Gläubig

Gläubig

Das Wort Glaube (auch Glauben) (vom indogermanischen *leubh-, begehren, lieb haben, für lieb erklären, gut heißen, loben)[1] wird neben der hier nicht behandelten Verwendung im Sinne von "etwas für wahr halten" verwendet, um eine Grundhaltung des Vertrauens zu bezeichnen, v.a. im Kontext religiöser Überzeugungen.

Der Glaube (1752–53), Allegorie von L.S. Carmona.

Inhaltsverzeichnis

Wortbedeutung

  • Das deutsche Wort „Glaube“ wird verwendet als Übersetzung des griechischen Substantivs „pistis“ mit der Grundbedeutung „Treue, Vertrauen“. Das zugehörige Verb lautet „pisteuein“ (treu sein, vertrauen). Ursprünglich gemeint war also nicht das unbestimmte „ich weiß nicht“, sondern im Gegenteil: „ich verlasse mich auf, ich binde meine Existenz an, ich bin treu zu“. Es geht also zentral nicht um einen Gegenpol zum Wissen - für Glaube in diesem, dem Wissen entgegengesetzten Sinn steht im Griechischen das Wort „doxa“ -, sondern um Vertrauen, Gehorsam (vergleiche: Geloben), Treue.[2]
  • Das lateinische Wort credere (vgl. Credo) „cor dare“ zu deutsch das Herz geben/schenken - ist direkt verwandt mit der altindischen Wurzel sraddha- „glauben“ und ist eine sehr alte (indogermanische) Verbalkomposition. Die Bestandteile bedeuten: „Herz“ und „setzen, stellen, legen“, zusammen also etwa: „sein Herz (auf etwas) setzen“. Das unbestimmte „ich weiß nicht“ entspricht hingegen dem lateinischen Wort putare (glauben, dass).
  • Im Hebräischen wird meist die Vokabel „aman“ verwendet: Sich an etwas festmachen. Die Vokabel „aman“ mit der Schreibung „Aleph-Mem-Nun“ wird nur in der Stammesmodifikation des Hif'il (Aussprache „hä'ämin“) mit dem Wort „glauben“ übersetzt. Diese Stammesmodifikation drückt im allgemeinen einen kausativen Aspekt der Grundbedeutung aus. Die Grundbedeutung der Buchstabenfolge (Wurzel) „Aleph-Mem-Nun“, die auch im ursprünglich hebräischen Wort Amen erscheint, ist „fest“ oder „unerschütterlich“, die Bedeutung im Hif'il ist also „jemanden fest sein lassen“.

