Iroha-jun

Iroha-jun

Iroha ist die Abkürzung für Iroha-uta いろは歌 伊呂波歌. Es ist ein japanisches Gedicht, das ein perfektes Pangramm ergibt. Es diente in Japan als Ordnungsschema für die zur Entstehungszeit, der Heian-Zeit, verwendeten 47 Zeichen der Silbenschrift Hiragana. Es enthält jedes Zeichen dieses Silbenalphabets genau einmal (einschließlich der heute veralteten Zeichen we und wi, aber ohne das erst später eingeführte Zeichen n, das die Endsilbe -mu ersetzt). Es diente zugleich als Übungstext zur Niederschrift des Hiragana-Zeichensatzes.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft

Der Autor ist unbekannt, i.a. wird die Autorschaft aber dem buddhistischen Gelehrten Kūkai (空海, 774-835) zugeschrieben, der unter dem posthumen Namen Kôbô Daishi heute noch verehrt wird. Als Entstehungszeit des Gedichtes wird aber heute die Heian-Zeit angesehen, da es in dem zu dieser Zeit gehörenden Stil verfasst wurde. Sicher nachgewiesen wurde es erst im Jahr 1079. Das Gedicht greift in freier Übersetzung einen Gedanken aus einer Sutra des Buddhismus, der Nirwana-Sutra, Mahâparinirvana-Sûtra, japanisch: Daihan Nehan-gyô auf.

Wortlaut

Das Iroha-Gedicht besteht aus vier Doppelversen. Jeweils in der obersten Zeile ist der Textsinn in heutigem Japanisch aufgeführt, nebenstehend die Lautumschrift nach dem Hepburn-System; darunter die originale Schreibweise mit Lautumschrift.

色 は 匂 へ ど iro wa nioedo
い ろ は に ほ へ と
i ro ha ni ho he to


散 り ぬ る を chiri nuru (w)o
ち り ぬ る を
chi ri nu ru wo


我 が 世 誰 ぞ waga yo tare zo
わ か よ た れ そ
wa ka yo ta re so


常 な ら ん   tsune naran
つ ね な ら む
tsu ne na ra mu


有 為 の 奥 山 ui no okuyama
う ゐ の お く や ま
u wi no o ku ya ma


今 日 越 え て kyô koete
け ふ こ え て
ke fu ko e te


浅 き 夢 見 じ asaki yume miji
あ さ き ゆ め み し
a sa ki yu me mi shi


酔 ひ も せ ず   ei mo sezu
ゑ ひ も せ す
we hi mo se su

Näheres dazu im Artikel Hiragana.

Übersetzungsvarianten

Der Sinn des Gedichtes, das die Vergänglichkeit dieser Welt behandelt, die der Dichter hinter sich lässt, ist zwar noch zu erfassen, in den Details weichen die Übersetzungen aber voneinander ab[1]. Dem japanischen Text eng angelehnt lautet der Inhalt wie folgt:

Obgleich die Farben (der Blüten) duften, sind sie (doch) abgefallen. Was ist (schon) im Laufe unserer Welt beständig! Die fernen Berge der Vergänglichkeit (des Wandels) überschreitend, gibt es keinen seichten Traum mehr, keine Befangenheit im Rausche.

Natürlich kann die Übersetzung in eine andere Sprache nicht den Zweck, die vorkommenden Buchstaben und Zeichen der Zielsprache wiederzugeben, erfüllen, schon gar nicht in der idealen Weise, dass jeder Buchstabe nur einmal vorkommt. Der Sinngehalt kommt aber in der folgenden Übertragung[2] zur Geltung, die alle Buchstaben des deutschen Alphabets einschließlich des ß und der Umlaute, zudem alle Satzzeichen, enthält[3].

Duftig fällt der Blütenschauer
uns'rer Welt, was ist von Dauer?
Ferne Berge des Geschicks:
quere heut' den Fluß, die Styx!
Traumgespinste, öd' und leer;
trunken bin ich jetzt nicht mehr.

Bedeutung

Das Gedicht diente als Übungstext (tenarai) für die zeitgenössische Silbenschrift. Es war, ähnlich unseren "a), b), c) ..." auch Zähl- und Einteilungsschema in Literatur und Nachschlagewerken. Diese Verwendung findet man auch heute noch, z.b. in Wörterbüchern bei der Aufzählung von Bedeutungsunterschieden. Auch das seit der Edo-Zeit beliebte Iroha-garuta, ein Kartenspiel, bei dem Sprichwörter oder Gedichte zu erraten sind, richtet sich nach diesem Gedicht. Es gibt ein heiteres Zwischenspiel des Nô-Theaters, ein Kyôgen, mit diesem Titel.

Literatur

  • Nihon Bungaku Daijiten (Großes Lexikon der Literatur Japans), Tokyo 1932
  • Martin Ramming (Hrsg.), Japan Handbuch, Berlin 1941
  • Earl Miner et.al., The Princeton Companion to Classical Japanese Literature, Princeton, N.J. 1983 (2. Aufl.)
  • Andrew Nathaniel Nelson, The Modern Reader's Japanese-English Dictionary, Rutland, Vermont et.al. div. Aufl., dort Appendix 7
  • Nihon Kokugo Daijiten (Großes Wörterbuch der Japanischen Landessprache), div. Aufl. Tokyo, ISBN 4-09-520001-4 (Stichworte unter iroha)
  • Nihon Koten Bungaku Daijiten , Verlag Iwanami Shoten, Tokyo 1986

Fußnoten

  1. Vgl. Literatur: Ramming, Nelson, Miner
  2. Erstmalig veröffentlicht in: Friedrich Lederer (Hrsg.), Diskurs über die Wehrhaftigkeit einer Seenation von Hayashi Shihei, München 2003, ISBN 3-89129-686-X, S.76
  3. wobei den "fernen Bergen" der Fluss der Unterwelt, die Styx beigefügt wurde

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