Altonaer Hafenbahn

Altonaer Hafenbahn
Tunnel der Altonaer Hafenbahn ("Schellfischtunnel") kurz hinter dem Südportal in nördlicher Richtung

Der Altonaer Hafenbahntunnel (im Volksmund: Schellfischtunnel) ist ein Eisenbahntunnel in Hamburg-Altona. Er ist 951 m lang und verbindet den Altonaer Bahnhof mit dem unterhalb des Geesthangs an der Elbe gelegenen Altonaer Fischereihafen; er ist seit den 1990er Jahren nicht mehr in Betrieb.

Inhaltsverzeichnis

Der Vorgänger: die „Schiefe Ebene“

Der Tunnel ersetzte eine oberirdische Verbindung, die 1845 in Betrieb genommen wurde, um den Warenumschlag zwischen Wasser und Schiene zu beschleunigen. Damals wurden die Güterwagen auf Rollböcke umgesetzt und per Seilaufzug – anfangs mit einem Pferdegöpel, ab 1849 mit Dampfkraft – über eine 210 m lange Schiefe Ebene mit 15%iger Steigung zum Bahnhof der 1844 eröffneten König Christian VIII. Ostseebahn geschleppt. Diese Aufzugseinrichtung war bis 1879 in Betrieb und gehörte ebenso wie die Bahnstrecke nach Kiel der Altona-Kieler Eisenbahn-Gesellschaft.

Eine weitere "Bahn" gab es in der Kaistraße. Diese hatte jedoch nichts mit dem Eisenbahnnetz zu tun; sie diente dem Gütertransport zur Entlastung der Pferdefuhrwerke auf dieser steilen Straße. Diese zunächst mit Pferden betriebene Bahn wurde später mit Gleichstrom elektrifiziert.

Der „Schellfischtunnel“

verschlossenes Südportal des Schellfischtunnels

Der eingleisige Tunnel wurde am 18. Januar 1876 auf einer Länge von 395 m zwischen dem Elbufer und dem Altonaer Bahnhof eröffnet. Er überwindet dabei einen Höhenunterschied von 30 m. Mit der Verlegung des Bahnhofs nach Norden an seinen heutigen Standort wurde auch der Tunnel bis 1895 entsprechend verlängert. Er wurde ausschließlich für den Güterverkehr genutzt. Der nördliche Tunnelmund auf der Ostseite des Altonaer Bahnhofs dient seit 1979 als LKW-Zufahrt zum Keller des benachbarten Kaufhauses; dabei handelte es sich um einen der wenigen unterirdischen Bahnübergänge weltweit. Der Tunnel folgt der Hauptverkehrsstraße Max-Brauer-Allee südwärts bis zum Neuen Altonaer Rathaus; kurz davor wird er von der Tunnelstrecke (City-S-Bahn) der S-Bahn unterquert. Auf Höhe des ehemaligen Altonaer Bahnhofs (Südflügel des heutigen Rathauses)53.5466666666679.93583333333337Koordinaten: 53° 32′ 48″ N, 9° 56′ 9″ O schwenkt er nach Südwesten und tritt kurz danach unterhalb des Altonaer Balkons am steilen Geestabhang zu Tage.

Unterhalb des Tunnels setzte sich das Gleisnetz der Altonaer Hafenbahn fort, das an seinen Enden vom ehemaligen Union-Kühlhaus, inzwischen ein Seniorenwohnstift der Augustinum-Gruppe am heutigen Museumshafen Övelgönne im Westen bis kurz vor den Altonaer Fischmarkt im Osten reichte.

Zwischen 1911 und 1954 war die Altonaer Hafenbahn mit Oberleitung elektrifiziert. Der Strom wurde von der Hamburger S-Bahn bezogen, die zu dieser Zeit mit Einphasenwechselstrom mit einer Spannung von 6,3 kV und einer Frequenz von 25 Hz fuhr. Die Stromversorgung erfolgte über das bahneigenene Kohlekraftwerk in der Leverkusenstraße im Altonaer Stadtteil Bahrenfeld. Für den Betrieb wurden nacheinander drei Elektrolokomotiven angeschafft (die erste wurde frühzeitig wieder abgestellt), die in die Baureihe E 73 der Deutschen Reichsbahn eingereiht waren.

Anfang der 1930er Jahre wurde das Tunnelgewölbe im von 1876 stammenden südlichen Abschnitt komplett erneuert. Der Tunnel diente während der Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg vielen Altonaern als inoffizieller Luftschutzbunker.

Nachdem 1992 der letzte gewerbliche Nutzer Transthermos seinen Betrieb verlagerte, wurde die Hafenbahn stillgelegt und der Tunnel an seinem Südportal mit einem Eisengitter verschlossen. Wegen bestehender Einsturzgefahr wurde 1998 die Achslast auf den darüber führenden Straßen beschränkt. Der Tunnel wurde saniert; dies war kostengünstiger als ein Abbruch oder eine Verfüllung mit Sand.

Überlegungen zu einer Wiedernutzung

Seit Mitte der 1990er Jahre entsteht im Bereich des Altonaer Hafens ein neues Geschäftsviertel. Zu dessen Erschließung wird bis heute immer wieder über eine Reaktivierung des Tunnels für den öffentlichen Personennahverkehr mit Spurbus, Stadtbahn oder ähnlichem spekuliert. Aufgrund der hohen Kosten und der ungünstigen Lage zu anderen Verkehrsmitteln, insbesondere am Altonaer Bahnhof, wurde dies nach einer Untersuchung im April 2005 zunächst verworfen. Im September 2006 hat der damalige Altonaer Bezirksamtsleiter Hinnerk Fock einen erneuten Vorstoß zur Reaktivierung der Tunnelbahn gestartet. Gut ein Jahr später kam ein Gutachten der TU Harburg zu dem Ergebnis, wirtschaftlich sei in dem Tunnel kein öffentlicher Nahverkehr zu betreiben.[1]

Literatur

  • Kulturbehörde Hamburg (Hg.): Der Hafenbahntunnel in Altona. Selbstverlag, Hamburg 1993
  • Erich Staisch (Hg.): Der Zug nach Norden. 150 Jahre Eisenbahnverkehr in Schleswig-Holstein. E. Kabel, Hamburg 1994 ISBN 3-8225-0298-7, insbes. S. 40-45, Kapitel „Die Altonaer Hafenbahn“
  • Verein zur Rettung der Hafenbahn Hamburg-Altona e.V. (Hg.): Der Schellfischtunnel soll leben! Selbstverlag, HH-Altona 1994 (erweiterte Neuauflage von Kulturbehörde Hamburg, 1993)
  • Ulrich Alexis Christiansen: Hamburgs dunkle Welten. Der geheimnisvolle Untergrund der Hansestadt. Ch.Links Verlag, Berlin 2008, ISBN 3-8615-3473-8

Anmerkungen

  1. www.abendblatt.de: Aus für den Schellfischtunnel in Altona (9. November 2007)

Weblinks


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