forstwirtschaft ist neben der Landwirtschaft traditionell ein wichtiger Wirtschaftszweig in Gersbach. Viele Waldareale werden als Plenterwald und als Femelwald bewirtschaftet. Aus diesen Wäldern stammen die Weißtannen, die auf dem Messegelände in Hannover seit der Weltausstellung Expo 2000 das größte freitragende Holzdach der Welt stützen. Für dieses Projekt ernteten die Forstwirte 70 Tannen. Mit einem Alter von etwa 200 Jahren erreichten diese 48 bis 50 m Höhe sowie einem Durchmesser von 1,20 bis 1,50 m am Stock und 0,8 bis 0,9 m am Zopf. Ihr Gewicht betrug 9 bis 14 t.

Auf der Gemarkung ist ein Bannwald insbesondere für die Erforschung von Totholzlebensgemeinschaften und als Anschauungsobjekt für eine ungestörte Waldentwicklung im Ökosystem Wald ausgewiesen. Durch den Revierförster werden auch geführte Wanderungen beispielsweise auf einem ca. 3,5 km langen Naturpfad angeboten.

Tourismus

Der Tourismus hat mit dem Schwerpunkt Sanfter Tourismus in Gersbach ganzjährig Bedeutung. Über das Jahr gehören Wanderer, Mountainbiker und Naherholungssuchende zu den wichtigsten Besuchergruppen von Gersbach. Im Winter bietet der Bergbrunnenlift Wintersportlern zusätzlich zweimal wöchentlich Flutlichtabende. Die Gersbacher Loipen liegen in einer relativ schneesicheren Lage auf etwa 1000m über NN. Zum Schlittenhang am Ortseingang kommen bei schönem Wetter regelmäßig viele Naherholungssuchende.

Zu touristischen Zwecken bietet der Tourismusverein Goldsucherkurse an.

Sehenswürdigkeiten

Bis 1992 stand die Große Tanne als Westeuropas größte Weißtanne im Gersbacher Wald. Aufgrund von Pilzbefall musste der Baumriese aus Sicherheitsgründen gefällt werden. Er wurde ca. 400 Jahre alt und erreichte bei 52m Höhe einen Stockumfang von 7m. Der Stamm mit einer Gesamtholzmasse von 40 Kubikmetern wurde als Demonstrationsobjekt für den Abbau von Holz durch Zersetzer im Ökosystem Wald vor Ort belassen.

Die Hohle Eiche: Während Teile des Kernholzes ausbrannten, blieb die lebensnotwendige äußere Rindenschicht größtenteils unversehrt. Heute ist das Innere des Baumes ebenerdig zugänglich und wird durch eine im oberen Baumbereich liegende Öffnung schwach mit Tageslicht erhellt.

Die „Barockschanze“

2003 wurde auf einer 33 ha großen Fläche ein Weidepark mit einem Rinderlehrpfad angelegt. Dieser bietet auf einem Rundwanderweg Informationstafeln zur artgerechten Züchtung und Tierhaltung sowie Erzeugung von Nahrungsmitteln und weiteren Gegenständen, die von Menschen aus Bestandteilen des Rindes hergestellt und genutzt wurden und werden. Beispielsweise werden die Produktion von Milch, Fleisch, Fett, Blut, Knochen, Leder, Horn und Mist aus der Hauptnahrung Gras und deren Nutzung verdeutlicht. Neben den einheimischen Arten finden sich auch Exoten und als eine besondere Attraktion das Gehege der Wisente. Diese fast ausgestorbene Art ist der letzte Vertreter der Wildrindarten Europas. Eine erfolgreiche Aufzucht von Jungtieren dieser von der IUCN als stark gefährdet eingestuften Rasse innerhalb dieses Weideparkkonzeptes bezeugt die Annahme des Geheges durch die Tiere als naturähnlichen Lebensraum. [2]

2008 wurde die sogenannte „Barockschanze“ errichtet. Es handelt sich hierbei um die Rekonstruktion einer Sechseckschanze aus dem Barockzeitalter. Die Schanze hat einen Durchmesser von 60 Meter und eine Höhe von sieben Metern über dem Wallgraben. Neben der eigentlichen Schanze wurde auch ein Wachtum („Chartaque“) rekonstruiert. Ein Wald-Glas-Zentrum zeigt Originalfunde, nachgemachte Exponate und beschreibt Herstellungsverfahren von Gebrauchs- und Schmuckgegenständen, die im 14.–17. Jahrhundert in Gersbach, aber auch an anderen Orten im Schwarzwald üblich waren. [3]

Kultur, Brauchtum und regelmäßige Veranstaltungen

Das alljährlich am jeweils letzten Sonntag im September stattfindende „Weideabtriebfest“ der Direktvermarktung Bergland Gersbach e.V. lockt jährlich 1500 bis 5000 Menschen nach Gersbach. Zum Programm gehören der Bauernmarkt für regionale Produkte, eine große Tierschau und Brauchtumsdarstellungen. So tragen zum Festumzug vor allem ältere Gersbacher gerne die Tracht des Markgräflerlandes. Während einem dieser Feste wurde auch eine Folge der in Baden Württemberg bekannten Fernsehserie „Die Fallers“ in Gersbach gedreht.

Weitere gelebte Brauchtümer sind das Scheibenfeuer („Schiiebefüür“), das Eierspringen am Ostersonntag, das Maibaumstellen und die Maistreiche in der Walpurgisnacht.

Die regelmäßig stattfindende „Käse-Wein-Probe“ der „Chäs-Chuchi“ Gersbach entwickelte sich von einer Veranstaltung für Touristen inzwischen zu einer beliebten von Vereinen genutzten Veranstaltung. Informationen zur Herstellung von Käse aus Gersbach und Wahl der Weine runden die Verköstigung ab.

Einzelnachweise

  1. http://www.jugendheim-gersbach.de/Entente-Florale.html (abgerufen am 6. Oktober 2007)
  2. http://www.schopfheim.de/06_kulturbildung/weidepark/weidepark.html (abgerufen am 24. April 2008)
  3. http://www.jugendheim-gersbach.de/Jugendheim-Gersbach-Glashuetten.html (abgerufen am 24. April 2008)

Literatur

  • Horst Sutter: Gersbach, seit 25 Jahren Teil von Schopfheim. In: Jahrbuch Stadt Schopfheim. Bd. 15, 2000, S. 54 ff.
  • Rolf Strohm u.a. (Mitarb.)/ Schulleitung und Elternbeirat der Grund- und Hauptschule Gersbach (Hrsg.): Mit der Kamera unterwegs: Unser Dorf um die Jahrhundertwende: Festschrift zum Jubiläum des Friedens- und Freudensfestes 1884. Todtnau: Franke & Meyer (Druck), 1984
  • Friedrich Oehler: Zur Geschichte des Dorfes Gersbach. In: Das Markgräflerland. 1940, 2/4, S. 41 ff.

Weblinks


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