Herbert Egoldt

Herbert Egoldt

Rock-O-Rama war in den frühen 1980er Jahren ein bedeutendes Label für deutschen und finnischen Punk und später für Rechtsrock. Mitte der 1990er Jahre wurde Rock-O-Rama vom Bundesamt für Verfassungsschutz als europaweit größter Hersteller und Vertrieb rechtsextremistischer Musik bezeichnet.

Geschichte

Erste Erfahrungen im Musikgeschäft hatte der selbständige Malermeister Herbert Egoldt († 25. November 2005) aus Brühl Anfang der 1970er Jahre als Produzent von Rockabilly-Bootlegs gemacht. 1977 gründete Egoldt den auf Punk spezialisierten Schallplattenversandhandel Rock-O-Rama, der schnell zu einer wichtigen Bezugsquelle für die Produkte unabhängiger Labels aus Großbritannien und den USA wurde. Auch ein Rock-O-Rama-Schallplattenladen in der Kölner Innenstadt wurde eröffnet.

1979 überredete Hans Wurst (Volker Hanreich), der wie die anderen Mitglieder der Vomit Visions (Gießen/Löhnberg) zu den besten Kunden gehörte, Egoldt dazu, die EP „Punks Are The Old Farts Of Today“ als Lizenzpressung zu veröffentlichen.

Bis 1984 erschienen bei Rock-O-Rama rund 50 Punkalben und einige wenige 7"-EPs, darunter einige, die heute als Klassiker gelten. Charakteristisch für die Labelveröffentlichungen war der dürftige Klang, für den Egoldt als Produzent verantwortlich war.

Von Anfang an hatte Rock-O-Rama einen schlechten Ruf. Beispielsweise schrieb Chaos-Z-Sänger Andreas Löhr in der Biographie für die Doppel-LP/-CD Dunkle Straßen: „Das Label blieb für uns immer eine Art Phantom - nur, dass die Nachrichten über dieses Haus immer bedenklicher wurden“. Die militaristisch geprägten Schallplattencover von Gruppen wie OHL, Samplertitel wie „Die Deutschen kommen“ (mit einem Wehrmachtssoldaten auf dem Cover) sowie die kontrovers aufgefassten Texte von OHL und Cotzbrocken taten ihr übriges, um diesen Ruf zu untermauern. Auch im Lied „Schock und Drama“ von Äni(x)väx wird das Label kritisiert. Gegenstand dieser und anderer Kritiken war Egoldts Umgang mit Bands, die sich - wie M.A.F. aus Rüsselsheim - betrogen fühlten und in Fanzines zum Boykott ihrer eigenen Platten aufriefen. Die Gruppe Brutal verschimmelt (BV), deren eigenen Anti-Kriegs-Coverentwurf Egoldt nicht verwendete, versah die ihnen überlassenen 100 Exemplare ihrer LP mit einem zusätzlichen Beiblatt. Auf diesem waren die Texte enthalten, die auf dem offiziellen Textblatt nicht abgedruckt wurden, außerdem wurde darauf die Veröffentlichungspolitik des Labels dahingehend kritisiert, dass den Gruppen außer wenigen Freiexemplaren ihrer LPs trotz hoher Auflagen keine Gewinnbeteiligung gezahlt und keinerlei Rücksicht auf Wünsche wie Cover- und Textblattgestaltung genommen würde. Was nach der 1000er Startauflage produziert wurde, verschwieg Egoldt immer. Zumindest eine in Sammler-Kreisen identifizierte weitere 1990er-US-Pressung der selbigen LP von BV hatte er ohne Wissen der Band vermarktet.

Aufgrund des Wunsches vieler Gruppen, Tonträger zu veröffentlichen und der schlechten Vernetzung der Bands untereinander, die dazu führte, dass die Geschäftspolitik der Firma kaum an die Öffentlichkeit drang, konnte sich Egoldt trotz seiner schlechten Vertragsbedingungen die Rechte an vielen Produktionen endgültig sichern. Sogar die Böhsen Onkelz, die später über beträchtliche finanzielle Ressourcen verfügten, waren machtlos. Auch Bands wie die Vomit Visions und Der Durstige Mann (das erste Album Bier Für Tot wurde auf Rock-O-Rama wiederveröffentlicht), die lediglich Lizenzen (begrenzte Auflage) an Egoldt vergeben hatten, hatten keine Möglichkeit, die Anzahl der tatsächlich gepressten Platten festzustellen.