Glaube und Vernunft

  • Glaube und Vernunft“ ist oftmals ein Obertitel für die Frage, ob und wie man den Glauben vernünftig rechtfertigen kann. Gibt es vernünftige Gründe, an Gott zu glauben? Wie sind religiöse Glaubenssätze, wie ist religiöser Glaube überhaupt zu analysieren? In welchem Rahmen sind solche Fragen überhaupt zu klären? Diese Fragen werden in philosophischen Teildisziplinen (heute meist in der Religionsphilosophie, früher und teils immer noch in der sog. Natürlichen Theologie) behandelt, in teils stärker glaubenswissenschaftlich bestimmtem Rahmen auch in der theologischen Disziplin der Fundamentaltheologie.
  • Seit dem Mittelalter hat man versucht, allein mit den Mitteln der Vernunft zu beweisen, dass Gott existiere (Gottesbeweise). Das ist jedoch nicht in anerkannter Weise gelungen, und es wird angenommen, dass dies unmöglich ist. Indirekter wird oft argumentiert, dass der Glaube verstärkt oder ausschließlich zu einem moralischen und konfliktlösenden Handeln führe bzw. befähigen könne. Derartige funktionale Argumentationen sind in ihrer Plausibilität und ihrer Aussagekraft für den Wahrheitswert religiösen Glaubens umstritten. Insbesondere aufgrund der historischen Erfahrungen, wie etwa den Kreuzzügen oder dem Dschihad, ist die Frage umstritten, ob Religionen überhaupt in der Lage sind, eine allgemein akzeptable Moral zu begründen, sofern sie einen absoluten Wahrheitsanspruch vertreten. In diesem Punkt erklärt (zur Verfassungszeit noch als J. Ratzinger) Benedikt XVI. in seiner Einführung in das Christentum – ähnlich wie vor ihm u.a. Friedrich Schleiermacher –, dass sich religiöser Glaube und naturwissenschaftliches Denken auf zwei verschiedenen Ebenen befänden. Glaube gehöre zum Bereich der Grundentscheidungen, zu denen jeder in irgendeiner Form Stellung beziehen müsse, ohne darüber letzte Gewissheit zu haben. Wenn der Mensch sein Denken aber nur auf Materielles und experimentell Beweisbares reduziert, verarme er, er verschließe sich den großen Fragen über das Leben, sich selbst und Gott.[3]
  • Für Immanuel Kant führt der Versuch, die Existenz Gottes aus der reinen Vernunft zu beweisen, zu unauflöslichen Antinomien. Gott ist aber wichtig als Postulat der praktischen Vernunft. Hin und wieder wird dies so verstanden: Gott sei nur noch nötig, um Belohnung für ethisch richtiges Handeln zu garantieren. Durch die Zweckorientierung des Glaubens gehe Kant grundsätzlich von einer atheistischen Position aus [4], da im Gegensatz hierzu der rein suggestionsbasierte Glauben eines Zwecks gar nicht bedürfe. Die Interpretation dieses Theoriestücks ist umstritten.
  • Aus atheistischer Sicht wird Glaube meist als unplausibel bis irrational kritisiert bzw. abgelehnt. Glaubensinhalte seien weder empirisch belegbar noch ihre Wahrheit sonstwie erweisbar, sondern etwa aus unzureichendem Wissen oder Einbildungen entstanden. (vgl. Atheismus und Religionskritik). Darüber hinaus befinden sich Anhänger verschiedener religiöser Glaubensrichtungen wechselseitig in einem spannungsvollen Verhältnis. Für viele scheint die Wahrheit einer bestimmten Glaubensüberzeugung die Falschheit abweichender Glaubensvorstellungen zu implizieren. Dadurch entstanden und entstehen auch heute noch interreligiös begründete Konflikte (vgl. Absolutheitsanspruch, Religionskrieg und Heiliger Krieg).
  • Zur Abgrenzung zwischen Glaube und Wahn ist festzustellen, dass Wahn sich inhaltlich auf innerweltliche, also zumindest prinzipiell sinnlich wahrnehmbare, und damit überprüfbare Gegebenheiten bezieht. Religiöser Glaube hat transzendente Sachverhalte zum Objekt und ist damit grundsätzlich nicht falsifizierbar. In Einzelfällen kann die Unterscheidung schwierig sein, insbesondere bei religiösem Wahn. Es muss dann untersucht werden, ob neben dem fraglichen Wahn andere Symptome einer psychischen Störung vorliegen. Nach Mk 3,21 EU wurde auch Jesus von seinen Verwandten unterstellt, er sei „von Sinnen“. Sigmund Freud, der religiösen Glauben erstmals aus psychologischer Perspektive untersuchte, betrachtete diesen als eine Form psychischer Krankheit nach dem Muster der Kindheitsneurose.
  • Nach dem Kritischen Rationalismus liegt der klassischen Darstellung der Problematik ein Denkfehler zugrunde, denn Vernunft dient nach dem Kritischen Rationalismus nicht dem Beweis oder der positiven Begründung oder Rechtfertigung (diese sind logisch unmöglich), sondern der Kritik. Aussagen für sich sind demnach weder Glaubens- noch Vernunftaussagen; schon durch die sprachliche Formulierung enthalten beide ein Theorieelement, das dem Bezug auf Erfahrung vorausgeht. Das wirkliche Problem ist die Frage der Form, in der eine Aussage vertreten wird:[5] Ob der Beschluss gefasst wird, die Aussage versuchsweise zu vertreten, sie einem Maximum an Kritik auszusetzen und ständig zu versuchen, auftretende Probleme zu lösen, oder ob der gegenteilige Beschluss gefasst wird, die Aussage aufrechtzuerhalten, komme da, „was da wolle“. William W. Bartley argumentiert, dass ein solcher Beschluss unter anderem zum Niedergang des liberalen Protestantismus geführt hat: Nach Bartley vertrat diese Bewegung ihren Glauben durchaus auf eine vernünftige Weise, mit ständigem Blick auf neue wissenschaftliche Ergebnisse. Als allerdings dadurch die Grundannahmen ins Wanken gerieten (das liberale Jesus-Bild), und sie so zu einer Entscheidung zwischen Vernunft und Christentum gezwungen wurde, entschied sie sich zur Festsetzung, dass die christlichen Grundannahmen („Jesus ist der HERR“) gegenüber jeder Kritik beizubehalten sind. So wurde sie nach Bartley zu einer Ideologie. Nur vordergründig konnten sie mit einem tu-quoque-Argument dabei ihre Vernunft wahren: Dass jede Position, um vernünftig zu sein, von Kriterien der Kritik ausgehen muss, die aus logischen Gründen selbst nicht kritisiert werden können.[6]
  • Ähnlich wie einerseits im Kritischen Rationalismus, andererseits in der Scholastik wird in heutiger Philosophie und Theologie auch Glaube und Wissen stärker in Beziehung gesetzt. So schreibt der Wissenschaftsphilosoph Wolfgang Stegmüller: „Man muß nicht das Wissen beseitigen, um dem Glauben Platz zu machen. Vielmehr muß man bereits etwas glauben, um von Wissen und Wissenschaft reden zu können.“[7] Die Pastoralkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils begründet eine Kohärenz der „Wirklichkeiten des profanen Bereichs und des Glaubens“[8] mit dem Ursprung in einem Gott. Darauf aufbauend plädierte 2008 der katholische Theologe und Publizist Markus von Hänsel-Hohenhausen für einen „religiösen Rationalismus“.[9] Er führt in der Theoretischen Mathematik, in der Evolutionsbiologie sowie in anderen naturwissenschaftlichen Disziplinen metaphysische Beweistechniken (wie die Analogie) und zahlreiche unbeweisbare, aber als bewiesen geglaubte Sätze als Argumente an, die zur Unterscheidung von „Beweiswissen“ und (naturwissenschaftlichem, dann religiösem) „Glaubenswissen“ führen. Darin sieht er einen Brückenschlag zur Nutzung des Wissens auch des christlichen Glaubens, der, da historisch verbürgt, auch nach wissenschaftlicher Methode kein blinder, sondern ein wissender Glauben sei. „Die naturwissenschaftliche Wahrnehmung des Ganzen der Welt, das Innewerden des Geistigen und der Geistprägung der Welt fordern ein Denken, das zustimmen kann – eine Zustimmung, die auf Vernunft und Intellekt beruht.“[10] Jenseits einer Illusion der Herrschaft des Subjekts führe dies zur Freiheit der Person.

