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Imia (Ίμια) Gewässer Mittelmeer Inselgruppe Dodekanes Geographische Lage 37° 2′ 54″ N, 27° 8′ 51″ O37.04832427.147521Koordinaten: 37° 2′ 54″ N, 27° 8′ 51″ O Länge 0,22 / 0,19 km Breite 0,14 / 0,12 km Fläche 0,49 km² Einwohner (unbewohnt) Imia (griechisch Ίμια (n. pl.)) ist die griechische Bezeichnung für zwei kleine unbewohnte Inseln in der östlichen Ägäis, die im Jahre 1996 Gegenstand eines Territorialstreits zwischen Griechenland und der Türkei waren. Der türkische Name der Inseln ist Kardak. Alternative Bezeichnungen sind Limnia (griechisch), İkizce (türkisch), sowie Heipethes auf einigen älteren Karten.
Imia liegt rund 4,5 km östlich der zu den südlichen Sporaden (Dodekanes) zählenden Insel Kalymnos und sieben Kilometer westlich der türkischen Küste bei Bodrum. Es handelt sich um zwei Inseln, einer etwas größeren westlich gelegenen Insel und einer etwas kleineren, die sich etwa einen halben Kilometer östlich befindet. Die Fläche beider Inseln beträgt etwa 40.000 m².
Der Streit um Imia ist Teil eines umfassenderen Konflikts, der sich um die Nutzung des ägäischen Kontinentalschelfs und die Definition der Seegrenzen, aber auch um die Grenzen des jeweiligen Luftraums dreht.
Inhaltsverzeichnis
Konflikt von 1995/96
Während es um andere Aspekte des Ägäis-Streits seit längerem Konflikte gegeben hatte, blieb die Lage um Imia bis 1995 weitgehend ruhig. Anlass für die Eskalation um Imia war ein Vorfall, bei dem ein türkisches Frachtschiff Ende 1995 vor Imia auf Grund lief und geborgen werden musste. Der Vorfall, bei dem sich der türkische Kapitän und die griechischen Behörden um die Zuständigkeit für die Bergung stritten, fand zunächst kaum Beachtung in der Öffentlichkeit. Erst ein Bericht in der griechischen Zeitung Gramma am 20. Januar 1996, ein Tag nach der Vereidigung des neuen griechischen Premierministers Kostas Simitis, brachte den Stein ins Rollen. Die Sache wurde intensiv in den Medien diskutiert und der Bürgermeister von Kalymnos und ein Priester begaben sich am 26. Januar nach Imia, um dort eine griechische Flagge aufzupflanzen. Daraufhin ließen sich einige türkische Journalisten mit einem Hubschrauber nach Imia fliegen, entfernten die griechische Flagge und setzten an ihre Stelle eine türkische, wobei sie sich live für das türkische Fernsehen filmen ließen. Die griechische Regierung beorderte daraufhin ein Schiff ihrer Kriegsmarine nach Imia und ließ die türkische Flagge am 30. Januar wieder entfernen. Es kam zu einem heftigen verbalen Schlagabtausch zwischen der türkischen Regierungschefin Tansu Ciller und Simitis. Die Flotten beider Staaten wurden in Alarmbereitschaft versetzt, die Türkei ließ die Inseln durch eine militärische Einheit besetzen, ein griechischer Hubschrauber stürzte bei einem Beobachtungsflug nahe Imia ab, wobei von griechischer Seite türkischer Beschuss dafür verantwortlich gemacht wurde; offiziell wurde dieser Vorfall aber nicht weiter kommentiert, um die angespannte Lage nicht noch weiter aufzuheizen.
Um zwischen beiden Seiten zu vermitteln, schaltete sich der US-Diplomat Richard Holbrooke und NATO-Generalsekretär Javier Solana ein. Daraufhin zogen sich die türkischen und griechischen Kriegsschiffe aus dem Gebiet um Imia zurück. Der Gebietsstreit blieb im übrigen aber unbereinigt.
Griechenland und die Türkei sind seit Jahrzehnten in einen kostspieligen Rüstungswettlauf verstrickt. 1999 begann ein Dialog, mit dem Athen die Hoffnung verband, dieses Wettrüsten beenden zu können. Als sich diese – etwa 2008 – zerschlug, begann Griechenland Verhandlungen mit Waffenlieferanten, um unter anderem 6 Fregatten, 17 Hubschrauber (geschätzte Kosten einschließlich Bewaffnung: rund 3,7 Mrd. Euro) und 5 Aufklärungsflugzeuge für die Marine (250 Mio. Euro) zu kaufen. Zudem verhandelt Athen mit Russland über die Lieferung von 415 Schützenpanzern.
In seinem neuen Buch beschreibt der ehemalige griechische Ministerpräsident Simitis die Konfrontation zwischen der Türkei und Griechenland um die Insel Imia (türk. Kardak). Das Telefongespräch von Ministerpräsident Simitis mit dem Admiral Limberis:
31.Januar 1996
23.30 Uhr
Simitis: Wird die zweite Insel (Felsen) beschützt? Limberis: Ja natürlich. Simitis: Haben wir Kommandoeinheiten auf den Inseln? Limberis: Nein, aber die Inseln sind mit unserer Marine umzingelt, kein türkisches Schiff kommt da durch.
1.40 Uhr
Simitis: Baykal (Anmk. türkischer Politiker) hat gesagt, das türkische Kommandoeinheiten auf der zweiten Insel wären. Können sie das bestätigen? Limberis: Sehr verehrter Herr Ministerpräsident glauben sie mir, das ist eine Lüge. Simitis: Kontrollieren sie das trotzdem noch einmal. Könnten sie (Anmk. Türken) vielleicht mit Hubschraubern dort gelandet sein? Limberis: Nein. Ein Hubschrauber kommt da nicht durch.
