Geschichte von Naila

Geschichte von Naila
ehemalige Schuhfabrik, heute
Museum Naila im Schusterhof

Die Geschichte der Stadt Naila beginnt mit der Besiedlung des Nordwaldes durch die Kelten im 7. Jahrhundert nach Christus. Wichtig Stationen der weiteren Entwicklung von Naila sind die Stadtgründung, der Bergbau und später die Industrialisierung.

Inhaltsverzeichnis

Frühzeit, bis 10. Jahrhundert

Als erste Bewohner des Gebietes um Naila werden Kelten vermutet. Anhaltspunkte sind u. a. die Ortsnamen Kemlas und Marlesreuth, die nach Aussagen von Sprachwissenschaftlern keltischen Ursprungs sein sollen. Am Rand des Ortskerns von Naila wurden bei Bodenbohrungen 24 Keramikscherben gefunden, die anhand einer C-14-Analyse der sie umgebenden Holzkohle in die Jahre 600-900 n.Chr. datiert werden konnten. Da außerdem bei diesen Scherben Eisenschlacke gefunden wurde, die ebenfalls aus dieser Zeit stammt, würde das bedeuten, dass es schon vor der eigentlichen Besiedlung durch deutsche Stämme eine produzierende und damit auch siedelnde Bevölkerung auf Grundlage des Bergbaus im Raum Naila gegeben hat.

Anschließend wurde die Gegend um Naila in den Jahren 850 bis 1000 vermutlich von Slawen bevölkert, darauf deuten zumindest einige Ortsnamen hin, die slawischen Ursprungs zu sein scheinen. Die Slawen waren jedoch wenig sesshaft und deshalb kann man nicht von Besiedlung im eigentlichen Sinn sprechen.

Erste Besiedlung, ca. 11.–14. Jahrhundert

Eine erste Besiedelung im Raum Naila durch deutsche Stämme wird um das Jahr 1000 vermutet. Diese rodeten Wald und betrieben Feld- und Ackerbau auf den erschlossenen Flächen. Durch die wenige Kilometer entfernte Mundartgrenze nach Thüringen kann man vermuten, dass sich mehrere Siedlungswellen in der Gegend um Naila getroffen haben. Welches Adelsgeschlecht Naila gegründet hat, kann man nicht genau sagen. In Frage kommen vor allem die Radecker und ihre Vorfahren, die Herren von der Grün [1] , da diese in den ersten Urkunden über Naila erwähnt werden. Das früheste bekannte Naila lag am Zusammenfluss des Dreigrünbachs mit der Culmitz. Ca. 1200–1300 gab es die zweite größere Siedlungswelle deutscher Stämme, die viele der kleineren Ortschaften um Naila hervorgebracht hat und ein dichteres Netz von Siedlungen zur Folge hatte.

Erste urkundliche Erwähnungen, ca. 14.–15. Jahrhundert

Es gibt Hinweise darauf, dass Naila schon im Jahr 1333 in Rechtsgeschäften zwischen dem Hochstift Bamberg und verschiedenen Adelsgeschlechtern eine Rolle gespielt hat. Naila wird in Urkunden der Vögte von Weida aus dem Jahr 1343 erstmals dokumentarisch erwähnt. Die älteste dieser Urkunden nennt jedoch noch nicht den Namen Naila. Die Übersetzung ins Neuhochdeutsche lautet folgendermaßen:

„Wir, Heinrich der Ältere und Heinrich der Jüngere, Vögte von Weida und alle unsere Erben bekennen öffentlich in (an) diesem gegenwärtigen Brief, dass wir unseren lieben Getreuen, Hans von Weißelsdorf [2] und Konrad dem Radecker und allen ihren Erben leihen und geliehen haben das Gericht über das Dorf Naila und alles was dazugehört, mit all den Rechten als wir es gehabt haben und als wir es dem vorgenannten Konrad dem Radecker vorher auch geliehen haben und wollen ihm kein Unrecht daran tun mit Arglist [...] Darüber zu einem Zeugnis geben wir ihnen diesen Brief, versiegelt mit unseren beiden Siegeln, die daran hängen, der gegeben ist nach Gottes Geburt dreizehnhundert Jahre danach in dem dreiundvierzigsten Jahr, an dem nächsten Tag nach Erhardt.“

Im Original wird Naila „Dorf zu Neulins“ genannt. Dies ist die erste dokumentierte Version des Ortsnamens Naila. Da sich von da an die urkundlichen Erwähnungen mehren, kann man davon ausgehen, dass Naila in der Zeit bis 1400 n. Chr. ein starkes Bevölkerungswachstum hatte. Die Bezeichnung als Dorf lässt darauf schließen, dass es schon 1343 eine ansehnliche Größe gehabt haben muss. 1398 war ein weiteres wichtiges Datum für Naila. Damals wurde Froschgrün erstmals urkundlich erwähnt und zwar, als Kunemund und Petzold von Dobeneck am 26. März ein Lehen in Froschgrün vom Burggrafen empfingen. Naila wird auf den Urkunden jetzt „dorff zum Newlein“ betitelt.

