Jockel Fischer

Jockel Fischer
Joschka Fischer (2002)
Joschka Fischer, Berlin (2005)

Joschka Fischer (eigentlich Joseph Martin Fischer; * 12. April 1948 in Gerabronn) ist ein ehemaliger deutscher Politiker (Bündnis 90/Die Grünen). Er war von 1998 bis 2005 Bundesminister des Auswärtigen und Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland und vom 1. Januar 1999 bis zum 30. Juni 1999 Präsident des Rats der Europäischen Union. Nach der Bundestagswahl 2005 zog sich Fischer aus der Politik zurück.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jugend

Fischer wurde als drittes Kind eines Metzgers geboren. Die Eltern hatten als Ungarndeutsche 1946 ihren Wohnort Budakeszi, eine im Jahr 2000 zur Stadt erhobene Gemeinde nahe Budapest verlassen müssen. Die Familie siedelte nach Langenburg im Hohenlohischen über. Der von Joschka Fischer geführte Vorname leitet sich von Jóska ab, einer Verniedlichungsform des ungarischen Vornamens József.

In der frühen Jugendzeit war Fischer Ministrant in seiner katholischen Heimatgemeinde. Noch vor Beendigung der Untersekunda (10. Klasse) verließ er 1965 das Gottlieb-Daimler-Gymnasium in Stuttgart-Bad Cannstatt ohne Abschluss und begann in Fellbach eine Lehre als Fotograf, die er 1966 abbrach.

Danach arbeitete er vorübergehend als Spielwarenverkäufer. Im November 1966 starben Fischers Schwester und sein Vater.

Familiäres

Am 29. Oktober 2005 heiratete Fischer in Rom Minu Barati (* 1976), die Tochter eines iranischen Oppositionellen, mit der er seit Sommer 2003 zusammenlebt. Im November 2004 hatte sich Fischer erstmals öffentlich mit ihr auf dem Bundespresseball in Berlin gezeigt.

Die vier vorherigen Ehen Fischers – mit Edeltraud Fischer (Geschäftsfrau, verheiratet von 1967 bis 1984), Inge Vogel (Architektin, verheiratet von 1984 bis 1987), Claudia Bohm (Journalistin, verheiratet von 1987 bis 1999) und Nicola Leske (Journalistin, verheiratet von 1999 bis 2003) – endeten jeweils mit einer Scheidung.

Mit Inge, der zweiten Ehefrau, hat Fischer zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Im April 2005 wurde er zum ersten Mal Großvater.

Joschka Fischer nahm ein im Auftrag der Zeitschrift GEO von dem Heraldiker Dieter Krieger entworfenes Familienwappen an.[1][2] Die Farben des Wappens Rot und Weiß beruhen auf der falschen Annahme, dass Fischers Vorfahren aus Fridingen an der Donau stammten. [3]

Heute lebt er in Berlin.

Engagement als Läufer

Mit Blick auf sein Körpergewicht begann Fischer im Herbst 1996, sich sportlich zu engagieren. Er stellte seine Ernährung auf Vollwertkost um und begann zu joggen. So nahm er innerhalb von eineinhalb Jahren knapp 40 kg ab. Laut eigener Aussage war sein erster Trainingslauf 400 Meter rund um den Bonner Bundestag, danach war er zu erschöpft, um weiter zu laufen. Mit der Zeit sah er den Laufsport als eine gute Möglichkeit zur Stressbewältigung.

Im Zuge seiner Entscheidung einen Marathon zu laufen, übernahm der bekannte Lauftrainer Herbert Steffny Fischers Marathontraining. Er beendete in den folgenden Jahren drei Marathons. Beim Hamburg-Marathon 1998 lief er mit 3:41 Stunden seine persönliche Bestzeit. Mit zunehmenden beruflichen Beanspruchungen musste er ab 2002 sein Laufpensum jedoch zurücknehmen.[4]