Religiöse Glaubensphänomene

Christentum

Hauptartikel Christlicher Glaube

Für Christen ist Glaube keine antike oder mittelalterliche Vorstufe vom Wissen (etwa also eine verminderte Form der Naturwissenschaft), die entschwinden muss, wenn das „echte“ Wissen kommt, sondern etwas vom Wesen her anderes. Es ist kein bloßes Für-wahr-Halten, auch keine Vermutungsäußerung damit gemeint, etwa wie im deutschen Satz: ‚Ich glaube, dass es morgen regnet.‘ Dann bedeutet glauben so viel wie meinen. Dieses „glauben, dass“ entspricht nicht dem Sinn des griechischen Wortes - im Gegensatz zum ‚ich glaube an‘ oder ‚ich glaube dir‘, was dem griechischen Wortstamm entspricht. Dann heißt es so viel wie: ‚Ich traue dir, ich vertraue dir, ich kann auf dich bauen. Ich habe eine Gewissheit, die weniger aus Berechnungen und Experimenten kommt.‘[11]

Glaubensakt und Glaubensinhalt

Theologisch unterscheidet man den Glaubensakt, lateinisch „fides qua creditur“ (zu deutsch; „der Glaube, mit dem geglaubt wird“) einerseits, den Glaubensinhalt, lateinisch „fides quae creditur“ (zu deutsch: „der Glaube, der geglaubt wird“).

