Hubschrauber mit seitlichen Rotoren

Hubschrauber mit seitlichen Rotoren

Hubschrauber, deren Rotoren sich an seitlichen Auslegern drehen, standen am Anfang der Entwicklung von Luftfahrzeugen ihrer Art. In der Mitte der dreißiger Jahre wurden in Deutschland die ersten konstruiert und gebaut, die zu dieser Gruppe gehören. Es waren Henrich Focke und wenig später Anton Flettner, die mit ihren Entwürfen die ersten gebrauchsfähigen Hubschrauber schufen. Zwei davon, die Fa 223 und die Fl 282 kamen sogar bis zur Serienfertigung, die allerdings durch Kriegseinwirkung mehrfach verzögert oder unterbrochen wurde. Nach dem Krieg wurde das Prinzip von Unternehmen in verschiedenen Ländern übernommen. Es setzte sich aber schließlich doch nicht durch. Erst in neuerer Zeit erhielt es bei Wandelflugzeugen wieder Bedeutung, die mit Kipprotoren ausgestattet sind.

Mil Mi-12

Inhaltsverzeichnis

Vorteile

  • Die beiden seitlich angeordneten, sich in gleicher Ebene gegensinnig bewegenden Rotoren ergeben eine perfekte Symmetrie ohne Querkräfte. Sie ist auch Voraussetzung für die Anwendung bei Wandelflugzeugen, weil sie beim Kippen der Rotorebene bis zu 90° nach vorn erhalten bleibt. Das gilt allerdings nicht für Flettner-Doppelrotoren, bei denen die Drehachsen der Rotoren so weit zur Rumpfmitte hin verschoben sind, dass keine seitliche Ausleger mehr gebraucht werden.
  • Die Rotoren haben gegenüber einem Einrotorhubschrauber mit derselben Tragfähigkeit einen kleineren Durchmesser. Sie können so bei gleicher Blattspitzengeschwindigkeit schneller drehen mit kleinerem Einstellwinkel, aus dem weniger Blattwiderstand und geringerer Leistungsaufwand folgt. Außerdem können die Blätter leichter gehalten werden.
  • Jeder Rotor bewegt seine eigene Luftmenge ohne gegenseitige Beeinflussung. Auch das bedeutet einen geringeren Aufwand an Gesamtleistung im Vergleich zu Tandemhubschraubern. Allerdings gilt dies nicht für die Flettner-Rotoren wegen ihrer sehr großen Überdeckung.

Nachteile

  • Die beiderseitigen Traggerüste ergeben, trotz aller Bemühungen die Fachwerkteile möglichst strömungsgünstig zu verkleiden, einen verhältnismäßig hohen Stirnwiderstand, der sich auf die erreichbare Geschwindigkeit auswirkt. Das gilt zwar nicht für Flettner-Doppelrotoren, doch ergibt sich dort der Nachteil, dass die Rotorblätter an den Seiten weit nach unten schlagen.
  • Um Verlust an Steuerweg in der Nickachse möglichst zu vermeiden, ist bei dieser Rotoranordnung, genau wie beim Einrotorhubschrauber, nur ein recht kleiner Schwerpunktsbereich möglich und zulässig. Das heißt, dass die Verteilung der Ladung in der Längsrichtung sehr sorgfältig vorgenommen und überwacht werden muss.
  • Obwohl kein Drehmoment auszugleichen ist, braucht ein Hubschrauber dieser Konzeption dennoch ein mit einem möglichst großen Hebelarm ausgestattetes Heckteil mit einer Höhenflosse und einem normalen, meist recht großen Seitenleitwerk, die beide zweckmäßigerweise trimmbar gestaltet sein sollten. Sie sind beide für den schnelleren Vorwärtsflug notwendig, weil die seitliche Rotoranordnung keinerlei Richtungsstabilität ergibt. Auch für die Autorotationslandung ist die Leitwerkswirkung wichtig.

Steuerung

Hanna Reitsch fliegt mit der Fw 61 V2

Bei den beiden Focke-Hubschraubern und weitgehend auch bei den Flettner-Mustern bewirkt die Knüppelbewegung in der Querrichtung entgegengesetzte kollektive Blattverstellung an den Rotoren und damit Bewegung um die Rollachse. Durch Steuereingaben in der Längsrichtung werden beide Rotorebenen durch zyklische Blattverstellung gleichsinnig nach vorne oder hinten geneigt. Für die Drehung um die Hochachse (Gierachse) wird mit Hilfe der Pedale eine gegensinnige Neigung beider Rotorebenen nach vorn beziehungsweise nach hinten erreicht. Für die Vertikalbewegung gab es noch keinen eigenen Hebel, diese wurde mit dem Gashebel, also über die Rotordrehzahl, geregelt. Ein weiterer Hebel zum Schalten in den Autorotationszustand war noch vorhanden. Der Wechsel in den Autorotationszustand war nicht umkehrbar, es musste dann also mit Autorotation gelandet werden.

Gebaute Muster mit seitlichen Auslegern

Gebaute Muster nach dem Flettner-Prinzip

Literatur

  • Besser, Technik und Geschichte der Hubschrauber, Bernard & Graefe, ISBN 3-7637-5408-3
  • von Gersdorff/Knobling, Hubschrauber und Tragschrauber, Bernard & Graefe, ISBN 3-7637-5273-0
  • Coates/Carbonel, Helicopters of the Third Reich, Ian Allan Publishing, ISBN 1-903223-24-5

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