Erhebung zur Stadt, Anfang 15. Jahrhundert

Wappen der Stadt Naila

Ein Schiedsspruch aus dem Jahr 1435 zur Beilegung des Streits zwischen den Gotteshauspflegern in Naila und dem Pfarrer in Steben wegen der für das Gotteshaus gegebenen Spenden erwähnt die St.-Veits-Kirche in Naila. Die St.-Veits-Kirche war ein Vorgängerbau der heutigen evangelischen Stadtkirche. Der Ausgang des Streits ist nicht überliefert.

Im Jahre 1454 wurde Naila von Markgraf Johann IV. von Brandenburg-Kulmbach zur Stadt erhoben. Dabei wurde auch das bis auf kleine Änderungen bis heute gültige Wappen festgelegt. Mit der Wappenverleihung waren keine Privilegien verbunden. Naila muss im Gegenteil so reich gewesen sein, dass es die zum Kauf eines Wappenbriefes nötige Summe selbst aufbringen konnte. Ebenso wichtig wie die Wappenverleihung ist, dass Naila damals Markt mit Bürgermeister und Rat war, also städtische Verfassung hatte. Märkte – vor allem Jahrmärkte und Viehmärkte – belebten den Handel und sicherten dem Ort gewisse Einkünfte. Damit verbunden dürfte das Recht der Bürger zum Mulzen, Brauen und Schänken gewesen sein. Der mutmaßliche Reichtum des Ortes könnte seine Ursache im Aufblühen des Bergbaus gehabt haben.

Entwicklung und Bedeutung der Bergbautätigkeit – Mitte 15. Jahrhundert bis Beginn 18. Jahrhundert

Im Juli 1456 hat Markgraf Albrecht Achilles eine Ordnung des Berckwercks über das Kupferfletz zu Neylen erlassen. 1466 wird über ein Hammerwerk und 1471 über Versuche zum Abbau von Erzen in Nailaer Gruben berichtet. Am 5. Oktober 1471 wurde Wilhelm von Wildenstein bei der Gesamtbelehnung mit Schloss Wildenstein vom Bamberger Bischof Georg I. von Schaumberg mit dem Bann, über das Blut zu richten, belehnt. Die Macht der in Naila sitzenden Wildensteiner dürfte in dieser Zeit ihren Höhepunkt erreicht haben. In dieser Zeit wandelte sich das Dorf von einer Agrargemeinschaft in einen industriell ausgerichteten Markt. In einer alten Bergbauchronik heißt es über das Jahr 1477, Naila sei um jene Zeit durch seine Kupfer- und Eisenbergwerke so in die Höhe gekommen, dass es an Größe fast mit der Stadt Hof wetteifern konnte.

Im Jahr 1502 verzeichnet das Hofer Landbuch als markgräflichen Besitz in Naila: 28 Güter, 9 Gütlein, 2 Höfe, 1 Halbhof, 1 Häuslein und 1 wildes Haus; weiter die Selbitzmühle, die Culmitzmühle, den Weinrichshammer, die Badestube, das Frühmesshaus, und die Kirche sowie 2 Edelmannssitze mit 20 besetzten Gütern der Herren von Wildenstein.