Der Glaubensinhalt wird in den Christlichen Glaubensbekenntnissen zum Ausdruck gebracht und in der Dogmatik systematisch dargelegt und theologisch untersucht.

Grundlegende Glaubensinhalte im Christentum

  • Zentral geht es beim christlichen Glauben um eine Bejahung Gottes: „Es gehört gerade zur Wahrheit des Glaubens, Gott aufgrund seiner Selbstmitteilung so zu denken, wie er ist.“[12]
  • Gemeinsam ist den meisten christlichen Strömungen der Glaube, dass alles Seiende durch Gott (Jahwe) geschaffen wurde und im Dasein gehalten wird. Im Mittelpunkt dieser Schöpfung steht der Mensch, der aber nicht aus eigener Kraft zum Guten fähig ist (Erbsünde) und der Liebe Jesu Christi bedarf, um gerettet zu werden und ewiges Leben zu erlangen. Jesus Christus ist nach der christlichen Glaubenslehre der Mensch gewordene Sohn Gottes und mit Gott und dem heiligen Geist dreieinig. Grundlage des Glaubens ist die heilige Schrift der Bibel, welche als von Gott inspiriert angesehen wird und die Zehn Gebote, insbesondere das Gebot der Nächstenliebe und das Gebot, keine anderen Götter zu verehren.
  • Biblische Texte sind stets interpretationsbedürftig. Zwischen vielen Stellen, die mehr implizit zur Deutung des Glaubensbegriff verwendbar sind, wird folgende besonders explizite Formulierung häufig diskutiert: „Es ist aber der Glaube das feste Vertrauen auf das Erhoffte, ein Überzeugtsein von dem, was man nicht sieht.“ (Hebr 11,1) Das hier mit „Überzeugtsein“ wiedergegebene griechische elegchos bedeutet auch soviel wie Gegenbeweis, Widerlegung oder „Überführtsein“. In diese Sinne wird hier wohl gesprochen von einem Überführtwerden wider äußeren Anscheins.

Glaube und Werke

Vgl. Hauptartikel: Rechtfertigungslehre Glaube im christlichen Sinn ist Hinwendung zu Gott, der sich dem Menschen zuerst zugewendet hat, und Abwendung von sich selbst. Er ist darum unvereinbar mit Selbstruhm und dem Vertrauen auf eigenes Tun (Röm 3,20-28). In dieser antwortenden Hinwendung liegt zugleich ein aktives, nach außen strebendes Moment. Der Glaube bewegt zur tätigen Liebe (Gal 5,6).

Ein wesentlicher Streitpunkt unter den christlichen Konfessionen ist seit der Reformation die Frage, ob der Mensch vor Gott durch seinen Glauben allein gerechtfertigt werde, wie Martin Luther es betont hat, oder ob dazu auch die guten Werke nötig seien, weil Glaube ohne Werke tot sei, wie es im Katholizismus unterstrichen wird.

Glaube und Gemeinschaft

Nach allgemein christlicher Überzeugung ist der Glaube die persönliche Antwort auf Gottes bzw. Jesu Wort. Dabei geschieht diese Antwort immer in der Gemeinschaft aller Glaubenden und stellvertretend für alle Menschen. Uneinigkeit besteht in der Frage, ob die volle Wirklichkeit des Glaubens sich im Herzen des Einzelnen vollzieht (so die meisten protestantischen Denominationen) oder ob der Glaube der Kirche ontologische Priorität hat (so die katholische Lehre).

Glaube und Religion

Besonders in der christlich-protestantischen Theologie wird nach Karl Barth oft Glaube gegen Religion abgegrenzt. Barth sah Religion als eigenmächtigen Weg des Menschen zu Gott an und betonte, eine Erkenntnis des Willens Gottes gebe es nur im Glauben an Jesus Christus. Das Hören auf das Evangelium sprenge alle menschlichen Begriffe von Gott, alle ethischen Irrwege.

