Graue Propaganda

Graue Propaganda
Das Tactical Psychological Operations Detachment (TPD) verteilt im Irakkrieg Zeitungen

Propaganda bezeichnet einen absichtlichen und systematischen Versuch, Sichtweisen zu formen, Erkenntnisse zu manipulieren und Verhalten zu steuern, zum Zwecke der Erzeugung einer vom Propagandisten erwünschten Reaktion.[1]

Der Begriff „Propaganda“ wird vor allem in politischen Zusammenhängen benutzt; in wirtschaftlichen spricht man eher von „Werbung“, in religiös-protestantischen von „Missionierung“, in römisch-katholischen aber auch von der Propaganda fidei.

Propaganda im modernen Sinne ist eine zur Beeinflussung, Manipulation und Herrschaftssicherung eingesetzte Technik. Entscheidend ist dabei die geschickte Auswahl und gegebenenfalls die Manipulation der Nachricht und nicht ihr Wahrheitscharakter. Durch die Monopolisierung der Propaganda in diktatorischen Regimen − insbesondere des Nationalsozialismus und Stalinismus − erhielt der Terminus einen stark pejorativen Charakter. Dennoch ist die gezielt einseitige Darstellung von Informationen eine gängige Praxis, auch in Demokratien. Auf Grund seiner negativen Konnotation ist der Begriff Propaganda weitgehend dem der Öffentlichkeitsarbeit (oder dem englischen Public Relations) gewichen.[2]

Inhaltsverzeichnis

Wortgeschichte

Lateinisch propagare heißt ursprünglich „verbreiten, ausdehnen, fortpflanzen”. Als Verb pfropfen (bei der Pflanzenveredelung) wurde der Begriff in der Botanik schon früh ins Deutsche entlehnt. Der Begriff wurde zwar erst während des Dreißigjährigen Krieges eingeführt, doch das Konzept ist schon in AristotelesRhetorik zu finden.[3]

Mit dem Gerundivum dieses Verbs wurde von Papst Gregor XV. im Jahre 1622 eine kirchliche Kongregation namens Sancta congregatio de propaganda fide geschaffen, ursprünglich Congregatio Romanae et universalis Inquisitionis genannt, deren Zweck es war, dem Protestantismus entgegen zu treten. Abgeleitet von der Bezeichnung dieser Organisation wurde der Ausdruck Propaganda in die meisten Sprachen übernommen.[4]

Der Club de la propagande, eine Geheimgesellschaft der Jakobiner im Frankreich des 18. Jahrhunderts, wollte die Verbreitung revolutionärer Ideen fördern.

Agitation und Propaganda (Agitprop)

Hauptartikel: Agitprop

Agitprop-Plakatentwurf
von Wladimir Majakowski

Im Machtbereich der Sowjetunion (unter Lenin) wurde als Propaganda die allgemeine Überzeugungsarbeit von Kommunisten bezeichnet, im Unterschied zur Agitation, die ein „Appell an die Massen zu bestimmten konkreten Aktionen“ sei.[5] Besonders in den Anfangszeiten der Sowjetunion war die Agitprop durch moderne Kunstrichtungen (den Futurismus) beeinflusst.

Ausgewählte Beispiele

Propaganda im „Dritten Reich“

Hauptartikel: NS-Propaganda

Adolf Hitler und sein „Reichsminister für Volksaufklärung und PropagandaJoseph Goebbels gaben in der Zeit des Nationalsozialismus der Propaganda eine totalitär-dominante Bedeutung und nutzten dazu vor allem die Presse, den Rundfunk, sämtliche Medien der Künste und symbolisch markant aufgezogene Massenveranstaltungen.

Porträt Ulbrichts in einem Essgeschirrladen

Propaganda in der DDR

In der DDR wurde Propaganda auch in der Schule (Staatsbürgerkunde) und in vielen übrigen Bereichen des täglichen Lebens eingesetzt, oft mit starker Wendung gegen die Bundesrepublik (siehe z. B. die Fernsehsendung Der schwarze Kanal, die Abkürzung „BRD“).[6][7][8] Die DDR setzte sich auch propagandistisch mit der Reform des Strafrechts der Bundesrepublik Deutschland auseinander und stellte eine Verbindung zur nationalsozialistischen Justiz her.[9][10]

Propaganda im Irakkrieg

Im November 2005 behaupteten die „Chicago Tribune“ und die „Los Angeles Times“, dass das US-Militär im Irakkrieg manipulierte Nachrichtenmeldungen in die irakischen Medien eingeschleust habe. Durch diese gefälschten Meldungen sollte ein gutes Licht auf die Handlungen der Vereinigten Staaten geworfen und gleichzeitig die Aufständischen demoralisiert werden. Oberstleutnant Barry Johnson, der militärische Pressesprecher im Irak, sagte, dass das Programm ein wichtiger Teil sei, um Falschinformation, die von den Aufständischen in den Medien veröffentlicht wurden, entgegenzuwirken. Dagegen gab der Pressesprecher des ehemaligen Verteidigungsministers Donald H. Rumsfeld bekannt, dass die Anschuldigungen der Manipulation sehr beunruhigend seien, sollten sie der Wahrheit entsprechen; das US-Verteidigungsministerium bestätigte die Existenz eines solchen Programms.

