Hepatozelluläres Carcinom

Hepatozelluläres Carcinom
Klassifikation nach ICD-10
C22.0 Carcinoma hepatocellulare
ICD-10 online (WHO-Version 2006)
Leberzellkarzinom einer 50jährigen Frau

Das Leberzellkarzinom (wissenschaftlich korrekt: Hepatozelluläres Karzinom bzw. Carcinoma hepatocellulare) ist eine bösartige Krebserkrankung, die sich direkt aus den Leberzellen entwickelt. Meist geht dem eine chronische Schädigung der Leberzellen voraus. Es wird mit HCC abgekürzt. Es sollte nicht mit Lebermetastasen verwechselt werden.

Inhaltsverzeichnis

Epidemiologie

Das Hepatozelluläre Karzinom ist weltweit einer der häufigsten bösartigen Tumoren. Etwa 6 % aller Krebserkrankungen beim Mann und circa 3 % bei der Frau sind Leberzellkarzinome.

Dabei zeigen sich allerdings ausgeprägte geografische Unterschiede. In allen Ländern, in denen die Hepatitis B sehr häufig auftritt, ist auch das Hepatozelluläre Karzinom häufig zu finden. Das trifft insbesondere für Asien und Afrika zu. In Europa ist es hingegen eher selten und entwickelt sich meist auf dem Boden einer Leberzirrhose.

Molekulare Ursachen

Ende 2007 wurde eine wesentliche molekulare Ursache für die Entstehung von Leberkrebs gefunden. Zellbiologische Untersuchungen, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Science, zeigen, dass bei ca. 60 % der Tumorpatienten das Tumorsuppressorgen fhit gestört ist. Das Gen Fhit enthält die Erbinformation für ein gleichnamiges Protein, das wiederum Catenin, ein für den Zellaufbau zentrales Molekül steuert, so dass durch die Genstörung die Herstellung einer Vielzahl von Proteinen gehemmt wird, was dann zu unkontrolliertem Zellwachstum führt. Das Gen soll extrem empfindlich auf krebsauslösende Umweltfaktoren wie Nikotin, reagieren. Im Labor ist es den Forschern gelungen, durch Einbringen eines gesunden Fhit-Gens in Krebszellen die Produktion dieser Proteine zu hemmen und das für Tumorzellen typische unkontrollierte Wachstum zu verringern. [1]

Ätiologie und Risikofaktoren

Risikofaktoren für das HCC sind:

  • Leberzirrhose: Bei bestehender Leberzirrhose besteht grundsätzlich ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für das hepatozelluläre Karzinom. Jährlich erkranken 5 % der Zirrhosepatienten.
  • Virushepatitiden B und C: Eine Virushepatitis vom Typ Hepatitis B und Hepatitis C gilt als Karzinogen für das hepatozelluläre Karzinom. Das größte Risiko besteht bei einer Leberzirrhose auf der Grundlage einer Hepatitis. Bei einer konnatalen Infektion mit HBV oder HCV ist das Risíko nochmals erhöht.
  • Hämochromatose: Bei der Leberzirrhose mit zugrundeliegender Hämochromatose ist das Erkrankungsrisiko mehrfach erhöht.
  • Androgene: Bei langjähriger Anwendung von Androgenen, insbesondere bei mißbräuchlichem Einsatz (Bodybuilding), ist die Inzidenz des hepatozellulären Karzinoms erhöht.
  • Aflatoxine: Die vom Pilz Aspergillus flavus gebildeten Aflatoxine (B1) sind ein Karzinogen für die Leber. Sie kommen hauptsächlich bei kontaminierten Nahrungsmitteln (Nüsse, Getreide) vor.
  • Alpha1-Antitrypsinmangel

Pathologie

Histologisches Bild (die bräunlichen Tropfen sind Galleeinschlüsse)

Makroskopisch erscheinen Leberzellkarzinome als knotige oder infiltrative Tumore. Der knotige Typus kann einzeln (solitär) oder ausgesät in vielen kleinen Tumornestern (multipel) vorliegen. Die Tumorknoten sind rundlich bis oval, grau oder - wenn der Krebs Galle produziert - auch grünlich gefärbt. Der diffuse Typ ist wenig umschrieben und penetriert oft auch Blutgefäße oder Gallenwege.