Dietrich Bonhoeffer übernahm die Unterscheidung und radikalisierte sie in seiner Frage nach einem Christentum ohne Religion. Angesichts der grundsätzlich positiv gesehenen „mündig gewordenen Welt“, des Verlusts des „religiösen Apriori“, von Innerlichkeit, Gewissen und klassischer Metaphysik habe Barth „in der nichtreliglösen Interpretation theologischer Begriffe keine konkrete Wegweisung gegeben, weder in der Dogmatik noch in der Ethik. Hier liegt seine Grenze und darum wird seine Offenbarungstheologie positivistisch, »Offenbarungspositivismus«, wie ich mich ausdrückte.“[13] Bonhoeffers Ziel war es dagegen, den Kern der Glaubenshaltungen im Rahmen der kirchlichen Tradition herauszustellen, den er nicht in Aussagen über einen Jenseits-Gott sieht, sondern in Praxis und deren Begründung in Ethik, alt- und neutestamentlicher Geschichte und Mythologie sowie mystischer Erfahrung (als ästhetisches Bewusstwerden von Grundeinstellungen, nicht übersinnliche Erfahrung).

Gerhard Ebeling betonte ebenfalls die kritische Kraft des Glaubens gegen religiöse Festlegungen und Sicherheiten, sah aber Religion als Lebensbedingung des Glaubens an.

Glaube im Neuen Testament

  • Biblische Autoren kennen i.A. keine besondere intellektuelle Befähigung als Voraussetzung, um zum christlichen Glauben zu kommen und diesen zu entwickeln. Texte wie Apg 17 oder Röm 1, 16ff. betonen, dass der Glaube jedem offenstehe und die Gottesexistenz durch die Schöpfung bezeugt wird.
  • Schreiber des Neuen Testaments (etwa Hebr 10, 38f) betonen des Öfteren, dass Gott die Rechtfertigung durch den Glauben bewirkt, dass Christus die Erlösung vollbracht hat und damit die Gerechtsprechung durch Gott gegeben sei (und der Erlangung von Verheissungen wie ewigen Lebens). Da Christus das Gesetz bis zum Tode erfüllt hat ist der Glaube an sein Werk bedeutend und nicht die eigene Erfüllung des Gesetzes. Denn kein Mensch ist aufgrund der Sünde fähig, die Gesetze Gottes vollständig und dauernd zu halten.
  • Der Glaube ist eine feste Zuversicht und ein Nichtzweifeln an dem was man nicht sieht. Die fünf natürlichen Sinne des menschlichen Körpers (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Fühlen) sind für die Wahrnehmung der Umgebung geschaffen, während der Glaube nicht daran zweifelt was man nicht sieht.
Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht. (Hebräer 11,1)
  • Der Glaube ist eine Kenntnisnahme, ein Notiz nehmen der biblischen Offenbarung. Deshalb ist das Studium der Bibel eine gute Grundlage. Aus dem Erkennen der Glaubensinhalte soll ein Anerkennen folgen. Deshalb ist ein persönlicher Willensentschluss zur Anteilhabe erforderlich. Daraus folgt ein persönliches Vertrauen. Letztendlich ist biblischer Glaube immer auch auf göttliche Offenbarung gegründet und damit ein Werk Gottes im Menschen (Matthäus 16,17).
  • Vorbilder im Glauben werden in Hebräer 11 genannt.

Nach Paulus von Tarsus ist Glaube (neben der Hoffnung und der Liebe) eine der drei christlichen Tugenden.

Glaube im Alten Testament

Das Christentum verehrt vor allem Abraham für seinen unerschütterlichen Glauben an Gott. Abraham verehrte damals den im ganzen Vorderen Orient bekannten Gott El, der als der Schöpfer des Alls, als der höchste Gott über allen Göttern galt und unter mancherlei Zunamen: als Höchster, als der Ewige, als der Mächtige, als der Allsehende an den verschiedensten Orten angebetet wurde. Er verehrte ihn auch als seinen Familiengott, als seinen persönlichen Gott, der so für seine Nachfahren zum Gott Abrahams und zum Gott Israels wurde und auch im Christentum eine neue Bedeutung gewann.