Im 15. Jahrhundert waren die blühenden Hauptwirtschaftszweige Bergbau und Hüttenwesen; die Kupfer- und Eisenerze wurden bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts abgebaut. Die Nailaer Bergwerke gruppierten sich um den Hofer Berg. Dabei lagen die zwar wertvolleren, jedoch auch wegen der ständigen Wassereinbrüche kostspieligeren im Stelbitzgrund, während sich die anderen auf der Höhe etwa bei der Straße zum heutigen Wohngebiet Lindenpark und nach Rodesgrün befanden. Die im Selbitzgrund gelegenen Kupferbergwerke verdanken ihren Wert einem Gang von Kupfererz, der eine reiche Ausbeute ergab. Es wird berichtet, dass dort sogar gediegenes Kupfer gefunden worden sei. Beide Werke haben wohl wegen ihres schon frühzeitig erkannten Wertes biblische Namen. Da ist zunächst das Bergwerk Reicher König Salomo – benannt nach König Salomo – , das rechts der Hofer Straße sich etwa dort befand, wo heute die Fabrikanlagen des Textilwerkes Naila stehen. Der Name wurde sicher gewählt, um den Reichtum zu kennzeichnen, den man sich aus diesem Bergwerk zu gewinnen erhoffte. Das Gegenstück dazu war das links der Straße, etwa an der Stelle der alten Gebäude der Firma Paetzel & Sell und einem Teil des Sportplatzes der Freien Turnerschaft gelegene Bergwerk Königin vom Reich Arabien. Durch diesen Namen wird offensichtlich die Verbundenheit mit dem vorher genannten Werk zum Ausdruck gebracht. Zu den wichtigsten und auch ergiebigsten, allerdings auf Eisen betriebenen Bergwerken gehört das Bergwerk Wilder Mann. Es ist nach dem Wappenbild der Stadt Naila benannt. Es ist zu unterscheiden zwischen dem oberen und dem unteren Wilden Mann. Die Schächte des oberen Wilden Mannes sind etwa dort zu suchen, wo heute das Kreiskrankenhaus steht. Unterhalb davon, links der Straße, lag der untere Wilde Mann. Beide Werke lieferten einen gehaltreichen Spateisenstein, der oft Knollen von Kupfererz einschloss. Dabei war der obere Wilde Mann das ergiebigere Werk. Auf der rechten Seite der Hofer Straße, etwa gegenüber dem Kreiskrankenhaus war hinter der Wildemannshalde, auf der das aus dem Werk geförderte Erz aufgeschüttet wurde, das ebenfalls auf Eisen betriebene Bergwerk Weiser Mann. Wie es zu seinem Namen gekommen ist, ist nicht überliefert. Vielleicht lehnt es sich sogar an den Namen Reicher König Salomo an oder meint ihn sogar. Südöstlich davon am Hang zum Eschenbach befand sich das Bergwerk Sankt Jakob. Es wurde ebenfalls auf Eisen betrieben, erlangte jedoch wie der Weise Mann keine größere Bedeutung. Der Name dürfte zu Ehren des Apostels Jakobus gewählt worden sein, wobei nicht sicher ist, welcher von mehreren gemeint war. Nach dem Reformator Martin Luther (1483–1546) war das im Jahr 1755 auf dem Schelmenacker (heute Park und Villa Seyffert) zur Gewinnung von Kupfer eröffnete Bergwerk benannt, das jedoch kurze Zeit später wieder geschlossen werden musste. Der Bergbau spielte bis ins frühe 18. Jahrhundert eine tragende Rolle für die Prosperität der Stadt. In seinem Gefolge entwickelten sich u. a. Schuhmacher und Weber, die die für die Bergleute notwendige Ausrüstung herstellten, zu wichtigen Wirtschaftszweigen. Um die wertvollen Kupferbergwerke im Selbitzgrund vor den ständigen Wassereinbrüchen zu schützen, ging man sogar so weit, zwischen 1691 und 1695 das Selbitzflussbett von der östlichen auf die westliche Talseite zu verlegen. Das Flussufer wurde zusätzlich mit einem Damm gegen Hochwasser geschützt.

16. und 17. Jahrhundert – Reformation und 30-jähriger Krieg

Zwischen 1518 und 1523 wurde Naila selbständige Pfarrei. Mit der Einführung der Reformation wurde um das Jahr 1529 eine einschneidende Veränderung im kirchlichen Leben vollzogen. 1626 brannte Naila samt Kirche vollständig nieder. Zwischen den Jahren 1632 und 1634 wurde Naila in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges mehrmals überfallen und gebrandschatzt. Noch während der Kriegswirren setzte der Wiederaufbau ein, so dass 1639 das Pfarrhaus und 1640–1654 die Kirche wieder aufgebaut werden konnten. 1646 erhielten die Nailaer Schuhmacher ihre Zunftordnung. Die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts stand im Zeichen der Gründung weiterer Zünfte. 1683 wurde in Naila ein Bergamt eingerichtet. 1685 gründeten wegen ihres Glaubens aus Frankreich vertriebene Hugenotten in Naila eine reformierte Gemeinde. Die Belebung der Bergbautätigkeit sorgte für wirtschaftlichen Aufschwung nach den Zerstörungen Anfang des Jahrhunderts. 1699 gibt es Hinweise auf eine Rektoratsschule.