Karriere

Studentenbewegung

Pressekonferenz der Grünen, 1983

Ab 1967 engagierte er sich in der Studentenbewegung und in der Außerparlamentarischen Opposition (APO). Er lebte ab 1968 in Frankfurt am Main. Später jobbte Fischer im SDS-Verlag Neue Kritik und im größten linken Buchladen am Ort, dem "Libresso" am Opernplatz. Gleichzeitig begann er die für die revolutionären Studenten obligatorischen Universitätsveranstaltungen als Gasthörer zu besuchen: Vorlesungen von Theodor W. Adorno, Jürgen Habermas und Oskar Negt, die bis zu 2000 Zuhörer hatten. Hier setzte er sich auch mit den Schriften von Karl Marx, Mao Zedong und Georg Wilhelm Friedrich Hegel auseinander. Bis 1975 war er Mitglied der linksradikalen und militanten Gruppe Revolutionärer Kampf. Er beteiligte sich an mehreren Straßenschlachten mit der Polizei („Putzgruppe“), in denen Dutzende von Polizisten zum Teil schwer verletzt wurden. Als Außenminister gestand Fischer seine damalige Gewalttätigkeit ein, wollte sich aber gleichzeitig nicht von ihr distanzieren. Er beteuerte zudem, niemals Molotowcocktails geworfen zu haben. Aus der Frankfurter Zeit stammt auch seine Freundschaft mit dem deutsch-französischen Studentenführer Daniel Cohn-Bendit, mit dem er zeitweilig in einer Wohngemeinschaft wohnte.

1969 nahm Fischer in Algier an einer Konferenz der PLO teil.[5]

1971 begann er eine Tätigkeit bei der Adam Opel AG in Rüsselsheim mit dem Ziel, über die Gründung einer Betriebsgruppe die Arbeiter zu politisieren und letztlich für die „Revolution“ zu gewinnen. Diese Form der „Basisarbeit“ brachte aber nicht den erhofften Erfolg; zudem wurde Fischer wegen seiner Aktivitäten schon nach einem halben Jahr fristlos entlassen.

Nach weiteren Gelegenheitsarbeiten – unter anderem als Übersetzer von Romanen bei Jörg Schröders Olympia Press[6] – bestand Fischer 1976 die Prüfung für den Personenbeförderungsschein. Er arbeitete in Frankfurt noch bis 1981 als Taxifahrer und bis 1982 als Aushilfe in einem Buchladen. Schauspielerische Kurzeinsätze hatte er zudem 1983 in dem Fernsehfilm Der Fliegende Robert und 1986 in dem Film Va Banque, in dem er einen Frankfurter Taxifahrer namens Phudy spielt.

Am 14. Mai 1976 wurde Fischer nach einer Demonstration anlässlich des Todes von Ulrike Meinhof im Zusammenhang mit einem Angriff auf Polizisten mit Molotowcocktails, bei dem zwei Polizisten schwer verletzt wurden, verhaftet. Er blieb allerdings nur zwei Tage in Haft. Bei der Planung der Demo wurde unter Beteiligung Fischers der Einsatz von Molotowcocktails diskutiert.

Die Ereignisse im so genannten Deutschen Herbst im Jahr 1977 (Entführung und Ermordung des BDA-Präsidenten Hanns Martin Schleyer, Entführung der Lufthansa-Maschine Landshut, Suizid der RAF-Gründer) leiteten bei ihm, nach eigenen Angaben, einen Erkenntnisprozess ein, den er als Illusionsverlust bezeichnet, und der schließlich zu seiner Abkehr von radikalen und gewalttätigen Politikvorstellungen führte.

Am 11. Mai 1981 wurde der hessische Wirtschaftsminister Heinz-Herbert Karry mit einer Schusswaffe ermordet, die, zusammen mit anderen aus einer amerikanischen Kaserne gestohlenen Waffen, im Jahre 1973 in Joschka Fischers Auto transportiert worden war. Fischer meinte dazu, er habe dem späteren Terroristen Hans-Joachim Klein den Wagen lediglich gegeben, um von ihm einen neuen Motor einbauen zu lassen. Erst später habe er erfahren, dass mit dem Auto gestohlene Waffen transportiert worden seien.