Nach dem Erfolg der ersten Böhse-Onkelz-LP Der nette Mann (1984) verlagerte sich der Schwerpunkt der Veröffentlichungen zu überwiegend amerikanischen und einigen deutschen Rechtsrockbands. Außer Eigenproduktionen konzentrierte sich Egoldt später insbesondere auch auf Lizenzpressungen des finnischen Labels Propaganda Records.

Das Ladengeschäft in Köln, das früher Treffpunkt von Punks und New-Wave-Fans war, wurde im Zuge der geschäftlichen Neuorientierung Anlaufstelle für die überwiegend rechtsextrem eingestellte Skinhead-Szene des Ruhrgebiets, wogegen es Mitte der 80er Jahre zu antifaschistischen Demonstrationen kam. Bald wollte keine deutsche Punkband mehr ihre Platten auf Rock-O-Rama veröffentlichen.

1986 wurden die Behörden auf die Umtriebe des Labels aufmerksam und indizierten das Album Der nette Mann der Böhsen Onkelz. Von den englischen Rechtsrock-Alben, u.a. von Skrewdriver und Brutal Attack, wurden keine indiziert. Dagegen richteten sich Indizierungen auch gegen die Punkbands OHL und Cotzbrocken, die eine rechtsextreme Gesinnung immer verneinten, sowie die Skinhead-Gruppe Body Checks.

Rock-O-Rama gliederte mehrere Sublabels aus, so zum Beispiel Erazerhead Records, wo noch zwei Punkplatten erschienen, bevor dieses Projekt aufgrund zu geringer kommerzieller Verwertbarkeit eingestellt wurde, und First Floor Records, welches Tonträger der Bands They Must Be Russians, Saigon, Release the Bats und Above the Ruins (pre-Sol Invictus), veröffentlichte und somit ein Spektrum von Post-Punk über Cold Wave bis hin zu Indiepop abgedeckte.

Im Jahre 1990 wurden einige alte Punkplatten nachgepresst, wogegen die (zumeist bereits aufgelösten) Gruppen nicht vorgehen konnten, da alle Rechte bei Rock-O-Rama bzw. Herbert Egoldt lagen. Auf den Werbebeilagen dieser Nachpressungen sind Coverabbildungen von Punkplatten neben denen neonazistischer Gruppen zu sehen, was vermuten lässt, dass Egoldt weniger an politischer Ausrichtung, sondern mehr an Profit interessiert war.

Als die Produktion Mitte der 90er Jahre von Schallplatten auf CDs umgestellt wurde, kamen neben neuen Rechtsrock-CD nochmals neue Auflagen einiger alten Punkplatten des Labels auf den Markt.

Um 1997 führten Polizeibehörden Razzien in bis dato unbekannter Größenordnung gegen rechtsextreme Musikverlage durch und beschlagnahmten alleine bei Rock-O-Rama hunderttausende von Tonträgern. Diese Maßnahme und die anschließende Indizierung der meisten veröffentlichten Tonträger dämmten den Einfluss von Rock-O-Rama erheblich ein. Trotz des finanziellen Einbruchs bei den Mailordergeschäften wurden weiterhin CDs von Rechtsrockbands produziert.

Im November 2005 erlag Herbert Egoldt einem Herzinfarkt und hinterließ eine völlig unklare rechtliche Situation bezüglich der auf seinem Label veröffentlichten Platten und CDs, an denen er alleine alle Rechte besaß. Die Rechte gingen an einen Tonträgervertrieb aus Nordrhein-Westfalen, der hiernach diverse Firmen und Personen verklagte, die Rock-O-Rama-Produktionen (z. T. in ansprechenderer Verpackung und verbessertem Klang durch digitales Remastering) nach Egoldts Tod neu auflegten, so z. B. Dim Records aus Coburg (Alben Glatzenparty und Der Tod ist überall der Bremer Gruppe Endstufe und eine CD der britischen Band Combat 84).

Einige Bands, die auf Rock-O-Rama erschienen

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