- Meier Helmbrecht
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Meier Helmbrecht ist eine Versnovelle von Wernher dem Gärtner aus dem dritten Viertel des 13. Jahrhunderts.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Der Bauernsohn Helmbrecht ist durch glückliche Fügungen zu einer prächtig bestickten Mütze gekommen, deren Bildmotive - für das gebildete Publikum sofort wahrnehmbar - auf adlige Herkunft schließen lassen. Sie weckt in Helmbrecht "hoffärtige" Gedanken und Träume vom leichten und angenehmen Leben der Ritter, denen er sich nunmehr anzuschließen gedenkt. Erfolglos versucht ihn sein Vater, nicht zuletzt durch Verweis auf Unheil verheißende Träume, davon abzuhalten. Gleichwohl statten er und die Mutter ihn letztlich unter großen Opfern mit weiterer vornehmer Kleidung aus und überlassen ihm ein Pferd.
Helmbrecht schließt sich daraufhin unter dem Namen Slintezgeu ("Schling-das-Gäu") einer Raubritterbande an und zieht mordend, plündernd und marodierend durch die Lande. Nach einer Weile kehrt er in sein Vaterhaus zurück. In Nachahmung des bei Hofe gebräuchlichen Flämischen grüßt er mit "Dieu salue", nennt seinen Vater ein "geburekin", seine Mutter ein "dolles wif", die ihm Leib und Pferd nicht "angripen" sollen. Seine Schwester Gotelind verführt er ebenfalls zum Hochmut, nimmt sie mit sich fort und verlobt sie mit seinem Spießgesellen Lemberslint ("Lämmerschlind").
Bald nach der prachtvoll gefeierten Hochzeit wird die Räuberbande freilich von den Schergen der Obrigkeit ausgehoben und mühelos überwältigt. Während die anderen Raubritter allesamt gehängt werden, wird Helmbrecht als Zehnter nach altem Brauch "begnadigt"; ihm werden lediglich die Augen ausgestochen, ein Fuß und eine Hand abgehackt. An den Hof der Eltern zurückgekehrt, erfährt er von diesen nur Spott und Hohn. Bald darauf wird er von Bauern, die er früher überfallen und ausgeraubt hatte, im Wald gehängt.
Der Dichter schließt mit dem Aufruf an all die kleinen "Helmbrechtel", sich das Beispiel des Bauernsohns zur Warnung dienen zu lassen, und befiehlt sich und den Leser der Huld Gottes.
Personen
Helmbrecht
Er ist ein junger Mann mit einem Traum, den er verwirklichen will. Für sein ungehorsames und verantwortungsloses Verhalten bezahlt er am Ende mit seinem Leben. Er spiegelt den Ehrgeiz von jungen Menschen, die sich ins Leben stürzen und glauben, dass ihre Eltern unrecht haben und sie alles richtig machen. Das hat meistens schmerzvolle Konsequenzen, wie auch gezeigt wird.
Vater
Der Vater wird als ehrlicher und gottesfürchtiger Mann dargestellt, der im Gegensatz zu seinem Sohn an der ,,Ordnung“ festhält. Er hält sich an alle Regeln und versucht nicht, wie sein Sohn aus der bestehenden Hierarchie ,,auszusteigen“. Er spiegelt das Leben eines bescheidenen Bauerns.
Interpretation
Der 1.934 epische Verse umfassende Helmbrecht gilt als „die erste deutsche Dorfgeschichte“ und eine der wenigen Erzählungen mit tödlichem Ausgang, die die mittelalterliche deutsche Dichtung kennt (darunter das Nibelungenlied).
Der Autor liefert dabei ein wirklichkeitsnahes und gut beobachtetes Zeitbild des Interregnums, „der kaiserlosen, der schrecklichen Zeit“, und die Darstellung eines selbstbewussten Bauernstandes und umschreibt das Aufbegehren des Standes durch - nicht immer leicht zu erkennende - satirische Beschreibungen. Außerdem wird der bäuerliche Stand bevorzugt, indem auf die guten Taten von Bauern hingewiesen wird.
Die gesamte Geschichte lässt sich als Warnung für die Konsequenzen aus unangemessenem Verhalten gegenüber den Eltern. In anderen Worten: Die Lehren der Eltern müssen in jedem Fall befolgt werden und der Ehrgeiz muss unterdrückt, denn der führt in jedem Fall zu Unheil. Obwohl der Generationskonflikt nicht im Mittelpunkt steht, nimmt er einen großen Teil der Geschichte, denn der Vater-Sohn Konflikt wird in einem langen Dialog hervorgebracht.
Überlieferung und Rezeption
Es gibt zwei handschriftliche Überlieferungen. Das Werk ist in einer Berliner Handschrift im Anhang einer Jüngerer Titurel-Kopie aus dem 15. Jahrhundert und im Wiener Ambraser „Ambraser Heldenbuch“ (Pergamenthandschrift von 1504/1516, gilt als texttreueste Wiedergabe) überliefert.
Es wurde erst 1839 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts erschien eine Reihe von Übertragungen bzw. Übersetzungen ins Neuhochdeutsche: u.a.
- 1865 von Carl Gustav Theodor Schröder,
- 1876 von Karl Pannier,
- 1888 von Ludwig Fulda,
- 1905 von Konrad Schiffmann.
1928 schrieb Eugen Ortner eine Tragödie Meier Helmbrecht, 1946 wurde der Stoff sowohl von Fritz Hochwälder als auch von Herrmann Mostar in je einem gleichnamigen Drama verarbeitet. 1989 erschien die Nachdichtung Meier Helmbrecht von Gottfried Glechner in Hexametern im Dialekt des Innviertels.[1] Der Roman "Der geborene Gärtner", 2005, von Alois Brandstetter, beschäftigt sich auf freie Weise mit dem Helmbrecht-Stoff und vor allem dessen Dichter.
Einzelnachweise
Literatur
- Wernher der Gärtner: Meier Helmbrecht, Nachdichtung von Johannes Ninck, Stuttgart 1986 ISBN 3-15-001188-4
- Theodor Nolte und Tobias Schneider (Hg.): Wernher der Gärtner „Helmbrecht“. Die Beiträge des Helmbrecht-Symposions in Burghausen 2001, S. Hirzel Verlag, Stuttgart 2001 ISBN 3-7776-1130-1
- Adolf Stelzl: Meier Helmbrecht von Wernher dem Gartenaere. Eine Spurensuche, Verlag Moserbauer, Ried im Innkreis 2001 ISBN 3-902121-00-9
- Paul Stepanek (Red.): Meier Helmbrecht und Gilgenberg. Eine literarische Tradition im oberen Innviertel und ihre Landschaft, Herausgegeben von der Gemeinde Gilgenberg und dem Land Oberösterreich, Oberösterreichischer Landesverlag, Ried im Innkreis 1980
- Peter von Matt: Verkommene Söhne, mißratene Töchter. Familiendesaster in der Literatur, dtv 30647, München 1997, insbes. S. 51 - 78 ISBN 3-423-30647-5
Weblinks
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