Von einem Glauben an das Jenseits ist bei Abraham jedoch noch nicht die Rede. Ebenfalls ist nicht anzunehmen, dass Abraham die Existenz anderer Götter bestritt. Von diesem Gott El wusste er sich ganz persönlich angerufen. Sein Glaube sah dahingehend aus, dass er mit einer Verheißung beschenkt wurde. El stellte ihm Nachkommenschaft und Land in Aussicht.

Der Herr sprach zu Abram: Zieh weg aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde. Ich werde dich zu einem großen Volk machen, dich segnen und deinen Namen groß machen. Ein Segen sollst du sein. Ich will segnen, die dich segnen; wer dich verwünscht, den will ich verfluchen. Durch dich sollen alle Geschlechter der Erde Segen erlangen. Da zog Abram weg, wie der Herr ihm gesagt hatte, und mit ihm ging auch Lot. Abram war fünfundsiebzig Jahre alt, als er aus Haran fortzog. (Gen 12,1-4)

Die Bibelwissenschaft des 20. Jahrhunderts kam zur Erkenntnis, dass der Halbnomade Abraham, nur "die Himmel", als eine symbolische Entsprechung seines Gottes, der sich allenthalben über ihm wölbt, als seine ständige Begleitung ansieht. Er vertraut sich nicht den Göttern irgendeines Landes an, sondern nur dem Gott, dem alle Lande gehören; nicht einem Ortsgott, sondern seinem Gott, der mit ihm geht und ihn persönlich kennt, ihm nahe ist von Ort zu Ort. Gegenüber solchen Erklärungen sind wieder manche Zweifel aufgestiegen, aber richtig bleibt, dass Abraham um der Zukunft willen, die ihm der Glaube verhieß, zum Heimatlosen geworden ist, seine Heimat gerade in der Treue zu seinem Gott fand.

Judentum

Hauptartikel Jüdischer Glaube

Jüdischer Glaube bezieht sich auf die ganze jüdische religiöse Tradition. Statt eines inhaltlich festgelegten Glaubens steht nach alter - schon weit vorchristlicher - Tradition Gerechtigkeit auf der Grundlage der universellen Nächstenliebe[14] und Gleichheit aller Menschen im Mittelpunkt, was besonders im liberalen Judentum betont wird: „Das Judentum ist nicht nur ethisch, sondern die Ethik macht sein Prinzip, sein Wesen aus.“[15]

Das gegenwärtige Judentum, das diese Traditionen bewahrt und anpasst, wird das rabbinische Judentum genannt. Dieses umfasst den weiten Raum der Traditionen in der Neuzeit und im Mittelalter, mit Bezug in die biblischen und vorbiblischen Zeiten, und betrifft das Mosaik der Traditionen des Judentums in der Vielfalt seiner Strömungen. Immer wieder wird in diesem Zusammenhang von jüdischen Glaubensprinzipien gesprochen, jedoch existiert im Judentum kein allgemeingültiger, zwingend geforderter Glaube, kein Credo. Das rabbinische Judentum hat den antiken Macht- und Hoheitszentralismus der Tempelpriesterschaft viel radikaler abgelegt als das in den christlichen Gemeinden und Kirchen der Fall ist, die "bei sich einen besonderen Priesterstand schufen, an die biblischen Vorschriften über die jüdischen Priester anknüpften",[16] wie sich auch in den verschiedenen christlichen Dogmatiken zeigt. Rabbiner sind keine Priester und jüdische Traditionen verwalten sich hauptsätzlich in demokratischen lokalen Gemeinden. Im Gegensatz zum Christentum oder Islam kann im Judentum jeder persönliche Glaube an den ein-einzigen Gott, das ewige Wesen akzeptiert werden.

