- Grundtyp
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Mit Grundtyp werden innerhalb des Kreationismus und der Schöpfungswissenschaft ursprüngliche Lebensformen bezeichnet. Anhänger dieser Schöpfungsbiologie glauben, dass sie durch Gott geschaffen wurden und sich aus den Grundtypen jeweils eine Vielzahl von Teilpopulationen separiert und entwickelt haben. Diese Teilpopulationen würden in den biologischen Wissenschaften häufig als jeweils eigene Art abgebildet. In der Biologie findet das Konzept des Grundtyps wie auch der Terminus selbst keine Anwendung.
Inhaltsverzeichnis
Verwendung des Begriffs
Die Junge-Erde-Kreationisten benutzen ihn, um einerseits ihre Sichtweise einer Schöpfung gemäß Genesis, andererseits das Ereignis einer biblischen Flut zu stützen, während der die Nachfahren aller irdischen Landlebewesen auf der Arche Noahs untergebracht worden sein sollen. Während die Kreationisten sich größtenteils über ein gewisses Raster von Grundtypen einig sind und als Hauptbeispiel meist Mensch und Affe anführen, bestehen zu vielen Details und der genauen Definition des Begriffs Meinungsverschiedenheiten. Am verbreitetsten ist die Auffassung, dass sich die Zugehörigkeit zu einem Grundtyp hauptsächlich über Kreuzbarkeit charakterisieren lässt.
Die Schöpfungswissenschaft folgt der Idee, das Leben sei in Form einer endlichen Anzahl von getrennten Formen geschaffen worden. Bei den getrennten Formen soll es nachträglich zur Speziation und Mikroevolution gekommen sein, wodurch innerhalb der Grundtypen neue Arten entstanden sein sollen. Die Grundtypen sollen definitive Grenzen darstellen, die nicht von evolutionären Prozessen überbrückt werden können.
Da Grundtypen auf gemeinsame Abstammung verweisen sollen, bilden sie notwendigerweise eine Form von Stammbäumen. Baraminologie oder der Versuch, das Leben gemäß den Grundtypen einzuordnen, ist daher die kreationistische Entsprechung zur Kladistik.
Kritik
Die Idee der Grundtypen steht im Gegensatz zu dem in der Biologie gemeinhin vertretenen Kenntnisstand, alle Organismen seien gemeinsamer Abstammung (Evolutionstheorie). Die Evolutionstheorie verwirft die Idealisierung von Grundtypen. Die Schöpfungstheorie wird oft als Pseudowissenschaft bezeichnet. Dies wird damit begründet, dass die Fakten für die gemeinsame Abstammung und die Beziehungen zwischen den Lebensformen der Biosphäre einfacher durch die synthetische Evolutionstheorie nach Kriterien erklärt werden könnten.
Definition
Junker/Scherer führen an, dass je nach Artdefinition verschiedene Artgrenzen gezogen werden müssen. Sie verwenden deshalb als übergeordneten Begriff den Grundtyp, der genetische und morphologische Artbegriffe umfasst.
- Alle Individuen, die direkt oder indirekt durch Kreuzungen verbunden sind, werden zu einem Grundtyp gerechnet. (Scherer, Evolution, ein kritisches Lehrbuch, 2001).
Eine ältere Definition stammt von Moore.
- Eine Grundtyp ist eine ausgeprägte Gruppe von kreuzbaren, in einem bestimmten geographischen Gebiet vorkommenden Organismen, die genetisch isoliert ist von anderen erkennbar verschiedenen Organismen. ("A kind is a distinct group of interbreeding organisms found in a particular geographic area which are genetically isolated from other recognizably different organisms.", Moore, How to Teach Origins, 1983)
Damit sollen die Grundtypen über Merkmale erfasst werden, welche sich nach Auffassung der Vertreter nur durch Makroevolution herausgebildet haben können. Sie versuchen dann, den Begriff Makroevolution möglichst so zu definieren, dass er alle in überschaubaren Zeiträumen beobachtbaren Phänomene ausschließt, die im Widerspruch zur Evolutionstheorie stehen, was eine Widerlegung ihrer Behauptung praktisch unmöglich macht. Das ist der Grund dafür, dass das Konzept als pseudowissenschaftlich zurückgewiesen wird.
