Helene Odilon

Helene Odilon
Helene Odilon, 1903
Aus Sport & Salon, Wien, 14 März 1903
Helene Odilon. Büste von Viktor Tilgner im Volkstheater Wien

Helene Odilon, eigentlich Petermann (* 31. Juli 1865 in Dresden; † 9. Februar 1939 in Baden bei Wien) war eine Schauspielerin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Helene Odilon begann ihre Laufbahn in Chemnitz, wurde auf Wunsch Kaiser Wilhelms I. ans Hoftheater Berlin verpflichtet und ging 1891 nach Wien. Sie galt als eine der interessantesten Schauspielerinnen ihrer Zeit und wurde auch in England und 1902 selbst in den USA gefeiert. Am Deutschen Volkstheater in Wien, dem sie über 13 Jahre hinweg angehörte, spielte sie Madame Dubarry und die Madame Sans-Gêne, die von manchen als ihre Glanzrolle angesehen wurde. 1891 schrieb ihr Hermann Bahr die Rolle der Lona Ladinser „auf den Leib“.

Sie schloss eine unglückliche Ehe mit dem Schauspieler Alexander Girardi. Helene hatte viele Liebhaber und Girardi war eifersüchtig. Sie versuchte, ihn entmündigen zu lassen, und ließ ihn mit Hilfe eines Gefälligkeitsgutachtens des mit ihr befreundeten Psychiaters Julius Wagner-Jauregg in eine Nervenanstalt abschieben; mit Unterstützung von Katharina Schratt wurde Girardi jedoch rehabilitiert. Helene ließ sich 1896 von ihm scheiden.

Ende November 1903, am Höhepunkt ihrer Popularität, erlitt Odilon vor einem Auftritt in Innsbruck als Nora einen Schlaganfall, war einseitig teilweise in ihren Bewegungen gehindert[1][2], litt in der Rekonvaleszenz an schweren Depressionen und wurde in der Folge, da es nicht geraten schien, Frau Odile das Verfügungsrecht über ihr beträchtliches Vermögen zu belassen - welches auf eine halbe Million Kronen, ihr Haus in der Neustiftgasse und dessen "kostbare Einrichtung" eingeschätzt wurde - auf Betreiben ihrer Verwandten[3] unter Vormundschaft gestellt – gegen welche sie über Jahre hinweg rechtlich ankämpfte. Zum Beweis ihrer unverminderten Geisteskraft schrieb sie 1909 die Autobiografie „Das Buch einer Schwachsinnigen“, die einen riesigen Leserkreis fand und damit auch einen reichlichen Ertrag abwarf, während aber sie als Autorin leer ausging[4].

1916 erblindete Odilon und, von gewissenlosen Menschen ausgenützt, um ihre letzte Habe schmählich gebracht[5], war sie zum Betteln gezwungen, bot in Gasthäusern Ansichtskarten mit dem Bilde der Odilon von einst im Umherhinken zum Kaufe[5].

1921 wurde ihre finanzielle Lage von der Öffentlichkeit wahrgenommen, als die Direktion des Deutschen Volkstheaters sich entschloss, Helene Odilon den Ertrag einer Nachtvorstellung zu widmen.[6]

1925 wohnte Odilon im Christlichen Hospitz ihrer Vaterstadt Dresden, wohin sie nach einem Aufenthalt in einem Salzburger Armenhaus zurückgekehrt war.[7]

Die 1925 als arm, bitter bettelarm, bresthaft, gelähmt, des vollen Gebrauches der Sprache und einer Hand beraubt beschriebene Sechzigjährige[5] fand am 5. Jänner 1928, dank eines Ehrensoldes der Gemeinde Wien[8], einer vom Deutschen Volkstheater stammenden Pension von 30 Schilling im Monat[8] sowie 134 Schilling Jahrespension vom deutschen Bühnenverein in Berlin[4], Aufnahme in dem neu gegründeten, am 12. selben Monats[9] eröffneten Badener Altersheim „Sorgenfrei“[10][11] – in den kommenden Jahren wiederholt besucht von ihrer ehemaligen Bühnenkollegin und alten Freundin Adele Sandrock[4].

Helene Odilon erlag im 74. Lebensjahr einem Schlaganfall, um vier Jahrzehnte zu spät […] von einem Schattendasein erlöst[12]. — Sie ruht auf dem Wiener Zentralfriedhof in einem ehrenhalber gewidmeten Grab (Gruppe 12 D, Reihe 1, Nr. 23).