Realpolitik bei den Grünen

Joschka Fischer bei einer Wahlkampfrede (2005)

Noch vor seinem Parteibeitritt im Jahr 1982 gründete Fischer 1981 mit Daniel Cohn-Bendit und anderen den Arbeitskreis Realpolitik in Frankfurt, der für die Partei Die Grünenrealpolitisch“ genannte Positionen formuliert. Die inhaltliche Auseinandersetzung mit diesen neuen Positionen führte im Kreisverband Frankfurt zur Polarisierung in Realos und Vertreter eines „öko-fundamentalistisch“ genannten Standpunktes (Fundis), in deren Verlauf sich Fischer 1982 für die Bundestagswahl 1983 als Kandidat für Die Grünen durchsetzen konnte.

1983 wurde er in den Deutschen Bundestag gewählt und gehörte damit der ersten Bundestagsfraktion der Grünen an, für die er als Parlamentarischer Geschäftsführer tätig war. Er machte sich auch als Redner einen zum Teil umstrittenen Namen, z.B. im Zusammenhang der Kießling-Affäre[7] oder der Flick-Affäre, während der er wegen Beschimpfung des Bundestagsvizepräsidenten Richard Stücklen von der Sitzung ausgeschlossen wurde.[8] Wegen des damals bei den Grünen noch geltenden Rotationsprinzips schied er 1985 wieder aus dem Bundestag aus.

Nach eigenen Angaben hat Fischer vor seinem Parteieintritt bei den Grünen aus Überzeugung nie gewählt, was ihn heute aber ärgere.

Erste Ministerposten

Ein Foto der Turnschuhe des Außenministers in dessen Arbeitszimmer im Auswärtigen Amt

Im Jahr 1985 kam es in Hessen zur Bildung der ersten rot-grünen Landesregierung unter Ministerpräsident Holger Börner. In diesem Kabinett wurde Fischer Staatsminister für Umwelt und Energie. Bereits seine Vereidigung sorgte für Aufsehen, da er in grobem Jackett und Turnschuhen erschien. Dieser Auftritt prägte den Begriff des „Turnschuh-Ministers“.

Im Februar 1987 wurde Fischer von Ministerpräsident Börner aus seinem Amt entlassen, da die Grünen in einem Ultimatum den Fortbestand der Koalition von der Rücknahme der Genehmigung für das Hanauer Nuklearunternehmen Alkem abhängig gemacht hatten.

Die darauf folgenden Neuwahlen im April 1987 endeten mit einem Sieg von CDU und FDP. Walter Wallmann (CDU) wurde Ministerpräsident und Wolfgang Gerhardt (FDP) sein Stellvertreter. Fischer wurde bei dieser Wahl in den Hessischen Landtag gewählt und übernahm den Vorsitz der Landtagsfraktion der Grünen.

Bei den Landtagswahlen 1991 verlor die Regierungskoalition ihre Mehrheit. Es kam zu einer Wiederauflage der rot-grünen Koalition, diesmal unter Ministerpräsident Hans Eichel (SPD). Fischer wurde wieder Umweltminister. Zugleich war er Stellvertreter des Ministerpräsidenten und Staatsminister für Bundesangelegenheiten.

Im Oktober 1994 legte er alle Ämter in Hessen nieder und wurde, nachdem die Grünen bei der Bundestagswahl am 16. Oktober 1994 den Wiedereinzug in den Bundestag schafften, neben Kerstin Müller zum Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen.

1995 löste er eine innerparteiliche Kontroverse aus, da er mit der strikt pazifistischen Ausrichtung der Partei brach, als er militärische Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der UN-Schutzzonen in Bosnien und Herzegowina befürwortete. Auch durch die wirtschaftspolitische Hinwendung der Grünen zur Marktwirtschaft ließ er sie immer mehr zu einer „realpolitischen“ Partei werden.

Außenminister und Vizekanzler

Joschka Fischer und Paul Wolfowitz (2002)

Bei der Bundestagswahl im Herbst 1998 verlor die Schwarz-Gelbe Koalition unter Bundeskanzler Helmut Kohl nach 16 Jahren ihre Mehrheit. Es kam zur Bildung der ersten rot-grünen Koalition auf Bundesebene. Fischer wurde im Kabinett von Bundeskanzler Gerhard Schröder am 27. Oktober 1998 zum Vizekanzler und Außenminister ernannt.