Ursprung des Begriffs
Das Konzept des Grundtyps hat seinen Ursprung in einer buchstäblichen Auslegung der Wörter "nach ihrer Art" in der Schöpfungsgeschichte (1. Mose 1), z. B. "Und Gott schuf die großen Seeungeheuer und alle sich regenden lebenden Wesen, von denen die Wasser wimmeln, nach ihrer Art, und alle geflügelten Vögel nach ihrer Art.". Dies wird so verstanden, dass Gott die Lebewesen in Form von voneinander getrennten Arten geschaffen habe.
In der Wissenschaft wurde durch den Naturforscher Georges Cuvier (Le règne animal distribué d'après son organisation, 1817) die Tierwelt nach ihrer Morphologie in vier grundlegende Baupläne eingeteilt (Wirbeltiere, Weichtiere, Strahlentiere, Gliedertiere). Eine Evolution zwischen den Bauplänen war seiner Ansicht nach unmöglich. Erst mit der Entwicklung der Evolutionstheorie wurden solche Vorstellung in den Naturwissenschaften verworfen.
Im Jahre 1941 schlug der US-amerikanische Kreationist Frank Lewis Marsh vor, dass sich dieser Artbegriff der Bibel in Form der Reproduzierbarkeit definieren ließe. Er meinte, dass zwei Lebewesen, die sich miteinander kreuzen lassen, zu derselben geschaffenen Art gehören. Er prägte hierfür aus den hebräischen Begriffen bara (erschaffen) und min (Art) das Kunstwort Baramin.
Beispiele
Kreationisten haben eine Reihe von Kandidaten für Grundtypen vorgeschlagen, für die einige Kreuzbarkeiten aus der Literatur belegt sind.
- der Mensch: Kreationisten weisen die Auffassung zurück, der Mensch und der Affe hätten einen gemeinsamen Vorfahren. Die Kreationistin Sigrid Hartwig-Scherer meint, dass Homo erectus, der Neandertaler und der moderne Mensch (Homo sapiens) zu demselben Grundtyp (Mensch) gehören, während die Australopithecinen zu einem anderen Grundtyp gehören und mit dem Menschen nicht verwandt seien.
- die Canidae (Hunde) — Ähnlich wie bei den Katzen wird von Kreationisten vermutet, dass sich all diese Arten auf einen gemeinsamen Urahnen zurückverfolgen lassen. Die Kreuzbarkeit ist z.B. nachgewiesen für Rotfuchs x Eisfuchs (Alopex), Rotfuchs x Graufuchs (Urocyon) sowie zwischen Haushund und Wolf.
- die Camelidae (Kamelartige)— Hier ist von den Kamelen und den Lamas bekannt, dass sie sich miteinander kreuzen lassen. Sie gelten in der Biologie als verschiedene Gattungen.
- Crocodilia (Krokodile) — einschließlich aller Arten der Alligatoren, Krokodile und Ghariale.
- Elefant: der Afrikanische (Loxodonta africana) und der Indische Elefant (Elephas maximus) sind miteinander kreuzbar, sie werden als zwei Arten derselben Familie (Elephantidae) geführt.
- Entenvögel (Anatidae) : 126 der 149 Arten der Anatidae sind direkt oder indirekt durch Kreuzungen verbunden.
- Weizenartige (Tribus Triticeae), über 300 Biospezies, viele hundert Art- und Gattungskreuzungen. Gut erforscht.
- Kernobstgewächse : 24 Gattungen mit über 200 Arten; die Bastarde sind vital. Gezielte systematische Kreuzungen wurden bisher noch nicht durchgeführt.
Ein Grundtyp umfasst also mehr als das populationsgenetische Artkonzept der Biologie. Die Biologie kennt verschiedene Artkonzepte. Das Kriterium beim Grundtyp ist, ob Nachkommen erzeugt werden können. Der Grundtyp befindet sich daher oft auf der Ebene der biologischen Familie. (Vgl. auch den gut verständlichen Artbegriff von Ernst Mayr).
