- Großer Sand (Mainz)
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Der Große Sand ist ein kleines, aber geoökologisch und botanisch überregional bedeutsames Naturschutzgebiet in Mainz. In dem Naturschutzgebiet Großer Sand finden sich viele seltene Pflanzen und Tiere. Manche hier heimische Pflanzen wie z. B. der Sand-Lotwurz (Onosma arenaria) kommen innerhalb Deutschlands nur noch hier in wenigen Exemplaren vor.
Das Binnendünengebiet entstand nach der letzten Eiszeit (Würmglazial) und der ersten Wiederbesiedlung durch Steppenpflanzen vor ca. 12.000 Jahren. Auf dem leicht erwärmbaren, trockenen und nährstoffarmen Sandboden des Mainzer Beckens wachsen als Reliktflora aus dieser Zeit bevorzugt Steppenpflanzen, die ansonsten nur in südosteuropäischen und innerasiatischen Steppengebieten bzw. im Mittelmeerraum vorzufinden sind. Das eigentliche Gelände des Naturschutzgebiets ist mit 127 ha relativ klein.
Der Große Sand liegt zwischen den Mainzer Vororten Gonsenheim und Mombach und erstreckt sich bis an die in Mombach beginnenden Rheinauen. Direkt angrenzend liegt der ca. 700 ha große Lennebergwald, das größte zusammenhängende Waldgebiet in Rheinhessen. Der Lennebergwald steht ebenfalls unter Naturschutz und weist teilweise die gleiche Flora und Fauna auf.
Inhaltsverzeichnis
Die Entstehung des Großen Sandes
Im späten Pleistozän, kurz vor Ende der letzten Eiszeit, wurde im Gebiet des heutigen Großen Sandes in den kurzen Sommerphasen vom naheliegenden Rheintal Flugsand zu großen Dünen angeweht. Der Boden bestand dadurch fast ausschließlich aus kalkreichem, feinweißem Sand, der nur wenig Wasser und Nährstoffe speichern konnte, aber gut erwärmbar war.
Gegen Ende der Eiszeit um spätestens 10.000 v. Chr. zogen sich die Eismassen nach Norden zurück. Es entstand in direkter Nachfolge eine baumlose Kältesteppe. Mit zunehmender Erwärmung in Mitteleuropa entwickelte sich durch Einwanderung von Pflanzen aus südlicheren Räumen eine Steppenvegetation, die heute noch als Reliktflora in Teilen vorhanden ist. Auch ein leichter Kieferbewuchs dürfte anzunehmen sein. Eine Wiederbewaldung des Gebietes im Zuge der weiteren Erwärmung verdrängte diese Steppenflora aber immer weiter, so dass diese sich nur in sehr wenigen Gebieten halten konnte. In Mitteldeutschland reichte dieses Binnendünengebiet mit seiner typischen Sandflora ursprünglich von Ingelheim über Mainz/Frankfurt bis weiter südlich nach Heidelberg. Auch die schattenempfindliche Kiefer wurde verdrängt: sie konnte sich nur auf nährstoffarmen Sandstandorten halten.
Dies führt zu der heutigen Vegetation: die Steppenpflanzen im Großen Sand und der Kiefern- und Eichenwald im Lennebergwald. Für den sonst in Deutschland häufigen Buchenmischwald ist das Klima zu trocken und der Boden zu nährstoffarm.
Unterstützt wurde dies noch durch die Bewirtschaftung der Flächen durch die Menschen: bei der Waldweide fraßen Schafe und Ziegen bevorzugt Laubbäume, auch als Feuerholz wurde Laubholz bevorzugt.
Der Große Sand in der Gegenwart
Später wurde das Gelände auch militärisch genutzt. Zuerst durch französische Truppen unter Napoléon, später durch preußische und österreichische Truppen der Bundesfestung Mainz. Bäume oder größere Büsche wurden immer wieder entfernt, um für die Artillerie freies Schussfeld zu erhalten.
Auch die spätere militärische Nutzung durch die preußischen und österreichischen Truppen der Bundesfestung Mainz verhinderte eine natürliche Ausweitung des benachbarten Lennebergwaldes. Später nutzen auch die Wehrmacht und nach dem Zweiten Weltkrieg auch französische und später amerikanische Truppen den Sand als Übungsplatz. Auch heute noch sind Teile des Mainzer Sandes Übungsgelände der US-Truppen.
