Gertrud (Roman)

Gertrud (Roman)

Gertrud ist ein Roman von Hermann Hesse, erschienen 1910.

Der Musiker Kuhn liebt die schöne Gertrud Imthor, kann aber nicht mehr als ihr Freund sein.

Hermann Hesse im Jahr 1925

Handlung

Als Musikstudent stellt Kuhn der hübschen Liddy nach. Das kokette Mädchen stachelt ihn zu einer riskanten Rodelpartie im Halbdunkeln an. Kuhn bricht sich das linke Bein mehrfach und lahmt fortan. Der Theorielehrer auf dem Konservatorium weist Kuhn auf sein Kompositionstalent hin. Als Sohn vermögender Eltern kuriert sich Kuhn in Graubünden aus. Er komponiert das Lawinenlied. Im letzten Semester lernt Kuhn den erfolgreichen Opernsänger Heinrich Muoth kennen. Der launenhafte, trinkfeste Bariton wird sein Freund. Kuhn ist der zurückhaltendere Partner in jener festen Freundschaft, die bis zum Tode Muoths anhält.

Es heißt, Muoth schlage seine jeweilige Geliebte. Trotzdem laufe sie ihm nach wie ein Hund. Kuhn registriert das Gerücht verwirrt. Muoth hat Kuhns Talent erkannt, stellt dessen Lawinenlied mehrfach der Öffentlichkeit vor und bringt den stellungslosen, hinkenden Kuhn als Geiger im Orchester an seiner Bühne unter. Kuhn begreift in der Theaterpraxis die Bedeutung der Instrumente und schreibt eine Violinsonate.

Mit der Zeit wird Kuhn unter Musikfreunden bekannt und spielt in der Villa des reichen Fabrikanten und Musikliebhabers Imthor sein Werk zusammen mit anderen Berufsmusikern. Bei dieser Gelegenheit lernt er Imthors Tochter Gertrud kennen. Kuhn und das junge Mädchen mit der hohen, vogelleichten, köstlich schwebenden Stimme musizieren fortan in der Villa miteinander. Der alte Imthor duldet die sich entwickelnde Kameradschaft der beiden, sieht die Freundschaft gern. Kuhn arbeitet an seiner ersten Oper. Gertrud - heiter, strahlend - singt unter vier Augen die Sopranrolle wunderbar. Er küsst ihren Mund, Gertrud lässt es still und fast feierlich geschehen. Kuhn begehrt Gertrud, erstickt aber das starke, immer wieder aufflammende Gefühl in Tonphantasien. Aufgrund seiner Verstümmelung hält er sich für minderwertig.

Dennoch kann Kuhn eine schriftliche Liebeserklärung nicht unterdrücken. Gertrud weicht aus; sie wolle zunächst bei der Freundschaft bleiben. Kuhn respektiert die abschlägige Antwort. Muoth ist die ideale Besetzung für die männliche Hauptrolle in Kuhns Oper. Also führt Kuhn den Freund bei den Imthors ein, damit Gertrud und Muoth gemeinsam üben können. Instinktiv ist der alte Imthor gegen Muoth, lässt die drei jungen Leute allerdings widerwillig gewähren. Muoth - unbefangen, zurückhaltend, rücksichtsvoll - gewinnt zu Kuhns Entsetzen die Zuneigung Gertruds. Der Krüppel hält sich zurück, muss aber - als es bereits zu spät ist - bei Gertrud Müdigkeit, Angst und Scheu beobachten. Er hat sie verloren. Gertrud wird Muoths Ehefrau. Kuhns Oper, mit Muoth als großem Star, wird ein Erfolg.

Kuhn sieht, wie das Ehepaar leidet, kann aber nicht helfen, zumal Gertrud beteuert, sie liebe Muoth und werde ihm niemals untreu. Gertrud hält die Ehe nicht aus. Sie zieht vorübergehend zurück zu ihrem Vater. Kuhn denkt an den einzigen Kuss, den er Gertrud gegeben hatte und stellt sich in gelegentlichen Tagträumen vor, sie für sich zu gewinnen. Allerdings glaubt er auch, dass dieses Begehren weiter nichts als eine Wunschphantasie ist. Gertrud bleibt unerreichbar. Der Freund steht dazwischen.

Kuhn reist zu Muoth nach München, nachdem dieser ihn brieflich um einen Besuch gebeten hat. Muoth trinkt noch stärker als früher. Der ehemals brillante Star singt, in Momenten seltener Nüchternheit, leidlich auf der Bühne. Er braucht den Alkohol und macht sich scheinbar absichtlich kaputt. Kuhn übernachtet in der Villa des Freundes. Muoth legt Hand an sich und stirbt. Gertrud eilt herbei und küsst den Toten auf die Lippen.

Kuhn resümiert im Altwerden: „Sie ist mein Freund“.

Form

Kuhn erzählt seine Geschichte aus zeitlichem Abstand heraus. Dabei greift der Ich-Erzähler sparsam vor. Das wirkt auflockernd. Kuhn teilt seinen Vornamen nicht mit.

Literatur

Ausgaben
  • Hermann Hesse: Gertrud. Roman. Suhrkamp Taschenbücher 890. 203 Seiten. 13. Aufl. (13. Mai 2006). ISBN 978-3-518-37390-3

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