Der jüdische Gelehrte Franz Rosenzweig drückte es sehr einfach aus: "Er (der als Jude gezeugte) glaubt nicht an etwas, er ist selber Glauben."[17] In dieser Form ist der jüdische „Glaube“ ausgedrückt in: Gerechtigkeit und Liebe (Gottesliebe, Nächstenliebe, Feindesliebe), Tat und Erinnerung, in Freiheit zum Schutz des Lebens.

Naturwissenschaftliche Ansätze

Siehe auch: Neurotheologie

Der kanadische Neurowissenschaftler Michael Persinger von der Laurentian University in Toronto manipulierte durch magnetische Felder die Schläfenlappen seiner Probanden und erzeugte dabei religiöse Empfindungen (Gottesmodul). Persinger erklärte, dass diese Phänomene den Symptomen der Epilepsie gleichen. Scott Atran, Direktor für Anthropologie am Centre national de la recherche scientifique in Paris, verfolgt dagegen in seinem Werk In Gods We Trust einen darwinistischen Ansatz. Die darwinistische Glaubensforschung sieht den Glauben nicht als anerzogen, sondern als im Bewusstsein des Menschen evolutionär verankert. Die Fähigkeit zum Glauben wird dabei beispielsweise als evolutionäres Nebenprodukt erklärt, es werden aber auch mögliche Selektionsvorteile untersucht. Justin Barlett dagegen sieht in einer evolutionspsychologischen Herangehensweise den Glauben nicht als überlebenswichtige Strategie von Gemeinschaften, sondern als ein Entwicklungsstadium der menschlichen Psyche.

Literatur

Weblinks

Quellen

  1. Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. 16 Bde. Leipzig: S. Hirzel 1854-1960. vgl. Quellenverzeichnis 1971, s.v. „Glauben“
  2. Zur Etymologie des Wortes „Glauben“ sei verwiesen auf Grimm, l.c.
  3. Radio Vatikan: Papst erinnert an seine Regensburger Vorlesung 28. Januar 2007. Vgl. Papst Johannes Paul II.: Enzyklika FIDES ET RATIO über das Verhältnis von Glaube und Vernunft
  4. Kants atheistischer Gottesbeweis]:[1] 07.04.2008
  5. David Miller: Critical Rationalism
  6. William W. Bartley: Flucht ins Engagement (1986)
  7. zitiert nach Josef Bordat: Wahrheit, Freiheit, Vernunft. Markus von Hänsel-Hohenhausen begründet das Zusammenspiel von Denken und Glauben [2]
  8. Gaudium et Spes, 1965, Absatz 36
  9. Markus von Hänsel-Hohenhausen: Ich denke, also glaube ich / Cogito ergo credo. Von Metaphysik und Glaubenswissen als Fundament und Gunst von Naturwissenschaft und westlicher Gesellschaft. Essay. Mit einem Vorwort von Joachim Kardinal Meisner. Frankfurt, München, London, New York 2008. 307 S., ISBN 978-3-8267-0015-6
  10. Hänsel-Hohenhausen, a.a.O.; S. 293
  11. Vgl. Josef Ratzinger: Glaube und Zukunft. Kösel Verlag, München 1970, Neuausgabe 2007. ISBN 978-3-466-36753-5.
  12. Eberhard Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 6. Aufl. Tübingen 1992, 238.
  13. Eberhard Bethge (Hg.): Widerstand und Ergebung. Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft; Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 197810, S. 160-62.
  14. Max Wiener in: Die Lehren des Judentums nach den Quellen, Band III; a.a.O., S. 465.
  15. Leo Baeck, zitiert nach: Walter Homolka: Tradition und Erneuerung. Die Reformbewegung und ihre Dynamik als größte religiöse Strömung des Judentums; Herder Korrespondenz 11, 2007. Online-Version
  16. Felix Makower in: Walter Homolka, Walter Jacob, Tovia Ben Chorin: Die Lehren des Judentums nach den Quellen, Band III; Knesebeck, München, 1999, S. 233ff.
  17. Franz Rosenzweig, Der Stern der Erlösung, Frankfurt am Main, Suhrkamp 1990, S. 380

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