- I. Orthographische Konferenz
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Die Konferenz zur Herstellung größerer Einigung in der deutschen Rechtschreibung, später auch Erste Orthographische Konferenz genannt, wurde 1876 vom preußischen Kultusminister Adalbert Falk in Berlin einberufen, um eine einheitliche Rechtschreibung im 1871 gegründeten Deutschen Reich herzustellen. Vom 4. bis 15. Januar 1876 diskutierten 14 Spezialisten über „Sprache und Orthographie“. Basis der Diskussion war ein Entwurf des Germanisten Rudolf von Raumer, aus dem die wesentlichen Eckpunkte in den Beschluss übernommen wurden. Dieser wurde jedoch wegen der als zu weitgehend kritisierten Änderungen nicht umgesetzt; insofern war die Konferenz gescheitert.
Inhaltsverzeichnis
Vorgesehene Änderungen der Rechtschreibung
Es wurden folgende Änderungen der Orthographie vorgesehen:[1]
- So sollten die nach Tausenden zählenden Verba auf iren, ieren nun alle mit ie geschrieben werden, also: stolzieren, inspizieren, nicht: stolziren, inspiziren.
- Ferner sollte das th, das in deutschen Wörtern wie Zierat, Armut längst wankend geworden war, jetzt im Auslaut und in den Endungen tum, tüm ganz wegfallen und nur im Anlaut vor einfachen Vokalen stehen bleiben, also: Glut, Not, Atem, Altertum, Ungetüm, auch Teil, verteidigen; aber That, Thor, Unterthan wie bisher.
- Die Vokalverdoppelung sollte in Wörtern wie Ware, Schar beseitigt werden, aber in scheel, Paar etc. bleiben.
- Die häufige Endung niß, z. B. in Gleichniß, sollte durchgehends nis geschrieben werden.
- Pluralformen, wie Theorieen, Sympathieen, sollten wieder allgemein mit doppeltem e geschrieben werden, also nicht Theorien, Sympathien.
- Die Lautverbindung schst sollte ganz vermieden und z. B. du wäscht, statt du wäschst, geschrieben werden.
- Betreffs der O. der Fremdwörter weicht die neuere bayrische O. von der norddeutschen ab, insofern sie z für c in weiterm Umfang einführt, z. B. auch in Zivil, Zentrum, für Civil, Centrum.
Konferenzteilnehmer
- Karl Bartsch (1832–1888), Philologe
- O. Bertram
- Konrad Duden (1829–1911), Philologe und Begründer des gleichnamigen Wörterbuches
- Frommann
- Höpfner
- Imelmann
- Klix
- Kraz
- Kuhn
- Rudolf von Raumer (1815–1876), Sprachforscher
- Daniel Sanders (1819–1897), Lexikograph und Sprachforscher
- Wilhelm Scherer
- Theodor Töche, Verleger (E. S. Mittler & Sohn)
- Wilhelm Wilmanns (1842–1911), Germanist
Literatur
- Verhandlungen der orthographischen Konferenz zu Berlin. Halle, 1876.
- Dieter Nerius: Deutsche Orthographie. Olms, Hildesheim, 2006, ISBN 3-487-13184-6.
- Dieter Nerius (Hrsg.): Entwicklungstendenzen der deutschen Sprache seit dem 18. Jahrhundert. Zentralinstitut für Sprachwissenschaft, Berlin, 1983.
- Dieter Nerius (Hrsg.): Studien zur Geschichte der deutschen Orthographie. Olms, Hildesheim, 1992, ISBN 3-487-09626-9.
- Dieter Nerius (Hrsg.): Die orthographische Konferenzen 1876 und 1901. Olms, Hildesheim, 2002, ISBN 3-487-11444-5.
- Wolfgang Ullrich Wurzel: Konrad Duden, Leipzig, 1979.
Einzelnachweise
Siehe auch
- II. Orthographische Konferenz
- Heysesche s-Schreibung
- Regeln für die deutsche Rechtschreibung (amtliche Werke)
Dieser Artikel basiert auf einem gemeinfreien Text („public domain“) aus Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage von 1888–1890. Bitte entferne diesen Hinweis nur, wenn Du den Artikel so weit überarbeitet oder neu geschrieben hast, dass der Text den aktuellen Wissensstand zu diesem Thema widerspiegelt und dies mit Quellen belegt ist, wenn der Artikel heutigen sprachlichen Anforderungen genügt und wenn er keine Wertungen enthält, die den Wikipedia-Grundsatz des neutralen Standpunkts verletzen.
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