- Heidenmauer (Bad Dürkheim)
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Die Heidenmauer bei der pfälzischen Kreisstadt Bad Dürkheim im Bundesland Rheinland-Pfalz ist ein sehr großer Ringwall, der um das Jahr 500 v. Chr. durch Kelten errichtet wurde.
Inhaltsverzeichnis
Lage und Umgebung
Die Anlage liegt nordwestlich von Bad Dürkheim und umfasst die 300 m hohe Kuppe und den Südosthang des Kästenberges. Dies ist ein südlicher Ausläufer des Teufelssteins, der zur Haardt gehört, dem Ostrand des Pfälzerwaldes zur Rheinebene hin.
Direkt links unterhalb des früheren Eingangs befindet sich der ehemalige römische Steinbruch Kriemhildenstuhl, auf dem wenige hundert Meter entfernten Gipfel des Teufelssteins der gleichnamige Monolith, der in der Keltenzeit Gegenstand religiöser Riten war.
Anlage
Der Ringwall der Heidenmauer besteht aus einer niedergelegten Mauer, die dadurch wallartig erscheint. Sie umschließt Siedlungsreste, die teilweise über die Jahrhunderte offen lagen, teilweise bei Grabungen zutage kamen.
Der Wall ist insgesamt 2,5 km lang und schließt ein Areal von 26 ha ein. Vom nördlichsten Punkt bis zur südlichsten Ecke sind es ca. 700 m, von der westlichsten zur östlichsten Ecke ca. 600 m. Im Grundriss hat die Anlage die Gestalt eines Bogens mit zum Schuss gespannter Sehne. Der Bogen erstreckt sich von Westen über Norden nach Osten, die Sehne bildet eine nahezu rechtwinklige Spitze nach Süden. Wo im Osten am tiefsten Punkt der Anlage (260 m) Bogen und Sehne zusammenstoßen, befand sich ein gegen 7 m breites Tor mit ca. 9 m langer Torgasse, die heute noch zwei durch eine Steinreihe getrennte „Fahrbahnen“ aufweist. Es war vermutlich mit einem hölzernen Überbau versehen.
Die Mauer selbst bestand aus einem Holzgerüst, das aus senkrechten Pfosten und waagerechten Querbalken konstruiert und mörtellos mit Bruchsteinen verfüllt war, deren glatte Seiten die Außenwand bildeten. Die Zwischenräume waren weitgehend durch Sand geschlossen. Da die Holzteile bis auf geringe Reste verschwunden sind (deswegen wird der Fachbegriff „Pfostenschlitzmauer“ verwendet), kann nur indirekt über die Masse auf die Höhe der intakten Mauer geschlossen werden. Das Profil des heutigen Steinwalls verjüngt sich nach oben, an der Basis ist er 15–20 m stark, am Scheitelpunkt 3–4 m. Seine Höhe beträgt zwischen 3 und 10 m.
Etwa 80 m links (südlich) des Tores und oberhalb des Kriemhildenstuhls postulieren die Archäologen eine „Bastion“: Dort sind die Steine der Mauer nach innen versetzt, was darauf hindeutet, dass an dieser Stelle, die einen weiten Ausblick in die Rheinebene und auch zum Taleingang der Isenach ermöglicht, ein hölzerner Turm eingepasst war, der die Mauer überragte.
Vor dem nordwestlichen Mauerbogen, der im oberen Bereich (285–300 m Höhe) der Bergkuppe verläuft, wurde ein annähernd 500 m langer und bis 15 m breiter Graben ausgehoben, der auf der recht flachen Kuppe offenbar den Niveauunterschied zur Mauerkrone vergrößern sollte. Der Graben knickt am nördlichsten Punkt der Mauer fast rechtwinklig nach Nordosten ab und verläuft von der Anlage weg hangabwärts, bevor er nach gut 100 m endet. Auf diese Weise wurde wohl bei Starkregen das Wasser aus dem Graben abgeleitet und der Unterspülung der Mauer vorgebeugt. Der Volksmund war zu einer anderen - sagenhaften - Deutung gekommen: Hans von Trotha (um 1450-1503), regional auch „Hans Trapp“ genannt, Raubritter auf der südpfälzischen Burg Berwartstein (und sicherlich niemals Besucher der verfallenen Heidenmauer-Anlage), soll in dem Graben einen größeren Wurstvorrat deponiert haben; auf dem Umweg über diese Sage entstand die Bezeichnung „Wurstgraben“.
Das von der Mauer eingeschlossene Gebiet weist zahlreiche Hügel unterschiedlicher Größe auf. Dabei dürfte es sich um die Reste der Wohnbebauung handeln, die noch nicht erforscht ist; lediglich ein Fußbodenfragment aus gestampftem Lehm wurde bislang freigelegt. Aus diesem Grunde können noch keinerlei Schlüsse auf die Personenzahl der Siedlung gezogen werden. Allerdings ist angesichts der überall gefundenen Gebrauchsgegenstände von einer flächigen Besiedlung auszugehen.
Im Nordbereich tritt eine Quelle an die Oberfläche, deren überschüssiges Wasser vielleicht ebenfalls zum Nordostgraben floss. Während der Zeitspanne der Besiedlung war die Anlage wohl weitgehend baumlos; im 20. Jahrhundert wurde sie gezielt aufgeforstet.