Ende des Bergbaus, 18. Jahrhundert

1716 sind in Naila 142 Häuser und acht Zünfte dokumentiert worden. In den 40er-Jahren des 18. Jahrhunderts erlebte der Bergbau seinen letzten Höhepunkt. 1765 wurde die Marmorbrücke über die Selbitz gebaut und drei Jahre später fertiggestellt. Im Jahr 1792 wurde Naila zusammen mit dem Markgraftum Brandenburg-Bayreuth/Culmbach kurzzeitig preußisch.

19. Jahrhundert: Naila wird bayerisch, Beginn der Industrialisierung

ehemaliges Amtsgericht, heute Polizei-Inspektion

1810 wurde Naila mit den östlichen Teilen Frankens bayerisch. Zwei Jahre später wurde ein Bayerisches Landgericht eingerichtet. Im damaligen Landgerichtsgebäude ist heute die Polizeiinspektion Naila untergebracht. 1818 wurde Naila zur Stadt erhoben mit Bürgermeister, Magistrat dritter Klasse und Gemeindekollegium. Der Bau eines neuen Bezirksamtsgebäudes wurde 1825 begonnen. Heute wird dieses Gebäude als Rathaus genutzt. Die erste Postexpedition wurde 1848 in Naila eingerichtet. Um 1858 gab es letzte Anstrengungen zur Belebung des Bergbaus in Naila, jedoch schon 1859 kam die Anordnung zur Einstellung. Einen tiefen Einschnitt in die städtische Entwicklung stellte der große Brand vom 3. August 1862 dar, da dabei fast die gesamte Stadt vernichtet wurde. Doch schon 1871 wurde die heutige evangelische Kirche geweiht. 1881 wurde der neu angelegte Friedhof eingeweiht und etwa zu dieser Zeit war auch der Beginn der industriellen Textil- und Schuhproduktion in Naila. Seit 1883 ist Naila Sitz der Sektion Frankenwald des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins. Aus der Sektion Frankenwald ist später der Frankenwaldverein hervorgegangen. Am 1. Juni 1887 wurde Naila an die Bahnlinie Hof-Marxgrün angeschlossen. Die erste Nailaer Zeitung erschien 1897. Ein Jahr später, im Jahr 1898, folgte die erste Telefonanlage.

20. Jahrhundert

Kronacher Straße, darunter die abgedeckte Culmitz

Mit dem Bahnanschluss nach Hof 1887 bekam die Industrialisierung in Naila einen großen Schub. Es entwickelte sich eine starke mittelständische Industrie mit den Schwerpunkten Textil- und Schuhherstellung, wenngleich einige Branchen nach dem Zweiten Weltkrieg und im ausgehenden 20. Jahrhundert wieder wegbrachen. Zur Jahrhundertwende wurde das Eisenbahnnetz um Naila stark erweitert, indem 1898 die bestehende Verbindung von Hof bis nach Bad Steben erweitert wurde. 1901 wurde durch die Höllentalbahn eine Anbindung ins benachbarte Thüringen geschaffen und ab 1910 zweigte in Naila die Nebenbahn nach Schwarzenbach am Wald ab. Von diesen Strecken ist heute nur noch die Bahnstrecke Hof–Naila–Bad Steben in Betrieb. Das städtische Elektrizitätswerk wurde 1909 eingeweiht. Die Nailaer Infrastruktur wurde also zu Beginn des 20. Jahrhunderts erheblich erweitert.

Noch vor dem Ersten Weltkrieg, im Jahr 1914, entstand die Schuhfabrik Franken. Zur Absicherung der Nailaer Arbeiterschaft wurde im selben Jahr die AOK Naila gegründet. Der Krieg selbst brachte der Stadt fast 130 Gefallene und Vermisste. 1920, nach Kriegsende, kam die endgültige Eingemeindung von Froschgrün, das vorher schon mit der Stadt Naila verwachsen war. Auch die Wirtschaft kam wieder in Schwung. So nahm 1921 eine Porzellanfabrik in Naila den Betrieb auf. Allerdings blieben auch Rückschläge nicht aus: Im selben Jahr brannten elf Scheunen an der Hauptstraße ab. 1923 wurde der neu angelegte städtische Friedhof geweiht, ein Jahr später das Postamt gegenüber dem Bahnhof neu erbaut. Im Jahr 1928 wurden in Naila Straßennamen eingeführt. Bis zum Zweiten Weltkrieg war Naila, nicht zuletzt wegen der guten Schienenanbindung, ein wirtschaftliches Zentrum im Frankenwald. Dies wurde 1931 mit der Eröffnung des Frankenwaldmuseums dokumentiert. Ein Beispiel für die Bedeutung der Nailaer Industrie in jener Zeit ist die Schuhfabrik Seifert & Klöber – später Panda-Schuhfabrik genannt. Sie hatte 1934 1.000 Beschäftigte und stellte täglich 3.000 Paar Schuhe her.