Im mikroskopischen Bild sind vier zytoarchitektonische und zytologische Muster des Leberzellkarzinoms unterscheidbar: fibrolamellärer, pseudoglandulärer (adenoider), pleomorpher (mit Riesenzellen) und klarzelliger Typ. In hochdifferenzierten Karzinomen gleichen die Tumorzellen weitgehend den gesunden Hepatozyten und bilden eine fast normale Zytoarchitektur mit Trabekeln. Sie enthalten oft Galletröpfchen im Zytoplasma. Stärker entdifferenzierte Formen weisen Zellen mit großen Formunterschieden (Pleomorphie) und Riesenzellen auf. Im Inneren der Tumormasse kann es zu Nekrosen kommen, da die Blutversorgung dort unzureichend wird. In der Regel wird zur Bestimmung des pathologischen Bildes Material aus dem Tumor anhand einer Nadelbiopsie entnommen.

Symptomatik

Das hepatozelluläre Karzinom führt erst spät zu Symptomen. Tritt ein Druckschmerz im rechten Oberbauch auf, ist dies bereits Ausdruck einer Kapselspannung der Leber. In fortgeschrittenen Stadien ist ein Tumor im rechten Oberbauch tastbar, meist begleitet von Aszites und Kachexie.

Gelegentlich manifestiert sich das hepatozelluläre Karzinom durch eine Dekompensation einer bestehenden Leberzirrhose und/oder durch paraneoplastisch bedingte Symptome wie Fieber.

Diagnostik

Für die Diagnostik des HCC sind Sonografie (auch mit Kontrastmittel), die Computertomographie und wegen seiner ausgeprägten Hypervaskularisation auch die Angiografie geeignet.

Das Alpha-Fetoprotein (Alpha-1-Fetoprotein) ist ein brauchbarer Tumormarker für das HCC. Bei Gesunden liegt die Konzentration des Alpha-1-Fetoproteins zwischen 0,1 und 5,8 ng/ml. Bei etwa 50 bis 90 % der HCC-Patienten ist der Alpha-1-Fetoprotein-Spiegel im Blut erhöht.

Weiterhin gehört die Ermittlung des Ausmaß einer Leberfunktionsschädigung anhand des Child-Pugh-Scores zur Diagnostik. Gegenenfalls sind weitere diagnostische Schritte notwendig (siehe Leitlinie).

Therapie

Das hepatozelluläre Karzinom spricht schlecht auf Zytostatika an. In kontrollierten klinischen Studien kam es zu keiner signifikanten Verbesserung der mittleren Überlebenszeit. Daher besteht die Therapie in stadienadaptierten interventionellen und chirurgischen Maßnahmen.

Therapie der Wahl ist eine meist teilweise Leberresektion. Diese muss anatomisch durchführbar (keine Ummauerung der Pfortader) und physiologisch tragbar (ausreichende verbleibende Leberfunktion nach dem Eingriff) sein. Resektionen sollten einen Abstand von mindestens 1 cm zum gesunden Gewebe einhalten. Die Art des chirurgischen Verfahrens hängt auch davon ab, ob eine Leberzirrhose vorliegt. Rezidivquoten sind mit 60 % innerhalb von 5 Jahren nach der OP jedoch sehr hoch.

Als minimal-invasive Verfahren haben sich bei inoperablen Patienten die Laserinduzierte Thermotherapie (LITT), die Radiofrequenzinduzierte Thermotherapie (RFITT) und die Kryotherapie als wirksam erwiesen. Bei diesen Verfahren zur Tumorablation wird das Tumorgewebe lokal thermisch zerstört und in situ belassen, wo es mit der Zeit vernarbt bzw. resorbiert wird. Eine weitere minimal-invasive Methode ist die lokale Ablation mit nekrotisierend wirkenden Substanzen, z. B. die perkutane Ethanol-Injektion (PEI). Laut Barcelona-Kriterien (2001) zählen die RFITT und PEI bei der Therapie inoperabler Leberzellkarzinome bereits zu den kurativen Maßnahmen.

Als palliative Maßnahmen bieten sich interventionelle Verfahren an, darunter die Tumorembolisation über versorgende Äste der Arteria hepatica propria (Chemoembolisation).

Mit dem seit 2007 zur Behandlung des Leberzellkarzinoms zugelassenen Thyrosinkinase-Inhibitors Sorafenib steht eine erste Therapie in Form von Tabletten zur Verfügung. Auch hierbei handelt es sich um eine rein palliative Therapie, die nach Studienlage das Überleben um einige Monate verlängern kann.

Weitere Verfahren sind:

Prognose

Da die meisten HCC oft erst spät entdeckt werden und die oft zugrunde liegenden Leberzirrhose die therapeutischen Möglichkeiten limitiert, ist die Behandlung der Erkrankung nach wie vor schwierig und die Prognose ungünstig. Die mediane Überlebenszeit ohne Therapie liegt bei etwa 6 Monaten.

Literatur


Weblinks

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