1999 unterstützte Fischer maßgeblich die deutsche Beteiligung am völkerrechtlich umstrittenen Kosovokrieg, wodurch erstmalig seit dem Zweiten Weltkrieg wieder deutsche Soldaten an einem Krieg beteiligt waren. Er begründete diesen Krieg unter anderem auch mit dem Verweis auf den Holocaust. Am 7. April 1999 sagt er: „Ich habe nicht nur gelernt: Nie wieder Krieg. Ich habe auch gelernt: Nie wieder Auschwitz.“[9] Dem Nachrichtenmagazin Newsweek sagte Fischer auf die Frage, ob er zwischen den Ereignissen im Kosovo und der Nazi-Ära eine direkte Parallele sehe: „Ich sehe eine Parallele zu jenem primitiven Faschismus. Offensichtlich sind die 1930er Jahre zurückgekehrt, und das können wir nicht hinnehmen.“[10]

Kritiker werfen Fischer vor, als Außenminister Positionen zu vertreten, die er vor der rot-grünen Regierungsübernahme abgelehnt hatte. So schrieb er noch 1994 in seinem Buch Risiko Deutschland:

„Die weitere Entwicklung ist unschwer abzusehen: Es fängt heute mit der Parole »Mehr Verantwortung übernehmen!« an, dann werden die ersten Kriegseinsätze stattfinden, die ersten Toten wird es geben, die ersten vaterländischen Rituale werden folgen, die Generalität wird mehr Freiheiten wollen, Kriegshelden werden wieder heroisiert, längst überwunden geglaubte Traditionen werden exhumiert werden, und die von den Deutschnationalen heißersehnte Wiederkehr des »Primats der Außenpolitik« wird dann »gefeiert« werden dürfen; parallel dazu wird Deutschland einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen erhalten, in dem als ständige Mitglieder heute nur lauter Nuklearmächte sitzen.“

Zu deutschnationalen Positionen hat er dort allerdings wie folgt Stellung bezogen:

„Deutschland muss von außen eingehegt, und innen durch Zustrom heterogenisiert, quasi ‚verdünnt‘ werden.“

Wegen seines Werbens als deutscher Außenminister für den Einsatz der NATO im Kosovo-Krieg wurde er unter anderem in Internet-Foren, aber auch von Angehörigen der Friedensbewegung als Kriegsverbrecher bezeichnet. Das Oberverwaltungsgericht Berlin hat allerdings entschieden, dass diese Bezeichnung rechtswidrig ist. Im Mai 1999 wurde er aus Protest gegen den NATO-Einsatz auf dem Grünen-Parteitag in Bielefeld von dem linksautonomen Samir F. mit einem roten Farbbeutel beworfen und erlitt dabei einen Trommelfell-Riss am rechten Ohr.[11][12]

Heftige Kritik an Joschka Fischer wurde auch wegen seiner Haltung bezüglich des Tschetschenien-Kriegs geäußert. Während der Bundestagsabgeordnete Joschka Fischer im Januar 1995 noch die Untätigkeit der Bundesregierung angesichts des „grausamen Mordens einer nuklearen Supermacht gegen ein kleines Volk im Norden des Kaukasus“ verurteilte, erklärte er 2000 als Außenminister, dass Russland nicht isoliert werden dürfe und es legitim sei, gegen Terror vorzugehen.

Im Jahre 2001 konnte die bereits angekündigte Fischer-Biografie Sag mir, wo Du stehst der Journalistin Bettina Röhl nicht erscheinen, weil der Verlag Kiepenheuer & Witsch in Köln vom Vertrag zurücktrat. Als Begründung wurde Röhls Kampagne gegen Fischer, einen langjährigen Autor des Verlags, genannt. Im Januar 2001 hatte Bettina Röhl mit der Veröffentlichung der so genannten Fischer-Prügel-Fotos eine weit über deutsche Grenzen hinausreichende Mediendiskussion über Fischers militante Vergangenheit ausgelöst.[13]

Es wird vor allem seiner Person zugerechnet, dass die Grünen bei der Bundestagswahl 2002 ihr Ergebnis um 1,9 Prozentpunkte auf 8,6 % verbessern konnten, wodurch die Grünen trotz des verkleinerten Bundestages acht Sitze hinzugewinnen konnten und so der Regierungskoalition einen knappen Sieg ermöglichten.

