Gyrofahrzeug

Gyrofahrzeug
Ein Gyrobus von 1955, das einzig erhaltene Fahrzeug seiner Art
Der Gyrobus von hinten
Die Inneneinrichtung, in der Mitte das Schwungrad
Das Schwungrad im Detail
Der Motor

Ein Gyrobus ist ein Omnibus mit einem Elektroantrieb, seine Energie erhält er von einem mitgeführten Schwungrad. Der Wortteil Gyro kommt vom griechisch γύρος für Kreisel, Runde. Insgesamt wurden jedoch nur 19 Fahrzeuge gebaut, das Prinzip bewährte sich nicht.

Inhaltsverzeichnis

Prinzip

Vor Betriebsbeginn, an bestimmten Zwischenhaltestellen und vor allem während des längeren Aufenthalts an den Endstationen wird eine Verbindung mit dem Stromnetz hergestellt. Dabei wird dem Fahrzeug Dreiphasenwechselstrom mit einer Spannung von 500 Volt zugeführt mit dessen Hilfe das Schwungrad beschleunigt wird. Auch die Bremsenergie kann wie bei Hybridfahrzeugen wieder zurückgewonnen und auf das Schwungrad übertragen werden. Ein besetzter Gyrobus konnte mit einem Ladevorgang sechs Kilometer zurücklegen, in der Regel wurde jedoch alle vier Kilometer eine Ladestation eingerichtet.

Vorteile

Der Gyrobus ist im Vergleich mit Dieselfahrzeugen leiser und erzeugt keine Abgase entlang der Fahrstrecke. Im Gegensatz zu Oberleitungsbussen benötigt er keine Fahrleitung. Damit kann er flexibel auf wechselnden Strecken eingesetzt werden. Für die Betreiber entfallen Investitionskosten für den Leitungsbau, das Stadtbild bleibt durch den Verzicht auf Oberleitungen erhalten.

Nachteile

Ein Nachteil ist das Gewicht. Ein Gyrobus für ca. 20 Personen und einen Aktionsradius von 20 km benötigt etwa 1,5 t Schwungradmasse, um etwa 9,15 kWh zu speichern. Außerdem erfordert die rotierende Scheibe besondere Sicherheitsmaßnahmen. So beträgt die Umfangsgeschwindigkeit einer Scheibe mit 1,6 m Durchmesser bei 3000 Umdrehungen pro Minute etwa 900 km/h. Zusätzlich muss das Schwungradgehäuse evakuiert werden, um die Luftreibung und den damit einhergehenden Energieverlust zu verringern. Diese Maßnahmen erhöhen das Gesamtgewicht um etwa 3 Tonnen gegenüber einem vergleichbaren Dieselfahrzeug.

Ein weiterer Nachteil ist das Fahrverhalten eines Gyrofahrzeugs. Das waagrecht rotierende Schwungrad führt besonders bei starken Änderungen der Steigung/des Gefälles der Straße zu Kippkräften auf das Fahrzeug.

Praktischer Einsatz

In der Schweiz wurden Gyrobusse zwischen Oktober 1953 und Oktober 1960 zwischen den Städten Yverdon-les-Bains und Grandson auf einer 4,5 km langen Strecke im Stundentakt eingesetzt, in den Hauptverkehrszeiten verkehrten sie im Halbstundentakt. Außerdem wurden die bei der Schweizer Firma Oerlikon hergestellten Fahrzeuge auch in Gent (Belgien) sowie in Leopoldville (damals Belgisch Kongo) benutzt.

Für die Anwohner waren die Versuche positiv, ihnen blieben Abgase und der Anblick von Oberleitungen erspart. Allerdings endete die Forschung vorzeitig durch die fortschreitende Motorisierung und dem Wunsch der Betreiber nach höherer Flexibilität.

Gyrolokomotive

1954 baute MFO in der gleichen Technologie eine Gyrolokomotive für eine lothringische Eisenerzmine (Mines de St-Pierremont). Die Lok bewährte sich dort nicht und kam danach ins Gonzenbergwerk nach Sargans, wo sie noch heute gelegentlich Besucherzüge ins 1966 stillgelegte Bergwerk zieht.

Weblinks


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