Güterfernverkehr

Güterfernverkehr

Fernverkehr ist eine geläufige Bezeichnung für die Bewegung von Personen und Güter mit Straßen- oder Schienenfahrzeugen als realisierte Ortsveränderung über weite Entfernungen. Der Begriff stammt aus einer Zeit weitgehender Reglementierung des gewerblichen Verkehrs, die im Zuge der Liberalisierung des Verkehrsmarkts jedoch weitgehend aufgegeben wurde. Der Begriff hat sich vor allem in der Umgangssprache erhalten. Im öffentlichen Personenverkehr hat der Fernverkehr eine indirekte Bedeutung dadurch, dass hier der öffentliche Personennahverkehr besonders reglementiert ist.

Inhaltsverzeichnis

Güterfernverkehr in Deutschland

In Deutschland gab es seit der Überland-Verordnung[1] vom 6. Oktober 1931 eine strenge Reglementierung des gewerblichen Güterkraftverkehrs. Durch Einführung eines Konzessionszwangs, durch Kontingentierung und durch Preisvorschriften Reichskraftwagentarif (RKT) sollte der Wettbewerb zwischen dem Straßen- und Schienenverkehr geordnet werden. Später standen kriegswirtschaftliche Gründe im Vordergrund[2].

Nach dem Krieg wurde der Begriff Fernverkehr im deutschen Güterkraftverkehrsgesetz definiert für Transporte außerhalb der Nahzone von 50 Kilometer. Der Güterfernverkehr unterlag einer Kontingentierung und einer Konzessionspflicht und war damit bis zur Beginn der Liberalisierung des Güterverkehrs im Jahr 1993 einer relativ strengen Überwachung unterworfen.

Fahrtenbuch Güterfernverkehr
Fahrtenbuch Innenseite
Rote Genehmigung für den Güterfernverkehr

Im Bereich bis von 50 bis 150 km war die Kontingentierung im „Bezirksfernverkehr“ wesentlich strenger und Fernfahrer nannten ihn den „Blauen Strich“, der ab dem angemeldeten Standort des LKW eingesetzt werden musste. Jeder Polizist konnte den Unterschied schon an der Farbe der Konzession (Genehmigung) erkennen, die in das dazugehörende rote Fahrtenbuch eingelegt wurde. Einige Transportunternehmer hatten das Fahrtenbuch mit blauer Schutzhülle eingeschlagen. In diesen Fahrtenbuch mussten alle Touren inkl. LKW Nummernschild, der Ware, Gewicht und Datum eingetragen werden, genauso wie diese auch im Frachtbrief enthalten waren. Die Eintragungen mussten zusätzlich zur Tachoscheibe getätigt werden, da beides auf unterschiedlichen rechtlichen Grundlagen beruhte und hierfür unterschiedliche Behörden zuständig waren. Genauso verhielt es sich mit dem sogenannten „Roten Strich“, der ab dem LKW-Standort oder über 50 - bzw. ab 150 km vom Transportunternehmer als Konzession benutzt werden musste. Im Fahrtenbuch war ein Pauschpapier eingelegt und die weißen Original beschriebenen Blätter mussten jeden Monat heraus getrennt werden, wo der Transportunternehmer inkl. der Frachtbriefe, dann der BAG Köln zum Überprüfen übersenden musste.

  • Im Güternahverkehr war kein Fahrtenbuch vorgeschrieben.
  • Im Bezirksfernverkehr gab es das Fahrtenbuch, wo die blaue Konzession hinein gelegt wurde.
  • Im Fernverkehr war das Fahrtenbuch rot und dort wurde im Güterfernverkehr rote Fernverkehrs-Konzession hinein gelegt.
  • Im Möbelfernverkehr musste eine gelbe Konzessionsurkunde benutzt werden.

Im gewerblichen allgemeinen Güterfernverkehr musste bis Ende 1972 außerdem an der Außenseite des Fahrzeugs ein weißes Schild mit einem diagonalen blauen, roten bzw. gelben Strich angebracht werden. Es gab grenzüberschreitenden Güterfernverkehr die Rosa und später noch zusätzlich die Neu Rosa Genehmigung in der BRD.

Die Konzessionen konnten aus den Fahrtenbüchern entfernt und in neue eingelegt werden, da die Konzessionen zumeist noch gültig waren, wenn das Fahrtenbuch bereits gefüllt war.

Nicht konzessionspflichtig (und damit auch nicht fahrtenbuchpflichtig) waren Leer- und Überführungsfahrten, sowie Fahrten im hoheitlichen Auftrag und Fahrten in eigener Sache (dem sogenannten Werkverkehr).

Das führte dazu, dass weder die Konzession noch das Fahrtenbuch fahrzeuggebunden ausgestellt waren. Resultat war, dass jeder Spediteur mehr LKW als Lizenzen besaß und dass es auch zur Arbeit der Disponenten gehörte, dafür zu sorgen, dass der LKW eine Konzession und ein Fahrtenbuch mitführte.

Durch eine geschickte Standortwahl konnte auch ohne die so genannte große Konzession (Fernverkehrskonzession) grenzüberschreitender Fernverkehr betrieben werden, wenn der Standort höchstens 50 KM von der Landesgrenze entfernt war und damit bis zur Landesgrenze rechtlich inländischer Nahverkehr durchgeführt wurde. Auch durch eine Verbindung von Straßen- und Schienenverkehr (so genannte Rollende Landstraße) wurde versucht, die strenge Regelementierung legal zu umgehen.

Öffentlicher Personenverkehr in Deutschland

Im deutschen Personenverkehr ist zwar nicht der Fernverkehr, wohl aber der öffentliche Personennahverkehr Gegenstand gesetzlicher Regeln zur Gewährleistung eines ausreichenden Angebots in diesem Bereich. Personennahverkehr ist danach allgemein zugänglicher Linienverkehr für die Beförderung von Personen, der überwiegend dazu bestimmt ist, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen (§ 8 Personenbeförderungsgesetz). Der Fernverkehr hat hier gewissermaßen nur eine negative Relevanz, indem er aus der besonderen Reglementierung des Personennahverkehrs ausgenommen ist. Indirekte Folge ist, dass in Deutschland beim Personenfernverkehr nur eigenwirtschaftlich betriebener Verkehr genehmigt wird. Weitere Folge ist, dass es eine Monopolstellung der Bahn gibt und ein Bus-Fernlinienangebot zwischen bundesdeutschen Städten und Regionen fehlt.

Die Deutsche Bahn hat bei ihrer Konzernstruktur der Reglementierung des Personennahverkehrs Rechnung getragen, indem sie für den Schienenpersonenfernverkehr die eigenständige DB Fernverkehr gegründet hat.

Eine ausdrückliche Unterscheidung zwischen Nahverkehr (bis 50 KM) und Fernverkehr wird bei den Regeln für die Gewährung von Nachteilsausgleichen für schwerbehinderte Menschen mit einer außergewöhnlichen Gehbehinderung im öffentlichen Personenverkehr in § 147 SGB IX vorgenommen.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. „Dritte Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung der Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen“ - Kapitel V: „Überlandverkehr mit Kraftfahrzeugen“ vom 6. Oktober 1931 (40 Jahre Verkehrspolitik - BMV, Seite 4)
  2. Jochum, Heike; Verwaltungsverfahrensrecht und Verwaltungsprozeßrecht, Die normative Konnexität von Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozeßrecht und die Steuerungsleistung des materiellen Verwaltungsrechts, Tübingen 2004, ISBN 978-3-16-148540-4, Seite 422

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