Im Jahr 2007 wurde in Wien Penzing (14. Bezirk) die Helene-Odilon-Gasse nach ihr benannt.[13]

Werke

  • Helene von Pecic: Das Buch einer Schwachsinnigen. Lebenserinnerungen von Helene Odilon (pseud.) Walther, Berlin 1909 [14]
  • Helene Odilon: Allheilmittel – Autosuggestion nach Coué. Graphi, Salzburg 1925 [15]
  • Helene von Pecic: Das Geheimnis des Erfolges von Helene Odilon (pseud.) Pichl, Wien o. J. [16]

Literatur

  • Dorotheum. Versteigerung von Antikem und modernem Mobiliar (Bechstein-Flügel) ... aus dem Besitze der Schauspielerin Helene Odilon und aus anderem Privatbesitze (etc.) Dorotheum, Wien 1914 ÖNB
  • Robert S. Budig [u.a.]: Ehrengräber am Wiener Zentralfriedhof. Compress Verlag, Wien 1995, ISBN 3-900607-26-5
  • Georg Markus: Katharina Schratt – die heimliche Frau des Kaisers. Ullstein, Frankfurt, Main [u.a.] 1988, ISBN 3-548-20987-4
  • Renate Wagner: Heimat bist du großer Töchter – bedeutende Frauen und ihre Geschichte. Ueberreuter, Wien 1996, ISBN 3-8000-3631-2
  • Eva Bakos: Verhängnisvolle Affären: Berühmte Paare zwischen Macht und Liebe. Ueberreuter, Wien 2001, ISBN 3-8000-3796-3
  • Margarete Grandner, Ulrike Harmat: Begrenzt verliebt – gesetzliche Ehehindernisse und die Grenze zwischen Österreich und Ungarn. In: Ingrid Bauer (Hg.): Liebe und Widerstand. Ambivalenzen historischer Geschlechterbeziehungen. Böhlau, Wien 2005, ISBN 3-205-77374-8, S. 287 - 304
  • E. Marktl: Petermann Helene. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 7, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1978, ISBN 3-7001-0187-2, S. 443 f. (Direktlinks auf S. 443, S. 444).

Film

  • Nach der Premiere (Österreich 1914) IMDB
  • Der Komödiant von Wien (Österreich 1954) IMDB

Theaterstück

  • Sylvia Eisenberger: Mein Girardi. Ein Ehewahnsinn. Premiere am 2. Dezember 2000[17]

Einzelnachweise

  1. Erkrankung der Frau Odilon.. In: Neue Freie Presse, 27. November 1903, S. 28 (Online bei ANNO)Vorlage:ANNO/Wartung/nfp
  2. Die Erkrankung der Frau Odilon.. In: Neue Freie Presse, 28. November 1903, S. 8 (Online bei ANNO)Vorlage:ANNO/Wartung/nfp
  3. Kleine Chronik. (Helene Odilon.). In: Neue Freie Presse, 2. Dezember 1904, S. 7 (Online bei ANNO)Vorlage:ANNO/Wartung/nfp
  4. a b c Willy Preißler: Helene Odilon.. In: Badener Zeitung, 11. Mai 1932, S. 1 (Online bei ANNO)Vorlage:ANNO/Wartung/bzt
  5. a b c Fritz Ahrensfeldt: Die Odilon.. In: Neue Freie Presse, 2. August 1925, S. 11, oben rechts. (Online bei ANNO)Vorlage:ANNO/Wartung/nfp
  6. Raoul AuernheimerFeuilleton. Die notleidende Helene Odilon.. In: Neue Freie Presse, 19. Juni 1921, S. 1 (Online bei ANNO)Vorlage:ANNO/Wartung/nfp
  7. Helene Odilon-Girardi (…). In: Badener Zeitung, 11. Juli 1925, S. 6 Mitte. (Online bei ANNO)Vorlage:ANNO/Wartung/bzt
  8. a b Helene Odilon in Baden.. In: Die Neue Zeitung, 9. Jänner 1928, S. 2 (Online bei ANNO)Vorlage:ANNO/Wartung/nzg
  9. Lokales. Eröffnung des hiesigen Altersheimes „Sorgenfrei“.. In: Badener Zeitung, 11. Jänner 1928, S. 3 (Online bei ANNO)Vorlage:ANNO/Wartung/bzt [Erwähnung Odilon: Schlusssatz des Artikels]
  10. Helene Odilon in Baden.. In: Badener Zeitung, 11. Jänner 1928, S. 3 (Online bei ANNO)Vorlage:ANNO/Wartung/bzt
  11. Unter der Adresse Kaiser-Franz-Ring 27 befindet sich seit Jahrzehnten der (Neu-)Bau der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft.
  12. Theater und Kunst. Helene Odilon gestorben.. In: Wiener Zeitung, 10. Februar 1939, S. 7 (Online bei ANNO)Vorlage:ANNO/Wartung/wrz
  13. FAZ vom 5. Januar 2011: Sex, Lügen, Irrsinn: Die Geschichte der Helene Odilon
  14. Katalogzettel der Österreichischen Nationalbibliothek
  15. Permalink Österreichischer Bibliothekenverbund
  16. Katalogzettel der Österreichischen Nationalbibliothek
  17. Volkstheater-Premiere, abgerufen am 8. Juni 2010

Weblinks


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