- Homo clausus
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Homo Clausus (lateinisch für „eingeschlossener, verschlossener Mensch“) ist ein in der Soziologie von Norbert Elias eingeführter Begriff und bezeichnet dort einen Menschen, der in seinem „Inneren“ von der „Außenwelt“ abgeschlossen ist.
Es handelt sich um ein Selbsterfahrungsmuster, das man besonders häufig in sogenannten westlich-individualisierten Zivilisationen vorfindet, in denen die „Wir-Ich-Balance“ nicht ausgewogen ist, sondern deutlich zugunsten des Ichs neigt. In Gesellschaften dieses Typs sind die Ketten funktionaler Interdependenz besonders weit ausdifferenziert und werden dadurch für das Individuum schwer überschaubar. Das Ich kann seine Abhängigkeiten nur begrenzt wahrnehmen und empfindet sich aufgrund der fortgeschrittenen Spezialisierung als entfremdet in seinen Beziehungen zur Außenwelt.
Eine weitere Struktureigentümlichkeit verstärkt zusätzlich dieses relativ unangemessene Selbstbild. Es wird hauptsächlich dort erfahren, wo das Verhalten eine ebenmäßigere, allseitigere und stabilere Selbstkontrolle aufweist. Dieses bedeutet im Eliasschen Zivilisationsverständnis (Über den Prozeß der Zivilisation), dass die Menschen ihre Affekte stärker zügeln können, dieses für alle Bereiche gilt und dass dieses Muster sich verfestigt hat.
Der verinnerlichte Fremdzwang, der überwiegend zum Selbstzwang geworden ist, wird als Begrenzung und Abgetrenntheit des Selbst erlebt, weil er das Individuum verstärkt daran hindert, seine spontanen Affekte auszuleben. Intime Gefühle und affektives Verhalten sind je nach Figuration mehr oder weniger tabuisiert, in besonders formellen Beziehungen wie zum Beispiel am Arbeitsplatz dementsprechend häufiger als im Freundeskreis.
Im Blickpunkt ist nur noch die „eine Seite der Medaille“. Die eigenen Wünsche werden nur dem Selbst zugeordnet, der Zwang, welcher sich scheinbar nur auf das eigene Selbst auswirkt, wird als von Außen begrenzend, nicht aber als auch ursprünglich von dort kommend erfahren. Man sieht nicht mehr die Wechselwirkung zwischen Innen und Außen, dementsprechend fühlt man sich als Monade, die die anderen Menschen als Objekte außerhalb von sich selbst erlebt. Dieser Phantasiepanzer verfestigt die eigene Selbsterfahrung.
Ein oberflächliches Kommunikationmuster verhindert die Einsicht, dass die anderen die gleichen Gefühle haben können wie man selbst. Indem man sich immer weniger über seine vermeintlich ureigensten Gefühle austauscht, verfestigt sich die Vorstellung, man selbst würde nur auf diese Art fühlen können.
Eine Parallele zum Narzissmus lässt sich erkennen. Der Narzisst hält sich für einen besonderen und dementsprechend auch für einen Menschen, der von allen anderen verschieden ist.
Literatur
- Elias, Norbert, Was ist Soziologie?, München 1970
- Elias, Norbert, Engagement und Distanzierung. Arbeiten zur Wissenssoziologie I, hrsg. und übers. von Michael Schröter, Frankfurt/M 1983
- Elias, Norbert, Die Gesellschaft der Individuen, hrsg. von Michael Schröter, Frankfurt/M 1987
- Elias, Norbert, Etablierte und Außenseiter, gemeinsam mit John L. Scotson, übers. von Michael Schröter, Frankfurt/M 1990
Siehe auch:
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