Hackberg

Hackberg
Hauberg bei Netphen
Holzstapel bei Salchendorf

Der Hauberg (auch Hackberg) ist eine für das Siegerland und für das benachbarte Dill-, Roßbach- und Dietzhölztal im Lahn-Dill-Bergland typische Form der genossenschaftlichen Waldbewirtschaftung. Sie diente der Gewinnung von Gerblohe, Holzkohle für die regional bedeutsame Eisenerzverarbeitung und von Brennholz. Zusätzlich zur forstwirtschaftlichen Nutzung fand aber auch eine landwirtschaftliche Nutzung statt. Typisch war der Anbau von Roggen und Buchweizen im Jahr nach der Holzernte sowie die spätere gemeinschaftliche Beweidung (Allmende).

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Der Hauberg ist ein Eichen-Birken-Niederwald, in dem vereinzelt auch andere Baumarten eingestreut sind. Mit einer Umtriebszeit von 16 bis 20 Jahren wird der Hauberg durch Kahlschlag derart „auf den Stock gesetzt“, dass die Bäume wieder ausschlagen und der Zyklus erneut beginnt. Im Jahr nach dem Kahlschlag wurde die Fläche auch zur Aussaat von Getreide genutzt. In Jahren reicher Eichelmast wurden die Schweine im Hauberg gehütet. Mit dem Rückgang der Nachfrage nach Gerblohe und Holzkohle hat die Bewirtschaftungsform ihre Bedeutung verloren. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden deshalb umfangreiche Flächen in Hochwaldnutzung überführt. Die noch verbliebenen Niederwaldbestände dienen fast ausschließlich der Brennholz- und Industrieholzgewinnung.

Genossenschaftliche Struktur

Die Hauberggenossenschaft ist eine Spezialform einer Genossenschaft, bei der die Genossenschaftsmitglieder gemeinsam die forstwirtschaftliche Nutzung eines bewaldeten Gebietes übernehmen. Die Hauberge sind ungeteiltes und unteilbares (ideelles) Gesamteigentum der Genossenschaft, die Anteile an der Genossenschaft können vererbt und verkauft werden. Die Hauberggenossenschaft wird als Körperschaft des öffentlichen Rechts angesehen und kann unter ihrem Namen Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen oder verklagt werden.

Die Hauberggenossenschaft unterliegt dem Haubergsrecht und einer von der Aufsichtsbehörde genehmigten Haubergsordnung. Die Haubergsordnungen können in ihren Regelungen zur Bewirtschaftung sowie zu den Aufgaben und Befugnissen der Genossenschaftsorgane regional verschieden sein.

Ein gewählter Vorstand führt die laufenden Geschäfte. Zu den Aufgaben des Vorstandes gehört vor allem die Organisation der Nutzung. Diese erfolgt jährlich. Dazu werden die schlagreifen Flächen ausgewiesen, in Lose unterteilt, mit einfachen Mitteln örtlich vermessen und markiert. Die Lose werden den Genossen zur Bewirtschaftung zugeteilt, wobei als Verteilerschlüssel für die Anzahl der Lose die Anteilsgröße am Gesamteigentum herangezogen wurde. Über die Zuordnung des konkreten Loses in der Örtlichkeit wird gesondert, z. B. durch ein Losverfahren entschieden.

Wegen des zurückgegangenen Interesses der Anteilseigner an der Haubergsarbeit wird heute die Holzwerbung vom Haubergsvorstand häufig an einen Unternehmer vergeben.

