Eriophorum gracile

Eriophorum gracile
Schlankes Wollgras
Rechts: Schlankes Wollgras (Eriophorum gracile)

Rechts: Schlankes Wollgras (Eriophorum gracile)

Systematik
Klasse: Einkeimblättrige (Liliopsida)
Unterklasse: Commelinaähnliche (Commelinidae)
Ordnung: Süßgrasartige (Poales)
Familie: Sauergrasgewächse (Cyperaceae)
Gattung: Wollgräser (Eriophorum)
Art: Schlankes Wollgras
Wissenschaftlicher Name
Eriophorum gracile
W. D. J. Koch ex Roth

Das Schlanke Wollgras (Eriophorum gracile) gehört zur Familie der Sauergrasgewächse (Cyperaceae). Es ist eine Art nährstoffarmer Moore und Moorwälder. Es ist sehr selten mit nur verstreuten Vorkommen in Europa und Nordamerika. Die Pflanzenart wird auch als Zierliches Wollgras bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Das Schlanke Wollgras ist eine mehrjährige, krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 10 bis 70 Zentimetern erreicht. Dieser Geophyt wächst lockerrasig und bildet bis zu 15 Zentimeter lange unterirdische Ausläufer. Die Stängel wachsen aufrecht bis etwas übergebogen (zur Reifezeit oft nickend). Der Stängelgrund ist rund, oben stumpf dreikantig, glatt und schlank. Die grundständigen Blattscheiden sind braun, zuweilen schwach rötlich, matt, scharf dreikantig und gitternervig. Die Blattspreiten sind linealisch, die unteren flach, die oberen fast vom Grunde an dreikantig. Die unteren Laubblätter sind kürzer als die Hälfte der Stängellänge und weniger als vier Millimeter breit. Die oberen Blätter (etwa bis zur Hälfte des Stängels) erreichen drei bis fünf Zentimeter Länge und weniger als zwei Millimeter Breite. Die Blatthäutchen (Ligula) sind kleiner als ein Millimeter, rund, breiter als lang; das oberste Blatt hat kein Blatthäutchen.

Der Blütenstand wird von den laubblattartigen Hüllblättern nicht überragt. Der Blütenstand besteht aus zwei bis vier sitzenden bis gestielten, oft fast aufrechten Ährchen. Diese sind fünf bis zehn Millimeter lang und zwölf bis dreißigblütig. Die Ährenstiele sind durch dichte Kurzhaare rau. Die Spelzen sind stumpf, gelb bis rotbraun und hautrandig. Im Gegensatz zu beispielsweise dem Schmalblättrigen Wollgras (Eriophorum angustifolium) oder dem Breitblättrigen Wollgras (Eriophorum latifolium) sind die Spelzen vielnervig. Die Hüllfäden der Blütenhülle (Perianth) sind weniger zahlreich als beispielsweise beim Scheiden-Wollgras (Eriophorum vaginatum) und erreichen zweieinhalb Zentimeter Länge. Ihre langen Blütenhüllfäden verbleiben nach der Reife an der Basis der Karyopse (eine Sonderform der Nussfrucht) und bilden einen Flug- und Schwimmapparat zur besseren Verbreitung der Samen in der Luft und im Wasser. Die Frucht ist stumpf dreikantig, glatt und etwa zwei bis drei Millimeter lang. Das Schlanke Wollgras blüht von Mai bis Juni.[1]

Ökologie

Das Schlanke Wollgras ist windblütig (Anemophilie). Die Verfrachtung der Samen erfolgt durch den Wind (Anemochorie). Es ist ein wintergrüner Geophyt und Hydrophyt. Es überwintert mit unterirdischen beziehungsweise unter Wasser liegenden Rhizomen, aus denen es im Frühjahr austreibt. Es ist eine Halblicht- bis Volllichtpflanze. Sein ökologischer Schwerpunkt liegt auf oft durchnässten bis überschwemmten, stickstoffarmen bis stickstoffärmsten, sauren bis mäßig sauren Böden. Es ist nicht salzertragend.[2]

