Glistrup

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Mogens Glistrup (* 28. Mai 1926 in Rønne auf Bornholm; † 1. Juli 2008 in Virum) war ein dänischer Politiker.

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Lebenslauf

Er kam als Sohn des Gymnasiallehrers Lars Glistrup und dessen Frau Ester, geborene Jensen zur Welt. Glistrup studierte Rechtswissenschaft und wurde 1955 als Rechtsanwalt beim Landesgericht (landsretssagfører) und Obergericht zugelassen. Er war von 1956 bis 1963 Dozent für Steuerrecht an der Universität Kopenhagen.

Von 1973 bis 1983 und von 1987 bis 1990 war er Abgeordneter der von ihm gegründeten Fremskridtspartiet im Folketing.

Mogens Glistrup war seit 1950 mit Lene Svendsen verheiratet. Er verstarb am 1. Juli 2008 in seinem Haus nördlich von Kopenhagen. [1]

Fortschrittspartei

Am 30. Januar 1971 wurde der gut verdienende Steueranwalt berühmt, als er in einer Fernsehdirektsendung das Zahlen von Steuern für unmoralisch erklärte. Steuerhinterzieher hielt er für ähnlich nützlich wie die Eisenbahnsaboteure während der Besatzung im Zweiten Weltkrieg. Er zeigte im Fernsehen seinen Steuerabschluss mit einem Lohnsteuersatz von null Prozent vor. Nach seinem Auftreten versuchten mehrere Parteien Glistrup für eine Parlamentskandidatur zu werben. Er landete auch zunächst auf der Liste der Konservative Folkeparti, doch wurde die Entscheidung kurz darauf rückgängig gemacht. [2]

Glistrup gründete am 22. August 1972 im Restaurant „Grøften“ im Tivoli in Kopenhagen die Fortschrittspartei (Fremskridtspartiet). Das Hauptanliegen seiner Partei war die Begrenzung der Einkommensteuer, der Abbau staatlicher Bürokratie und die Vereinfachung des Gesetzgebungsverfahrens. Mit diesem Programm wurde seine Partei nach der „Erdrutschwahl“ 1973 zweitstärkste Fraktion im dänischen Parlament und erhielt 28 Sitze.

Berühmtheit erlangte er für seinen Vorschlag, das dänische Militär abzuschaffen und durch einen Anrufbeantworter zu ersetzen, der auf russisch „Wir ergeben uns“ sagt. Dies spare bares Geld sowie im Ernstfall Menschenleben, da Dänemark sowieso nicht verteidigungsfähig sei.

Als die Fremskridtspartiet 1989 zum ersten Mal an einer Haushaltseinigung beteiligt war, erklärte Glistrup, dass er gegen seine Fraktion stimmen würde. Später wurde er aus der Partei ausgeschlossen.

Am 13. November 1990 gründete er die Trivselspartiet (Aufschwungs-Partei). Die Partei stellte überraschenderweise bei der Parlamentswahl im Dezember 1990 eine gemeinsame Liste mit Fælles Kurs auf, einer kommunistisch-populistischen Kleinpartei, ohne die erforderliche Stimmenzahl zu erhalten.

Als der Flügel um Pia Kjærsgaard 1995 die Fremskridtspartiet verließ und die rechtspopulistische Dansk Folkeparti gründete, gab es wieder Platz für Glistrup in seiner ursprünglichen Partei. 2001 war er wieder Kandidat der Fremskridtspartiet, die allerdings in der dänischen Politik bedeutungslos geworden war. Glistrup bewohnte eine bescheidene Villa in Virum nördlich von Kopenhagen, die als Ehrensitz von Fremskridtspartiet verliehen ist.

Gefängnisstrafe

Da Glistrup sich durch sinnreiche Firmenkonstruktionen um das Zahlen von Steuern gedrückt hatte, wurde er nach Aufhebung seiner parlamentarischen Immunität wegen Steuerhinterziehung verurteilt und musste vom 31. August 1983 bis 11. März 1985 eine Gefängnisstrafe verbüßen. Kritiker behaupten jedoch, das Urteil im komplizierten Gerichtsverfahren sei politisch geprägt und das Verfahren Glistrups zur Ausführungszeit legal gewesen. Auch habe er durch seine Veröffentlichung unabsichtlich den Behörden geholfen, zahlreiche Gesetzeslücken im dänischen Steuerrecht zu schließen.

Kontroverse

Ab Anfang der 1980er-Jahre wurde die Begrenzung der Einwanderung nach Dänemark zu seinem Hauptanliegen. Wegen geringschätziger Aussagen über Muslime wurde Glistrup mehrmals zu Geldstrafen verurteilt, erstmals 1985 wegen der Aussage:

„Sie sind dazu erzogen, heiligen Krieg gegen die Ungläubigen, darunter die Dänen, zu führen.“[3]

2003 wurde Glistrup wegen der Äußerung, dass die Anhänger Mohammeds nach Dänemark gekommen seien, um die Dänen aus ihrem Vaterland zu treiben, verurteilt. Das Urteil von 20 Tagen Gefängnis wurde 2005 verbüßt.[4] Schon 1999 hatte er in der Tageszeitung Berlingske Tidende bekannt: „Natürlich bin ich Rassist – das sind alle guten Dänen. Man ist entweder Rassist oder Landesverräter.“[5]

Glistrup übernahm von Anfang an die Rolle des Protestpolitikers. Wegen seiner provokativen und vereinfachenden Aussagen wurde er von den etablierten Parteien gemieden und von der Gesetzgebungsarbeit praktisch ausgeschlossen. Jedoch hatte er einen erheblichen indirekten Einfluss. 1990 äußerte der damalige Wirtschaftsminister und spätere Außenminister der sozialliberalen Radikale Venstre, Niels Helveg Petersen: „Die Berührungsangst gegenüber der Fremskridtspartiet hat Dänemark 300 Milliarden Kronen gekostet“; es sei schon in den 1970-er Jahren versäumt worden, den öffentlichen Sektor zu begrenzen.[6]

Neben seinen von Gegnern als extrem eingestuften Ansichten haben auch sein singender Bornholmer Akzent und seine energische Ausdrucksweise ihn zur Zielscheibe zahlreicher Satiren gemacht. Wegen seines charakteristischen Aussehens erhielt er den Spitznamen „Seewolf“.

Nachweise

  1. DR Nachrichten Online 2. Juli 2008: Glistrup er død [1]
  2. Geschichte Fremskridtspartiets 1973-94 (dänisch)
  3. Leserbrief in Aktuelt, 4. Februar 1985
  4. DR Nachrichten Online, 29. Juni 2005 Cache
  5. Berlingske Tidende, 11. Oktober 1999
  6. Jyllands-Posten, 15. Juni 1990.

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