OHL (Band)

OHL (Band)
OHL
Gründung: 1980
Auflösung: 1986
Reunion: 1993
Genre: Deutschpunk
Website: http://www.obersteheeresleitung.de
Gründungsmitglieder
Gesang: Deutscher W.
Gitarre: Stiebel Eltron
Bass: Dr. Saubermann
Schlagzeug: Läusie
Weitere ehemalige Mitglieder
Gitarre: Falkland
Bass: Reagan
Schlagzeug: Ingo Ost
Gitarre: Sama
Bass: Oppenheimer
Schlagzeug: Nero
Gitarre: Rob West
Gitarre: Der Kaiser
Gitarre: Steiner
Gitarre: Gerd Saatze
Gitarre: L.Kaida
Aktuelle Besetzung
Gesang: Deutscher W.
Gitarre: Stalin
Bass: Egon Krenz
Schlagzeug: Kalashnikov

OHL, als Akronym für Oberste Heeresleitung, ist eine deutsche Punk-Band, die zu den Pionieren des Deutschpunk zählt. Die Band gilt aufgrund ihrer politischen Texte und der durchwegs militärischen Ikonografie ihrer Plattencover als umstritten.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Deutscher W. live mit Der Fluch

OHL wurde im Januar 1980 von dem unter dem Künstlernamen „Deutscher W“ (W steht für „Widerstand“) agierenden Sänger in Leverkusen gegründet. Vier Jahre nach Beginn der Punkwelle in Großbritannien gehörte OHL damit zu den ersten bundesdeutschen Punkbands. Die Gründungsmitglieder orientierten sich überwiegend an englischen Vorbildern und adaptierten anfangs englische Punktitel. Aus Troops of Tomorrow von The Vibrators wurde so z.B. der Titel „Die Unreparierten“.

Nach einer selbstvertriebenen Kassette wurde noch im Gründungsjahr Herbert Egoldt auf die Band aufmerksam und produzierte 1981 zwei EPs und die erste LP „Heimatfront“ auf seinem Label Rock-O-Rama.

Die Band gab sich, wie die meisten Punkbands, wild, unangepasst und provokativ. Textlich wurde sowohl gegen die radikale Linke als auch die radikale Rechte polemisiert, bezeichnende Titel waren u.a. Roter Terror, Russen in Afghanistan, Belsen war ein KZ, 1942 oder die Albumtitel „Heimatfront“ und „Verbrannte Erde“. Die Polemisierung gegen die Linke erstreckte sich auch auf das so genannte grün-alternativ-pazifistische politische Spektrum, wie in dem Lied "Kernkraftritter", das mit den Worten "alternative, langhaarige Sau, Du siehst aus wie Deine Frau" beginnt und neben weiteren massiven Beschimpfungen durch Feststellungen wie "es gibt nur Hass" und "man braucht Gewalt" aggressiv gegen Pazifismus und sogar gegen allgemeine Menschenliebe hetzt.

Bei der Gestaltung der Plattencovers bediente man sich gerne Fotomaterials aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. In der Öffentlichkeitsrezeption wurden OHL folglich in der Nähe des Faschismus, vor allem des deutschen Nationalsozialismus, wahrgenommen. Allerdings war die Band für Parolen wie „Keine Chance dem 4. Reich – Schlagt die Nazis windelweich“ (aus dem Song Belsen war ein KZ) auch in der Punkszene beliebt und wandte sich in Stücken wie Nie wieder gegen die Ideologie Adolf Hitlers. Die gelegentliche Einstufung der OHL-Musik als Nazipunk ist daher nicht eindeutig möglich. Wegen der überwiegend militant antikommunistischen Texte (z.B.: „Schlagt Spione tot! Spione, Spione, Spione aus der roten Zone“) wurde die damalige Ideologie der Band aber häufig als rechtsgerichtet kategorisiert. Für Martin Büsser, welcher der Band musikalisch zugesteht, Anfang der 80er-Jahre „eine Handvoll Nummern“ eingespielt zu haben „die als Deutschpunk-Klassiker gelten dürfen“, haben OHL keine „eindeutig rechte Färbung“, nutzten aber eine unreflektierte Kriegsästhetik und seien „stumpfe, populistische Vertreter“ eines Geschichtsrevisionismus der in der Gleichstellung von Faschismus und Kommunismus die Einmaligkeit der Naziverbrechen zu relativieren versuche.[1] Bisweilen wurde die OHL-Musik, etwa von Punk-Fanzines, als „CDU-Punk“ bezeichnet. Sänger Deutscher W. bezeichnet seine politische Einstellung als „Radikal-Liberalismus[2]. Die von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indizierte LP „Heimatfront“ enthält auch unter dem neuen Titel Türkenlied eine Coverversion des Liedes Wir sind die Türken von Morgen der Gruppe Mittagspause. Das Lied wurde von zahlreichen Bands aus der Punkszene und der Neuen Deutschen Welle nachgespielt, wie z.B. von den Fehlfarben (Titel: Militürk) oder DAF (Kebabträume).

