Hausnummerierung

Hausnummerierung
Blaues Emailleschild
Ziffern aus Eisen

Eine Hausnummer ist die Bezeichnung, die ein bestimmtes Gebäude in einer Straße oder einem Ort eindeutig identifiziert. Sie dient der Referenzierung. In Deutschland, Österreich und in der Schweiz werden die Hausnummern amtlich vergeben.

Häufig wird die Hausnummer nur auf einfachen einheitlichen Emailleschildern an der Hauswand oder am Gartenzaun angegeben. Regional findet man auch die Hausnummern auf Fliesen in der Wand eingelassen oder anders künstlerisch aus Schmiedeeisen dargestellt. Örtlich sind oft standardisierte Schilder vorgeschrieben (dann sind Zierschilder nur zusätzlich erlaubt), regional auch mit Zusatz des jeweiligen Straßennnamens. Der Gebrauch von beleuchteten Hausnummern ist verbreitet, teils auch vorgeschrieben.

Inhaltsverzeichnis

Nummerierungssysteme

Aktuell

Die Vergabe der Hausnummern erfolgt regional unterschiedlich.

In Europa werden die Hausnummern meist nach der Lage in der Straße vergeben, wobei die rechte Straßenseite die geraden und die linke Straßenseite die ungeraden Nummern erhält (so genannte „wechselseitige Nummerierung“ oder „Zickzackprinzip“). Rechts und links wird dabei bei radialen Straßen vom Ortskern gesehen, bei tangentialen Straßen im Uhrzeigersinn definiert. Man bezeichnet sie auch als Orientierungsnummer. Verläuft eine deutsche Straße vom Stadtkern in Richtung stadtauswärts, so ist die kleinste Nummer eines Hauses im Stadtkern, die größte am Ende der Straße.
Durch die unterschiedliche Größe der einzelnen Grundstücke kommt es oft vor, dass jeweils numerisch nebeneinander liegende Nummern in der Realität nicht gegenüber liegen. Dieses kann jedoch dadurch vermieden werden, dass bei der Festsetzung von Hausnummern Nummernbereiche ausgelassen werden. Für dieses Auslassen von Hausnummern hat sich im Kanton Zürich das folgendes System bewährt: Man denkt sich in der Straßenmitte alle fünf Meter eine Hausnummer, pro Kilometer Straßenlänge also 200 Hausnummern. Der Eingang eines Hauses bekommt die nächstliegende dieser Nummern. Auch werden durch Straßenverbreiterungen an Kreuzungen oft einzelne Hausnummern geschluckt, wenn die Grundstücke dem Straßenland zugeschlagen wurden. Ausnahmen davon finden sich z. B. in Berlin (bei historischen Straßen bis zum Jahr 1929), Hamburg (in bestimmten Ortsteilen), Braunschweig und Sachsen-Anhalt oder Mecklenburg-Vorpommern, wo in einer Straße auf einer Seite alle Häuser fortlaufend von 1 an nummeriert sind, und auf der gegenüberliegenden Seite diese Zählung in entgegengesetzter Richtung fortgesetzt wird (Hufeisennummerierung, „Bumerangsystem“ bzw. fortlaufende Nummerierung), wobei wider Erwarten jedoch einige tangentiale Straßen dennoch ausgenommen sein können (nicht müssen) und nach dem eingangs genannten wechselseitigen System nummeriert werden. Meist liegt die Ursache darin begründet, dass es zu einem Stichtag einen Wechsel der historischen Nummerierung in Preußen zur moderneren Nummerierungssystematik gegeben hat.
Verwirrend kann es auch werden, wenn ein Straßenzug die Grenze zwischen zwei Ortschaften ist und dabei ein und dieselbe Straße auf der linken Seite anders heißt als auf der rechten Seite und damit auch eine separate Nummerierung aufweist.

Im ländlichen Raum finden sich verbreitet Streusiedlungen, die keinerlei geordnete Straßenstruktur, und damit fortlaufendene Nummerierung vorweisen, sondern noch die historischen Grundbuchseinlagezahlen (Konskriptionsnummern, eine Nummerung, die nicht primär geographisch, sondern zeitlich fortlaufend mit Erfassung/Bau des Hauses vergeben wurde) tragen. Hierbei ist die Hausnummer kein Zusatz zur Straße (da es verbreitet auch keine Straßennamen gibt), sondern zum Ortsteil oder Weiler (Beispiel: A-1111 Musterdorf, Einöd 7)

In Tschechien sind die im Habsburgerreich eingeführten Konskriptionsnummern als alleinige Hausnummern nach wie vor Standard. In Prag und allen größeren Städten werden teilweise zusätzlich Orientierungsnummern verwendet. Die Konskriptionsnummern sind immer auf roten Schildern vermerkt, die Orientierungsnummern auf blauen.

