Hetärengespräche

Hetärengespräche

Hetairikoi dialogoi (griechisch Ἑταιρικοὶ διάλογοι; „Hetärengespräche“) ist der Titel einer Sammlung von fünfzehn dialogischen Miniaturen des Lukian von Samosata, geschrieben wahrscheinlich nach 160 n. Chr.

Die kleinbürgerliche Halbwelt Athens (Hetären, ihre Liebhaber, Nebenbuhlerinnen, Quacksalber, Matrosen) tritt in Alltagsdramen voller Sorgen, Sentimentalität und Komik auf, ihre Akteure reden die attische Gassensprache. Die voneinander unabhängigen Genreszenen drehen sich um den an eine andere Frau verlorenen Freund; um den Liebhaber, der womöglich heiraten wird; um einen ganzen Eifersuchtsreigen; um die syrische Zauberin, die das Objekt des Verlangens verliebt machen soll; um die Freuden der Homoerotik; um die Feinheiten des Hetärenmetiers und die Psychologie der Kundschaft; um die heimkehrenden angeblichen Kriegshelden; um die Philosophie, die liebesunlustig macht; um die Rückgewinnung eines untreuen Liebhabers; um den armen Matrosen, den seine Angebetete wegjagt, weil er immer nur Zwiebeln, Käse und Heringe schenkt.

Obwohl die Hetairikoi Dialogoi nicht datiert sind, lässt sich darauf schließen, dass sie zur Schaffensperiode gehören, in der Lukian nach eigener Aussage ab seinem vierzigsten Lebensjahr Abschied von der sophistischen Epideiktik (reich ausgeschmückten Fest- und Preisreden) nahm und sich in neuen literarischen Formen versuchte. Das gefällige Kurzgespräch voll Witz und derber Milieuschilderung ist unverwechselbar eigener Stil des Lukian. Diese kleine Form, worin sich sokratischer Dialog und Motive der „Neuen KomödieMenandros' verbinden, erscheint neben den Hetairikoi dialogoi in den Theon dialogoi („Göttergesprächen“), den Enhalioi Dialogoi („Meergöttergesprächen“) und im Prometheus. Sie erlaubt die versöhnliche Kritik, sowohl an den Ungereimtheiten und grotesken Seiten der griechischen Götterwelt wie auch an den nur allzu verständlichen Schwächen der Menschen. (In den späten, allerdings auch schon stark menippäisch geprägten Nekrikoi dialogoi, den „Totengesprächen“, wird dann ein bissigerer Ton angeschlagen.)

Der erste Druck erschien 1494 in Florenz, die erste deutsche Übersetzung stammt von Christoph Martin Wieland aus dem Jahr 1788. Die „Hetärengespräche“ stehen am Anfang einer literarischen Tradition. Ihr Motiv, das Gespräch unter Prostituierten über Sorgen und Nöte ihrer Lebens, wurde von Pietro Aretino für seine Kurtisanengespräche (erschienen 1554–1556) aufgenommen, und setzt sich bis in die Moderne fort, so in Heinrich Zilles Hurengesprächen (erschienen 1913).

Literatur

  • Lukian: Gespräche der Götter, Meergötter, Toten und Hetären. Reclam, Ditzingen 1987. ISBN 978-3150011331
  • Kindlers Neues Literatur Lexikon. Kindler Verlag, München 1988. Band 10, S. 686-687. ISBN 3-463-43001-0
  • Konrat Ziegler, Walter Sontheimer und Hans Gärtner: Der Kleine Pauly. DTV, München 1979, Bd. 3, Sp. 773-774. ISBN 3-423-05963-X

Weblinks


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