Parallel zur militärischen Nutzung wurden etwa 1900 größere Teile des Sandes zur Anlage von Obstplantagen genutzt. 1933 begann man auch mit der Bebauung von Randgebieten des Mainzer Sandes.
1939 wurde dann ein 33 ha großer Teil des Sandgebietes als Naturschutzgebiet ausgewiesen.
Ein entscheidender Einschnitt war der Bau der Bundesautobahn 643 1966, die den Sand in 2 große Teile zerschnitt. Östlich der Autobahn befindet sich das ursprüngliche Naturschutzgebiet.
1994 erfolgte die Erweiterung des Naturschutzgebietes um 94 ha. Die hinzukommenden Gebiete sind das Mombacher Oberfeld und die bis dahin noch militärisch genutzten Gebiete.
Die Flora des Großen Sandes
Auf Grund der für Deutschland ungewöhnlichen Wärme und Trockenheit hat sich hier eine eigene Vegetation erhalten, die zur überregionalen Bedeutung des Naturschutzgebietes führt. Es finden sich hier seltene Steppenpflanzen, die sonst erst in der ungarischen Puszta und noch weiter östlich in den eurasischen Steppen auftreten. Viele dieser Pflanzen sind vom Aussterben bedroht und stehen auf der Roten Liste gefährdeter Arten.
Gefährdete bzw. vom Aussterben bedrohte Pflanzen im Naturschutzgebiet Großer Sand Mainz:
- Sand-Radmelde (Kochia laniflora, Chenopodiaceae) – (vom Aussterben bedroht)
- Braunrote Stendelwurz (Epipactis atrorubens, Orchidaceae) – (stark gefährdet)
- Büschel-Gipskraut (Gypsophila fastigiata, Caryophyllaceae) – (stark gefährdet)
- Kegelfrüchtiges Leimkraut (Silene conica, Caryophyllaceae) – (stark gefährdet)
- Frühlings-Adonisröschen (Adonis vernalis, Ranunculaceae) – (stark gefährdet)
- Sand-Lotwurz (Onosma arenaria, Boraginaceae) – (vom Aussterben bedroht, kommt in Deutschland nur noch in wenigen Exemplaren hier vor)
- Rote Schwarzwurzel (Scorzonera purpurea, Asteraceae) – (vom Aussterben bedroht)
- Sand-Silberscharte (Jurinea cyanoides, Asteraceae)
- Feld-Mannstreu (Eryngium campestre, Apiaceae) – (Art ist nach BArtSchV besonders geschützt)
- Sand-Steinkraut (Alyssum montanum ssp. gmelinii, Brassicaceae)
- Haar-Pfriemengras (Stipa capillata, Poaceae)
- Federgras (Stipa joannis, Poaceae)[1]
Die Fauna des Großen Sandes
Nachbildung des Großen Sandes
Im Botanischen Garten der Johannes Gutenberg-Universität wurde 1982 im Zuge von Erweiterungsmaßnahmen eine Nachbildung des Großen Sandes angelegt. Im 2006/2007 neugestalteten Botanischen Garten der Johannes Gutenberg-Universität Mainz wurde die Flora des Naturschutzgebietes Großer Sand wieder auf einer eigens eingerichteten Schaufläche nachgebildet.
Quelle
- ↑ Herbert Frankenhäuser: Mainz in der Eiszeit. In: Vierteljahreshefte für Kultur, Politik, Wirtschaft, Geschichte. Stadt Mainz, 1999, ISBN 3-8053-2000-0, S. 14.
Literatur
- Dieter Korneck, Peter Pretscher: Pflanzengesellschaften des Naturschutzgebietes „Mainzer Sand“ und Probleme ihrer Erhaltung. In: Natur und Landschaft. Nr. 7/8, 59, 1984. Verlag W. Kohlhammer, S. 307-315, ISSN 0028-0615.
- Claudia Heß: Habitatwahl und Artenzusammensetzung von Arthropodenpopulationen im urbanen Bereich am Beispiel des Rhein-Main-Ballungsraumes unter besonderer Berücksichtigung der Saltatoria. Dissertation am Fachbereich Biologie der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz 2001, PDF-Version.
- Friedrich Schaller: Zur Ökologie der Collembolen des Mainzer Sandes. Jena 1951.
Weblinks
50.0152777777788.2069444444444Koordinaten: 50° 0′ 55″ N, 8° 12′ 25″ O
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