Die „New York Times“ veröffentlichte einen Artikel darüber, wie das Pentagon Auftragnehmer mit geringer journalistischer Erfahrung benutzte, um gezielt Artikel in der irakischen Presse zu platzieren. Die veröffentlichten Artikel wurden üblicherweise von amerikanischen Soldaten geschrieben, die entweder einer nicht existenten Organisation namens „International Information Center“ angehörten oder freiberuflich arbeiteten.

Schon im Ersten Weltkrieg wurde seitens der Entente als auch der Mittelmächte Propaganda in Zeitungen platziert, im Zweiten Weltkrieg waren es die Achsenmächte und die Alliierten.

Siehe auch

„Staatliche“ und „zivile“ Formen von Propaganda

„Pioniere“

Weiterführende Artikel

Literatur

  • Gerald Diesener; Rainer Gries (Hrsg.): Propaganda in Deutschland. Zur Geschichte der politischen Massenbeeinflussung im 20. Jahrhundert, Darmstadt 1996, Primus Verlag, ISBN 3-89678-014-X.
  • Rainer Gries; Wolfgang Schmale (Hrsg.): Kultur der Propaganda. Überlegungen zu einer Propagandageschichte als Kulturgeschichte, Bochum 2005, Verlag Dieter Winkler, ISBN 3-89911-028-5.
  • Thymian Bussemer: Propaganda. Konzepte und Theorien, Wiesbaden 2005, Verlag für Sozialwissenschaften, ISBN 3-8100-4201-3.
  • Peter Bürger: Kino der Angst. Terror, Krieg und Staatskunst aus Hollywood, Stuttgart 2005, Schmetterling-Verlag, ISBN 3-89657-471-X.
  • Edward Bernays: Propaganda – Die Kunst der Public Relations. Aus dem Amerikanischen von Patrick Schnur, deutsche Erstausgabe, orange-press, Freiburg 2007, ISBN 978-3-936086-35-5.
  • Buchbender, Ortwin; Schuh, Horst: Die Waffe die auf die Seele zielt. Psychologische Kriegführung 1939-1945. Stuttgart 1983, ISBN 387943915X
  • Anne Morelli: Die Prinzipien der Kriegspropaganda, zu Klampen, 2004, ISBN 978-3-934920-43-9.
  • Steffen Jahrmarkt: Die Befreiung des Irak und freedom fries – Wesen, Struktur und Funktionsweise von Propaganda am Beispiel der psychologischen Kriegführung Amerikas im Golfkrieg 2003, Aachen 2004, Shaker Verlag, ISBN 3-8322-3007-6.
  • Christian Saehrendt: Kunst als Botschafter einer künstlichen Nation. Studien zur Rolle der bildenden Kunst in der Auswärtigen Kulturpolitik der DDR. Stuttgart 2009, ISBN 978-3-515-09227-2.
  • Wolfgang Schieder, Christof Dipper: Propaganda. In: Otto Brunner, Werner Conze, Reinhart Koselleck (Hrsg.): Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Bd. 5, S. 69–112, Klett-Cotta, Stuttgart 2004, ISBN 3-608-91500-1.

DVD

  • Parolen und Polemik – die Geschichte der deutschen Wahlwerbefilme, Dokumentarfilm, 112 Minuten, Tacker Film. Trailer

Einzelnachweise

  1. zit. nach Norstedt et al.: From the persian Gulf to Kosovo – War Journalism and Propaganda. In: European Journal of Communication 15 (2000), S. 383–404.
  2. Dieter Nohlen (Hg.), Lexikon der Politik, Bd. 7, ISBN 3-406-36911-1, S. 524
  3. Klaus Merten: Die Konstruktion von Macht durch Kommunikation – am Beispiel von Propaganda (abgerufen am 9. Mai 2007)
  4. Christian Schwendinger: Was ist Propaganda? Begriffsgeschichte, Definition und das „Wesen“ der Propaganda, Januar 2007
  5. Lenin: Was tun? Brennende Fragen unserer Bewegung, 1902, bes. Kapitel 3b: Die Geschichte darüber, wie Plechanow von Martynow vertieft wurde
  6. Monika Gibas, Propaganda in der DDR, Erfurt 2000.
  7. Gerald Diesener, Rainer Gries (Hrsg.), Propaganda in Deutschland. Zur Geschichte der politischen Massenbeeinflussung im 20. Jahrhundert. Darmstadt 1996.
  8. Günther Heydemann, Geschichtsbild und Geschichtspropaganda in der Ära Honecker, in: Ute Daniel, Wolfram Siemann (Hrsg.), Propaganda. Meinungskampf, Verführung und politische Sinnstiftung 1789–1989, Frankfurt am Main 1994, S. 161–171
  9. Bundesarchiv, B141/155531; vgl. 76. Sitzung am 16. Mai 1963
  10. Monika Gibas, Dirk Schindelbeck (Hrsg.), „Die Heimat hat sich schön gemacht…“ – 1959: Fallstudien zur deutsch-deutschen Propagandageschichte, Leipzig 1994.

Weblinks


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