Intentio operis

Intentio operis

Unter intentio operis wird im Gegensatz zu intentio auctoris (der dem Verfasser eines Textes unterstellten Absicht) sowie intentio lectoris (der Absicht des jeweiligen Lesers) die genuine Absicht des Textes selbst bezeichnet. Dieser kann - durch stilistische Schwächen etc. - beispielsweise die Aussageabsicht seines Verfassers desavouieren; er kann aber auch, insbesondere im Bereich der Literatur ist dies der Fall, tatsächlich programmatisch Spracharbeit sein, die von den Meinungen des Autors abweichen soll. "Eine Rose ist eine Rose, ein Text ist ein Text - gerade deshalb, weil das nicht so ist, gibt es die Hermeneutik" (U. Japp), so heißt es in der Literaturtheorie.

Im Text kann schließlich auch der Eigenwille der Schrift begründet sein, nicht auf eine intentio operis zu zielen, sondern auf die Verhandelbarkeit jeder Intention; dies hat der Wiener Germanist Martin A. Hainz als intentio scripturae bezeichnet - der Begriff soll dem von Derrida formulierten Sachverhalt Rechnung tragen, dass Schrift Temporalisation und Mittelbarkeit zeitigt, Lektüre also immer auch Intervention - mit Derrida: "Messianisches ohne Messianismus", mit Walter Benjamin: "Nachreife auch der festgelegten Worte" - bedeutet:

"(D)ie Differenz zu entfalten ist die Freiheit, zu der die Schrift selbst bestimmt ist, falls man dies noch eine Bestimmung heißen mag. An der Stelle der intentio operis steht die intentio scripturae." (Martin A. Hainz)

Literatur

  • Jacques Derrida: Die Schrift und die Differenz. Aus dem Französischen von Rodolphe Gasché. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1972. stw 177. 451 S. (ISBN 3-518-57341-1)
  • Ders.: Grammatologie. Aus dem Französischen von Hans-Jörg Rheinberger und Hanns Zischler. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1983 (Paris, 1967). stw 417. 541 S. (ISBN 3-518-28017-1)
  • Ders.: Préjuges. Vor dem Gesetz. Aus dem Französischen von Detlef Otto und Axel Witte. Wien: Passagen Verlag 1992 (=Edition Passagen 34)
  • Martin A. Hainz: Intentio scripturae? Zu Offenbarung und Schrift, bei Klopstock sowie in Derridas Kafka-Lektüre. In: TRANS · Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften, Nr. 16/2005

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