Jakobikirche (Stralsund)

Jakobikirche (Stralsund)
Kirche St. Jakobi in Stralsund, im Hintergrund die Insel Rügen

Die St.-Jakobi-Kirche (Kirche St. Jakobi, Jakobikirche, auch: Jacobi) in der vorpommerschen Hansestadt Stralsund wurde im Jahr 1303 erstmals erwähnt und ist damit die jüngste der drei Stralsunder Pfarrkirchen. Sie wird gegenwärtig als Kulturkirche genutzt.

Die Jakobikirche liegt in einem Quartier, das von der Heilgeiststraße, Papenstraße, Jakobiturmstraße und Jakobichorstraße umgeben ist. Ursprünglich war der Kirchbau von Wohnhäusern in den genannten Häusern umgeben, diese wurden größtenteils beim Bombenangriff auf Stralsund am 6. Oktober 1944 zerstört bzw. beschädigt. Heute ist nur noch in der Papenstraße Bebauung direkt neben der Kirche vorhanden. Im ehemaligen Kirchhof, der heute eine öffentliche Parkanlage ist, wurde im Jahr 2006 ein Denkmal für die Opfer des Reaktorunglücks 1986 in Tschernobyl aufgestellt.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Die Kirche ist eine dreischiffige, siebenjochige Pfeilerbasilika mit geradem Chorabschluss und einem Turm im Westen. Beginnend an der Turmfront stehen flankierend fünfjochige Seitenhallen und Kapellen. Die Außenwände sind aus klosterformatigen Backsteinziegeln errichtet.

Geschichte

Die Kirche wird erstmals in einer Urkunde vom 9. August 1303, in der der rügensche Fürst Sambor, der Bruder Wizlaws III., den Ratsmännern der Stadt Stralsund das Patronat der Schule zu Sankt Jakobi übertrug. („ius patronatus scole sancti jacobi eiusalem...“[1] Offenbar war die Kirche zu diesem Zeitpunkt im Bau. Üblicherweise begann man mit dem Bau des Chores; dieser wurde wahrscheinlich 1321 fertiggestellt und die Kirche fortan bereits genutzt, wie die Erwähnung eines Steinhauses auf dem Kirchhof nahe legt. Provisorien sind 1324 belegt und für das Jahr 1327 ein amtierender Priester namens Johannes Kranz. In der Kirche selbst befinden sich als älteste Zeugnisse zwei Grabsteine aus den Jahren 1331 und 1333.

Für den weiteren Aufbau der Kirche in den 1340er Jahren stifteten fromme Stralsunder Ziegel: Ein Johannes Hundertmark wird 1347 mit 1.000 gestifteten Ziegeln und ein Heinrich Sommerstorp gar mit 20.000 Ziegeln erwähnt. Im selben Jahr kauften die Provisorien der Kirche je 180 Eichen- und Tannenstämme mit 15 bis 20 Meter Länge, wie der liber memorialis bezeugt.

Eine Inschrift aus dem Jahr 1351 an einem Wandpfeiler belegt eine Altarweihe durch den Camminer Bischof. In den 1380er und 1390er Jahren wurden mittels Stiftungen Kapellen am Langhaus gebaut. Wegen des schlechten Baugrundes kam es dabei zu einer Schiefstellung der westliche Pfeiler, die noch heute vorhanden ist.

Die Jakobikirche auf einem Plan von 1647 mit gotischem Turmhelm

In einer zweiten Bauphase Ende des 14. / Anfang des 15. Jahrhunderts wurden die Dächer der Seitenschiffe verlängert und auf Nord- und Südseite des Kirchenbaus zwischen die bestehenden Strebepfeiler Kapellen gebaut. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde mit dem Umbau des Kirchturms begonnen, der um 1488 fertiggestellt wird. Dabei wurden die westliche Pfeiler des ersten Turms in den Neubau einbezogen und zu östlichen Pfeilern des neuen Turms. Zwei neue Pfeiler wurden zusätzlich errichtet. Der alte Turm wurde bis auf Höhe des Mittelschiffgewölbes abgetragen. 1382 war an der Marienkirche der Turm wegen schlechten Untergrundes eingestürzt. Wahrscheinlich wurde diese Erfahrung beim Neubau des Jakobiturms berücksichtigt. Mitte des 15. Jahrhunderts wird die Sakristei errichtet.

