Herrenberg-Gültstein

Herrenberg-Gültstein
Wappen
Relief mit Gültsteiner Wappen am Tor zum Vorhof der Peterskirche

Die ehemalige Gemeinde Gültstein ist durch die Gemeindereform in Baden-Württemberg seit dem 5. Juli 1975 einer von heute acht Stadtteilen Herrenbergs. Der Ort hat 3.422 Einwohner (Stand: Juni 2007) und liegt auf einer Höhe von 400 m ü. NN.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Gültstein liegt im oberen Ammertal, 1 bis 2 km von Herrenberg entfernt.

Geschichte

Die erste Nennung Gültsteins findet sich in einer Urkunde des Klosters Lorsch an der Bergstraße von 769. Man nimmt an, dass der Ort im 6. oder 7. Jahrhundert gegründet wurde. Das Patronatsrecht und der meiste Grundbesitz in Gültstein gehörten lange Zeit dem Kloster Hirsau.[1]

1784 kam es zu einem großen Brand, bei dem fast der ganze Ort vernichtet wurde. Das Ortszentrum wurde danach auf einem rechtwinkeligen Grundriss neu angelegt.

Sehenswürdigkeiten

Peterskirche

Die Peterskirche im Winter, vom ehemaligen Rathaus her gesehen

Die Peterskirche (auch Petruskirche genannt) bildet das Zentrum des historischen Ortskerns. Ein erster Vorgängerbau entstand wohl schon um 700. Auf dessen Fundamenten wurde die heutige Kirche zunächst als befestigte Wehrkirche erbaut, die von Befestigungen mit Türmen umgeben wurde. Der romanische Kern des Langhauses und das Erdgeschoss des Turmes mit seinem Tonnengewölbe stammen aus dem 12. Jahrhundert; oft wird die Jahreszahl 1091 genannt[2]. Um 1450 bis 1500 wurden der Hauptteil des Langhauses und der Chor im gotischen Stil errichtet. Nach dem Ortsbrand von 1784, der auch die Peterskirche beschädigt hatte, wurden das Südportal und das oktogonale Obergeschoss des Turmes errichtet; zudem wurden große Teile der umgebenden Befestigung abgetragen,[3] so dass heute nur noch eine ca. 2 m hohe umlaufende Mauer erhalten ist, die einen Gartenhof um die Kirche bildet.

Von der Innenausstattung der Kirche sind neben dem bunt bemalten Sterngewölbe des Chores mit schönen Schlusssteinen vor allem das lebensgroße Kruzifix aus dem 16. Jahrhundert, der Taufstein und die wie ein Blütenkelch geformte Kanzel aus dem 18. Jahrhundert sowie die barocke Orgel (1786) beachtenswert. 1985 wurde ein Fenster auf der Südseite nach Entwürfen von Wolf Dieter Kohler gestaltet, welches das Pfingstwunder, den „wunderbaren Fischzug“ sowie das Bekenntnis des Petrus darstellt. Renovierungen der Kirche fanden zuletzt 1985 und 1989/90 statt.[4] 1991 wurde das 900-jährige Bestehen der Kirche gefeiert; derzeit wird eine Restaurierung der Umfassungsmauer geplant.

Auf der Außenseite der Umfassungsmauer sind einige alte Epitaphien eingemauert. Aus der Glockenstube des Kirchturmes hat man einen schönen Blick über den Ortskern und das Umland.

Schloss Gültstein und Grabkapelle

Der bedeutende Eisenbahningenieur und Unternehmer Otto Kapp von Gültstein (1853–1920) errichtete in den Jahren 1907/1908[5] auf dem damals 5 ha umfassenden Gelände an der Straße nach Kayh (heute Schlossstraße) eine Villa mit separatem Pförtnerhäuschen, die als Schloss Gültstein oder Schlösschen Gültstein bezeichnet wird. Beide Gebäudeteile sind im Stil des Historismus gehalten und bedienen sich überwiegend romanischer Architekturelemente; der äußere Erhaltungszustand ist gut. Das Schloss wurde später erweitert und in ein Erholungsheim umgewandelt; heute beherbergt es ein Tagungszentrum des KVJS und des DV.[6] Die Villa wird von einem weitläufigen Park mit schönem alten Baumbestand, Teichen und Freizeitanlagen umgeben.

Auf dem alten Friedhof ist das ebenfalls 1908[7] erbaute, achteckige Mausoleum im neuromanischen Stil der Familie Kapp von Gültstein bemerkenswert; Otto Kapp hatte es hier direkt an der Eisenbahntrasse Herrenberg–Tübingen errichten lassen und fand darin nach seinem Tod am 19. Oktober 1920 die letzte Ruhe, ebenso wie seine Frau und sein Sohn, die bereits vor ihm gestorben waren.

Weitere Sehenswürdigkeiten

Sehenswert sind im historischen Ortskern weiterhin mehrere gut erhaltene Fachwerkhäuser. Darunter ragt das gegenüber der Kirche stehende ehemalige Rathaus hervor, welches 1786 nach dem Ortsbrand neu erbaut wurde und heute als Bezirksamt dient. Der ebenfalls 1786 errichtete, ehemalige Dorfbrunnen aus Sandstein befindet sich heute in einem privaten Garten an der Kreuzung Altinger Straße/Ammerstraße, ist aber sichtbar.

Wirtschaft und Infrastruktur

Wirtschaft

1965 wurde der erste Industriebetrieb eröffnet; in den nachfolgenden Jahren kam es zu einer Ansiedlung weiterer zum Teil namhafter Unternehmen, v.a. der Firma Rigips.

Verkehr

Gültstein liegt an der Ammertalbahn, die Gültstein werktags jede halbe Stunde, am Wochenende jede Stunde mit Herrenberg bzw. Tübingen verbindet. Auch die dieselben Städte verbindende B 28 ist nur wenige hundert Meter von Gültstein entfernt, ebenso die A 81, deren Ausfahrt Herrenberg fast direkt bei Gültstein liegt.

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Gemeinde

  • Jakob Weimer (1887-1944), Landtags- und Reichstagsabgeordneter

Einzelnachweise

  1. Fritz Heimberger u.a.: Kirchen im Landkreis Böblingen, hrsg. vom Evang. Kreisbildungswerk und dem Kath. Bildungswerk Kreis Böblingen, Schnell & Steiner, München/Zürich 1990, S. 47.
  2. Siehe Website der Stadt Herrenberg.
  3. Kirchen im Landkreis Böblingen, S. 47.
  4. Kirchen im Landkreis Böblingen, S. 47.
  5. Die Angaben divergieren leicht: der Artikel aus der Kreiszeitung/Böblinger Bote (4. August 2003) nennt als Datum 1907, die Website der Stadt Herrenberg spricht von 1908.
  6. Vgl. Website des KVJS und Website des DV mit diversen Erwähnungen
  7. So die Website der Stadt Herrenberg.

Literatur

  • Heinz Erich Walter (Hrsg.): 1200 Jahre Gültstein. Ludwigsburg 1969.

Weblinks

48.57628.87997Koordinaten: 48° 35′ N, 8° 53′ O


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