Hubble-Effekt

Hubble-Effekt

Die Hubble-Konstante H0, benannt nach dem US-Astronomen Edwin Hubble, ist eine der fundamentalen Größen der Kosmologie. Sie beschreibt die Expansionsrate des Universums zum heutigen Zeitpunkt. Mittlerweile wird auch häufig der Begriff Hubble-Parameter verwendet, da die Hubble-Konstante keine echte Konstante ist, sondern sich mit der Zeit verändert. Der homogene Vorgang der Expansion wird als Hubble-Fluss bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Die Expansion des Universums wird quantitativ beschrieben durch den Skalenfaktor a(t), dessen zeitliche Entwicklung als Lösung der Friedmann-Gleichungen der relativistischen Kosmologie gegeben ist. Der zeitabhängige Hubble-Parameter beschreibt die Expansionsrate und ist definiert durch

H(t) = \frac{\dot a(t)}{a(t)},

wobei \dot a(t) die zeitliche Ableitung des Skalenfaktors ist. Der heutige Wert des Hubble-Parameters wird als Hubble-Konstante bezeichnet. Der gemessene Wert der Hubble-Konstante liefert die notwendige Anfangsbedingung zur Lösung der Friedmann-Gleichungen.

Im lokalen Universum (also über Entfernungen, die im Vergleich zum Radius des beobachtbaren Universums klein sind) ist die Hubble-Konstante die Proportionalitätskonstante der (näherungsweise) linearen Beziehung zwischen den Entfernungen D von Galaxien und den aus ihren Spektren gemessenen Rotverschiebungen z:

c \cdot z \approx H_0 \cdot D.

Häufig wird das Produkt c \cdot z im Sinne des Dopplereffekts als Fluchtgeschwindigkeit v interpretiert, man erhält dann

v \approx H_0 \cdot D .

Die genaue Beziehung zwischen kosmologischer Rotverschiebung und Entfernung ist nichtlinear und erfordert eine Integration über den zeitlichen Verlauf des Skalenfaktors a(t).

Da Galaxien nicht nur der kosmischen Expansion folgen, sondern zusätzlich eigene Bewegungen von typisch einigen hundert km/s zeigen, müssen viele Galaxien über einen genügend großen Entfernungsbereich untersucht werden, um beide Effekte zu trennen. Die durch die kosmische Expansion bedingte „Geschwindigkeit“ c \cdot z und die kosmologische Rotverschiebung haben einen anderen Ursprung als eine Eigengeschwindigkeit und die mit ihr durch den Dopplereffekt verbundene Rot- oder Blauverschiebung.

Heutige Messungen (siehe unten) ergeben für die Hubble-Konstante H0 in SI-Einheiten einen Wert von 2,3·10−18 s−1. Zumeist wählt man jedoch eine traditionelle Einheit und erhält dann 72 km s-1 Mpc-1. Dieser Zahlenwert ist so zu verstehen: Man beobachtet zwei Galaxien A und B und misst deren Spektrallinien. Unterscheiden sich die Wellenlängen so, dass sich für die Galaxie A ein um 72 km/s höherer Wert c \cdot z ergibt als für B, so sollte die Galaxie A etwa 1 Mpc (das sind etwa drei Millionen Lichtjahre) weiter weg sein als die Galaxie B.

Hubblezeit

Der Kehrwert 1/H0 der Hubblekonstante wird Hubblezeit genannt. Bei gleichförmiger Expansion in einem leeren Universum wäre sie gleich dem Weltalter, d.h. der seit dem Urknall vergangenen Zeit. Je nach dem Gehalt des Universums an Materie, dunkler Materie und dunkler Energie kann die Expansion aber verzögert oder beschleunigt werden, so dass das Weltalter von der Hubblezeit verschieden ist. Für lange diskutierte kosmologische Modelle mit flacher Geometrie und ohne dunkle Energie ist zum Beispiel das Weltalter nur 2/3 der Hubblezeit. Mit den heutigen Messungen des Satelliten WMAP und der 2dFGRS (2-degree Field Galaxy Redshift Survey)(H_0 = 73~{\rm km}/{\rm s / Mpc}, \Omega_m = 0{,}24, \Omega_\Lambda = 0{,}76) ergibt sich eine Hubblezeit von 13,3  Milliarden und ein Weltalter von 13,7 Milliarden Jahren.

Der Vergleich von Weltalter beziehungsweise Hubblezeit und unabhängigen Altersbestimmungen von Himmelsobjekten wie Sternen und Kugelsternhaufen war immer wieder wichtig in der kritischen Bewertung von Messungen der Hubblekonstante und anderer kosmologischer Parameter. Das sich aus diesen Parametern ergebende Weltalter muss größer als das einzelner Objekte sein.