Bei der abgewehrten Belagerung Stralsunds durch Wallenstein wurde die Kirche von 30 Kanonenkugeln getroffen. 1650 und 1662 schlug der Blitz in den Turm ein; beim Blitzschlag 1662 wurden die Turmpyramide aus Holz mitsamt dem gotischen Turmhelm und den vier kleinen Nebentürmchen, das Langhausdach und der östliche Dachreiter zerstört; die Glocken schmolzen beim entstandenen Brand. Auch Dachbalken im nördlichen Seitenschiff sowie die Zuganker im Chor waren vom Brand betroffen und mussten ersetzt werden. Der Turm erhielt eine barocke Haube in der Form wie sie noch heute zu sehen ist. Nach der Belagerung durch den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm I. 1678 wurde der Schaden an der Kirche mit 20.000 Gulden beziffert. Im Nordischen Krieg 1715 erhielt die Jakobikirche mindestens 40 Treffer.

Das 18. Jahrhundert brachte Stralsund einen wirtschaftlichen Aufschwung, an dem auch die Pfarrkirchen der Stadt dank großzügiger Spenden teilhatten. In den Jahren 1733 bis 1738 wird eine Orgel eingebaut. Der Hauptaltar wird eingebaut und alle Portale werden erneuert. Im Jahr 1769 wird der Wetterhahn repariert und neu vergoldet. Nach der Besetzung Stralsunds durch die Franzosen wird die Jakobikirche als Pferdestall und Gefängnis genutzt. Der Turmhelm wird 1819 repariert, die Kirche 1821 im Inneren geweißt. Von 1850 bis 1868 erfolgt eine generelle Instandsetzung der Jakobikirche. Im Innern werden Mettlacher Platten verlegt und die Innenausstattung teilweise erneuert. Eine Chorschranke mit Stuckwerk aus Gips wird errichtet. Das Mauerwerk wird überarbeitet, an den Fenstern Ziegelmaßwerk mit verschiedenen Motiven und an den Fensterbänken englischer Schiefer angebracht. Das Jahr 1877 bringt die Weihe einer vom Stralsunder Orgelbaumeister Friedrich Albert Mehmel geschaffenen Orgel mit vier Manualen und Pedal und 69 Registern. Stadtbaumeister Ernst von Haselberg lässt 1886 am Südportal eine Vorhalle errichten. Im Jahr 1891 freigelegte gotische Malereien wurden dokumentiert und mussten dann statt restauriert überkalkt werden, da die finanziellen Mittel für die Restaurierung nicht ausreichten.

Das Kupferdach des südlichen Seitenschiffs wurde 1908 erneuert. Im Ersten Weltkrieg wurden 1917 die Kirchturmglocken abgeliefert und zur Waffenproduktion eingeschmolzen. Im Zweiten Weltkrieg wurden unter Leitung des Preußischen Finanzministeriums Berlin wertvolle Inneneinrichtungsgegenstände zum Schutz vor Kriegseinwirkungen abgebaut und in Grimmen, Loitz und Tützpatz eingelagert, darunter Teile der Mehmel-Orgel von 1877. Beim Bombenangriff auf Stralsund am 6. Oktober 1944 erhielt die Jakobikirche einen schweren Bombentreffer im 11. südlichen Joch. Treffer in den umliegenden Gebäuden trugen ebenfalls zu der schweren Beschädigung der Kirche bei. Die Dachdeckung des südlichen Seitenschiffs wurde komplett zerstört, der Dachstuhl über der Westhälfte stürzte zusammen mit den Gurtbögen ein. Am Turm, dem Mittelschiff und im nördlichen Seitenschiff entstanden leichtere Dachschäden. Alle Fenster im Turmbereich waren zerstört.

Plünderungen der Kircheneinrichtung zum Kriegsende und in den Folgejahren brachten weiter Zerstörung. Altmetalldiebe stahlen u. A, Orgelpfeifen der Mehmel-Orgel (von dieser waren 1943 nur die barocken Teile eingelagert worden), Holz von den Kapellen und Gestühlen wurde zum Heizen entwendet.