Geschichte und wirtschaftliche Bedeutung

Früher wurde das Holz größtenteils in Kohlenmeilern zu Holzkohle zur Verhüttung verarbeitet

Alte Meilerplätze aus vorchristlicher Zeit sind in den Haubergsgegenden häufig nachgewiesen. Die Rennöfen benötigten große Mengen an Holzkohle für die Eisenverhüttung. Im 15. Jahrhundert waren die Wälder dadurch derart ausgebeutet, dass es schließlich im 16. Jahrhundert zu einer hoheitlichen Regelung der Waldnutzung kam. Die Grafen zu Nassau (1562) und zu Sayn (1565) erließen eine Waldordnung, in der neben der Ordnung der allgemeinen Nutzung auch für Nachhaltigkeit gesorgt wurde. Seitdem wurde die Niederwaldwirtschaft hoheitlich durch Haubergsordnungen geregelt. Die heutigen Haubergsordnungen basieren noch auf den letzten preußischen Verordnungen. So die Haubergsordnung für den Kreis Altenkirchen, verordnet am 9. April 1890 durch „…Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen etc. …“.

Der Hackbau mit Roggen und Buchweizen hat die Holznutzung von den Anfängen an begleitet. Die Niederwaldwirtschaft ist in kleinen Flächen nicht zu betreiben. Die genossenschaftliche Nutzung war daher eine notwendige Konsequenz dieser Wirtschaftsform.

Mitte des 19. Jahrhunderts wurden aus einem Hektar Hauberg durch Lohe, Holzwerbung, Schanzen, Roggen, Roggenstroh und Hutung über eine Umtriebszeit von 18 Jahren etwa 830 Mark erwirtschaftet. Dafür fielen Arbeit und Kosten im Wert von 340 Mark an. Der Gewinn pro Jahr und Hektar betrug somit gut 27 Mark. Bei einem Wert von 3 Mark pro Tagewerk entsprach dieser Gewinn dem Wert von 9 Tagewerken. Das war fast der halbe Monatslohn eines Lehrers, aber mit nur 6 Tagwerken Arbeitseinsatz erreicht. Der Hauberg trug daher erheblich zum bäuerlichen Einkommen bei.

Die Gerblohe brachte die Hälfte des Gewinnes, das Holz ein weiteres Viertel. Brotgetreide musste wegen der kargen Böden in vielen Lagen des Siegerlandes und Westerwaldes eingeführt werden. Deshalb war der Beitrag des Haubergs zur Roggenproduktion bedeutend.

Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Eisenbahn Siegen – Köln gebaut. Damit konnte preiswert Kohle vom Ruhrgebiet ins Siegerland gebracht werden. Der Bedarf an Holzkohle ging zurück. Wenig später wurde auch die heimische Gerblohe durch Importe und anschließend durch chemische Produkte ersetzt.

Die wirtschaftliche Lage während der Kriegszeiten gab dem Hauberg in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nochmals wirtschaftliche Bedeutung.

Danach wurde jedoch die bereits Ende des 19. Jahrhunderts begonnene Überführung in Hochwald intensiviert.

Bei den verbliebenen Niederwaldflächen ist die Holzwerbung die einzig verbliebene Nutzungsform. Mit steigenden Brennstoffkosten gewinnt der Niederwald wieder an Bedeutung. Dennoch decken die Einnahmen aus Holzverkauf und Jagdpacht kaum die Kosten der Holzwerbung, des Wegebaues und der Beförsterung.

Haubergseinteilung

Als Beispiel für die Haubergswirtschaft dient der Ort Weidelbach. Er liegt im oberen Roßbachtal (Lahn-Dill-Kreis) in der Nähe der Grenze zum Siegerland.

