- Gesichtsepithese
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Eine Gesichtsepithese ist ein individuell gefertigtes, künstliches Gesichtsteil, das nach Tumoroperationen, Unfällen oder angeborenen Fehlbildungen zur Rekonstruktion des Gesichts eingesetzt wird. Bei der Herstellung orientieren sich die Epithetiker oder Anaplastologen in der Regel an noch vorhandenen Strukturen der Gegenseite oder auch an Fotos, die die Situation vor dem Defekt zeigen. Das Wort Epithese stammt aus dem Griechischen und bedeutet „herauflegen“ oder „abdecken“.
Inhaltsverzeichnis
Anwendungsgebiete
Die Epithese stellt im engeren Sinne keine Alternative zur plastischen Chirurgie dar, wie vielfach angenommen, sondern ergänzt diese, wenn eine chirurgische Rekonstruktion nicht möglich ist oder keine zufriedenstellenden Ergebnisse bringen würde. Dies ist immer dann der Fall, wenn komplexe Strukturen, wie die Nase, Augenlider oder das Ohr betroffen sind. Solche Strukturen lassen sich chirurgisch kaum ästhetisch befriedigend nachbilden. In der Praxis kann jedoch auch eine Kombination aus beiden Verfahren angewendet werden.
Chirurgisches Vorgehen
Größere Defekte werden zunächst durch Haut- oder auch kombiniert weichteilig-knöcherne Transplantate gedeckt bzw. verschlossen, um ein geeignetes Lager für die spätere Epithese zu schaffen. Hierzu kommen in der Regel Spalthaut, bei kombiniert weichteilig-knöchernen Transplantaten mikrovaskuläre Lappenplastiken zum Einsatz. Diese decken zunächst den Wunddefekt wie ein „Pflaster“ ab, heilen ein und kleiden später die Defekthöhle wie eine Tapete aus.
Befestigung und Halt der Epithese
Zur Befestigung der „Epithese“ werden heutzutage meist Implantate verwendet. Diese aus Titan gefertigten „Stifte“ werden in den Knochen geschraubt und verbinden sich mit ihm, so dass ein solider Halt entsteht. Nach dem Einbringen der Implantate in den Knochen werden diese wieder mit Haut bedeckt, um ein ungestörtes Einheilen zu ermöglichen. Nach der Einheilungsphase, die etwa drei Monate dauert, werden sie freigelegt und schauen wie kleine Pfosten aus der Haut. Im nächsten Schritt werden zur Verankerung der Epithese Halteelemente auf den Implantaten befestigt; dies können Druckknöpfe, Stege oder auch Magnete sein. In die Epithese selbst werden entsprechende Gegenstücke, sekundäre Halteelemente genannt, eingebracht, also Knöpfe, Klammern oder Gegenmagnete. Die Wahl der Halteelemente hängt unter anderem ab vom gewünschten Halt und den individuellen Bedürfnissen des Patienten. Beispielsweise benötigen junge Patienten, die Sport treiben, einen eher festen Halt, bei älteren Patienten steht häufig eine einfache Handhabung im Vordergrund. Eine Alternative zur Implantat-getragenen Epithese ist die Befestigung mit hautverträglichem Klebstoff. Dieser ist jedoch nur für kleinere Epithesen geeignet, die keiner großen Haltekraft bedürfen, wie beispielsweise zum Ersatz der Nasenspitze. Ein großer Vorteil ist der geringere operative Aufwand, da keine Implantate gesetzt oder freigelegt werden müssen sowie die einfachere Hygiene. Der Nachteil besteht im geringeren Halt verglichen mit Implantat-getragenen Epithesen. Zudem kann es zu Hautirritationen bis hin zur Entwicklung von Allergien gegen den Klebstoff kommen.
Probleme
Bei Implantat-getragenen Epithesen besteht das Hauptproblem an der Durchtrittsstelle der Implantate durch die Haut. Diese muss täglich gesäubert und gepflegt werden, da sonst Entzündungen auftreten, die im Extremfall den umliegenden Knochen zerstören und zur Lockerung oder gar Verlust der Implantate führen können. Im Laufe der Zeit verfärben sich Epithesen (z. B. durch Rauchen), Silikonepithesen verlieren ihre Elastizität und verspröden. Eine Neuanfertigung ist in der Regel nach zwei Jahren notwendig.
Kosten
Die Kosten sind ebenso vielfältig wie die Art der Gesichtsdefekte. Bei entsprechender Indikation werden diese jedoch von den Krankenkassen übernommen, ebenso wie die Neuanfertigung alle zwei Jahre.
Psycho-soziale Aspekte
Menschen mit Gesichtsdefekten unterliegen einem extrem hohen Leidensdruck. Das Gesicht und seine Teile erfüllen viele Funktionen, besonders wichtig ist es jedoch für den zwischenmenschlichen Umgang. Es spielt eine Rolle bei der Kontaktaufnahme, spiegelt unsere Stimmungen, unseren Charakter und unser bisheriges Leben wider und ist so etwas wie unsere Visitenkarte. Viele Menschen mit Gesichtsdefekten scheuen daher den Umgang mit anderen Menschen bis hin zur vollständigen Isolation. Die Folgen sind vielfältig und in ihrem ganzen Ausmaß für gesunde Menschen wohl nur schwer zu ermessen. Durch Epithesen können die Betroffenen einen großen Teil an Lebensqualität zurückgewinnen.
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