Für Postadressen in Japan werden ebenfalls die Konskriptionsnummern als Hausnummer vergeben.

In den USA, Kanada, Australien oder Neuseeland ist es üblich, anstatt fortlaufend zu nummerieren, die Nummern nach der Entfernung vom Straßenanfang zu bezeichnen. Dabei wird beispielsweise der Wert in Fuß oder Meter (20-m-Abschnitte) übernommen. In Städten beginnt häufig an jeder Querstraße ein neuer 100er-Abschnitt.

Historisch

Wien-Landstraße, Haus Ungargasse 27: „Conscriptions-Nr. 1674, früher 375 Landstraße“

Bevor die Häuser mit Nummern versehen wurden, gab es zur Unterscheidung individuelle Hauszeichen und Häusernamen. Die Häuser in den Städten waren meist anhand von bemalten Schildern zu erkennen, z. B. „Zum roten Adler“, „Zum Elefanten“. In den Dörfern gab es Hofnamen, die nicht mit dem Familiennamen des Hofinhabers übereinstimmen.

Die Diskussion um die Einführung von Hausnummern beginnt in Wien 1753 und wurde mit einer Volkszählung unter dem Stichwort Seelenkonskription 1769 auf die ganze österreichisch-ungarischen Monarchie übertragen. Unter anderem wies die Kaiserin Maria Theresia 1770 den Wiener Bürgermeister an, die Nummern an den Häusern bey Strafe von 9 Gulden kenntlich zu machen. Die Nummern wurden direkt mit schwarzer oder roter Farbe auf die Hauswände gemalt.

Durch das System der Konskriptionsnummern wurden aber nicht nur die Volkszählungen erleichtert, sondern vor allem die Aushebung von Rekruten. Bei den Volkszählungen wurden die Frauen nur gezählt, die Männer aber namentlich erfasst. Bei den Männern wurde auch registriert, wie groß sie waren und ob sie körperlich für den Militärdienst geeignet oder untauglich waren.

In Wien wurde das System von der Konskriptions- auf die Orientierungnummerierung 1862 umgestellt. Allerdings wurden die alten Nummern weiter im Grundbuch als Einlagezahlen verwendet. Das neue System mit der Trennung in gerade und ungerade Hausnummern wurde von Michael Winkler erstellt und ist heute noch als Winklersches System der Hausnummern bekannt.

In der Monarchie gab die Besonderheit, dass alle Straßen, die von außen ins Zentrum führen, rechteckige Nummern- und Straßenbezeichnungstafeln hatten, während alle anderen mit ovalen Tafeln versehen waren. Als Beispiele seien angeführt:

Die Elisabethstraße und die Klosterwiesgasse führen Richtung Zentrum Graz, die Merangasse und die Jungferngasse führen nicht ins Zentrum. Manche Hausbesitzer haben die ursprünglich grauen Tafeln (Klosterwiesgasse) gefärbelt, so dass nicht immer der Originalfarbton zu sehen ist.
Straßenschild in Mannheim.

Hufeisennummerierung: Im ehemaligen Preußen wurde – in Teilen bis heute beibehalten ohne auf neue Nummerierungssysteme umzunummerieren – zum Teil davon abweichend nummeriert. Beispielsweise wurde in Berlin bis 1929 von der Stadt- oder Ortsteilmitte ausgehend (definiert durch das Stadtschloss) mit 1 beginnend auf der rechten Seite einer Straße bis zum letzten Haus dieser Straßenseite ohne Unterbrechung durchnummeriert. Die nächste Nummer befindet sich dann auf der linken Seite am letzten Haus im Ort oder am Straßenende und kehrt auf der anderen Straßenseite faktisch zurück. Diese Nummernvergabe wurde sowohl bei Radialstraßen als auch bei Tangentialstraßen verwendet. Seit Inkrafttreten der „Grundsätze für die Nummerierung der Grundstücke vom 15. Januar 1929“ ist in Berlin bei allen neu zu nummerierenden Straßen das System der wechselseitigen Nummerierung zu verwenden. Auch in der Braunschweiger Kernstadt findet man diese Art der Nummerierung, allerdings wird dort auf der linken Seite zu zählen begonnen. In neueren Baugebieten Braunschweigs, z. B. in Teilen der Weststadt und des Kanzlerfelds, wird hingegen gerade und ungerade nummeriert.

In den Mannheimer Quadraten erfolgt die Nummerierung fortlaufend um die Quadrate herum.