3.30 Uhr
Simitis: Die Amerikaner sagen, das die Türken auf der zweiten Insel gelandet wären. Wenn sie angeblich nicht mit Schiffen dort durchkommen, wie kann das sein? Limberis: Ich vermute sie haben Uboote eingesetzt. Simitis: Könnten wir erfolgreich auf die zweite Insel Kommandoeinheiten befördern? Limberis: Die Erfolgsaussichten dafür wären sehr gering.
5.05 Uhr
Limberis: Hiermit kann ich offiziell bestätigen, die Türken sind auf der Insel. Simitis (sehr erregt): Die Türken haben diese Operation bewerkstelligt, indem sie durch unser Nasenloch geschlüpft sind.
Historische Grenzregelungen
Die Südlichen Sporaden gehörten bis zum türkisch-italienischen Krieg zum Osmanischen Reich, das 1912 den Dodekanes an Italien abtreten musste. Eine endgültige Regelung über den Besitz der Inseln traf dann der Friedensvertrag von Lausanne am 24. Juli 1923. Darin stimmte die Türkei der Abtretung des Dodekanes an Italien zu. Nach der Niederlage Italiens im Zweiten Weltkrieg gingen dessen Rechte an den Inseln auf Griechenland über (Pariser Friedenskonferenz 1946). Weder der Vertrag von Lausanne noch der von Paris zählen aber alle betroffenen Inseln auf, sodass nicht eindeutig geklärt ist, inwieweit auch Imia unter den Souveränitätsverzicht der Türkei auf den Dodekanes fällt.
Im Vertrag von Lausanne heißt es in Artikel 12, dass die Souveränität für einen Streifen von 3 Seemeilen vor der türkischen Küste bei der Türkei verbleibe, soweit anderweitig keine davon abweichenden Regelungen bestehen. Artikel 15 hält fest, dass die Türkei auf die 13 größten namentlich aufgezählten Dodekanes-Inseln verzichtet, sowie „auf die diesen benachbarten Inseln“. Imia liegt knapp außerhalb der 3-Meilen-Zone, ist allerdings auch nicht offensichtlich anderen Dodekanes-Inseln „benachbart“ im Sinne des Artikels 15 – die türkische Seite verweist darauf, dass sich Imia näher an der türkischen Küste als an Kalymnos, der nächsten Insel, die explizit im Vertrag erwähnt wird, befinde und dass Imia daher, wenn schon nicht explizit als Besitz der Türkei, so doch zumindest als eine Insel zu betrachten sei, zu der der Vertrag keine endgültige Regelung getroffen habe. Griechenland dagegen argumentiert, dass aus dem Kontext heraus klar sei, dass die Türkei keinen Anspruch jenseits der 3 Meilen erheben könne.
Nach dem Abschluss des Lausanner Vertrages kam es vereinzelt zu unterschiedlichen Interpretationen zwischen Italien und der Türkei (die aber nicht direkt Imia betrafen). Um dies zu bereinigen, haben beide Seiten im Jahre 1932 in Ankara ein Protokoll unterzeichnet. Das Protokoll, das von Vertretern der beiden Außenministerien unterzeichnet wurde, legte die Grenze, dokumentiert durch entsprechende kartographische Darstellungen, genau fest; Imia wurde dabei Italien zugesprochen. Die Türkei wies im späteren Imia-Konflikt darauf hin, dass das Protokoll nicht den Status eines völkerrechtlichen Vertrags gehabt habe, die griechische Seite sieht darin dennoch eine bindende Vereinbarung und das damalige Eingeständnis der türkischen Seite, dass auf Imia verzichtet werde. Im Jahre 1950 waren außerdem die Grenzen des Luftraumes für den Flugverkehr vereinbart worden. Im entsprechenden Abkommen wird auf die gegenseitig anerkannten Meeresgrenzen hingewiesen; für die griechische Seite ein Hinweis darauf, dass von vertraglich nicht festgelegten Hoheitsrechten über einzelne Inseln keine Rede sein könne. Entsprechende Karten zum Abkommen zeigen Imia als zu Griechenland gehörig. Die Türkei hält dagegen, dass es 1950 nicht um Souveränitätsfragen gegangen sei.
Tatsächliche Akte der Souveränitätsausübung hat es in Bezug auf Imia vor 1995 kaum gegeben, da die Inseln als zu unbedeutend angesehen wurden. Sie waren nie besiedelt und wurden auch sonst in keiner Weise vom Menschen genutzt. Anders verhält es sich dagegen bei mehreren anderen Ägäis-Inseln, auf die die Türkei Anspruch erhebt. Einige dieser Inseln sind bewohnt, andere weisen Leuchttürme u. ä. auf, wobei die Nutzung stets auf griechische Zugehörigkeit hinweist.
Was kartographische Darstellungen vor 1995 angeht, so zeigen die meisten (auch türkischen) Karten Imia als griechischen Besitz, doch hat es hier zum Teil auch Unklarheiten und Verwechslungen gegeben; so fand sich auf griechischen topographischen Karten die nahegelegene Insel Zouka als griechischer Besitz markiert, obwohl diese innerhalb der türkischen 3-Meilen-Zone liegt. Die griechische Seite gestand dies als technischen Fehler ein und erklärte, das Zouka in der Tat zur Türkei gehöre. Somit spiegelten kartographische Darstellungen oft eher widersprüchliche Angaben aufgrund technischer Unsicherheiten als die tatsächliche rechtliche Situation wider, wurden aber zugleich zur Begründung rechtlicher Ansprüche verwendet.
Dritte Staaten haben sich aus der rechtlichen Bewertung der Hoheitsfrage bislang weitgehend herausgehalten.
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
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