Geschichte
Die Heidenmauer samt Siedlung wurde am Ende der Hallstattzeit um 500 v. Chr. mit einer Abweichung von +/– 20 Jahren durch eine keltische Volksgruppe errichtet, die sich nicht näher identifizieren lässt. Reichhaltige Keramikfunde ermöglichen eine sehr genaue Datierung. Fast alle Gefäße sind handgearbeitet, aber nur wenige Stücke weisen Drehsteinspuren auf; diese Technik kam erst nach 500 v. Chr. in der La-Tène-Zeit auf. Weiter wurden Hiebmesser aus Eisen gefunden sowie „Napoleonshüte“, pyramidenförmige Steine, die mit der Spitze nach unten in den Boden gesteckt wurden, um als Unterlage für das Mahlen von Korn zu dienen. Außerdem fanden sich Hinweise auf Milchwirtschaft und Eisenverhüttung.
Die Bewohner trieben offensichtlich Handel mit Oberitalien und vor allem Griechenland. Besonderes Interesse hatten die Kelten der Keramik zufolge an Wein und Trinkgefäßen aus dem Mittelmeerraum. Zu Beginn der La-Tène-Zeit erfolgte allerdings eine Umorientierung der griechischen Handelsrouten in Richtung auf den iberischen Raum und die Inseln des westlichen Mittelmeers, so dass auch den Händlern der Anlage hinter der Heidenmauer plötzlich die Lieferanten fehlten.
Wohl infolgedessen war die Siedlung lediglich eine Generation, also 30 bis 40 Jahre lang bewohnt. Dies ist ablesbar an der nur knapp 20 cm starken „Siedlungsschicht“ über dem Naturboden und an extrem seltenen Ausbesserungen in den erhaltenen Basisbereichen der Mauer. Es gibt weder Brand- noch sonstige Kriegsspuren, so dass alles für eine friedliche Aufgabe der Siedlung spricht. Indem man die Mauer niedergelegt hat, verhinderte man mit Erfolg, dass ein Konkurrenzstamm quasi das gemachte Bett nutzen konnte.
Im 4. Jahrhundert n. Chr. wurde ein kleinerer Teil der Ringmauer - wie zuvor schon der Kriemhildenstuhl unterhalb - von den Römern als Steinbruch genutzt.
Archäologie
Nachdem die linksrheinische Pfalz 1815 auf dem Wiener Kongress dem Königreich Bayern zugeschlagen worden war, wurden bayerische Landvermesser auf die Heidenmauer aufmerksam. Untersuchungen nahm allerdings erst 1874/75 der Student Christian Mehlis vor, der später in Neustadt an der Haardt als Lehrer für Geschichte und alte Sprachen am Humanistischen Gymnasium tätig war, dem heutigen Kurfürst-Ruprecht-Gymnasium.
In den Jahren 1937–39 führte dann Hans Schleif für das der SS nahestehende Projekt „Ahnenerbe“ erstmals Ausgrabungen durch, die mit Beginn des Zweiten Weltkrieges eingestellt wurden. Schleif gedachte ein germanisches Heiligtum auszugraben, möglicherweise weil er eine römische Arbeitsmarkierung im Steinbruch Kriemhildenstuhl unterhalb der Heidenmauer als Hakenkreuz missdeutet hatte.
Von 2004–06 fanden Grabungen der Archäologischen Denkmalpflege Speyer im Rahmen des Schwerpunktprogramms „Frühkeltische Fürstensitze“ statt, das durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft finanziert wird. Die Grabungsleitung hatte Thomas Kreckel. Das Projekt will die Ergebnisse, die in Auszügen u. a. in der Tageszeitung Die Rheinpfalz[1] veröffentlicht wurden, auf Verbindungen zu anderen keltischen Relikten in der näheren Umgebung überprüfen. Dazu gehören vor allem Überbleibsel auf dem 2 km südwestlich gelegenen Gelände des späteren Klosters Limburg hoch über dem Südufer der Isenach. Es wird mit Anhaltspunkten dafür gerechnet, dass der Impuls für die Siedlung innerhalb der Heidenmauer vom Limburg-Plateau ausgegangen ist, das schon vorher und bis zur Landnahme durch die Römer (1. Jahrhundert v. Chr.) von Kelten bewohnt war.
Quellen
- ↑ Susanne Schütz: Keltisches Zentrum für Handel und Handwerk? in: Die Rheinpfalz vom 12. August 2006, S. 01_FAMI, Ludwigshafen am Rhein
Literatur
- Helmut Bernhard, Thomas Kreckel: Frühe Kelten im Raum Bad Dürkheim, Rheinland-Pfalz. (Digitalisat) - mit weiteren Literaturhinweisen
- Viktor Carl: Pfälzer Sagen und Legenden. Ardwig Henning, Edenkoben 2000, ISBN 3-9804668-3-3
- James Fenimore Cooper: Die Heidenmauer oder die Benediktiner. Roman um die Zerstörung der Limburg. Neu übersetzt und herausgegeben von Paul Johann Klebs. Verlag Pro Message, Ludwigshafen am Rhein 2001, ISBN 3-934845-07-X
- Walter Eitelmann: Rittersteine im Pfälzerwald. 4., überarb. und wesentlich erw. Auflage. Pfälzerwald-Verein, Neustadt an der Weinstraße 1998, ISBN 3-00-003544-3
- Arndt Hartung, Walter Hartung: Pfälzer Burgenbrevier. Aufbaustudien. 6., erg. Auflage. Pfälzische Verlagsanstalt, Ludwigshafen am Rhein 1985, ISBN 3-9801043-0-3
Weblinks
- Deutsche Forschungsgemeinschaft: „Frühkeltische Fürstensitze“
- Landesamt für Denkmalpflege, Amt Speyer
49.4644444444448.1544444444444Koordinaten: 49° 27′ 52″ N, 8° 9′ 16″ O
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