Jewgeni Paschukanis

Jewgeni Paschukanis

Jewgeni Bronislawowitsch Paschukanis (russisch Евгений Брониславович Пашуканис, wiss. Transliteration Jewgeni Bronislavovič Pašukanis; * 23. Februar 1891 in Stariza, Gouvernement Twer; verschollen 1937) war ein sowjetischer Jurist und marxistischer Rechtsphilosoph.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Bereits mit 16 Jahren engagierte er sich im Zentralkomitee der sozialdemokratischen Studenten- und Arbeiterjugend in Petersburg. 1909 nahm Paschukanis das Studium der Rechtswissenschaften in Petersburg auf. Die zaristische Polizei verhaftete Paschukanis aufgrund seiner politischen Aktivitäten, und wies ihn an, Russland zu verlassen. Er reiste nach Deutschland, und setzte an der juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität in München sein Studium fort.

Während des Ersten Weltkrieges hielt sich Paschukanis in Russland auf und beteiligte sich am Protest der Bolschewiki gegen den Krieg. Nach der Oktoberrevolution war er kurzzeitig Richter an einem der neu eingesetzten Volksgerichte, und trat 1918 der neu gegründeten Kommunistischen Partei Russlands/Bolschewiki bei.

Zusammen mit Pjotr Iwanowitsch Stutschka (1865-1932) gründete Paschukanis 1922 innerhalb der Sozialistischen Akademie der Gesellschaftswissenschaften (später in Kommunistische Akademie der Gesellschaftswissenschaften umbenannt) die Sektion für Allgemeine Theorie des Staates und des Rechts. Zugleich wirkte er 1920 im Außenministerium als Stellvertretender Leiter der Abteilung Ökonomie und Recht, und war zudem von 1921 bis 1923 Berater in der Vertretung der UdSSR in Berlin.

Er und Stutschka erstellten eine dreibändige Enzyklopädie über Staat und Recht (1925-1927) und gaben die Zeitschrift Revolution des Rechts heraus. Paschukanis war auch Mitglied mehrerer Zeitschriftenredaktionen. Er wurde 1927 ordentliches Mitglied und Vizepräsident der Kommunistischen Akademie, und 1931 Direktor des dortigen Instituts für Sowjetaufbau und Sowjetrecht. 1936 folgte die Ernennung zum stellvertretenden Volkskommissar für Justiz der UdSSR. Im Rahmen einer Verfassungskommission arbeitete er an der sowjetischen Verfassung von 1936 mit.

Paschukanis' Schule, in den USA als „Commodity Exchange School“ (of law) bekannt, prägte die sowjetische Rechtstheorie bis Ende der 20er Jahre, und repräsentierte die marxistische Rechtstheorie auch über die Sowjetunion hinaus. Unter der Herrschaft Stalins konnte Paschukanis seine Funktionen und die prominente Stellung in der sowjetischen Rechtswissenschaft bis zu seinem Verschwinden zur Zeit der Moskauer Schauprozesse halten. Allerdings musste er die früher vertretenen Theoreme vom Absterben des Staates im Kommunismus, und von der Unmöglichkeit eines proletarischen oder sozialistischen Rechtes widerrufen. Nach Verleumdungen wurde er 1937 verhaftet und vermutlich ohne Prozess erschossen.

Paschukanis wurde am 31. März 1956 von der Militärabteilung des obersten Gerichtshofes der Russischen SFSR rehabilitiert.

Werke

  • Allgemeine Rechtslehre und Marxismus, Versuch einer Kritik der juristischen Grundbegriffe (1923), Nachdruck der ersten deutschen Ausgabe von 1929, hrsg. und mit einem Anhang versehen von H. Klenner und L. Mamut, Berlin/Freiburg 1991.

Biographie

  • Andreas Harms: Warenform und Rechtsform: Zur Rechtstheorie von Eugen Paschukanis, Nomos, Baden-Baden 2000 ISBN 3-7890-6783-0, ISBN 9-7837-8906-783-9

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Jewgeni Bronislawowitsch Paschukanis — Jewgeni Paschukanis Jewgeni Bronislawowitsch Paschukanis (russisch Евгений Брониславович Пашуканис, wiss. Transliteration Jewgeni Bronislavovič Pašukanis; * 23. Februar 1891 in Stariza, Gouvernement Twer; † 4. September 1937) war ein… …   Deutsch Wikipedia

  • Paschukanis — Jewgeni Bronislawowitsch Paschukanis (russisch Евгений Брониславович Пашуканис, wiss. Transliteration Jewgeni Bronislavovič Pašukanis; * 23. Februar 1891 in Stariza, Gouvernement Twer; verschollen 1937) war ein sowjetischer Jurist und… …   Deutsch Wikipedia

  • Jewgeni — ist der Vorname folgender Personen: Jewgeni Michailowitsch Abalakow Jauhen Abramenka (Jewgeni Abramenko, Jewgeni Sergejewitsch Abramenko) Jewgeni Olegowitsch Adamow (* 1939), russischer Atomwissenschaftler; von 1998 bis 2001 russischer Minister… …   Deutsch Wikipedia

  • Nicos Poulantzas — (griech.: Νίκος Πουλαντζάς; * 21. September 1936 in Athen, Griechenland; † 3. Oktober 1979 in Paris, Frankreich) war ein griechisch französischer Politologe und Philosoph, der hauptsächlich in Frankreich (als Dozent für Soziologie in Paris),… …   Deutsch Wikipedia

  • Gerechtigkeitstheorien — dienen der systematischen Bestimmung, was Gerechtigkeit ist und der Begründung wie Gerechtigkeit in einer gesellschaftlichen Ordnung wirksam werden soll. Mit Gerechtigkeitstheorien befassen sich vor allem Philosophie, Volkswirtschaftslehre und… …   Deutsch Wikipedia

  • Stariza — Stadt Stariza Старица Wappen …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Pas–Paz — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Ableitung (Politik) — Unter Staatsableitung, auch Staatsableitungsdebatte versteht man seit den 1970er Jahren Versuche innerhalb des Marxismus bzw. Neomarxismus, die Entstehung, Existenz, Notwendigkeit und Ausprägung von Staat und Recht der bürgerlichen Gesellschaft… …   Deutsch Wikipedia

  • Krylenko — Nikolai Wassiljewitsch Krylenko (russisch Николай Васильевич Крыленко, wiss. Transliteration Nikolaj Vasil evič Krylenko; * 2. Maijul./ 14. Mai 1885greg. in Bechtejewo bei Smolensk; † 29. Juni 1938 in Moskau) war ein bolschewistischer… …   Deutsch Wikipedia

  • Nikolai Krylenko — Nikolai Wassiljewitsch Krylenko (russisch Николай Васильевич Крыленко, wiss. Transliteration Nikolaj Vasil evič Krylenko; * 2. Maijul./ 14. Mai 1885greg. in Bechtejewo bei Smolensk; † 29. Juni 1938 in Moskau) war ein bolschewistischer… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”