Zur napoleonischen Zeit wurden auch alle Häuser einer Stadt der Reihe nach durchnummeriert, unabhängig von ihrer Straße. Diesen Fall findet man in Deutschland heute noch in manchen kleinen Orten.

In Venedig sind sämtliche Häuser eines Viertels nach Entstehungsalter durchnummeriert. Eine Adresse kann dann z. B. Cannareggio 2341 lauten. Zum Auffinden eines Hauses ist somit ein weiteres Verzeichnis notwendig, aufgrund dessen man die Liegenschaft einer Straße oder einem Kanal zuordnen kann. Die entsprechenden Verzeichnisse sind bei den Poststellen oder den Zeitungskiosken einsehbar.

Hausnummernergänzungen

In vielen Fällen gehört zu einer Hausnummer noch ein Groß- oder Kleinbuchstabe als Zusatz. Ein Großbuchstabe wird verwendet, wenn nach einer Grundstücksteilung ein neues Haus zwischen zwei aneinander anschließenden Nummern errichtet wird. Sofern auf einem Grundstück ein weiteres, vom Hauptgebäude unabhängiges Haus errichtet wird, erfolgt die Kennzeichnung mit einem Kleinbuchstaben. Beispiel: Zwischen der Hausnummer 3 und der Hausnummer 5 gibt es keine freie ungerade Zahl. Deshalb bekommt das neue Haus – nach Grundstücksteilung – die Nummer 3 A, bei Errichtung eines weiteren Gebäudes auf demselben Grundstück lautet die Bezeichnung 3 a. Früher wurde statt eines Buchstabens auch eine Bruchzahl verwendet. Statt 3 a vergab man die Nummer 3 1/2. Noch heute haben z. B. die Stadt Bad Tölz, die Gemeinde Kirchanschöring, sowie alle Ortsteile der Gemeinde Jachenau (Ausnahme der Ortsteil Setzplatz) (alle drei im Regierungsbezirk Oberbayern) Bruchteilhausnummern, in letzterer werden sogar Bruchzahl und Buchstabe kombiniert (z. B. 7 1/4 a). In Augsburg werden sogar beide Hausnummernsysteme gleichzeitig verwendet. In der Schertlinstraße existiert sowohl die Hausnummer 12 1/2 als auch die Hausnummer 12a.

Ebenso kann es bei Grundstückszusammenlegungen zu Zusammenfassungen der Hausnummern kommen. Diese werden dann durch einen Bindestrich zusammengesetzt (z. B. Mariahilfer Straße  38–48).

Bisweilen werden durch Grundstücksteilungen entstehende Grundstücke mit nachgestellten Zahlen versehen. Beispiel: Stockerholzstraße 8 und Stockerholzstraße 8/1.

Bei Wohnanlagen oder größeren Gebäuden können noch Zusätze wie Aufgangnummer (Treppenhausnummer, Stiegennummer) für das Treppenhaus oder Türnummer (für die Wohnung) dazukommen, die dann durch einen Schrägstrich getrennt sind, um die Adresse noch detaillierter anzugeben.

Verwendung der Hausnummer in Adressangaben

Hausnummern werden je nach verwendeter Sprache vor oder nach dem Straßennamen genannt; ferner werden sie unabhängig davon in manchen Orthographien mit einem Komma abgetrennt.

Allgemein gelten dabei folgende Faustregeln:

  • Englisch und Französisch: Nummer vor dem Straßennamen, andere europäische Sprachen (z. B. Deutsch, Spanisch, Italienisch): dahinter
  • Romanische Sprachen: Mit Komma abgetrennt, andere europäische Sprachen (z. B. Deutsch, Englisch, Polnisch, Griechisch): ohne.

Originell ist die Lösung zweisprachiger Umgebungen wie z. B. Brüssel, in denen diese Verteilung genutzt wird, um die Angabe in beiden Sprachen (hier Flämisch und Französisch) „gleichzeitig“ zu machen nach dem Muster „x-straat 10, rue de x“.

Hausnummern werden grundsätzlich mit Zahlen angegeben. Im englischsprachigen Raum, vor allem in den Vereinigten Staaten und in Kanada wird die Haus-Nr. 1 mit „One“ angegeben, also ausgeschrieben. Im Deutschen steht bei Nummerangabe wie 2–4 der Bis-Strich.

