Iatrus

Iatrus
Lage von Iatrus in Bulgarien
Iatrus (rotes Viereck) - Lage in Bulgarien; Nachbarorte: Swischtow, Bjala, Russe

Iatrus wurde am Anfang des 4. Jahrhunderts n. Chr. als römisches Kastell im Norden des heutigen Bulgariens an der Donau in der Nähe des Dorfes Kriwina an der Mündung des Flusses Jantra in die Donau gegründet und war Teil des Donaulimes.

Der im Balkangebirge entspringende Donauzufluss war bis weit in die Provinz Niedermösien hinein schiffbar, und eine Überwachung des Zuganges daher dringend geboten, seit von Nordosten immer wieder Barbaren – Goten, später auch Hunnen, Slawen, Protobulgaren u. a. – über die Donau in das Römische Reich einfielen. Das Kastell Iatrus war Teil des spätantiken Grenzsicherungssystems an der unteren Donau, im Vorfeld der neu gegründeten Metropole Konstantinopel/Byzanz. Hier war eine etwa 500 Mann starke Reitereinheit stationiert, die der legio I Italica zugeordnet war. In der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts n.  Chr. fanden in Iatrus grundlegende Umbauten statt, die wahrscheinlich mit einem Wechsel der Besatzung zusammenhängen.

Nach einer vollständigen Zerstörung der Anlage durch die Hunnen in den 40er Jahren des 5. Jahrhunderts n. Chr. wurde die Grenzfestung erst um 500 n. Chr. wieder aufgebaut, als Kaiser Anastasios I. (491–518) die Donauverteidigung wieder herstellte. Nach einer weiteren Zerstörung erneuerte Kaiser Justinian I. (527–565) die Festung im Rahmen seines Programmes, die Donauflanke durch einen Festungsgürtel zu sichern. Iatrus war während der Balkanfeldzüge des Maurikios von 591 bis 602 Schauplatz zahlreicher Kämpfe zwischen Römern und Slawen. Die Feldherren Priskos und Petros nutzten Iatrus nebst anderen Festungen als Operationsbasis für zahlreiche Patrouillen entlang der Donau. Bei Iatrus wurde der Feldherr Komentiolos mit seinen unerfahrenen Truppen 598 von den Awaren geschlagen, als er versucht hat, Priskos in Tomis zur Hilfe zu eilen. Im Gegensatz zu der nach 613 von den Slawen eroberten Nachbarfestung Novae/Swischtow hielt sich Iatrus während der Landnahme der Slawen auf dem Balkan noch bis zum Einfall der Protobulgaren als römische Enklave mit zusammengedrängten, ärmlichen Häusern. Die letzten Römer vermischten sich mit den zugewanderten Slawen und Protobulgaren, typisch für die Ethnogenese des bulgarischen Volkes. Als bulgarische Siedlung war Iatrus noch bis zum späten 10. Jahrhundert besiedelt.

Seit 1958 finden in Iatrus Ausgrabungen statt, zuerst durch Archäologen aus der DDR, seit 1992 durch das Deutsche Archäologische Institut, bei denen mehr als die Hälfte des Kastellgeländes untersucht wurde.

Literatur

  • Gerda von Bülow: Das spätantike Kastell Iatrus am Unterdonau-Limes in Bulgarien. Stand und Probleme der Erforschung. In: Bericht der Römisch-Germanischen Kommission. 75, 1994, S. 5–22. . Zabern, Mainz 1995.
  • Michael Whitby: The Emperor Maurice and his Historian – Theophylact Simocatta on Persian and Balkan Warfare. Oxford 1988.

Weblinks

43.63166666666725.5630555555567Koordinaten: 43° 37′ 54″ N, 25° 33′ 47″ O


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