Am Ende des Zweiten Weltkrieges trieben SS-Männer auf einem Todesmarsch aus dem KZ Buchenwald eine Kolonne von Häftlingen am Ort vorbei, von denen neun erschlagen wurden. Auf dem Städtischen Friedhof an der Albin-Klöber-Straße, wo sie begraben wurden, erinnert ein Gedenkstein an diese Opfer des Faschismus.[3] Im Krieg fielen nahezu 200 Nailaer, zahlreiche Soldaten wurden vermisst. Am 14. April 1945 wurde die Stadt durch amerikanische Truppen kampflos besetzt. Dies geschah gegen 1730 Uhr. Die US-Armee hatte mit Panzerspitzen an der Lichtenberger Straße Stellung bezogen und einen Zivilisten mit Namen Hans Hoffmann ins Rathaus geschickt. Er sollte herausfinden, ob Naila verteidigt wird. Hoffmann, überbrachte den Amerikanern die Nachricht, dass die Stadt kampflos besetzt werden könnte. Naila wurde nach der Besetzung provisorischer Garnisonsstandort der US-Streitkräfte. Nach der Grenzziehung fiel zwar mit Thüringen ein wichtiger Absatzmarkt weg, andererseits kam es in den Jahren bis 1948 zu einem starken Zustrom von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen, speziell aus dem Sudetenland.

Die Nailaer Wirtschaft und Industrie erholte sich nach dem Krieg recht schnell, u. a. mit der schon zwei Jahre nach Kriegsende eingeweihten Maschinenfabrik LIBA, die bald als Ausbildungsstätte für Textilingenieure einen sehr guten Ruf genoss. 1966 zog die 16. Kompanie des Fernmelderegiments 32 der Bundesluftwaffe zur Luftraumbeobachtung der nahen innerdeutschen Grenze in die neu erbaute Frankenwaldkaserne ein und die amerikanische Einheit wurde abgezogen.

Wehr an der Selbitz beim Bahnhof

Im gleichen Jahr wurde die Selbitzregulierung abgeschlossen, außerdem wurden die Culmitz und der Dreigrünbach innerhalb des Stadtgebietes abgedeckt. Das Freibad am Dreigrünbachgrund wurde 1969 fertiggestellt und ein Jahr später wurde mit dem Neubau des Gymnasiums begonnen. Im Zuge der Gebietsreform in Bayern wurde die Stadt 1972 zusammen mit dem Landkreis Naila in den Landkreis Hof eingegliedert. 1977 begannen die Arbeiten am Neubau der Frankenhalle. Das Kinderdorf Martinsberg wurde 1981 eingeweiht, 1983 das städtische Stadion. 1984 folgte die Einweihung der BMX-Bahn, die später zu einem Skatepark umgebaut wurde.

Naila, Frankenhalle

Nach der Grenzöffnung bekamen Besucher aus der DDR am 9. November 1989 in Naila über 11 Millionen DM Begrüßungsgeld ausgezahlt. Dies zog auch eine starke Erweiterung des Einzelhandels in Naila nach sich, da viele Thüringer nun die erste Anlaufstelle im Westen zum Einkaufen nutzten und das angrenzende Vogtland noch recht strukturarm war. Um den ersten Anzeichen des Demografieproblems entgegenzuwirken wird 1990 ein Seniorenstift eingeweiht. Nach diesen Jahrzehnten der Saturiertheit war in Naila in den 1990er-Jahren der wirtschaftliche Höhepunkt überschritten. Die Panda-Schuhfabrik stellte 1991 ihre Produktion ein, 1992 wurde die Frankenwaldkaserne aufgelöst. Die ursprüngliche Aufgabenstellung – Luftraumüberwachung nahe der innerdeutschen Grenze – war erfüllt. 1994 kam es zur Einstellung des Güterverkehrs auf den Bahnstrecken Hof–Bad Steben und der Nebenstrecke nach Schwarzenbach am Wald, der Bahnschalter Naila wurde geschlossen. Nach der Eröffnung der Stadtbibliothek 1996 und des Skateparks 1998 kam 1999 der Konkurs der Textilfabrik C. Seyfert, die danach als Textilwerk Naila GmbH fortgeführt wurde und im Jahr 2003 endgültig die Produktion eingestellt hat.