Rechtsgrundlagen

Originäre Rechtsgrundlage ist in Deutschland § 126 Abs. 3 Baugesetzbuch („Der Eigentümer hat sein Grundstück mit der von der Gemeinde festgesetzten Nummer zu versehen.“); deswegen wird verschiedentlich auch von Flurstücken (Grundstücksnummern) gesprochen (so z. B. in Berlin in der Nummerierungsverordnung). Im Übrigen gelten Landesrecht bzw. Gemeindesatzungen; in Hamburg ist das Nummerierungsrecht durch die Länderbauordnung geregelt. Der Gebrauch von beleuchteten Hausnummern ist im Land Berlin seit 1975 vorgeschrieben.

Bekannte Hausnummern

4711 und 2583 1/2

4711-Logo und Hausnummer
ehem. Premierminister Blair und US-Vizepräsident Cheney vor Downing Street No. 10 (2002)

Die wohl berühmteste Hausnummer Deutschlands ist 4711 in Köln in der Glockengasse. Eine weitere bekannte Hausnummer in Köln ist die des Kölner Doms. Regelmäßig fällt das kleine blaue Emailleschild mit der Adresse Domkloster 4 Souvenirjägern zum Opfer. Der Dom erhielt bei der Nummerierung 1794 die kuriose Nummer 2583 1/2. Der Zusatz 1/2 kennzeichnete lediglich ein Grundstück mit einem öffentlichen Gebäude, für das keine Steuern zu entrichten waren. Dies spielte für die Domgeistlichkeit eine wichtige Rolle. Die im Nordturm gelegene winzige Küsterwohnung hatte die volle Hausnummer 2583 und war somit steuerpflichtig. Die riesige Kathedrale wurde lediglich als deren Anhängsel betrachtet und hatte deshalb nur die halbe Hausnummer. 1811 wurden die unpraktischen langen Hausnummern in Köln abgeschafft und durch das heutige System ersetzt.

10 Downing Street

Die Hausnummer 10 Downing Street in London zählt zu den weltweit bekanntesten. Durchgehend seit 1902 findet man unter dieser Adresse den Wohnsitz des First Lord of the Treasury, der im allgemeinen zugleich der britische Premierminister ist. Ursprünglich trug das Gebäude die Nummer 5.

1600 Pennsylvania Avenue

Das Weiße Haus hat die Hausnummer 1600 in der Pennsylvania Avenue. Die Adresse 1600 Pennsylvania Avenue wird auch als Synonym für das Weiße Haus gebraucht.

Baker Street 221 b

Der fiktive Wohnort von Sherlock Holmes. Zu der Zeit, als die Romane geschrieben wurden, gab es diese Nummer nicht, heute hingegen gibt es diese Hausnummer in der Baker Street in London; sie beherbergt eine Bank. Einige Häuser weiter befindet sich das Sherlock Holmes Museum.

77 Sunset Strip

77 Sunset Strip ist eine der berühmtesten US-amerikanischen Krimiserien aus den 1950er und 1960er Jahren. Sie bezeichnet die Adresse des Detektivbüros Bailey und Spencer in Los Angeles auf dem Sunset-Boulevard. Im Vor- und Abspann der einzelnen Folgen sah man in Großschrift an der Vorderseite des Vordachs über dem Eingang die Anschrift stehen.

Siehe auch

Literatur

  • Jürgen Beyer: Adressen von Druckern, Verlegern und Buchhändlern im 18. Jahrhundert. Zugleich ein Beitrag zur Diskussion über ein VD18. In: Wolfenbütteler Notizen zur Buchgeschichte. 31 (2006), S. 159–190.
  • Reuben S. Rose-Redwood: Indexing the great ledger of the community: urban house numbering, city directories, and the production of spatial legibility. In: Journal of Historical Geography. 34 (2008), S. 286–310. (doi:10.1016/j.jhg.2007.06.003)
  • Martin Schlatter: Empfehlung für die Gebäudeadressierung. 26 Seiten. Herausgeber: Baudirektion Kanton Zürich, Schweiz. PDF, 1.4 MB
  • Anton Tantner: Die Hausnummer. Eine Geschichte von Ordnung und Unordnung. Jonas Verlag, Marburg 2007, 80 Seiten.
  • Anton Tantner: Adressierungs-Fragmente. Konskriptionsnummern in Wien. In: dérive. Zeitschrift für Stadtforschung. 11 (E-Text)
  • Anton Tantner: Wer ist die Nummer 1? Die Hausnummer – was für eine ist das eigentlich? Wo kommt sie her? Was sagt sie aus? In: Jungle World. 23/2006, 7. Juni 2006, S. 28–31 (PDF aus Jungle World, 23/2006)
  • Bernhard Wittstock: Die Berliner Hausnummer. Von den Anfängen Ende des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart im deutschen und europäischen Kontext. Pro BUSINESS Verlag, Berlin 2008, 5 Bände, 2828 Seiten.

Weblinks


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