Fischer galt als aussichtsreicher Kandidat auf den nach dem Entwurf für eine Europäische Verfassung für 2006 geplanten Posten des Außenministers der Europäischen Union. Den Grundstein hierzu legte seine spektakuläre Rede Vom „Staatenverbund zur Föderation“, mit dem er eine mögliche Finalität des europäischen Einigungsprozesses heraufbeschwor und eindeutig für den europäischen Föderalismus Stellung bezog. [14] Am 1. September 2003 verkündete er allerdings gemeinsam mit Bundeskanzler Schröder, dass beide bei der nächsten Bundestagswahl wieder zusammen antreten wollen.

Joschka Fischer nach einem Besuch der Universitätsklinik von Banda Aceh in Indonesien im Februar 2005

Anfang 2005 stand Fischer als verantwortlicher Minister im Mittelpunkt der so genannten Visa-Affäre und trat vor laufenden TV-Kameras als Zeuge am 25. April 2005 vor dem Visa-Untersuchungsausschuss auf, wo er, aufgrund heftiger Kritik, eigene Versäumnisse einräumte und die komplette politische Verantwortung übernahm. Einen Rücktritt als Außenminister und Vizekanzler schloss Fischer aus, obwohl dieser von Einigen gefordert wurde. Als Konsequenz aus der Visa-Affäre musste er Einbußen in den bis dato relativ hohen „Beliebtheitswerten“ hinnehmen.

Im Frühjahr 2005 setzte sich Fischer im Rahmen der Nachrufdebatte dafür ein, dass Nachrufe für einstige NSDAP-Mitglieder aus der Hauszeitung "internAA" des Auswärtigen Amts gestrichen werden. In Folge wurde eine Historikerkommission eingesetzt, welche die Übernahme von NSDAP-Mitgliedern in das AA nach dem Kriege aufarbeiten sollte. [15]

Nach der Bundestagswahl 2005 erklärte Fischer, dass er im Oppositionsfall im Sinne eines Generationswechsels für das Amt des Fraktionsvorsitzenden im Deutschen Bundestag und andere führende Ämter in der Partei nicht mehr zur Verfügung stehe. Seine Amtszeit als Außenminister und Vizekanzler endete am 18. Oktober 2005, er übte diese Ämter aber noch bis zum 22. November des Jahres geschäftsführend aus.

Am 27. Juni 2006 hat Fischer zum letzten Mal an einer Fraktionssitzung der Grünen Bundestagsfraktion teilgenommen. Am 1. September 2006 legte er sein Bundestagsmandat nieder. Sein Mandat übernahm der Nachrücker Omid Nouripour.

Nach der politischen Karriere

Joschka Fischer (2006)

Anfang 2006 hielt er zahlreiche Vorträge für Investmentbanken wie Barclays Capital und Goldman Sachs.[16] Noch im gleichen Jahr übernahm Fischer eine einjährige Gastprofessur für internationale Wirtschaftspolitik an der seit 1951 bestehenden "Frederick H. Schultz Class" der Woodrow Wilson School der amerikanischen Princeton University. Seine Vorlesungen behandeln die "Internationale Krisendiplomatie". Daneben wird Fischer als senior fellow am Liechtenstein Institute der Woodrow Wilson School tätig werden und sich als Mitglied des EU-Programms der Princeton University engagieren.

2007 hat er eine Beraterfirma mit dem Namen Joschka Fischer Consulting gegründet. Er ist Gründungsmitglied und Vorstand des European Council on Foreign Relations, die von dem Milliardär und Mäzen George Soros finanziert wird.[17] Im September 2008 nahm er einen Beratervertrag (Senior Strategic Counsel) bei der Madeleine Albright gehörenden Firma The Albright Group LLC an[18][19].

Er schreibt gelegentlich für die Zeit eine Montagskolumne.

Ehrungen und Auszeichnungen

Im Mai 2002 wurde Fischer mit der Ehrendoktorwürde der Universität Haifa ausgezeichnet. Am 4. Mai 2004 erhielt er den renommierten Gottlieb-Duttweiler-Preis in Rüschlikon. Im Mai 2005 erhielt Fischer in seiner Funktion als Außenminister die höchste Auszeichnung des Zentralrates der Juden in Deutschland, den Leo-Baeck-Preis, für seine Verdienste im Nahost-Konflikt als Vermittlungspartner zwischen Palästinensern und Israelis. Am 20. Mai 2006 wurde Joschka Fischer mit der Ehrendoktorwürde der Universität Tel Aviv ausgezeichnet.

