- Ambraser Handschrift
-
Das Ambraser Heldenbuch ist eine handschriftliche Sammlung mittelalterlicher Heldenepen und kleinerer höfischer Erzählungen des 12. und 13. Jahrhunderts; es enthält u. a. das Nibelungen-, das Kudrunlied, Hartmanns von Aue Erec, Biterolf und Dietleib, sowie Meier Helmbrecht. Zahlreiche Stücke der Sammlung sind sonst nirgends überliefert – daher die überragende Bedeutung des Kodex für die Geschichte der deutschen Literatur.
Der Kodex im Riesenformat von 46 x 33,5 cm umfasst 243 Pergamentblätter, die jeweils dreispaltig beschrieben und an ihren Rändern mit floralen Dekorationen geschmückt sind. Die Sammlung wurde im Auftrag des Kaisers Maximilian I. 1504-1516/17 von dem Zollschreiber Hans Ried in Bozen (Südtirol) zusammengetragen und kalligraphisch niedergeschrieben. Zunächst wurde der Prachtkodex auf Schloss Ambras in Tirol aufbewahrt; seit 1806 befindet sich die Handschrift in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien (Signatur Cod. Ser. nova 2663)[1].
Inhaltsverzeichnis
Inhalt des Heldenbuches
Die Auflistung erfolgt nach der tatsächlichen Reihenfolge im Heldenbuch, zusätzlich soll die Einteilung der Texte nach Gattung verdeutlicht werden.
Höfische Texte
- Stricker, Frauenehre (Handschrift d)
- Moritz von Craon (einzige Handschrift)
- Hartmann von Aue, Iwein (Handschrift d)
- Hartmann von Aue, Das (1.) Büchlein/ Die Klage (einzige Handschrift)
- Das sogenannte zweite Büchlein (einzige Handschrift)
- Heinrich von dem Türlin (?), Der Mantel (einzige Handschrift)
- Hartmann von Aue, Erec
Heldenepen
- Dietrichs Flucht (Handschrift d)
- Die Rabenschlacht (Handschrift d)
- Nibelungenlied (Handschrift d)
- Die Klage (unvollständig, Handschrift d)
- Kudrun (Unika)
- Biterolf (Unika)
- Ortnit (Handschrift A)
- Wolfdietrich A (Unika)
Kleinepiksammlung (außer 'Pfaffe Amis')
- Die böse Frau (Unika)
- Herrant von Wildon, Die getreue Hausfrau (Unika)
- Herrant von Wildon, Der verkehrte Wirt (Unika)
- Herrant von Wildon, Der nackte Kaiser (Unika)
- Herrant von Wildon, Die Katze (Unika)
- Ulrich von Liechtenstein, Frauenbuch (Unika)
- Wernher der Gartenaere (=Werner der Gärtner), Meier Helmbrecht (Handschrift A)
- Der Stricker, Pfaffe Amis (Handschrift W)
- Wolfram von Eschenbach, Titurel (Bruchstück, Handschrift H)
- Der Priester Johann (Bruchstück, Unika)
Die Sprache des Heldenbuchs
Der Schreiber des Ambraser Heldenbuchs Hans Ried hat Anfang des 16. Jahrhunderts diese Sammlung mittelalterlicher Texte aus teilweise verschiedenen Sprachregionen des Deutschen in ein den historischen Lautstand rekonstruierendes südbairisches Mittelhochdeutsch übertragen. Es handelt sich also um eine sprachliche Rückübertragung, nicht um tatsächlich aus dem Hochmittelalter überlieferte Texte. Eine stichprobenartige Sprachanalyse hat jedoch ergeben, dass er entweder sehr gute Kenntnis des südbairischen Mittelhochdeutsch des 12. und 13. Jahrhunderts gehabt hat, oder dass ihm überdurchschnittlich gute Vorlagen zur Verfügung gestanden sind. Von den Werken eines Hartmanns von Aue etwa gibt es bairisch-österreichische Übertragungen schon aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, die Hans Ried möglicherweise als Vorlage genutzt hat.[2]
In der südbairischen Region hatt sich die Schreibsprache vom Mittelalter bis ins frühe 16. Jahrhundert allerdings nicht so stark verändert wie in nördlicheren Regionen und selbst die Maximilianische Kanzleisprache enthielt noch viele ans Mittelhochdeutsch erinnernde Elemente. Für die historische Sprachwissenschaft stellt das Ambraser Heldenbuch eine Herausforderung dar, da einige Texte wie etwa der "Erec" und "Die Klage" in wesentlichen Teilen nur hier überliefert sind und ältere Handschriften nur in Fragmenten existieren.
Literatur
- Ambraser Heldenbuch. Vollständige Faksimile-Ausgabe im Originalformat des Codex Vindobonensis Series Nova 2663 der österreichischen Nationalbibliothek, Kommentar von Franz Unterkirchner, (= Codices selecti, 43), Graz 1973
Einzelnachweise
- ↑ Handschriftenbeschreibung: Wien, Österr. Nationalbibl., Cod. Ser. nova 2663
- ↑ Christoph Cormeau, Wilhelm Störmer, Thomas Bein: Hartmann von Aue; Seite 19, 20, 22; C.H.Beck, 1993, ISBN 3406376290
Wikimedia Foundation.