Glanzstoff AG

Glanzstoff AG
Glanzstofflöwe

Die Vereinigte Glanzstoff-Fabriken AG war ein deutsches Unternehmen in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft, dessen Werke Kunstseide produzierten. Sitz der AG war Wuppertal-Elberfeld, das Stammwerk befand sich in Oberbruch (heute Stadtteil von Heinsberg). Im Volksmund wurde das Werk nur Glanzstoff (oder Glan(n)stoff) genannt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

1897 melden der Chemiker Dr. Max Fremery und Ingenieur Johann Urban ihr Verfahren, Fäden aus in Kupferoxyd-Ammoniak gelöster Zellulose herzustellen, zum Patent an. Dies ist die Geburtsstunde der deutschen Kunstseide. Fremery und Urban verwenden ihre Kupferseide zunächst als Glühfäden in ihrer Glühlampenfabrikation. Zu diesem Zweck gründeten sie den ersten Produktionsbetrieb in Oberbruch (Stadt Heinsberg). Am 19. September 1899 wird die Vereinigte Glanzstoff-Fabriken AG gegründet. Firmensitz ist Wuppertal. 1902 schließen Fremery und Urban ihre Glühlampenfabrik. Wichtigster Abnehmer der Kupferseide wird nun die bergische Besatzindustrie. Rasch erkennen sie das weitere Potential der Kunstseide, erwerben 1911 das Viskose-Patent und bringen es zur Produktionsreife.

Von da an blühte die Produktion von Kunstseide und verwandten Produkten, wie etwa Perlon, Nylon oder Dralon und Polyester Markenname “DIOLEN“. Die Glanzstoffwerke waren bis in die 1970er Jahre hinein Weltmarktführer bei der Herstellung von Kunstfasern und deren Ausgangsprodukten. 1965 erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz von 1,347 Milliarden DM und beschäftigt 29.000 Mitarbeiter. Über 10.000 Beschäftigte fanden an den Standorten Oberbruch, Obernburg, Kelsterbach, Wuppertal unter anderem Arbeit, darunter viele Gastarbeiter, vorwiegend aus Griechenland und Portugal, aber auch viele Pendler aus den unmittelbar benachbarten Niederlanden.

Mitte der 1970er Jahre geriet das Unternehmen, wie andere Faserhersteller auch, in die sogenannte Chemiefaserkrise, die vor allem durch die als Folge der ersten Ölkrise rasant steigenden Rohstoff- und Energiepreise zu massiven Einbrüchen führte und massive Kosteneinsparungen notwendig machte. Zunehmender Wettbewerb nach Auslaufen der Patente zur Herstellung von Chemiefasern, vor allem aus asiatischen Ländern, machten langfristig die Umstellung der Produktionsbetriebe auf hochwertige Spezialprodukte notwendig, da im Ausland gefertigte Massenware zu deutlich günstigeren Preisen als in Deutschland möglich auf den Markt drängten. Bereits in den 1970er Jahren wurde „Glanzstoff“ stärker in das niederländische Chemieunternehmen Akzo, später Akzo Nobel eingegliedert. 1998 übernahm Akzo Nobel den britischen Faser- bzw. Farben- und Lackhersteller Courtaulds Ltd., schloss die Faseraktivitäten von Courtaulds mit den eigenen zusammen und verkaufte diese als neues Unternehmen mit Namen Acordis.

Nach ursprünglich geplantem Börsengang entschied man sich seitens der Eigentümer dazu, Acordis in einzelne Unternehmen zu zerlegen.

Standorte

Werk Oberbruch 1902/1903

Standort Oberbruch

Aus dem großen Werksgelände in Oberbruch wurde der Industriepark Oberbruch (IPO), in dem heute unterschiedliche Firmen aus unterschiedlichen Branchen ansässig sind. In Oberbruch ist die Hauptstraße in Erinnerung an die ersten Werksdirektoren Boos-Fremery-Straße benannt, eine Straße im Viertel mit ehemaligen Werkswohnungen ist nach dem Mitbegründer Urbanstraße benannt worden.

Standort Obernburg

Gegründet wurde der Standort im Jahr 1924 als Produktionsstätte für textile Viskosegarne der Vereinigten Glanzstoff-Fabriken AG. Nach und nach kamen weitere Chemiefasern auf Basis von Polyester und Polyamid, sowie technische Viskosegarne hinzu. Außerdem befand sich am Standort Obernburg (neben Arnheim in Holland) für viele Jahre die zentrale Forschung der Firma Akzo Nobel. Schwerpunkte der Forschung waren die Bereiche Fasern, Membranen, Chemie, Lacke und Analytik.

Nach der Zerteilung des Standortes in verschiedene GmbHs wurde der Chemiefaserstandort zu einem Industriepark mit dem Namen Industrie Center Obernburg (ICO). Betreiber des Standorts ist jetzt die Mainsite GmbH & Co KG.

Standort Köln-Niehl

1925 wurde zusammen mit der britischen Courtaulds Ltd. die Glanzstoff-Courtaulds GmbH gegründet. Die Firma hatte Bestand bis 1966/1967. An die einstigen Werksanlagen erinnern heute der Luftschutz-Hochbunker („Bauart Winkel“, nach dem Bauingenieur Leo Winkel) aus dem Zweiten Weltkrieg[1] und das 1929 fertiggestellte Verwaltungsgebäude des Glanzstoff-Hausarchitekten Ferdinand Flakowski.

Bis heute existiert am nordöstlichen Rand des alten Werksgeländes ein kleineres Werk des Nachfolgeunternehmens Akzo Nobel.

Standort Kelsterbach

Aufgrund stark rückläufiger Nachfrage nach textiler Viscose entschied man sich, das seit 1904 produzierende und 1911 erworbene Werk in Kelsterbach im Jahr 1999 aufzugeben. Seither wurde das Gelände nicht mehr genutzt und die Anlagen 2007 abgebrochen.

Standort Kassel

Das Werk in Kassel gehörte ursprünglich zur 1935 gegründeten Spinnfaser AG.


Einzelnachweise

  1. http://www.lebensgeschichten.net/selcont3.asp?typ=L&value=1075 Zugriff 8.Sept. 2007

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