Als Dank für seinen Einsatz als hessischer Umweltminister gegen die Nutzung der Grube Messel als Mülldeponie und für deren Bewahrung als Fossilienfundstätte wurde nach ihm im Jahr 2005 eine fossile Schlange als Palaeopython fischeri benannt[20].

Veröffentlichungen

  • Von grüner Kraft und Herrlichkeit. Rowohlt, Reinbek 1984, ISBN 3-499-15532-X
  • (Hrsg.): Der Ausstieg aus der Atomenergie ist machbar. Rowohlt, Reinbek 1987, ISBN 3-499-15923-6
  • Regieren geht über Studieren. Ein politisches Tagebuch. Athenäum-Verlag, Frankfurt 1987, ISBN 3-610-08443-X
  • Rechtsstaat und ziviler Ungehorsam. Ein Streitgespräch mit Daniel Cohn-Bendit und Alexander Gauland. Athenäum, Bodenheim 1988, ISBN 3-61004709-7
  • Mehrheitsfähig. Plädoyer für eine neue Politik. Eichborn, Frankfurt 1989, ISBN 3-821-80414-9
  • Der Umbau der Industriegesellschaft. Plädoyer wider die herrschende Umweltlüge. Eichborn, Frankfurt 1989, ISBN 3-8218-1126-9; München, Goldmann 1993, ISBN 3-442-12434-4
  • Die Linke nach dem Sozialismus. Hoffmann & Campe, Hamburg 1993, ISBN 3-455-10309-X
  • Risiko Deutschland. Krise und Zukunft der deutschen Politik. Kiepenheuer und Witsch, Köln 1994, ISBN 3-462-02341-1; Knaur, München 1995, ISBN 3-426-80075-6
  • Für einen neuen Gesellschaftsvertrag. Eine politische Antwort auf die globale Revolution. Kiepenheuer und Witsch, Köln 1998, ISBN 3-462-02569-4. Droemer Knaur, München 2000, ISBN 3-426-77436-4
  • Mein langer Lauf zu mir selbst. Kiepenheuer und Witsch, Köln 1999, ISBN 3-462-02794-8; Droemer Knaur, München 2001, ISBN 3-426-61478-2
  • Vom Staatenbund zur Föderation. Gedanken über die Finalität der europäischen Integration. Rede in der Humboldt-Universität in Berlin am 12. Mai 2000. Suhrkamp, Frankfurt 2000, ISBN 3-518-06614-5
  • Die Rückkehr der Geschichte. Die Welt nach dem 11. September und die Erneuerung des Westens. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2005, ISBN 3-462-03035-3; Knaur-Taschenbuch-Verlag, München 2006, ISBN 978-3-426-77465-6
  • Die rot-grünen Jahre. Deutsche Außenpolitik - vom Kosovo bis zum 11. September. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2007, ISBN 978-3-462-03771-5