Geschichte

Nach früheren Hinweisen unter anderem von Carl Wilhelm Wirtz war es eine Arbeit von Edwin Hubble aus dem Jahr 1929, die überzeugend einen linearen Zusammenhang zwischen Rotverschiebung und Entfernung von Galaxien darlegte. Hubble ermittelte einen hohen Wert von 500 km s-1 Mpc-1 für die Proportionalitätskonstante. Das entsprechend geringe Weltalter von nur etwa zwei Milliarden Jahren wurde schon bald als problematisch im Vergleich zu Altersbestimmungen von Gesteinen angesehen.

Zu einer ersten deutlichen Korrektur nach unten kam es in den 1950ern nach der Entdeckung verschiedener Sternpopulationen durch Walter Baade. In Unkenntnis dieser Tatsache hatte Hubble in seinen früheren Arbeiten zu geringe Helligkeiten für die Cepheiden angenommen, die er zur Entfernungsbestimmung benutzte.

Weitere Verbesserungen ergaben bald Werte um und unter 100 km s-1 Mpc-1. Die komplexen mehrstufigen Messverfahren führten dann aber zu einer sehr langen und intensiv geführten Debatte von den 1970er bis zu den 1990er Jahren um den genauen Wert der Hubblekonstante. Eine Gruppe um Allan Sandage und Gustav Tammann schlug Werte um 50 km s-1 Mpc-1 vor, während Astronomen wie Gerard de Vaucouleurs und Sidney van den Bergh höhere Werte um 100 km s-1 Mpc-1 bevorzugten. In dieser Zeit bürgerte es sich ein, die Hubblekonstante als H0 = h 100 km s-1 Mpc-1 zu beschreiben und die Abhängigkeit weiterführender kosmologischer Berechnungen vom genauen Wert der Hubblekonstante durch ausdrückliche Angabe ihrer Abhängigkeit vom Faktor h zu verdeutlichen.

Diese Kontroverse ist heute weitgehend beendet. Nach den Endergebnissen des „H0 Key Project“ mit dem Hubble-Weltraumteleskop ergab sich die Hubblekonstante aus der Kombination von vier verschiedenen Methoden zu[1]:

H_0 \approx (72 \pm 8) \ \frac{\rm km}{\rm s \cdot Mpc}

Aus drei Jahren Messungen mit der Raumsonde WMAP und Daten der 2dFGRS ergab sich als Wert für H0[2]:

H_0 \approx (73 \pm 3) \ \frac{\rm km}{\rm s \cdot Mpc}

Messungen mit dem Weltraumteleskop Chandra ergaben für die Hubble-Konstante einen Wert von[3][4]:

H_0 \approx (77 \pm 4) \ \frac{\rm km}{\rm s \cdot Mpc}

Literatur

  • C. Wirtz: De Sitters Kosmologie und die Radialbewegungen der Spiralnebel. In: Astronomische Nachrichten. Band 222, 1924, S. 21.
  • E. Hubble: A Relation Between Distance and Radial Velocity among Extra-Galactic Nebulae. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America. Band 15, Nr. 3, 1929, S. 168.
  • W. Freedman et al.: Final Results from the Hubble Space Telescope Key Project to Measure the Hubble Constant. In: Astrophysical Journal. Band 553, 2001, S. 47.
  • D. N. Spergel et al.: Wilkinson Microwave Anisotropy Probe (WMAP) Three Year Results: Implications for Cosmology. 2006. astro-ph/0603449
  • M. Bonamente et al.: Determination of the Cosmic Distance Scale from Sunyaev-Zel'dovich Effect and Chandra X-ray Measurements of High Redshift Galaxy Clusters. In: Astrophysical Journal. Band 647, 2006, S. 25. astro-ph/0512349

Einzelnachweise

  1. W. Freedman et al.: Final Results from the Hubble Space Telescope Key Project to Measure the Hubble Constant. In: Astrophysical Journal. Band 553, 2001, S. 47.
  2. D. N. Spergel et al.: Wilkinson Microwave Anisotropy Probe (WMAP) Three Year Results: Implications for Cosmology. astro-ph/0603449, 2006.
  3. Chandra Photo-Album: Galaxy Clusters & the Hubble Constant, 6. August 2008.
  4. M. Bonamente et al.: Determination of the Cosmic Distance Scale from Sunyaev-Zel'dovich Effect and Chandra X-ray Measurements of High Redshift Galaxy Clusters. In: Astrophysical Journal. astro-ph/0512349, 20. August 2006.

Weblinks


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