Literatur

  • Willi und Reinhard Feldrapp: Naila - damals und heute, 2005, Atelier Feldrapp
  • Sabine Raithel, Reinhard Feldrapp: Frankenwald, 1997, Verlag Fränkischer Tag, ISBN 3-928648-30-6
  • Reinhard Feldrapp: Frankenwald mit Umgebung, 1991, Wir-Verlag Walter Weller, ISBN 3-924492-57-3
  • Hans Knopf, Reinhard Feldrapp: Naila, 1986, Oberfränkische Verlagsanstalt Hof, ISBN 3-921615-71-2
  • Friedrich, Birgit: Naila und seine Industrie, 1985, Oberfränkische Verlagsanstalt Hof
  • Bayerische Staatskanzlei: Unser Landkreis Naila, um 1970, Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit München
  • Hübsch, Dr. J. G. A: Geschichte der Stadt und des Bezirks Naila, 1863, Helmbrechts

Einzelnachweise

  1. siehe auch Liste fränkischer Rittergeschlechter#G
  2. Die Familie von Weißelsdorf gilt als stammesverwandt mit der Familie von Sparneck
  3. Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus. Eine Dokumentation, Band 1. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1995, ISBN 3-89331-208-0, S. 177

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Geschichte der Stadt Naila — ehemalige Schuhfabrik, heute Museum Naila im Schusterhof Die Geschichte der Stadt Naila beginnt mit der Besiedlung des Nordwaldes durch die Kelten im 7. Jahrhundert nach Christus. Wichtige Stationen der weiteren Entwicklung waren die… …   Deutsch Wikipedia

  • Naila — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Naila — Naila,   Stadt im Landkreis Hof, Bayern, 500 700 m über dem Meeresspiegel im flach in die Hochfläche des Frankenwaldes eingesenkten Selbitztal, 9 100 Einwohner; Staatliche Fachschule für Bekleidungsindustrie; Maschinenbau, Herstellung von Katgut …   Universal-Lexikon

  • Geschichte der DDR. Stabilität und Krise 1971-1980 — Geschichte der DDR (1971–1980) ergänzt den Hauptartikel Geschichte der DDR um eine Chronologie der Ereignisse in der Deutschen Demokratischen Republik in den 1970er Jahren. Inhaltsverzeichnis 1 1971 2 1972 3 1973 4 1974 …   Deutsch Wikipedia

  • Geschichte der DDR. Stabilität und Krise 1971–1980 — Geschichte der DDR (1971–1980) ergänzt den Hauptartikel Geschichte der DDR um eine Chronologie der Ereignisse in der Deutschen Demokratischen Republik in den 1970er Jahren. Inhaltsverzeichnis 1 1971 2 1972 3 1973 4 1974 …   Deutsch Wikipedia

  • Geschichte der DDR (1971-1980) — Geschichte der DDR (1971–1980) ergänzt den Hauptartikel Geschichte der DDR um eine Chronologie der Ereignisse in der Deutschen Demokratischen Republik in den 1970er Jahren. Inhaltsverzeichnis 1 1971 2 1972 3 1973 4 1974 …   Deutsch Wikipedia

  • Geschichte der DDR (1971–1980) — ergänzt den Hauptartikel Geschichte der DDR um eine Chronologie der Ereignisse in der Deutschen Demokratischen Republik in den 1970er Jahren. Inhaltsverzeichnis 1 1971 2 1972 3 1973 4 1974 …   Deutsch Wikipedia

  • Geschichte der Kreisbildung in Deutschland — Der Artikel Geschichte der Kreisbildung in Deutschland erfasst die Bildung bzw. Gründung der Kreise, also der kreisfreien Städte (Stadtkreise) und Kreise (Landkreise). Innerhalb der Länder sind die Verwaltungsbezirke in alphabetischer Reihenfolge …   Deutsch Wikipedia

  • Gymnasium Naila — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Landkreis Naila — Wappen Karte Lage in Bayern Basisdaten Staat …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”