Beginn einer Haubergssaison ist im Herbst, in der ersten Oktoberwoche, wenn eine Gruppe aus mindestens 4 Personen in den Wald geht, der auf Stock gesetzt werden soll. Dies ist das Stück, das vor ungefähr 20 Jahren das letzte mal auf Stock gesetzt wurde. Somit sind die Wälder, die der Haubergsgenossenschaft gehören, in 20 Teile geteilt. Die Gruppe teilt das Waldstück in bis zu 300 einzelne Teile und nummeriert diese durch. Dies kann bis zu einer Woche dauern. Wenn dies geschehen ist, teilt der Haubergsvorsteher die Genossen in 10 Gruppen (Joh genannt - hochdeutsch: Jahn) ein, wobei jeder Joh gleich groß ist. Dieser Joh hat einen Johmann, der den größten Haubergsanteil im Joh besitzt. Alle Johmänner gehen am 2. Freitag im Oktober zum Haubergsvorsteher, bei dem per Los entschieden wird, welche Nummerngruppe der Joh bekommt. Jeder Joh bekommt zwei Nummerngruppen, da das Haubergsstück in zwei oder mehr Teile geteilt ist. Nachdem entschieden wurde, welcher Joh welche Zahlen bekommt, geht der Johmann in seinen Joh, welcher sich traditionell beim Johmann im Haus versammelt. Dort werden die Nummern per Los einzelnen Personen oder Personengruppen zugeordnet, wobei eine Nummer immer einer bestimmten Anzahl Gulden (Haubergsanteile) zugeordnet ist. Die Gruppen werden so lange geändert, bis alle mit der Anzahl an Nummern zufrieden sind. Nun wird das Los gezogen und die Personen oder Gruppen bekommen ihr Waldstück zugewiesen. Am nächsten Morgen geht der ganze Joh in den Hauberg, um die Waldstücke zu markieren, die jeder einzelne erhält. Es wird nach der Nummer gesucht, die man zugelost bekam. Wenn eine Gruppe aus Personen einem jeden sein Waldstück zuteilt, geschieht das nach der Größe des Waldstücks, das die Gruppe bekommt. Das meiste wurde am Vorabend aber bereits per Los entschieden. Wenn dies alles geschehen ist, kann der Genosse beginnen, ein Waldstück zu bearbeiten.

Werkzeuge in der Haubergswirtschaft

  • Knipp
  • Lohlöffel
  • Häbe, örtlich auch als Hippe bezeichnet, eine Kultursichel

Verwandte Themen

Literatur

Grundlegende Gesamtdarstellungen

  • Hans Hausrath: Geschichte des deutschen Waldbaus. Von seinen Anfängen bis 1850. Schriftenreihe des Instituts für Forstpolitik und Raumordnung der Universität Freiburg. Hochschulverlag, Freiburg im Breisgau 1982, ISBN 3-8107-6803-0
  • Richard B. Hilf: Der Wald. Wald und Weidwerk in Geschichte und Gegenwart - Erster Teil [Reprint]. Aula, Wiebelsheim 2003, ISBN 3-494-01331-4

Einzeldarstellungen

  • Konrad Fuchs: Geschichte der Verbandsgemeinde Gebhardshain 1815-1970., Mainz 1982, ISBN 3-87439-082-9
  • Rolf Lerner: Haubergsgenossenschaften im Kreis Altenkirchen., Verlag Mühlsteyn, Elben-Weiselstein 1993
  • Manfred Kohl: Die Dynamik der Kulturlandschaft im oberen Lahn-Dillkreis - Wandlungen von Haubergswirtschaft und Ackerbau zu neuen Formen der Landnutzung in der modernen Regionalentwicklung. Gießener Geographische Schriften, Heft 45. 176 S.(und Kartenmaterial), Gießen 1978
  • Alfred Becker (Red.): Bilder aus dem Hauberg. Naturschutz außerhalb von Schutzgebieten. Schriftenreihe der Landesforstverwaltung Nordrhein-Westfalen, Heft 1. 3., unveränderte Auflage. Forstliche Dokumentationsstelle der Landesforstverwaltung NRW, Arnsberg 2003, 48 S., ISBN 3-9809057-5-6
  • Frank Schüssler: Die Haubergswirtschaft: Potenziale und Risiken eines traditionellen forstlichen Betriebssystems. In: Geographische Rundschau 01/2008.

Steuerliche Aspekte

  • Suchanek in Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zur EStG und KStG, § 3 KStG, Anmerkung 35ff.

Weblinks


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