Artbildung im Grundtypkonzept
Im Grundtypkonzept ist eine Aufspaltung eines Grundtyps in mehrere Arten/Rassen vorstellbar. (siehe Grafik) Separierte Teilpopulationen (Rn, R2, etc.) einer Art sind u.U. nur Träger einer Teilmenge (r1, r2, etc.) des Genpools und verlieren dabei einen Teil der ursprünglichen Variationsbreite des Grundtyps. u.U sind bestimmte Teilpopulationen nicht mehr direkt miteinander kreuzbar, ggf. bleiben dabei über andere Teilpopulationen Kreuzungsbrücken erhalten.
Im Rahmen von mikroevolutiven Prozessen kommt es dabei zur Selektion von Individuen, die ihren Umweltbedingungen spezifisch angepasst sind. Häufige Beispiele der Evolutionstheorie wie die Darwinfinken oder Anpassungen z.B. an spezielle Umweltsituationen (Gifte) auf Bergwerkshalden werden von Kreationisten nicht mit Höherentwicklung sondern mit Verarmung des Genpools erklärt. Hierbei wird davon ausgegangen, dass die spezifischen Merkmale schon vorher innerhalb der Variationsbreite des Grundtyps lagen, aber erst unter den spezifischen Umständen zutage treten. (z.B. werden alle Individuen, die bestimmte Umweltgifte nicht vertragen, in einer Population auf einer giftigen Abraumhalde aus dem Genpool entfernt).
Siehe auch: Radiation
Bedeutung
Das Grundtypenkonzept wird von Kreationisten zunehmend propagiert. Es hat auch für die kreationistische Sicht der Sintflut eine wichtige theologischen Komponente: es dient dazu, den häufigen Einwand zu entkräften, Noah hätte gar nicht Tiere von jeder Art mit in die Arche nehmen können. Kreationisten meinen, dass das Grundtypenkonzept den in der Arche benötigten Platz soweit reduziere, dass der zur Verfügung stehende Platz ausgereicht hätte. Da in die Arche von jeder "Art" (Grundtyp) nur eine begrenzte Zahl von Individuen mitgenommen wurden, bedeutete die Sintflut eine merkliche Beschränkung des Genpools. Vertreter dieses Konzepts sind der Auffassung, dies korrespondiere mit dem Fossilbefund, der ihrer Meinung nach für die Zeit vor der Sintflut eine großere Variabilität zeige als sie heute beobachtet wird. Daneben dienten die historisch verschiedenen Definitionen der Grundtypen als Argumentationshilfe gegen die Evolutionstheorie, da nach Meinung der Kreationsten die Grundtypen unüberwindlich Schranken für die Evolution darstellen würden.
Vertreter
Deutschsprachige Vertreter des Grundtypkonzepts sind Reinhard Junker und Siegfried Scherer von der Studiengemeinschaft Wort und Wissen.
Literatur
- Siegfried Scherer (Hrsg.): Typen des Lebens, Pascal Verlag: Berlin, 1993, 257 Seiten
- Reinhard Junker, Siegfried Scherer: Evolution – Ein kritisches Lehrbuch (62006), Gießen, ISBN 3-921046-10-6
- James S. Monroe: Basic Created Kinds and the Fossil Record of Perissodactyls. Creation/Evolution 5:2 (National Center for Science Education, 1985).
- Reinhard Junker: Grundtypen und Polyvalenz. Wissenschaft im Rahmen des Schöpfungsparadigmas (13. September 2005).
- Martin Neukamm: Die kreationistische Grundtypenbiologie in der Kritik. Skeptiker 18:4 (2005), 144–150.
- Reinhard Junker: Die Grundtypenbiologie in der Kritik genesisnet (14. März 2006)
- Martin Neukamm: Erweiterte Kritik an der Grundtypenbiologie. Eine Replik (11. Mai 2006)
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