Im Jahr 1949 wurde von Hans Mascow ein Gutachten zum Kirchenbestand erstellt. Nach diesem begannen im selben Jahr erste Instandsetzungsmaßnahmen, die von der Firma Albert Viernow ausgeführt wurden. 1951 konnte der östliche Kapellenanbau der Südseite wiederhergestellt werden. Zur Sicherung der seit Baubeginn im Mittelalter schief stehenden Pfeiler wurden eiserne Träger eingezogen. Im Hauptschiff wurden vier Streben aufgestellt. Die Sakristei wurde für den Kirchenbetrieb wiederhergestellt und das Dach sowie die Fenster repariert. Die 1886 errichtete Vorhalle des Südportals wird 1954 abgerissen. Im Jahr 1955 wird der ab 1950 eingebaute Gemeindesaal (nach dem Schwedenkönig Gustav Adolf „Gustav-Adolf-Saal“ benannt) im Turm auf einer Zwischendecke mit Kreuzrippengewölbe eingeweiht. Im Jahr 1957 wird das nach Kriegsende nach St. Marien gebrachte, im Zweiten Weltkrieg ausgelagerte Kulturgut wieder nach St. Jakobi gebracht. Bei der Lagerung außerhalb Stralsunds war es teilweise zu Beschädigungen und auch zu Verlusten gekommen. Bei Reparaturarbeiten an Gewölben 1961 stürzte ein Gewölbe an der Nordseite ein. 1964 wurde der Fußboden im Kirchenraum versteift und mit Zement ausgeführt.

Im südlichen Turmbereich wurde 1969 ein massives Treppenhaus errichtet und eine Zwischendecke eingezogen. Ein neuer Eingang neben dem südlichen Treppenhaus wurde errichtet. Damit waren drei Räume geschaffen worden für das Archivgut der Stralsunder Kirchengemeinden. In den 1970er Jahren wurde in der Kirche auch Bestände des Stadtarchivs eingelagert. Von September 1971 bis Oktober 1973 lagerte hier der Marienkrönungsaltar, bevor er in der Marienkirche aufgestellt wurde. Ab den 1980er Jahren richtete sich der Bauhof der damaligen Evangelischen Landeskirche Greifswald (heute: Pommersche Evangelische Kirche) im Kirchenschiff ein. Eine fünf Meter hohe Trennwand schützte das im Altarraum lagernde Kunstgut vor den Beschädigungen durch den Baubetrieb. Die aus dem Bauhof hervorgegangene Baufirma Eckhard Jaster nutzte den Kirchenbau noch bis 1994 als Lager und Garage.

Die Kirche wird seit dem Auszug der Baufirma 1994 mit Unterstützung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz saniert. Der Gustav-Adolf-Saal wird für Theatervorführungen hergerichtet und mit einer Bühne ausgestattet. Zu besonderen Ereignissen finden in der Kirche Kunstmessen u. a. Veranstaltungen statt.

Ab April 2009 soll das grafische Werk von Friedensreich Hundertwasser in der Kirche präsentiert werden. Die Rufus art GmbH aus Nordrhein-Westfalen stellt dafür über 100 Objekte, darunter Grafiken, Plakate, Fotos und textile Kunst, zur Verfügung. Die Laufzeit der Ausstellung soll zehn Jahre betragen[2].

Maße

  • Länge der Kirche: 72,30 Meter
  • Breite der Kirche: 25,10 Meter
  • Länge des Mittelschiffs: 47 Meter
  • Höhe des Mittelschiffs: 24,60 Meter
  • Höhe der Seitenschiffe: 16,10 Meter
  • Turmhöhe bis zur Spitze: 68,10 Meter
  • Turmhöhe innen: 57 Meter

Gemeinde

Die Gemeinde Jakobi/Heilgeist gehört zum Kirchenkreis Stralsund der Pommerschen Evangelischen Kirche.

Literatur

  • Förderverein St. Jakobikirche zu Stralsund e.V. (Hrsg.): Der vergessene Raum. 700 Jahre St. Jakobi Stralsund. Mückenschwein Verlag, Stralsund 2003, ISBN 3-936311-12-9

Quellen

  1. C. G. Fabricius 1862, Bd. 4, N 508; Pommersches Urkundenbuch, IV. Band, 18902, 2104
  2. www.ostsee-zeitung.de

Bilder

54.31323611111113.0927638888897Koordinaten: 54° 18′ 48″ N, 13° 5′ 34″ O

Weblinks


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