Verbreitung und Standort

Das Schlanke Wollgras hat in ganz Europa zerstreute Vorkommen und geht nordwärts bis Südengland und in Skandinavien, im Baltikum und in Osteuropa bis 69° nördlicher Breite. Südwärts reicht sein Verbreitungsgebiet bis in die Pyrenäen, die Alpen, isoliert in den Nordapennin und auf den Balkan bis Bulgarien. In Europa fehlt sie nur großräumig im Mittelmeerraum und in den Ebene Ungarns. Ferner ist die Pflanze in Nordamerika beheimatet. Sie kommt vom Tiefland bis in Höhenlagen bis etwa 1740 Metern NN (Bayern), 1220 Metern NN (Schweiz) (planar-kollin bis montan) vor.

Das Schlanke Wollgras kommt auf zum Teil kalkarmen, schwach sauren aber mäßig basenreichen, dauernassen Moorböden in Sauer- und Basen-Zwischenmooren, auf Schwingrasen, beispielsweise in bäuerlichen Handtorfstichen, und an verlandenden mesophilen Moorgewässern vor.[3]

Sein Gesamtareal wird mit zehn Millionen bis eineinhalb Milliarden km² angegeben.

Vergesellschaftung

Das Schlanke Wollgras ist eine Charakterart verschiedener Pflanzengesellschaften der Kleinseggenriede. Es ist Bestandteil der Fadenseggenmoore (Caricetum lasiocarpae) und kommt auch in Drahtseggenmooren (Caricetum diandrae) vor. Die Moosschicht wird von Torf- oder Laubmoosen der Gruppe der Amblystegiaceae (Braunmoose) beherrscht.[4] Als Glazialrelikt ist es in Regenmooren sehr selten.

Gefährdung und Schutz

Das Schlanke Wollgras gilt europaweit als gefährdet ist aber weltweit nicht gesondert geschützt. Als Gefährdungsursache wird die Eutrophierung von Böden durch Immissionen angegeben. In Deutschland gilt die Art als vom Aussterben bedroht (Gefährdungsstatus 1), ist aber nach der BArtSchV nicht gesondert geschützt. Ihr Arealanteil in Deutschland beträgt zehn Prozent. Die Bestände sind im Rückgang begriffen.[5]

In der Schweiz gilt es als stark gefährdet (endangered) mit mäßig bis stark abnehmenden Beständen.[6]

Quellen und weiterführende Literatur

Einzelquellen

  1. J. Grau, B. P. Kremer, B. M. Möseler, G. Rambold, D. Triebel: Gräser. Mosaik-Verlag, München 1996. ISBN 3-576-10702-9
  2. Heinz Ellenberg, H. E. Weber, R. Düll, V. Wirth, W. Werner, D. Paulißen: Zeigerwerte von Pflanzen in Mitteleuropa. Scripta Geobotanica 18, Verlag Erich Goltze, 1992. ISBN 3-88452-518-2
  3. C. Käsermann: Eriophorum gracile ROTH - Schlankes Wollgras - Cyperaceae. Merkblätter Artenschutz - Blütenpflanzen und Farne [1], PDF, abgerufen am 3.08.06
  4. Erich Oberdorfer: Süddeutsche Pflanzengesellschaften. Teil I: Fels- und Mauergesellschaften, alpine Fluren, Wasser-, Verlandungs- und Moorgesellschaften. 4. Auflage, Gustav Fischer, Jena, Stuttgart, 1998. ISBN 3-437-35280-6
  5. nach Flora Web, abgerufen am 3.08.06 [2]
  6. nach Bundesamt für Umwelt, Rote Liste download von [3]: RL_20021008_compact.xls, abgerufen am 17. Juli 2006.

Literatur

  • Klaus Dierssen, Barbara Dierssen: Moore. Ulmer, Stuttgart, 2001. ISBN 3-8001-3245-1
  • Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. Ulmer, Stuttgart 1994. ISBN 3-8252-1828-7

Weblinks

Verbreitungskarten:


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