Binnen fünf Jahren veröffentlichte die Band fünf Alben bei Rock-O-Rama. Stilistisch gelten die ersten Alben als Prototypen des deutschen Hardcore-Punks. Auf dem fünften Album „Jenseits von Gut und Böse“ von 1986 wurden erstmals auch sanftere Gothic-Rock-Töne angeschlagen. Die OHL-Platten wurden wie bei Herbert Egoldts Rock-O-Rama-Label üblich in recht bescheidener Produktionsqualität aufgenommen. Die nur in vergleichsweise geringen Auflagen erschienenen Rock-O-Rama-Veröffentlichungen sind inzwischen zu gesuchten Sammlerstücken avanciert.

1987 trennte sich „Deutscher W“ von Egoldt und löste die Band auf, um sich seinem Studium in Trier zu widmen.

Im selben Jahr wurde die LP Heimatfront indiziert. Das Indizierungsverfahren stellt in gewisser Weise Kuriosum dar: Die Stadt Dortmund hatte die Indizierung beantragt wegen der besonderen Jugendgefährdung der Songs "Kraft durch Freude", "Deutschland", "Kernkraftritter" und "Wir sind die Unreparierten"; die BpjS widersprach dieser Einschätzung mit dem Argument, diese Stücke seien nicht indizierungswürdig, obwohl sie ebenfalls "jugendgefährdende Tendenzen" aufweisen. Dennoch wurde die Schallplatte indiziert wegen des "Botschaftsliedes" ("Stürmt die amerikanische Botschaft, ich halte nichts von amerikanischer Freundschaft, ich hab' nichts gegen das Volk, aber gegen den Staat"), welches die Stadt Dortmund in ihrem Antrag überhaupt nicht erwähnt hatte.[3]

1993 ließ „Deutscher W“ in Köln den Namen OHL mit neuen Musikern, u.a. früheren Mitgliedern der Emils aus Hamburg und Berlin, wiederauferstehen, und es gab auch wieder Konzerte. Das bereits in den 1980ern existente Studio-Nebenprojekt Der Fluch wurde ebenfalls Mitte der 1990er wiederbelebt. Der Stil von OHL ist seitdem wieder dem Punk zuzuordnen.

OHL agieren sehr eigenständig, Kontakte zu anderen Bands bestehen nur in geringem Umfang; so werden seit Mitte der 1990er Jahre alle Alben im Studio von Ex-Daily-Terror-Gitarrist Uwe Golz in Braunschweig produziert. Obwohl oder gerade weil seit 1993 die Veröffentlichungen in Eigenregie entstehen, hat sich an der militärischen Ikonografie und den politisch motivierten Texten bis in die Gegenwart wenig geändert. Für die treue Fangemeinde bietet die Band damit gewohnte Kost, Öffentlichkeit und Veranstalter stehen OHL jedoch weiterhin eher skeptisch gegenüber.

2008 erschien auf Sunny Bastards und dem Fanlabel "Kernkraftritter Records" ein Tribute-Sampler namens Waffenbrüder mit Bands wie Cotzraiz, Pöbel und Gesocks, Verlorene Jungs und Totenmond.

Einzelnachweise

  1. Martin Büsser: Rebel in Society. Der Aufstand des Punk aus dem Geist der Pubertät. in: testcard #9: Pop und Krieg. Mainz, Ventil Verlag 2000, ISBN 3-931555-08-9, S. 98-105, hier S. 99
  2. Interview mit dem Fanzine Scumfuck auf der OHL Homepage
  3. Indizierungsentscheidung auf der Homepage von OHL

Diskografie

  • 1980: Klänge des Widerstands (Demokassette, 2004 auf LP wiederveröffentlicht)
  • 1981: Oberste Heeresleitung (EP)
  • 1981: Live (EP) (enthält Studioaufnahmen, keine Livestücke)
  • 1981: Heimatfront (indiziert)
  • 1982: Die Deutschen kommen (Samplerbeitrag, indiziert)
  • 1982: 1000 Kreuze
  • 1983: Oktoberrevolution
  • 1983: Verbrannte Erde
  • 1983: The Kids Are United (Split-EP mit The Skeptix)
  • 1986: Jenseits von gut und böse
  • 1993: Die Auferstehung (enthält je zur Hälfte Neuaufnahmen alter Stücke und neue Songs)
  • 1994: Alptraummelodie 2 (Samplerbeitrag)
  • 1994: Das 7. Zeichen
  • 1996: Die Stunde der Wahrheit
  • 1996: Spionage / Die kleine Stadt (Single)
  • 1997: Im Westen nichts neues (2CD, enthält nahezu alle Studioaufnahmen der 1980er Jahre)
  • 1998: Blitzkrieg
  • 2002: Wir sind die Türken von Morgen (enthält einen Großteil des Albums Heimatfront, die 2 ersten Singles und ein unveröffentlichtes Bonusstück)
  • 2003: Zurück zur Front
  • 2005: Live in Wien 2004 (PicLP, live in Berlin 28. Juni 2002)
  • 2005: Heimkehr (Live)
  • 2006: Feindkontakt
  • 2009: Krieg der Kulturen

Weblinks


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