Literatur

  • Paul Berman: Idealisten an der Macht. Die Passion des Joschka Fischer. Siedler, München 2006, ISBN 978-3-88680-846-5
  • Klaus Bittermann, Thomas Deichmann (Hrg.): Wie Dr. Joseph Fischer lernte, die Bombe zu lieben: Die SPD, die Grünen, die Nato und der Krieg auf dem Balkan, Edition TIAMAT, Berlin 1999, ISBN 3893200258
  • Matthias Geis & Bernd Ulrich: Der Unvollendete. Das Leben des Joschka Fischer. Fest, Berlin 2002, ISBN 3-8286-0175-8; aktualisierte Neuauflage: Rowohlt-Taschenbuch-Verlag, Reinbek 2004, ISBN 3-499-61623-8
  • Sibylle Krause-Burger: Joschka Fischer. Der Marsch durch die Illusionen. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1997, ISBN 3-421-05082-1; überarbeitete und aktualisierte Neuausgabe Rowohlt-Taschenbuch-Verlag, Reinbek 2000, 3-499-60738-7
  • Autonome L.U.P.U.S.-Gruppe (Hrsg.): Die Hunde bellen ... Von A–RZ. Eine Zeitreise durch die 68er Revolte und die militanten Kämpfe der 70er bis 90er Jahre. Unrast Verlag, Münster 2001, ISBN 3-89771-408-6
  • Christian Schmidt: „Wir sind die Wahnsinnigen ...“ Joschka Fischer und seine Frankfurter Gang. Econ, München/Düsseldorf 1998; aktualisierte Ausgabe: Econ-und-List-Taschenbuch-Verlag, München 1999, ISBN 3-61226-628-4
  • Jürgen Schreiber: Meine Jahre mit Joschka. Nachrichten von fetten und mageren Zeiten. Econ, Berlin 2007, ISBN 978-3-430-30033-9
  • Michael Schwelien: Joschka Fischer. Eine Karriere. Hoffmann & Campe, Hamburg 2000, ISBN 3-455-11330-3; erweiterte Taschenbuchausgabe: Heyne, München 2001, ISBN 3-453-19705-4

Filme

  • Die Welt des Joschka Fischer. Sieben Jahre zwischen Krieg und Frieden. Dokumentarfilm, 105 Min., Deutschland, 2005, Regie: Stephan Lamby, Produktion: PHOENIX, Kurzbeschreibung von PHOENIX

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Welt: Joschka Fischer setzt auf Tradition und kauft ein Familienwappen, 27. Juli 2004
  2. Website des Schlosses Alsbach: Bundesaußenminister a. D. Joschka Fischer erhält Wappenbrief der Rhein-Main-Wappenrolle (mit Abbildung)
  3. 2005 konnte nachgewiesen werden, dass die beauftragte Ahnenforschungsgesellschaft fehlerhaft recherchiert hatte und dass Fischers Vorfahr Jakob Fischer 1731 sicherlich nicht von Fridingen an der Donau, sondern wohl eher von Friedingen bei Langenenslingen aus nach Ungarn ausgewandert war.Gesammelte Aufsätze zur Fridinger Geschichte, 2005
  4. Herbert Steffny: Das große Laufbuch erschienen 2004 im Südwest Verlag, Seiten 21, 32-35
  5. Rhein-Zeitung: Zeugin entlastet Außenminister, 19. Februar 2001
  6. die tageszeitung: Mit Pornos Literatur finanzieren, 17. Juli 2004
  7. vgl. die stenographischen Berichte des Bundestags: stenographische Berichte des Bundestags ab S. 3694
  8. Siehe Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch!|Wikiquote
  9. Süddeutsche Zeitung: Fischer: „Ich habe gelernt: Nie wieder Auschwitz“, 24. Januar 2005
  10. Newsweek: „We Have To Win This“, 19. April 1999: „You see a direct parallel to the Nazi era?“ – „I see a parallel to that primitive fascism. Obviously, the '30s are back, and we cannot accept that.“
  11. PHOENIX: Farbbeutelanschlag auf Joschka Fischer, 13. Mai 1999 (Video, 6:20 min)
  12. AFP: Farbbeutel-Werfer gegen Fischer legt Verfassungsbeschwerde ein, 7. Juni 2002
  13. PHOENIX: Fragestunde im Bundestag zur Vergangenheit von Bundesaußenminister Joschka Fischer, 17. Januar 2001 (Video, 55:10 min)
  14. Die Zeit: Vom Staatenverbund zur Föderation - Gedanken zur Finalität der europäischen Integration, Artikel vom 12. Mai 2000.
  15. Spiegel.de: Fischer beruft Historiker-Kommission, 11. Juli 2005
  16. Entgeltliche Tätigkeiten neben dem Mandat, Website des Deutschen Bundestages
  17. Süddeutsche Zeitung: Ex-Außenminister Fischer meldet sich zurück – Joschkas Rückkehr, 1. Oktober 2007
  18. Website: The Albright Group LLC
  19. Joschka Fischers neuer Beraterjob,, Die grüne Raupe Nimmersatt
  20. Webseite des BUND: Fossile Schlange aus Grube Messel heißt Paleopython Fischeri, Februar 2005

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