Hydroxypropansäure

Hydroxypropansäure
Strukturformel
Milchsäure
Allgemeines
Name Milchsäure
Andere Namen
  • 2-Hydroxypropansäure
  • 2-Hydroxypropionsäure
  • (RS)-Milchsäure
  • (R)-Milchsäure
  • (S)-Milchsäure
Summenformel C3H6O3
CAS-Nummer 50-21-5
10326-41-7 (D-Milchsäure)
79-33-4 (L-Milchsäure)
598-82-3 (Racemat)
ATC-Code

G01AD01

Kurzbeschreibung farblose, fast geruchlose, ölige Flüssigkeit (Racemat) [1]
Eigenschaften
Molare Masse 90,08 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig (Racemat)
fest (D-Milchsäure) [1]

Dichte

1,21 g·cm–3 (Racemat) [1]

Schmelzpunkt
  • 18 °C (Racemat)
  • 26 °C (Enantiomere) [2]
Siedepunkt

122 °C (20 hPa) (Racemat) [1]

Dampfdruck

10 Pa (25 °C) [1]

pKs-Wert

3,86

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung [1]
Reizend
Reizend
(Xi)
R- und S-Sätze R: 38-41
S: 26-39
Bitte beachten Sie die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln
LD50

3543 mg·kg-1 (Ratte, oral) [3]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Milchsäure (lat. acidum lacticum) ist eine chemische Verbindung, die ein wichtiges Zwischenprodukt im Stoffwechsel darstellt. Milchsäure ist zum Beispiel ein Produkt beim Abbau von Zuckern durch anaerobe Glycolyse.

Die Milchsäure wird auch als 2-Hydroxypropionsäure bezeichnet, nach den Nomenklaturempfehlungen der IUPAC ist jedoch 2-Hydroxypropansäure zu verwenden. Ihre Halbstrukturformel lautet CH3–CHOH–COOH. Die Salze der Milchsäuren heißen Lactate. In der Biochemie bezeichnet Lactat auch einfach nur das Anion der Milchsäure.

Die D-(−)-Milchsäure [Synonym: (R)-Milchsäure] wird auch als linksdrehende Milchsäure, die L-(+)-Milchsäure [Synonym: (S)-Milchsäure] auch als rechtsdrehende Milchsäure bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Milchsäure wurde 1780 von Scheele in saurer Milch entdeckt. Die Fleischmilchsäure [L-(+)-Milchsäure] wurde von Jöns Jakob Berzelius im Jahr 1808 entdeckt und ihre Struktur 1873 von Johannes Wislicenus aufgeklärt. 1895 machte Boehringer Ingelheim die bahnbrechende Entdeckung, dass Milchsäure mit Hilfe von Bakterien in großen Mengen hergestellt werden konnte – so wurde das Unternehmen zum Pionier der „biotechnischen“ Herstellung in großem Maßstab.

Vorkommen

L-(+)-Milchsäure kommt im Schweiß, Blut, im Muskelserum, der Niere, Galle und im Speichel vor. Das Racemat, d. h. die Mischung aus D- und L-Form der Milchsäure, stammt aus Sauermilchprodukten, Tomatensaft, Bier.

Eigenschaften

Der spezifische Drehwert der L-Milchsäure beträgt +2,6° (c = 2,5 in H2O bei 21–22 °C).

Milchsäure bildet intermolekulare Ester. Unter Abspaltung von je einem Mol Wasser entsteht als einfachste Verbindung Lactoylmilchsäure. Diese kann mit weiteren Milchsäuremolekülen zu Polymilchsäure weiterverestern. Die hierbei entstehenden Makromoleküle erreichen jedoch keine technisch relevanten Kettenlängen. In wässriger Milchsäurelösung liegt ein chemisches Gleichgewicht zwischen Milchsäure und ihren Estoliden vor. In 90-%iger Milchsäurelösung findet man etwa 70 % als freie Säure und 20 % als ihre Estolide vor. Aus zwei Milchsäuremolekülen entstehen unter Ringschluss und Abspaltung von zwei Wassermolekülen Dilactid mit einem sechsgliedrigen Ring (Dilacton). Diese Verbindung ist in wässriger Milchsäurelösung jedoch nicht enthalten. Aus Dilactiden lassen sich mittels Ringöffnungspolymerisation hochwertige Polyester erzeugen. Der entstehende Kunststoff ist biologisch abbaubar und zudem immunologisch neutral.

