Ghassaniden

Ghassaniden

Die Ghassaniden (arabisch ‏الغساسنة‎ al-Ghassasina, DMG al-Ġassāsina) waren ein arabischer Stammesverband und in der Spätantike ein wichtiger Verbündete der (Ost-)Römer.

Die Bezeichnung "Ghassaniden" ist nicht zeitgenössisch belegt, sondern erscheint erst in späteren Quellen (Millar 2010). Das Geschlecht der Fürsten stammte aus Südarabien; sie begannen im 3. Jahrhundert n. Chr. mit der Wanderung nach Norden. Der Stamm wurde vom Clan der Dschafniden geführt, der seine Abstammung auf Dschafna, einen Sohn des Himjaritenkönigs Amr ibn Amir Muzaiqija zurückführte. Im 5. Jahrhundert erreichten sie das oströmische Grenzgebiet. Möglicherweise waren oder wurden sie bereits damals monophysitische Christen.

Der erste König der Ghassaniden, der in den oströmischen Quellen auftaucht (um 498), ist Ǧabala (Djabala, Jabalah, griechisch Gabalas). Er drang in Palästina ein, wurde aber von den Römern besiegt und schloss um 502 mit Kaiser Anastasios I. Frieden; die Ghassaniden wurden fortan zu Bundesgenossen (Foederaten, sýmmachoi) der Oströmer. Gabalas wurden zum phylarchos ernannt und an die Spitze der mit den Römern verbündeten Araber gestellt. Sein Sohn war al-Ḥāriṯ ibn Ǧabala (griechisch Arethas, 529–569), der berühmteste Ghassanidenfürst. Er kämpfte mit den Truppen Justinians I. gegen die persischen Sassaniden und deren arabische Verbündete, die Lachmiden, und nahm 531 unter Belisar an der Schlacht von Kallinikos (Callinicum) teil. 554 errang er einen bedeutenden Sieg über die Lachmiden, deren König Al-Mundhir fiel, angeblich von Arethas eigenhändig getötet. Kirchenpolitisch setzte er sich ebenso wie seine Nachfolger für den Monophysitismus ein, was aber aus politischen Gründen vom Kaiser geduldet wurde. Sein Sohn al-Munḏir ibn al-Ḥāriṯ (griechisch Alamundaros, 569–582) war militärisch ebenfalls erfolgreich. Nachdem er aber 582 von den Römern wegen eines Verdachts auf Verrat an byzantinischen Interessen abgesetzt und verbannt worden war, begann der Zerfall des Verbandes in mehrere Fürstentümer. Zwar wurde unter Kaiser Herakleios die Phylarchie der Ghassaniden restauriert, doch war die oströmische Grenzverteidigung auf der arabischen Halbinsel erheblich geschwächt und brach nach 634 unter dem Ansturm der Muslime zusammen. Angeblich lief ein Teil der Ghassaniden in der entscheidenden Schlacht am Jarmuk 636 zu den Muslimen über; ein erheblicher Teil der mit Ostrom verbündeten Araber scheint dem Kaiser aber treu geblieben zu sein und nach der Niederlage ihre Heimat verlassen zu haben.

Königsliste

  1. Jafnah I. ibn `Amr (220-265)
  2. `Amr I. ibn Jafnah (265-270)
  3. Tha'labah ibn Amr (270-287)
  4. al-Harith I. ibn Th`alabah (287-307)
  5. Jabalah I. ibn al-Harith I (307-317)
  6. al-Harith II. ibn Jabalah "Ibn Maria" (317-327)
  7. al-Mundhir I. Senior ibn al-Harith II. (327-330) mit ...
  8. al-Aiham ibn al-Harith II. (327-330) und ...
  9. al-Mundhir II. Junior ibn al-Harith II. (327-340) und ...
  10. al-Nu`man I. ibn al-Harith II. (327-342) und ...
  11. `Amr II. ibn al-Harith II. (330-356) und ...
  12. Jabalah II. ibn al-Harith II. (327-361)
  13. Jafnah II. ibn al-Mundhir I. (361-391) mit ...
  14. al-Nu`man II. ibn al-Mundhir I. (361-362)
  15. al-Nu`man III. ibn 'Amr ibn al-Mundhir I. (391-418)
  16. Jabalah III. ibn al-Nu`man (418-434)
  17. al-Nu`man IV. ibn al-Aiham (434-455) mit ...
  18. al-Harith III. ibn al-Aiham (434-456) und ...
  19. al-Nu`man V. ibn al-Harith (434-453)
  20. al-Mundhir II. ibn al-Nu`man (453-472) mit ...
  21. `Amr III. ibn al-Nu`man (453-486) und ...
  22. Hijr ibn al-Nu`man (453-465)
  23. al-Harith IV. ibn Hijr (486-512)
  24. Jabalah IV. ibn al-Harith (512-529)
  25. al-Amr IV. ibn Machi (529)
  26. al-Harith V. ibn Jabalah (529-569)
  27. al-Mundhir III. ibn al-Harith (569-581) mit ...
  28. Abu Kirab al-Nu`man ibn al-Harith (570-582)
  29. al-Nu`man VI. ibn al-Mundhir (582-583)
  30. al-Harith VI. ibn al-Harith (583)
  31. al-Nu'man VII. ibn al-Harith Abu Kirab (583- ?)
  32. al-Aiham ibn Jabalah (? -614)
  33. al-Mundhir IV. ibn Jabalah (614- ?)
  34. Sharahil ibn Jabalah (? -618)
  35. Amr IV. ibn Jabalah (618-628)
  36. Jabalah V. ibn al-Harith (628-632)
  37. Jabalah VI. ibn al-Aiham (632-638)

Literatur

  • Greg Fisher: Between Empires. Arabs, Romans and Sasanians in Late Antiquity. Oxford University Press, Oxford 2011, ISBN 978-0-19-959927-1.
  • Fergus Millar: Rome's 'Arab' Allies in Late Antiquity. In: Henning Börm, Josef Wiesehöfer (Hrsg.): Commutatio et Contentio. Studies in the Late Roman, Sasanian and Early Islamic Near East. In Memory of Zeev Rubin. Wellem-Verlag, Düsseldorf 2010, ISBN 978-3-941820-03-6, S. 199–226 (Reihe Geschichte 3).
  • Irfan Shahid: Byzantium and the Arabs in the Sixth Century. Vol. 1, Part 1 und Part 2. Dumbarton Oaks Research Library and Collection, Washington (D.C.) 1995, ISBN 0-88402-214-5.
  • Yasmine Zahran: Ghassan Resurrected. Stacey International Publishers, London 2006, ISBN 1-905299-28-1.

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