- Glazialrelikt
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Als Glazialrelikte (eiszeitliche Relikte) bezeichnet man kälte- sowie oft auch lichtliebende Pflanzen und Tiere, deren ursprünglicher Verbreitungsschwerpunkt in arktischen Regionen oder in den Hochgebirgen lag, die sich aber während der Kaltzeiten im Pleistozän von ihren ursprünglichen Verbreitungsgebieten in tiefere beziehungsweise südlicher gelegene Regionen ausbreiten konnten. Während der anschließenden Erwärmung mussten sie sich auf klimatisch kühlere Standorte, beispielsweise im Gebirge, zurückziehen. Die verschiedenen Populationen wurden dadurch biogeographisch voneinander getrennt. Durch die Isolation entwickeln sich die einzelnen Populationen genetisch auseinander.
Insbesondere für alpine Pflanzen- und Tierarten bedeutete das Herabsteigen von isolierten Hochlagen häufig, dass sich in dieser Zeit ihr Verbreitungsgebiet vergrößern konnte, da sie sich in den Ebenen über weite Gebiete ausdehnen konnten. Bei einer anschließenden Erwärmung konnten sie sich dann entweder auf neue, bisher nicht besiedelte hoch gelegene Standorte zurückziehen oder sich an einzelnen, geeigneten Standorten erhalten. Anschaulich gesprochen sind es Arten, die sich im Wärmemeer auf Kälteinseln erhalten haben.
Ein gut untersuchtes Glazialrelikt ist beispielsweise die Weiße Silberwurz (Dryas octopetala), Leitart der besonders in der Jüngeren Dryaszeit am Ende der letzten Eiszeit in Europa dominanten Saxifraga nivalis und Pedicularis sudetica haben beide eigentlich ein rein arktisches Verbreitungsgebiet (Saxifraga nivalis z. B. auf Spitzbergen,[1] Pedicularis sudetica z. B. im Norden Kanadas[2]), sind aber als Relikte auch aus dem Riesengebirge bekannt.[3][4] Die Moltebeere (Rubus chamaemorus) ist eine Art der Borealen Zone mit zwei Standorten in Norddeutschland.
Einzelnachweise
- ↑ Saxifraga nivalis L. The Flora of Svalbard (abgerufen am 30. September 2010)
- ↑ S. G. Aiken, M. J. Dallwitz, L. L. Consaul, C. L. McJannet, L. J. Gillespie, R. L. Boles, G. W. Argus, J. M. Gillett, P. J. Scott, R. Elven, M. C. LeBlanc, A. K. Brysting und H. Solstad: Flora of the Canadian Arctic Archipelago: Descriptions, Illustrations, Identification, and Information Retrieval. Ab: 1999; Pedicularis sudetica Willd. Online-Version vom 29. April 2003 (abgerufen am 30. September 2010)
- ↑ Johann Kachler: Encyclopädisches Pflanzen-Wörterbuch aller einheimischen und fremden Vegetabilien. Druck und Verlag von J. P. Sollinger, Wien 1829, S. 187
- ↑ Johann Gottfried Sommer: Das Königreich Böhmen statistisch-topographisch dargestellt. Band 3, Bidschower Kreis. Verlag der J. G. Calve’schen Buchhandlung, Prag 1835, S. 32-33
Literatur
- Eduard Strasburger (Begr.), Peter Sitte, Elmar Weiler, Joachim W. Kadereit, Andreas Bresinsky, Christian Körner: Lehrbuch der Botanik für Hochschulen. 35. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2002, ISBN 3-8274-1010-X, S. 877-884.
- Heinz Ellenberg: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. 5. Auflage. Ulmer, Stuttgart 1996, ISBN 3-8252-8104-3.
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