Herstellung

Milchsäure (Modell)

Beide reinen Enantiomere der Milchsäure werden kommerziell durch Fermentationsverfahren in signifikanten Mengen hergestellt.[4] Biologisch entsteht bei der mikrobiellen Fermentation durch Lactobazillen häufig das Racemat. Die Bakterienstämme werden nach ihrer Eigenart, Glucose entweder nur zu Lactat (homofermentative Stämme) oder auch zu anderen Gärprodukten zu vergären (heterofermentative Stämme), eingeteilt. Technisch erfolgt die Herstellung durch Vergärung von Milch oder Molke durch Lactobacillus casei. Sonst lässt es sich durch Verseifung von 2-Hydroxypropionnitril herstellen.

Verwendung

Milchsäure wird vielen Nahrungsmitteln in Form der Salze Calciumlactat oder Calciumlactatgluconat zur Calciumanreicherung zugesetzt. Als Lebensmittelzusatzstoff trägt sie die Bezeichnung E 270. Milchsäure wird in der Genussmittelindustrie (Brauerei, Bäckerei, als Säuerungsmittel in Süßwaren, vereinzelt in Limonade) aber auch in der Gerberei zum Entkalken von Häuten verwendet. Auch in der Kosmetik wird sie z. B. zur Behandlung von Akne verwendet. Des Weiteren nutzen Imker die Milchsäure zur Behandlung ihrer Bienen gegen die Varroamilbe. Arachnologen verwenden Milchsäure, um die präparierte Epigyne von Spinnenweibchen aufzuhellen und um Gewebereste aufzulösen. Dadurch können sie genauer untersucht werden. Das ist häufig zur Bestimmung der Art notwendig.

Milchsäure ist zudem das Monomer der Polylactide bzw. Polymilchsäuren (PLA). Milchsäure wird heutzutage anstelle von Triclosan in antibakteriellen Flüssigseifen, Reinigern und Geschirrspülmitteln verwendet. Die desinfizierenden Eigenschaften der Milchsäure entfalten sich bei einem pH-Wert 3-4. Bereits bei pH 5 fehlt diese desinfizierende Wirkung. [5] Auch als Kalklöser ist die Milchsäure sehr wirksam. Weitere Anwendungsmöglichkeiten sind in der Textilindustrie und der Druckerei und Färbetechnik gegeben.

Die Pharmazeutische Technologie nutzt Milchsäure beispielsweise, um in Wasser unlösliche basische Arzneistoffe in Salze der Milchsäure (Lactate) umzuwandeln, die dann besser wasserlöslich sind (Beispiel: Ciprofloxacin).[6]

Physiologie

Bei starker Betätigung der Skelettmuskulatur kann es zum Anstieg des Blut-Lactatgehaltes von 5 mg/dl auf 100 mg/dl kommen. Die Ursache ist, dass bei anaeroben Bedingungen, wie beispielsweise bei schneller Betätigung der Skelettmuskulatur, Energie in Form von NAD+ aus der Hydrierung von Pyruvat mittels der Lactatdehydrogenase für die Fortführung der Glykolyse gewonnen werden muss. Die dabei anfallende Milchsäure (Lactat und H+) wird über den Monocarboxylat-Transporter 1 aus den Zellen geschwemmt. Dieser Vorgang wurde früher als Ursache des Muskelkaters verstanden, jedoch wird diese Theorie heute größtenteils als falsch betrachtet.

Für den Menschen ist die rechtsdrehende L-(+)-Milchsäure die physiologische. Oral eingenommen wird sie im Organismus schneller abgebaut als die linksdrehende D-(−)-Milchsäure[7].

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Eintrag zu Milchsäure in der GESTIS-Stoffdatenbank des BGIA, abgerufen am 2. Dez. 2007 (JavaScript erforderlich)
  2. Brockhaus ABC Chemie, F.A. Brockhausverlag Leipzig 1971
  3. Lactic acid bei ChemIDplus
  4. J. Crosby: Chirality in Industry – An Overview, S.10, in Chirality in Industry (Herausgeber: A. N. Collins, G. N. Sheldrake und J. Crosby, Wiley, 1992, ISBN 0-471-93595-6.
  5. http://www.diss.fu-berlin.de/2004/204/litavm.pdf
  6. Axel Kleemann, Jürgen Engel, Bernd Kutscher und Dietmar Reichert: Pharmaceutical Substances, 4. Auflage (2000), 2 Bände erschienen im Thieme-Verlag Stuttgart, ISBN 978-1-58890-031-9, S. 482-484; seit 2003 online mit halbjährlichen Ergänzungen und Aktualisierungen.
  7. Dr. Dieter Thierbach, http://www.rp-online.de/public/article/wissen/umwelt/166072/Was-ist-rechtsdrehende-Milchsaeure.html>

Siehe auch

Weblinks


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